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Verwaltungsgericht Berlin Urteil vom 22.09.2008 - 35 A 15.08 - Zur Europarechts- und Grundgesetzwidrigkeit des Verbots der Glücksspielvermittlung über das Internet
 

 

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Glücksspiel - Onlinlotto

VG Berlin v. 22.09.2008: Zentrale Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des Berliner Landesgesetzes zu dessen Ausführung können für gewerbliche Lotto-Spielvermittler keine Anwendung finden, weil sie unverhältnismäßige Beschränkungen der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit sowie der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit enthalten. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und das Verbot der Vermittlung dieser Lotterien im Internet sind nicht mit der Dienstleistungsfreiheit und der Berufsausübungsfreiheit nicht vereinbar.

Das Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 22.09.2008 - 35 A 15.08) hat entschieden:
Zentrale Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des Berliner Landesgesetzes zu dessen Ausführung können für gewerbliche Lotto-Spielvermittler keine Anwendung finden, weil sie unverhältnismäßige Beschränkungen der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit sowie der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit enthalten. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und das Verbot der Vermittlung dieser Lotterien im Internet sind nicht mit der Dienstleistungsfreiheit und der Berufsausübungsfreiheit nicht vereinbar.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass verschiedene im Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel verabschiedete Rechtsnormen auf sie keine Anwendung finden.

Die Klägerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die ihren Sitz in der Freien und Hansestadt Hamburg hat. Sie betreibt seit 1999/2000 die gewerbliche Vermittlung der Teilnahme an Glücksspielen der staatlichen oder der staatlich konzessionierten Veranstalter. Nach ihren Angaben werde sie dabei im Auftrag der Spielinteressenten tätig und schließe in deren Namen Spielverträge mit den (staatlichen) Veranstaltern ab. Die Spielvermittlung beziehe sich insbesondere auf das Zahlenlotto 6 aus 49, das Spiel 77, Super 6 und die weiteren Spiele des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB), zwischenzeitlich auch Oddset, sowie der Norddeutschen und der Süddeutschen Klassenlotterie und der ARD-Fernsehlotterie. Bislang habe sie Spielaufträge an acht staatliche Lottogesellschaften, nämlich die Gesellschaften der Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, vermittelt. Eine Vermittlung von Spieleinsätzen nach Berlin zur Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB) sei bisher nicht erfolgt, zwischenzeitliche Vertragsverhandlungen zu Beginn des Jahres 2008 seien unterbrochen worden.

Eine von der Klägerin beantragte Erlaubnis nach § 25 Abs. 6 des Glücksspielstaatsvertrages wurde vom Beklagten abgelehnt, über den Widerspruch wurde nach Auskunft der Klägerin Mitte September 2008 zurückweisend entschieden.

Die Klägerin verfügt derzeit über zwei Erlaubnisse nach § 25 Abs. 6 GlüStV, und zwar aus den Bundesländern Hessen und Hamburg.

Die Vermittlung der Spielaufträge erfolgt ausschließlich über das Internet, die Website „…“. Daneben gibt es noch eine Website des Unternehmens unter w… mit der Möglichkeit des Zugriffs auch auf die Webseiten der ausländischen Tochterunternehmen in Spanien, Italien und England.

Mit dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV -), der mit dem Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStVG) für Berlin zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt wurde, und dem Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (AG GlüStV) wurde das Rechtsregime für die Tätigkeit der Klägerin verändert. Durch verschiedene hiermit eingeführte Vorschriften sieht sich die Klägerin in ihren Grundrechten verletzt. Im Wesentlichen begründete sie ihre Klage wie folgt:

Sie sei derzeit über das Internet auch in Berlin tätig und nehme Einsätze aus Berlin entgegen. Ihr Grundrecht der Berufsausübung und -wahlfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) werde insbesondere durch den Erlaubnisvorbehalt für die gewerbliche Spielvermittlung von Glücksspielen, deren Veranstaltung staatlich zugelassen sei, das Verbot der Internetvermittlung von Lotterien und anderen zugelassenen Glücksspielen, die Beschränkung der Zulassung der gewerblichen Spielvermittlung auf Spieler mit Aufenthalt im Land Berlin, die Beschränkung der Zulassung der gewerblichen Spielvermittlung für Spiele, die nicht vom Land Berlin, aber in anderen Bundesländern veranstaltet bzw. zugelassen sind, das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet, die Beschränkung der Werbung nach dem Glücksspielstaatsvertrag sowie das Verbot an die Veranstalter und Annahmestellen, gewerblichen Spielvermittlern Provisionen oder sonstige finanzielle Vergütungen einzuräumen, verletzt, da sich für derart weitreichende Einschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit keine verfassungsrechtlich haltbare Rechtfertigung finden lasse. Neben ihren eigenen rechtlichen Ausführungen verweist die Klägerin dazu auch auf drei in ihrem Auftrag erstellte Rechtsgutachten der Professoren Pieroth, Hermes und Horn. Darüber hinaus seien auch die Beschränkungen für die übergangsweise Betätigung als gewerblicher Internetlottovermittler nach der Übergangsregelung aus dem Glücksspielstaatsvertrag für sie nicht bindend.

Die Klägerin hat Feststellungsklage dahingehend erhoben, dass diverse Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages auf sie nicht anwendbar seien.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Klage sei unzulässig, weil es sich um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handele und deshalb der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Soweit die Klägerin durch die letztliche Formulierung ihres Klageantrages eine Klageänderung oder teilweise Klagerücknahme bewirke, werde dieser widersprochen, sie sei auch nicht sachdienlich. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil an der Rechtmäßigkeit der inkriminierten gesetzlichen Regelungen weder im Hinblick auf Verfassungsrecht noch Europarecht Zweifel bestünden. Darüber hinaus seien die europarechtlichen Regelungen bereits mangels eines grenzüberschreitenden Bezuges der Streitsache nicht einschlägig.

Die Klage war überwiegend erfolgreich.

Aus den Entscheidungsgründen:

"A. Die als Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Berlin erhobene Klage ist zulässig.


I. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Nach - dem vorliegend allein einschlägigen - § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten insoweit allein streitig, ob es sich vorliegend um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt.

Mit dieser Beschreibung ist primär eine Abgrenzung der Verfassungsgerichtsbarkeit von der Verwaltungsgerichtsbarkeit bezweckt (vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl. 2005, Rdn. 124). Nach wohl herrschender Meinung sind Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art durch eine sog. „doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“ gekennzeichnet, denn sie umfassen Streitigkeiten zwischen unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligten, die sich auf Rechte und Pflichten beziehen, die unmittelbar in der Verfassung geregelt sind (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl. 2005, § 5 Rdn. 4; weitere Nachweise bei Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40 Rdn. 141, Fn. 472 f.). Grundsätzlich sind danach Streitigkeiten zwischen Staat und Bürger nichtverfassungsrechtlicher Art (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1976 - VII C 71.75 -, BVerwGE 51, 69, 71, m.w.N, und vom 3. November 1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355, 357 f.) und gehören somit grundsätzlich vor die Verwaltungs- und nicht vor die Verfassungsgerichte (vgl. BVerwG, a.a.O., BVerwGE 80, 355, 358; s.a. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 1985 - 7 C 64/83 -, NJW 1985, 2344).

Nach anderer Ansicht (sog. materielle Subjektstheorie) wird hiermit jedoch der Kreis der verfassungsrechtlichen Streitigkeiten zu eng gezogen; insbesondere könne es auch verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Staat und Bürger geben (vgl. Ehlers, a.a.O., § 40 Rdn. 143; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 40 Rdn. 183 ff., 215), was insbesondere der Fall sei, wenn der Rechtsschutzgegner ein Verfassungsrechtssubjekt sei, das als solches verpflichtet werden solle, wozu auch die Verwerfung von Parlamentsgesetzen gehöre (vgl. Ehlers, a.a.O., Rdnr. 149, 197). Insoweit erscheint vorliegend aber bereits fraglich, ob es sich tatsächlich um eine Verpflichtung eines Verfassungsrechtssubjekts als solchem handelt, nachdem die Klägerin lediglich eine Feststellungsklage dahingehend erhebt, dass sie durch bestimmte gesetzliche Vorschriften nicht gebunden sei. Lediglich eine Klage aber, die auf die Feststellung der Nichtigkeit eines vom Parlament erlassenen nachkonstitutionellen Gesetzes gerichtet wäre, stellte eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art dar, für die der Verwaltungsrechtsweg ausgeschlossen ist (vgl. Bethge, Das Phantom der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit, JuS 2001, 1100, 1101; Schenke, a.a.O., Rdn. 131; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 43 Rdn. 8g und 8j; vgl. aber auch BVerwG, Urteil vom 3. November 1988, a.a.O., BVerwGE 80, 355, 358). Darüber hinaus erkennt aber auch diese Ansicht an, dass in Zweifelsfällen zumindest bei der Beteiligung eines Bürgers eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit anzunehmen ist, da eine Verweisung des Bürgers auf die Verfassungsbeschwerde für diesen in der Regel eine Reihe von Nachteilen mit sich bringen würde (Ehlers, a.a.O., Rdnr. 157). Denn es ist nicht zu verkennen, dass es prinzipiell nicht Aufgabe der Verfassungsgerichte ist, wie ein Gericht der ersten Tatsacheninstanz tätig zu werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde deshalb nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die von ihm angegriffene Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist. Zudem ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich, dass der Betroffene keine Möglichkeit hat, zur Abwehr der behaupteten Grundrechtsverletzung zunächst die Fachgerichte anzurufen (vgl. Umbach, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, § 63, 64, Rdn. 49 m.w.N.). Denn es gehört zu den Aufgaben eines jeden Gerichts, im Rahmen seiner Zuständigkeit bei Verfassungsverletzungen Rechtsschutz zu gewähren. Handelt es sich um ein förmliches Gesetz und teilt das Fachgericht die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken, so setzt es das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG aus und führt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbei. Im anderen Fall ist gegen die letztinstanzliche Entscheidung die Verfassungsbeschwerde gegeben. Dadurch ist gewährleistet, dass dem Bundesverfassungsgericht nicht nur die abstrakte Rechtsfrage, sondern auch die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein für die Materie speziell zuständiges Gericht unterbreitet wird. Insoweit enthält der Grundsatz der Subsidiarität eine generelle Aussage über die Aufgabenverteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten (dazu auch ausführlich BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1988 - 1 BvR 777, 882, 1239/85 -, BVerfGE 79, 1 [19 ff.]). Diese Gesichtspunkte fallen vor allem dann ins Gewicht, wenn das angegriffene Gesetz der Verwaltung oder den Gerichten einen Auslegungs- oder Entscheidungsspielraum lässt; sie gelten aber grundsätzlich auch dann, wenn ein solcher Spielraum fehlt (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1986 - 1 BvR 1509/83 -, BVerfGE 74, 69 [74 f.]). Ausgehend von diesen strengen Maßstäben erscheint es zweifelhaft, ob alternativ zur vorliegenden Klage eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin als zulässig betrachtet werden könnte. Dem Ansatz des Bundesverfassungsgerichts entspricht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beispiele bei Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43, Rdn. 25, insbesondere mit Hinweis auf die bereits zitierte Entscheidung BVerwG, a.a.O., BVerwGE 51, 69). Schließlich ist insoweit auch zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht sich in einem Fall (Urteil vom 11. Juli 1985 - 7 C 64/83 -, NJW 1985, 2344 [2345]) dahin geäußert hat, dass auch dann, wenn es sich bei dem Rechtsstreit um eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art gehandelt haben sollte, der Verwaltungsrechtsweg in - durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotener - erweiterter Auslegung des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben gewesen wäre. Damit hat es sich für eine nicht zu eng verstandene Handhabung dieser Tatbestandsvoraussetzung ausgesprochen (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 5 Rdn. 4).

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin auch in nicht aussichtsloser Weise auf eine Verletzung europarechtlicher Normen stützt. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist der verwaltungsrechtliche Rechtsweg als eröffnet zu betrachten, denn gemeinschaftsrechtlich begründete Rechte gehören nicht zu den Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten, gegen deren Verletzung nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, § 90 Abs. 1 BVerfGG mit der Verfassungsbeschwerde vorgegangen werden könnte; für die insoweit maßgebliche Frage der Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Norm des einfachen Rechts mit den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts ist das Bundesverfassungsgericht nicht zuständig (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276 [299 f.]). Entsprechend kann es sich bei einer Prüfung einzelner Bestimmungen des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel am Maßstab europarechtlicher Normen auch nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handeln.


II. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Berlin für die gegen das Land Berlin gerichtete Klage folgt aus § 52 Nr. 5 VwGO.


III. Die Voraussetzungen des § 43 VwGO für die Zulässigkeit der Feststellungsklage liegen gleichfalls vor.

1. Nach dessen Abs. 1 kann durch die Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. So liegt es hier. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO liegt vor, weil die Anwendung von Rechtsnormen - hier im Einzelnen benannter Bestimmungen aus dem Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel - auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist.

2. Auch ein berechtigtes rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung lässt sich angesichts der bereits im Jahre 2008 gemäß § 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und Abs. 6 GlüStV geltenden Vorschriften nicht in Abrede stellen. Denn ein solches ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1986, 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 [4]).

3. Auch soweit zwischen den Beteiligten in Streit steht, ob die Klägerin auch nach dem 31. Dezember 2008 im Internet die gewerbliche Spielvermittlung betreiben darf bzw. ab diesem Zeitpunkt einer Erlaubnis bedarf, ist das Rechtsverhältnis bereits jetzt hinreichend konkret und somit statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. zu dieser Voraussetzung: Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 43 Rdn. 17 m.w.N.). Entscheidend ist dabei, dass eine Feststellung nur in Bezug auf einen hinreichend bestimmten, bereits überschaubaren, d.h. konkreten und nicht nur gedachten oder als möglich vorgestellten Sachverhalt statthaft ist (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 10. August 2004 - 3a A 207/02 -, zitiert nach juris, Rdn. 32; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdn. 17 m.w.N.). So ist es indes vorliegend, da sich die das Rechtsverhältnis konstituierenden rechtlichen Beziehungen auch bereits gegenwärtig aus der Regelung des (bereits erlassenen) § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV ergeben. Die rechtlichen Beziehungen ergeben sich bereits dann gegenwärtig aus einer - bereits erlassenen - Rechtsnorm, wenn die Norm aktuell und nicht nur virtuell auf die rechtlichen Beziehungen einwirkt, wenn die Norm den Kläger mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie der Kläger in der Zukunft von der Regelung betroffen sein wird (vgl. zur Gegenwärtigkeit der Betroffenheit im Rahmen der Verfassungsbeschwerde BVerfG, Beschluss vom 15. August 1995 - 2 BvR 2883/93 -, zitiert nach juris, Rdn. 37 m.w.N.). Vorliegend ist weder ersichtlich, dass die Norm aufgehoben wird, noch, dass die Klägerin nicht von ihrem Anwendungsbereich umfasst wäre. Die Klägerin vermittelt bereits jetzt über das Internet Spielaufträge an staatliche Lotteriegesellschaften und beabsichtigt dies auch in Zukunft. Schließlich ist die Regelung bereits deshalb schon jetzt für das Rechtsverhältnis maßgeblich, weil die Klägerin wirtschaftliche Entscheidungen treffen muss, um die (spätestens) in einigen Monaten beginnende Normgeltung zu beachten (vgl. Begründung des Glücksspielstaatsvertrags, S. 28, abgedruckt als Anlage 11 zu Drs. 16/0826 des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 18. September 2007). Daraus ergibt sich zugleich, dass die Klägerin (bereits jetzt) ein schützenswertes wirtschaftliches Interesse an der baldigen Feststellung des (Nicht-)Bestehens des Rechtsverhältnisses hat. Hinzukommt ihr Interesse an einer Klärung der Rechtsfrage vor dem Verwaltungsgericht, bevor sie (und ihre Vertragspartner z.B. in der Werbung) einem Ordnungswidrigkeiten- (vgl. § 15 AG GlüStV) bzw. Strafverfahren (vgl. § 287 StGB; s. zu [vormals] § 286 StGB auch OLG Braunschweig, Urteil vom 10. September 1954 - Ss 128/54 -, zitiert nach juris) ausgesetzt ist, wie sie seitens des Beklagten gerichtsbekannt zur Durchsetzung der seiner Auffassung nach unbedingt anzuwendenden Vorschriften des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel in Vielzahl eingeleitet werden und in dem eine Erlaubnis der Klägerin nach § 25 Abs. 6 GlüStV ablehnenden Bescheid vom 22. Mai 2008, dort Seite 4, bereits angedroht ist (vgl. dazu OVG Münster, Urteil vom 31. Januar 1996 - 13 A 6644/95 -, zitiert nach juris, m.w.N. zur BVerwG-Rspr.; weiter Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdn. 24).

d. Auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Denn die Feststellungsklage, deren Begehren sich insbesondere auch darauf bezieht, dass die Tätigkeit der Klägerin keiner Erlaubnispflicht unterliege, ist rechtsschutzintensiver, da ihr Gegenstand weiter reicht als ein einzelnes Leistungsbegehren (vgl. Sodan, a.a.O., § 43 Rdn. 131; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdn. 29). Kann die zwischen den Parteien streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, die Klägerin auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbständiger Feststellung sie ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1971 - V C 68.69 -, BVerwGE 37, 243 [247], und vom 21. Mai 1985 - 1 C 12/84 -, zitiert nach juris, Rdn. 24), andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs nur untergeordnete Bedeutung hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 - 1 C 2/95 -, zitiert nach juris, Rdn. 25; Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdn. 41). So liegt es hier, denn im Kern geht es um die Frage, ob die Tätigkeit der Klägerin erlaubnisfrei ausgeübt werden darf, während im Übrigen lediglich die nachgeordneten Modalitäten dieser ihrer Ansicht nach erlaubnisfreien Betätigung in Streit stehen. Letztere Fragen könnten sich zwar auch im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer ohne derlei Beschränkungen ausgestatteten Erlaubnis stellen; es erscheint indes künstlich und dem im Verhältnis zur Hauptfrage des Rechtsstreits geringeren Gewicht nicht angemessen, das umfassende, diese Rechtsfragen bereits klärende Feststellungsbegehren insoweit aufzuteilen. Der Hinweis des Beklagten auf die Möglichkeit einer Kontrolle der von der Klägerin angeführten Vorschriften im Rahmen des im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Erlaubnisverfahrens und einer sich ggfs. anschließenden Verpflichtungsklage verfängt danach nicht.

4. Soweit der Beklagte weiter geltend macht, die Feststellungsklage sei unzulässig, weil eigentlicher Gegenstand des Klageverfahrens die Nachprüfung gesetzlicher Normen sei, vermag er damit nach dem oben Gesagten nicht durchzudringen. Zudem ist das Begehren der Klägerin im Kern auf die konkrete Feststellung einer erlaubnisfreien gewerblichen Spielvermittlung gerichtet, welche die Tätigkeit und Bewerbung im Internet und über die Grenzen eines Bundeslandes hinaus einschließt (vgl. zu Rechtsverordnungen Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 11 Rdn. 7). Die Frage der Gültigkeit einzelner Vorschriften aus dem Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel ist lediglich Vorfrage und bedürfte allein insoweit ggf. eines Vorlageverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht. Hinzutritt, dass die Klägerin in nicht offensichtlich aussichtsloser Weise zur Begründung ihres Begehrens auf die Verletzung europarechtlicher Normen und deren Anwendungsvorrang Bezug nimmt.


IV. Der Klägerin steht auch die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog zu. Nach der Rechtsprechung sind Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder weil er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 -, NJW 1996, 2046 [2048] m.w.N.). So liegt es im Fall der Klägerin vor dem Hintergrund der von ihr im einzelnen benannten Regelungen des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel, die sich unmittelbar auf ihr Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG auswirken.

V. Soweit der Beklagte geltend macht, in der (2.) Formulierung des Klageantrages im Schriftsatz vom 6. März 2008 liege eine Klageänderung, welcher er widerspreche und die auch nicht sachdienlich sei, vermag er damit ebenfalls nicht durchzudringen.

Eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO liegt vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens nachträglich durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht geändert wird. Die Klageänderung kann in einer Änderung des Klageantrages oder des Klagegrundes, d.h. des Sachverhalts, auf den die Klage gestützt wird, bestehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 91 Rdn. 2). § 91 VwGO kommt aber nur zur Anwendung, wenn das „neue Klagebegehren“ sich bei der nach § 88 VwGO gebotenen Auslegung des ursprünglichen Vorbringens im Hinblick auf das erkannte Klageziel nicht als bloße Klarstellung oder als bloße Berichtigung der Anträge darstellt; eine Klageänderung liegt hingegen vor, wenn bei Änderung des Klageantrages das bisherige Klagebegehren durch ein inhaltlich anderes (aliud) ersetzt wird (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 91 Rdn. 3 und 5). Gemessen an diesen Maßstäben ist in der Neuformulierung des Klageantrages der Klägerin im Schriftsatz vom 6. März 2008 eine Klageänderung nicht zu erkennen. Streitgegenstand der Feststellungsklage ist die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 90 Rdn. 11). An dem sich aus der Klageschrift - ihrem Antrag und ihrer Begründung - ergebenden Begehren der Feststellung, an im einzelnen benannte Vorschriften des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel nicht gebunden zu sein, hat sich durch die Neufassung der Anträge nichts geändert. Entsprechend werden zu ihrer Begründung weiterhin und unverändert die Ausführungen in der Klageschrift herangezogen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht gemäß § 88 VwGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen darf, an die Fassung der Anträge aber nicht gebunden ist. Doch selbst wenn mit der Neufassung der Klageanträge im Schriftsatz vom 6. März 2008 eine Klageänderung verbunden sein sollte, wäre jedenfalls ihre Sachdienlichkeit zu bejahen. Eine solche liegt vor, wenn auch für die geänderte Klage der Streitstoff im wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Streites fördert und dazu beiträgt, dass ein weiterer sonst zu erwartender Prozess vermieden wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, zitiert nach juris, Rdn. 21 m.w.N.). Letztlich hat die Formulierung vom 6. März 2008 aber ohnehin keinen entscheidungserheblichen Eingang in den Antrag in der mündlichen Verhandlung gefunden.

Soweit zwischen der 1. Formulierung der Klägerin und dem in der mündlichen Verhandlung am 27. Juni und 22. September 2008 gestellten Antrag vom Beklagten ebenso eine Klageänderung gesehen wird, kann auf das oben Gesagte verwiesen werden. Dem Hinweis des Beklagten, hinsichtlich des (neuen) Antrages zu Buchstabe h (bzgl. § 13 Abs. 4 AG GlüStV) liege eine Klageerweiterung vor, kann nicht gefolgt werden. Denn diese Regelung war bereits in der ursprünglichen Fassung der (angekündigten) Anträge im Vorsatz enthalten und hätte daher - da die Klägerin den nach einzelnen Buchstaben benannten Anträgen ein ausdrückliches „insbesondere“ vorangestellt hatte - das Begehren der Klägerin richtig verstehend ebenfalls einer Prüfung im Klageverfahren unterzogen werden müssen. Lediglich hinsichtlich des zunächst unter Buchstabe h angekündigten Antrages (bzgl. § 25 Abs. 6 GlüStV) ist eine teilweise Klagerücknahme (mit der entsprechenden Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO) zu erkennen, nachdem dieser nunmehr als Hilfsantrag zu dem Antrag zu Buchstabe b) gestellt wird (vgl. dazu Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 Rdn. 11); eine Einwilligung des Beklagten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO war, da die Änderung der Formulierung des Antrages vor seiner Stellung erfolgte, indes nicht erforderlich. Eine Klageänderung wäre im Übrigen aber auch insoweit als sachdienlich zu werten.


VI. Die Entscheidung über den Antrag des Beklagten, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde der Klägerin gemäß § 94 VwGO (analog) auszusetzen, steht im Ermessen des Gerichts („kann“, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 94 Rdn. 6). Von einer Aussetzung sieht das Gericht indes ab, da das Bundesverfassungsgericht - soweit sich der dort streitige Verfahrensgegenstand mit dem hiesigen deckt - nur über die Vereinbarkeit der zur Entscheidung gestellten gesetzlichen Normen mit dem Grundgesetz befindet, nicht hingegen im Hinblick auch auf die europarechtlichen Grundfreiheiten. Zum anderen kann der Klägerin ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Entscheidung, insbesondere angesichts des Auslaufens auch der Übergangsfrist nach § 25 Abs. 6 GlüStV, nicht abgesprochen werden und ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach dessen Mitteilung vom 11. Juli 2008 noch nicht absehbar. Die (ablehnende) Entscheidung über die Aussetzung kann im Rahmen der Hauptsacheentscheidung ergehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 94 Rdn. 6, Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 94 Rdn. 38, jew. m.w.N.).


VII. Auch die Entscheidung über den weiteren Antrag des Beklagten, zunächst durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage zu entscheiden, steht gemäß § 109 VwGO im Ermessen des Gerichts („kann“; vgl. Kopp/Schenke, a.a.O. § 109 Rdn. 5). Angesichts des bereits beschriebenen Interesses der Klägerin an einer baldigen Entscheidung auch in der Sache selbst und des tatsächlich abschließenden Vorbringens der Beteiligten auch zur Begründetheit der Klage vermag das Gericht dem Antrag nicht zu entsprechen.


B. Die Klage ist auch zum weit überwiegenden Teil begründet.

I. Das am 22. Dezember 2007 veröffentlichte und einen Tag später in Kraft getretene Berliner Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel (Glücksspielgesetz - GlüG, GVBl. 2007, 604) mit dem Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag - GlüStVG, Art. I GlüG), dem Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (AG GlüStV, Art. II GlüG) und den Gesetzen zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLBG, Art. III GlüG), des Spielbankengesetzes (Art. IV GlüG), des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG, Art. V), der Verwaltungsgebührenordnung (Art. VI GlüG) und der Regelung des Inkrafttretens und Außerkrafttretens (Art. VII GlüG) steht bezüglich der von der Klägerin monierten Bestimmungen im tenorierten Umfang nicht im Einklang mit den aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Maßstäben.


1. (Antrag zu lit.a)

Die Klägerin begehrt zunächst in tenoriertem Umfang zu Recht die Feststellung, dass sie durch den in § 4 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 1 Abs. 1 GlüStVG, § 14 Abs. 1 i.V.m. § 7, 8 Abs. 5 AG GlüStV geregelten Erlaubnisvorbehalt für die gewerbliche Spielvermittlung von Glücksspielen, deren Veranstaltung staatlich zugelassen ist, nicht gebunden ist.

Nach § 1 Abs. 1 GlüStVG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) ist verboten. Nach § 14 Abs. 1 AG GlüStV gelten für die Erlaubnis einer Tätigkeit als gewerblicher Spielvermittler in Berlin die §§ 7 und 8 Abs. 5 AG GlüStV entsprechend. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV darf die Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund vorliegt. Versagungsgründe sind in § 7 Abs. 1 Satz 2 AG GlüStV aufgezählt. Nach § 8 Abs. 5 AG GlüStV ist die Erlaubnis zum Betrieb einer Annahmestelle zu versagen, wenn einer der danach enumerativ aufgezählten Gründe vorliegt.

Diese Bestimmungen müssen sich messen lassen an dem Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG, das ihr als juristische Person deutschen Rechts nach Art. 19 Abs. 3 GG gleichfalls zukommt. Art. 12 Abs. 1 GG schützt neben der freien Berufsausübung auch das Recht, einen Beruf frei zu wählen. Unter Beruf ist dabei jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient (Tettinger/Mann, in: Sachs, GG, 4. Aufl. 2007, Art. 12 Rdn. 29 m.w.N.). Dass das Vermitteln von staatlich veranstalteten Glücksspielen dieser Definition unterfällt, wird auch vom Beklagten nicht bestritten.

a. Die Rechtslage war vor Inkrafttreten des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel in dem Berliner Gesetz zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 26. März 2004 (GVBl. S. 141) geregelt. In dem seinerzeitigen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 18. Dezember 2003/13. Februar 2004, dem mit dem genannten Gesetz zugestimmt wurde, ist in § 5 Abs. 2 als Aufgabe des Staates zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebotes bestimmt, dass die Länder diese Aufgabe auf gesetzlicher Grundlage selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen. Im dritten Abschnitt des Staatsvertrages ist unter der Überschrift „Lotterien anderer Veranstalter“ (§§ 6 - 13) bestimmt, dass wer außerhalb des Anwendungsbereiches des § 5 Abs. 2 eine Lotterie öffentlich veranstalten will, einer Erlaubnis bedarf. Für die gewerbliche Spielvermittlung finden sich in § 14 des genannten Staatsvertrages gesonderte Bestimmungen. Eine Erlaubnispflicht ist für diese Tätigkeit indes nicht vorgesehen. Vielmehr statuiert § 14 Abs. 3 Satz 3 für den Fall, dass sich Zweifel an der Zuverlässigkeit des Spielvermittlers ergeben, die Pflicht, dass die für die Gewerbeuntersagung zuständige Behörde zu unterrichten sei. Eine Erlaubnispflicht für die gewerbliche Spielvermittlung sah auch das Berliner Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland vom 7. September 2005 (GVBl. S. 469) nicht vor. Nach den vor dem Inkrafttreten des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel geltenden Regelungen war es der Klägerin somit gestattet, ohne Erlaubnis ihre Tätigkeit als gewerbliche Spielvermittlerin auszuüben (vgl. auch Ennuschat, Aktuelle Rechtsfragen des staatlichen Lotteriemonopols in Deutschland, ZfWG 2008, 83, 86). Wie sich aus dem weiteren Staatsvertrag der Länder über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen, dem mit Berliner Gesetz vom 26. März 2004 (GVBl. S. 145) zugestimmt wurde, ergibt, war es den gewerblichen Spielvermittlern auch möglich, länderübergreifend Spielaufträge zu akquirieren und an eine Lottogesellschaft ihrer Wahl zu vermitteln (vgl. auch Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 - B10-92713-Kc-148.05 -, S. 6). Nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerin übt sie dieses Gewerbe bundesweit ohne Verstoß gegen einfachrechtliche Vorschriften seit dem Jahr 2000 aus (vgl. auch Ennuschat, ZfWG 2008, 83, 88, der u.a. die Klägerin als besonders bekannte Vermittlerin und uneingeschränkt seriöses Unternehmen bezeichnet).

Die durch §§ 4 Abs. 1, 19 GlüStV geschaffene Erlaubnispflicht für die gewerbliche Spielvermittlung, die insbesondere durch die Bestimmungen in §§ 4 Abs. 2 und 3, 5, 6, 7, 19 Nrn. 1-3 GlüStV und §§ 14 Abs. 1, 7, 8 Abs. 5 AG GlüStV vom Vorliegen zahlreicher Voraussetzungen abhängig gemacht wird, stellt einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Berufsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler dar. Die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages zur Erlaubnispflicht gewerblicher Spielvermittler verkürzen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs- und Gewerbefreiheit privater Vermittlungsunternehmen. Sie weisen eine berufsregelnde Tendenz auf und zielen subjektiv wie objektiv betrachtet zumindest auch auf eine Beschränkung der gewerblichen Tätigkeiten im Glücksspiel- und Lotteriewesen ab (vgl. Horn, Die gewerbliche Spielvermittlung im Entwurf eines Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 14. Dezember 2006, in: Der Glücksspielstaatsvertrag, S. 91, 105).

b. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der auch für Maßnahmen gilt, die die Freiheit der Berufswahl betreffen, nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzgemäß erlassen wurde sowie durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 304 m.w.N.; sowie BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 [Spielbanken II] -, BVerfGE 102, 192, 213).

aa. Das Landesgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag ist kompetenzgemäß erlassen worden.

In seinem Urteil vom 28. März 2006 hat das Bundesverfassungsgericht zunächst lediglich für den Bereich der Sportwetten festgestellt, dass eine Neuregelung dieses Bereiches sowohl durch den Bundes- wie den Landesgesetzgeber in Betracht komme, denn insoweit könne der Bund, gestützt auf den Gesetzgebungstitel für das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG tätig werden. Eine Kompetenz des Bundes scheitere nicht an dem ordnungsrechtlichen Aspekt der Regelungsmaterie (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, a.a.O., BVerfGE 115, 276, 318). Einen selbständigen, in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallenden Sachbereich bildet nur das Polizeirecht im engeren Sinne; es umfasst die Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 29. April 1958 - 2 BvO 3/56 -, BVerfGE 8, 143, 149 f.). Letzterem unterfallen auch die Regelungen hinsichtlich der anderen, neben den Sportwetten im Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel geregelten Glücksspiele nicht. Es sind aber keine diesbezüglich abschließenden Bundesgesetze ersichtlich. Die bundesgesetzliche Gewerbeordnung - GewO - beinhaltet zwar Regelungen zum Vertrieb von Lotterielosen, so in § 6 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz GewO, wonach die Gewerbeordnung auf den Vertrieb von Lotterielosen nur insoweit Anwendung finde, als die Gewerbeordnung ausdrückliche Bestimmungen enthalte. Entsprechende Bestimmungen finden sich in § 14 Abs. 2 GewO (Anzeigepflicht für den Handel mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilsscheinen auf solche Lose und für den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art), § 35 Abs. 9 GewO (Gewerbeuntersagung, wenn Unzuverlässigkeit bei den vorgenannten gewerblichen Betätigungen) und § 56 Abs. 1 Nr. 1. lit. h GewO (grundsätzliches Verbot des Vertriebes von Lotterielosen im Reisegewerbe). Für den Vertrieb von Lotterielosen sind - anders als für das Veranstalten von Lotterien (hierauf bezieht sich nach seinem Wortlaut § 33 h GewO) - vom Bundesgesetzgeber jedenfalls in Teilen Regelungen nach seiner Gesetzgebungskompetenz geschaffen worden. Dies allerdings genügt nicht, um im vorliegenden Zusammenhang dem Landesgesetzgeber seine Kompetenz abzusprechen. Denn im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 21. Juni 2006 (- 6 C 19.06 -, zitiert nach juris), auf das auch die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag Bezug nehmen (vgl. Anlage 11 zur Abghs.-Drs. 16/0826, S. 13), ist davon auszugehen, dass die in § 14 Abs. 2 GewO erwähnten Tätigkeiten nicht in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der Pflicht zur Gewerbeanmeldung der Gewerbeordnung unterfallen (vgl. Heß, in: Friauf, GewO, § 14 Rdn. 30). Es spricht schon nichts dafür, dass der Betrieb von Wettannahmestellen durch die Erwähnung in § 14 Abs. 2 GewO ausschließlich gewerberechtlich beurteilt werden soll (vgl. Hahn, Das Wirtschaftsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab August 2005, GewArch 2007, 1). Auch wenn hinsichtlich des Lotteriewesens der ordnungsrechtliche Regelungsgehalt hinter dem wirtschaftlichen zurückträte, zumal unter der Prämisse, dass das Lotteriespiel ein niedrigeres Gefährdungspotential aufweist als Sportwetten (vgl. Horn, a.a.O., S. 112), ist doch nicht davon auszugehen, dass dieses Zurücktreten so weit ginge, dass hinsichtlich der Erlaubnispflicht dieser Tätigkeit das Berliner Landesgesetz gemäß Art. 72 Abs. 1 GG wegen Verstoßes gegen Bundesrecht nach Art. 31 GG (Bundesrecht bricht Landesrecht) verfassungswidrig und nichtig wäre (s.a. lediglich die Bedenken bei Horn, a.a.O., S. 112).

bb. Die Regelung ist jedoch bereits deshalb unverhältnismäßig, weil sie als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt zu qualifizieren ist.

(1) Nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 12) zwar soll dessen § 4 Abs. 1 lediglich ein umfassendes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt enthalten. Zur Begründung ist ausgeführt, die Einführung einer staatsvertraglichen Erlaubnispflicht für das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele sei als Reaktion auf die vielfachen Missstände notwendig, auf die die Suchtexperten und Berichte der Verbraucherschutzverbände aufmerksam gemacht hätten. Die Beachtung der suchtpräventiven und allgemeinwohlbezogenen Zielsetzung des Staatsvertrages müsse deshalb durch eine vorgehende Prüfung in einem Erlaubnisverfahren gesichert werden.

Ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt beschreibt indes die Tatsache, dass der Gesetzgeber bestimmte Betätigungen verbietet, nicht, weil sie generell unterbleiben sollen, sondern weil vorweg behördlich geprüft werden soll, ob sie im Einzelfall gegen bestimmte materiell-rechtliche Rechtsvorschriften verstoßen. Verläuft die Prüfung positiv, d.h. ergibt sich, dass die Betätigung mit dem materiellen Recht im Einklang steht, dann ist die Genehmigung zu erteilen. Das Verbot steht also von vornherein unter dem Vorbehalt, die Erlaubnis zu erteilen, wenn sich im Erlaubnisverfahren keine gesetzlichen Versagungsgründe ergeben (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006, § 9 Rdn. 51).

Demgegenüber aber beschreibt das gesetzliche Konzept in § 4 Abs. 2 GlüStV kein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, sondern ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt. Mit diesem Instrument sollen allgemein mittels der Erteilung einer Ausnahmebewilligung (auch Dispens genannt) Härten und Schwierigkeiten, die sich aus der abstrakt generellen gesetzlichen Regelung ergeben und eigentlich für den konkreten Fall nicht intendiert sind, beseitigt werden (vgl. allgemein Maurer a.a.O., Rdn. 55; Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 12 Rdn. 159). So liegt es hier. Die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele ist ohne Erlaubnis verboten; auf die Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV besteht aber selbst dann kein Rechtsanspruch, wenn die Voraussetzungen zu ihrer Versagung nicht vorliegen, so dass die Entscheidung damit letzten Endes voraussetzungslos in das politische Ermessen der jeweils zuständigen Landesbehörde gestellt ist (vgl. Horn, a.a.O., S. 101; Pieroth, Erlaubnispflicht für gewerbliche Spielvermittlung am Maßstab des Grundgesetzes, in: Der Glückspielstaatsvertrag, S. 1, 23, der insbesondere auch auf die Weite und Auslegungsbedürftigkeit der Versagungsgründe abstellt). Dieser Auffassung hat sich im Ergebnis wohl auch die Bundesregierung angeschlossen, die in ihrer Mitteilung an die Europäische Kommission vom 20. Mai 2008 (dort S. 34) im Hinblick auf § 4 Abs. 1 GlüStV, der ein umfassendes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt enthalte, weiter ausführt, dass sich das rechtliche Instrument des repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalten auch in vielen anderen Ländern Europas finde.

Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwa in seiner Entscheidung zum Sammlungsgesetz (BVerfGE 20, 151 [157 ff.]):
„Das Gesetz bestimmt in den §§ 1-6, welche Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen der behördlichen Genehmigung bedürfen. Die Genehmigung darf "nur" erteilt werden, wenn die in den §§ 4-6 der I. DVOSammlG genannten Voraussetzungen vorliegen. Durch diese Fassung ist zum Ausdruck gebracht, daß eine Genehmigung schlechthin dann ausscheidet, wenn die dort genannten Umstände nicht vorliegen; dagegen normieren weder das Gesetz selbst noch die Durchführungsverordnung solche Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Behörde rechtlich verpflichtet wäre, die nachgesuchte Genehmigung zu erteilen. Es handelt sich somit nicht um eine gebundene, sondern um eine freie Genehmigung, bei der die Entscheidung im freien Ermessen der Behörde liegt. Der Sammlungsträger hat keinen Rechtsanspruch auf die Genehmigung, auch wenn er nachweist, daß die in der Durchführungsverordnung aufgestellten Mindesterfordernisse gegeben sind.

Nach ihrem materiellen Gehalt handelt es sich bei den Genehmigungsvorbehalten des Sammlungsgesetzes um Verbote mit einem Befreiungsvorbehalt. Das Sammeln und die sammlungsähnlichen Veranstaltungen werden im Prinzip nicht als erlaubt angesehen mit der Möglichkeit, rechtswidriges Verhalten zu verbieten, sondern als grundsätzlich verboten mit der "Chance", von diesem Verbot eine Befreiung zu erhalten. Die Genehmigung besagt nicht mehr nur, daß dem Vorhaben keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen, sondern gestattet die Tätigkeit erst. Die Genehmigung ist nicht lediglich eine zur präventiven Kontrolle vorgesehene formelle Voraussetzung für die rechtmäßige Ausübung einer an sich nicht verbotenen Betätigung, sondern enthält der Sache nach die Aufhebung eines repressiven Verbotes des objektiven Rechts. Sie ist somit eine materielle Voraussetzung für das Recht überhaupt. Durch die Genehmigung wird das Recht, eine Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung durchzuführen, erst konstitutiv begründet.

Die aus Art. 2 Abs. 1 GG sich ergebende Befugnis, im Rahmen von Sammlungen und sammlungsähnlicher Veranstaltung karitativ tätig zu werden, ist also dem Grunde nach durch einfaches Gesetz beseitigt, ohne daß das öffentliche Interesse dies erfordert. Die Regelung enthält ein generelles Verbot grundrechtlicher Betätigung. Darüber hinaus sind die Genehmigungsvorbehalte grundrechtswidrig, weil dem Sammlungsträger kein Rechtsanspruch auf die Genehmigung eingeräumt ist.

Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Prinzip der Gewaltenteilung, das die Exekutive - jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung - auf die Ausführung der Gesetze beschränkt, gebietet, daß der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung die der staatlichen Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre selbst abgrenzt und dies nicht dem Ermessen der Verwaltungsbehörde überläßt. Das Gesetz muß die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren (BVerfGE 6, 32 (42); 8, 71 (76), 274 (325); 9, 83 (87); 13, 153 (160)). Hält es der Gesetzgeber für erforderlich, der Ausübung grundrechtlicher Befugnisse ein Genehmigungsverfahren vorzuschalten, so muß sich aus der Rechtsvorschrift selbst ergeben, welche Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung gegeben sein müssen, bzw. aus welchen Gründen die Genehmigung versagt werden darf.

Auch in dieser Richtung hält das Sammlungsgesetz einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand: Die Genehmigungsvorbehalte enthalten keine tatbestandsmäßige Festlegung der Genehmigungsvoraussetzungen. Im Gesetz selbst fehlt jeder Hinweis, nach welchen Merkmalen die Behörde zu entscheiden hat, wenn die Genehmigung einer Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung beantragt wird. Die in den §§ 4-6 I. DVO- SammlG enthaltenen Voraussetzungen binden die Verwaltung nur insoweit, als eine beantragte Genehmigung in jedem Fall versagt werden muß, wenn diese nicht vorliegen; die Behörde ist jedoch nicht gehindert, die Genehmigung auch aus anderen Gründen zu versagen. Die Versagungsgründe der I. DVOSammlG sind nur Beispiele und stellen keine tatbestandsmäßige fest umrissene Regelung dar; auch gesetzlich nicht normierte Versagungsgründe können einer behördlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden. Nicht das Gesetz selbst, sondern die Verwaltung bestimmt abschließend die Gesichtspunkte, die die Versagung einer Genehmigung rechtfertigen können. Das entspricht der grundsätzlichen Tendenz des Gesetzes, die auf eine umfassende behördliche Lenkung des Sammlungswesens ausgerichtet ist. Auch die bis in die neueste Zeit geübte Verwaltungspraxis geht hiervon aus, wie verschiedene zum Sammlungsgesetz ergangene Ländererlasse und die von den Ländern Bayern und Nordrhein-Westfalen vorgelegten Unterlagen ergeben (vgl. auch Urteil BVerwG vom 28. September 1965 - DÖV 1965 S. 848). Hiernach haben sich die Behörden - jedenfalls teilweise - für befugt erachtet, nach ihrer Auffassung das Sammlungswesen zu steuern und die Genehmigung selbst dann zu versagen, wenn die in den §§ 4-6 der I. DVOSammlG festgelegten Mindestvoraussetzungen vorlagen.

Da die Entscheidungsbefugnisse der Verwaltung im Bereich der Versagungsgründe somit durch das Gesetz nicht ausreichend festgelegt sind, ist die Regelung auch insoweit verfassungswidrig.“
Entsprechend liegt es auch hier. Die rechtliche Qualifikation des Erlaubnisvorbehalts - und damit seine Eingriffsintensität - ist, anders als es eine schlichte Übernahme der Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag nahelegte, daher diejenige eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt (so auch Dietlein, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glückspielrecht, 2008, Art. 12 GG Rdn. 20; Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glückspielrecht, 2008, § 4 GlüStV Rdn. 63 ff.).

(2) Nach §§ 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AG GlüStV ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Vermitteln des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft. In § 1 GlüStV sind die Ziele des Staatsvertrages niedergelegt. Hierzu gehört insbesondere, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen sowie das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken (Nrn. 1. und 2.) Diese Voraussetzungen sind erkennbar weit und in ihrer konkreten Ausformung unbestimmt formuliert. Nach der sog. Wesentlichkeitslehre als Teil des (rechtsstaatlichen) Bestimmtheitsgebots und des (auf dem Demokratieprinzip basierenden) Parlamentsvorbehalts soll jedoch der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst treffen, so dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Der Gesetzgeber ist also verpflichtet, wesentliche Entscheidungen nicht der Verwaltung zu überlassen. Der Umfang der Gestaltungspflicht des Gesetzgebers bestimmt sich dabei mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes, d.h. vorliegend nach der Schwere der Einschränkungen des Grundrechts der Berufsfreiheit (vgl. VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 30 des Umdrucks). Entsprechend führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es dem Wesen des Grundrechts der Berufsfreiheit widerspreche, wenn der Gesetzgeber die Erteilung einer Erlaubnis in das (freie) Ermessen der Behörde stelle (vgl. BVerwGE 91, 356, 358). Danach besitzt jeder Berufsbewerber, der die durch das Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen zur Zulassung erfüllt, einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. Entsprechender Auffassung ist auch das Bundesverfassungsgericht, das erklärt hat, dass, wenn es der Gesetzgeber für erforderlich halte, der Ausübung grundrechtlicher Befugnisse ein Genehmigungsverfahren vorzuschalten, sich aus der Rechtsvorschrift selbst ergeben müsse, welche Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigungen gegeben sein müssen bzw. aus welchen Gründen die Genehmigung versagt werden dürfe (BVerfGE 20, 150, in juris Rdn. 24). Diesen Maßstäben entspricht die Bezugnahme auf die sehr allgemein gefasste Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrages nicht. Dass ein öffentliches Interesse die Beseitigung der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Befugnis, sich als gewerblicher Spielvermittler zu betätigen, über den tenorierten Umfang hinaus erforderte, ist nicht ersichtlich (vgl. dazu auch unten zu Suchtgefahr S. 30 ff.).

Auch stellt sich die Frage, wie das staatliche Glücksspielangebot, das im Regelfall über die unter dem Dach des staatlich legitimierten Veranstalters eingerichteten Annahmestellen abgewickelt wird, durch die zusätzliche Erlaubnis an gewerbliche Spielvermittler begrenzt werden soll. Dies gilt umso mehr, als die Länder zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV die ordnungsrechtliche Aufgabe haben, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen (§ 10 Abs. 1 GlüStV) und gleichzeitig die Zahl der Annahmestellen zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV zu begrenzen (§ 10 Abs. 3 GlüStV), was im Land Berlin mittels § 8 Abs. 6 AG GlüStV dadurch bewirkt werden soll, dass die Anzahl der Annahmestellen 1.100 nicht überschreiten darf. Hinzutritt, dass im Regelfall die bislang tätigen Spielvermittler ihr Gewerbe über das Internet abwickelten und diese Vermittlungsform nunmehr durch § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist. Nach § 9 Abs. 5 Satz 2 GlüStV aber steht die Einführung neuer oder die erhebliche Erweiterung bestehender Vertriebswege durch Vermittler der Einführung neuer Glücksspielangebote gleich, was im Umkehrschluss bedeutet, dass mit der Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV das Glücksspielangebot erweitert wird, was in Konflikt mit den Zielen des Staatsvertrages in § 1 GlüStV tritt. Neben dem Genannten finden sich weitere Versagungsgründe für eine im Land Berlin zu beantragende Erlaubnis in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2-8 AG GlüStV.

(3) Anders als es danach die Anforderungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG bedingen, besteht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV auf die Erteilung der Erlaubnis auch beim Fehlen von Versagungsgründen kein Rechtsanspruch. Die Erteilung der Erlaubnis ist damit in das pflichtgemäße Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt, das sie entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung und in den gesetzlichen Grenzen auszuüben hat (§ 40 VwVfG). Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag stehe danach die Förderung der Ziele des § 1 GlüStV, soweit nicht ein Widerspruch zu diesen Zielen bereits den zwingenden Versagungsgrund nach § 4 Abs. 2 Satz 1 begründe, im Vordergrund und erlaube eine Steuerung nach dem ordnungsrechtlich Ziel des § 1 GlüStV, wobei vor allem § 1 Nr. 1 (Verhinderung von Suchtgefahren) und Nr. 2 (Kanalisierung und Begrenzung des Angebots) von maßgeblicher Bedeutung seien (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 14). Nach der Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts ist die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV als den Anforderungen nicht genügend zu betrachten. So ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Glücksspielstaatsvertrages noch aus der Begründung hierzu eine Andeutung dahin, in welcher Weise das Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde auszuüben ist. Der Verweis allein auf die Ziele des § 1 GlüStV hilft in diesem Zusammenhang nicht weiter, da diese bereits einen Versagungsgrund darzustellen vermögen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) und nicht ersichtlich ist, inwieweit darüber hinaus eine Ermessensentscheidung an ihnen ausgerichtet sein sollte. Der der Behörde das entsprechende Ermessen einräumenden Vorschrift ist auch nicht zu entnehmen, ob im Grundsatz eine positive oder negative Antragsentscheidung ergehen solle (im Ergebnis ebenso vgl. Caspar, Wissenschaftlicher Dienst des schleswig-holsteinischen Landtages, Gutachten über europa- und verfassungsrechtliche Aspekte zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland [Anlage 16 zur Klageschrift], S. 28 ff.). Angesichts der für das Land Berlin zahlreichen Versagungsgründe, die im Übrigen in Teilen sehr weit und eher unspezifisch gefasst sind, erschließt sich eine Begründung dafür, dass darüber hinaus noch die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erforderlich wäre, nicht. Dies gilt umso mehr, als die Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV widerruflich zu erteilen und zu befristen ist.

(4) Eine verfassungskonforme Auslegung in der Weise, dass bei Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an den gewerblichen Spielvermittler ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV zugesprochen werden könnte, ist nicht möglich. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV entgegen, wonach kein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis besteht. Diese Formulierung steht erkennbar einer gegenteiligen Deutung nicht offen. Dies widerspräche auch der gesetzgeberischen Intention, wie sie sich aus den Erläuterungen zu § 4 des Glücksspielstaatsvertrages ergibt.

cc. Darüber hinaus entspricht die Qualität des durch die Schaffung einer Erlaubnispflicht für gewerbliche Spielvermittler nach dem Glücksspielstaatsvertrag geschaffenen Eingriffs in die Berufsfreiheit derjenigen einer objektiven Berufszulassungsschranke (dazu [1]), die jedoch nicht in einer den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne genügenden Weise gerechtfertigt werden kann (dazu [2]).

(1) Nach der Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichts sind Berufsausübungsregelungen, subjektive Zulassungsvoraussetzungen sowie objektive Zulassungsvoraussetzungen zu unterscheiden. Zur Rechtfertigung von Berufsausübungsregelungen reichen bereits in weitem Maße Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit aus, wohingegen objektive Zulassungsschranken nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig sind. Dabei ist die Dreistufenlehre des Bundesverfassungsgerichts kein starres System, sondern grundsätzlich auch in flexibler Weise anwendbar (vgl. Umbach, in: Umbach/Clemens, GG, 2002, Art. 12 Rdn. 81 ff., 120 m.w.N.).

Bei den Vorschriften zur Erlaubnispflicht im Glücksspielstaatsvertrag handelt es sich nicht um reine Berufsausübungsregelungen, sondern um objektive Zugangsvoraussetzungen. Denn sie knüpfen den Zugang zu dem Beruf als gewerblicher Spielvermittler an objektive, außerhalb der Person des Betroffenen liegende Voraussetzungen. Zu solchen gehört insbesondere die bedarfsorientierte Zulassung zu bestimmten Berufen (vgl. BVerfGE 7, 377 - Apothekenurteil -; vgl. auch Umbach, in: Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 12 Rdn. 88). Die Anforderungen an die Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufsfreiheit werden dabei vom Bundesverfassungsgericht auch an den Eingriffsgrad der tatsächlichen Auswirkungen angepasst (vgl. Umbach, a.a.O., Rdnr. 90 m.w.N.). Dies ist etwa der Fall, wenn die Berufsausübungsregelungen auf das Recht zur freien Berufswahl zurückwirken und damit eine Berufszulassungsschranke darstellen, weil sie es faktisch bzw. wirtschaftlich ausschließen, den gewählten Beruf zur Grundlage der Lebensführung zu machen; nicht erforderlich ist, dass der Zugang zu dem Beruf völlig versperrt ist (vgl. BVerfGE 13, 181 [186 f.], 36, 47 [58 f.]).

Vorliegend ist in der Gesamtschau der Regelungen des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel eine solche Verhinderung einer wirtschaftlichen Berufsausübung anzunehmen. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Freiheit eines gewerblichen Spielvermittlers nach dem Glücksspielgesetz ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit § 25 Abs. 6 GlüStV eine Übergangsregelung schaffen wollte, um den bereits bisher als gewerbliche Spielvermittler im Internet tätigen Unternehmen eine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie ihren Betrieb auf nach dem Staatsvertrag zulässige Vertriebswege umstellen könnten. Allerdings erklärt § 13 Abs. 2 AG GlüStV, dass örtliche Verkaufsstellen gewerblicher Spielvermittler unzulässig seien. Eine Umstellung auf diesen Vertriebsweg scheidet danach im Land Berlin aus. Zur Begründung ist ausgeführt (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, S. 55), dass im Hinblick auf das Ziel des Glücksspielstaatsvertrages, das Glücksspielangebot zu begrenzen, und die Umsetzung dieses Zieles durch eine Verringerung der Annahmestellen (vgl. § 10 Abs. 3 GlüStV, § 8 Abs. 6 AG GlüStV) die Zulassung von Verkaufsstellen gewerblicher Spielvermittler künftig ausgeschlossen sei. Mit dieser Begründung legt der Gesetzgeber offen dar, dass den gewerblichen Spielvermittlern somit schon auf Tatbestandsebene kaum eine Möglichkeit eingeräumt wird, in den Genuss einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV zu kommen, nachdem die Vermittlung auch über das Internet gesperrt ist. Dabei geht der Gesetzgeber sogar grundsätzlich davon aus, dass der Bedarf an Angeboten zur Teilnahme an erlaubtem Glücksspiel durch den staatlichen Veranstalter - in Berlin über die DKLB und die Annahmestellen - gedeckt ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 6 AG GlüStV:
„Mit der Festsetzung auf 1100 wird die Anzahl der Annahmestellen auf eine Annahmestelle je 3090 Einwohner begrenzt. Hiermit handelt es sich um eine angemessene Relation, die den Zielen des Staatsvertrages entspricht“.
Neben dem in Berlin geregelten Ausschluss der Einrichtung örtlicher Verkaufsstellen nach § 13 Abs. 2 AG GlüStV sind vorliegend auch die Erläuterungen zur Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV von Interesse. Zu § 19 GlüStV heißt es:
„Die Erlaubnis darf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 nicht erteilt werden, wenn die (gewerbliche) Spielvermittlung den Zielen insbesondere des § 1 Nr. 1 und Nr. 2 zuwiderläuft. Davon wird beispielsweise auszugehen sein, wenn durch die Spielvermittlung neue Vertriebswege (wie Lotto im Supermarkt) eröffnet werden sollen“.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers, die er der Verwaltung zur Verneinung der Tatbestandsvoraussetzung noch vor Ausübung des Ermessens an die Hand gibt, läuft also die Eröffnung neuer Vertriebswege den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages zuwider.

Weiter sind die mit der Tätigkeit als gewerblicher Spielvermittler verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten auch hinsichtlich der Provisionen zu beurteilen. Nach der gesetzlichen Konzeption in § 13 Abs. 2 AG GlüStV ist die Gewinnmarge des gewerblichen Spielvermittlers vom Spieler aufzubringen. Eine solche Einnahme zu erzielen, ist die Klägerin jedoch als gehindert zu betrachten, da ihr Dienstleistungsangebot nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den Annahmestellen wäre, die weiterhin Provisionen vom staatlichen Lottoveranstalter erhalten und die damit ihre Leistungen ohne Mehrkosten für den Spieler anbieten können (zu den benannten Punkten ausführlich s. unten zu den einzelnen Anträgen).

Darüber hinaus betonen die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag weiter Folgendes:
„Liegen keine Versagungsgründe gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 vor, ist über die Erlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 40 VwVfG) zu entscheiden. Dabei wird die bisherige legale Tätigkeit eine Spielvermittlers angemessen zu berücksichtigen sein. Im Vordergrund steht bei der Ermessensausübung die Förderung der Ziele des § 1, wobei vor allem § 1 Nr. 1 (Verhinderung von Suchtgefahren) und Nr. 2 (Kanalisierung und Beschränkung des Angebots) von maßgeblicher Bedeutung sein werden. Dass es somit vor allem auf eine Unterscheidung zwischen dem (legal) bestehenden Angebot und neu hinzukommenden Angeboten ankommt, wird auch aus § 9 Abs. 5 ersichtlich…“
Nach diesem Leitfaden zur Ermessensausübung - die sich ohnehin maßgeblich an den Versagungsgründen orientiert - erscheint es für die Klägerin nahezu ausgeschlossen, eine positive Entscheidung über eine Erlaubnis - sei sie auch noch so beschränkt (insbes. kein Internetangebot) - zu erhalten. Denn es liegt zumindest nahe, dass das durch § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV eingeräumte Ermessen entsprechend der soeben wiedergegebenen Gesetzesbegründung ausgeübt wird.

Eine Genehmigung zusätzlicher, einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichender Vertriebswege erscheint vor diesem Hintergrund gleichsam als ausgeschlossen. Vielmehr wird die berufliche Tätigkeit der Klägerin durch diese Bestimmungen kurzfristig erschwert und mittelfristig unmöglich gemacht.

Angesichts des inhaltlichen Ausmaßes der Regulierung ist zur Rechtfertigung derjenige Maßstab zu erfüllen, der bezüglich objektiver Zulassungsschranken anzulegen ist. Es kann dabei dahinstehen, ob - wie die Klägerin meint - die gewerbliche Spielvermittlung im Internet ein eigenes Berufsbild darstellt. Grundsätzlich steht dem Gesetzgeber die Befugnis zu, eine Typisierung von Berufen vorzunehmen und diese Berufsbilder gesetzlich zu fixieren (vgl. BVerfGE 13, 97 [117], Manssen, in: v.Mangoldt/Klein/ Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 12 Abs. 1 Rdn. 44 f.; Gubelt, in: v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl. 2000, Art. 12 Rdn. 11 f.). Stellte indes die Tätigkeit eines gewerblichen Spielvermittlers im Internet ein eigenes Berufsbild dar, käme die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV bereits aus sich heraus einer objektiven Berufszulassungsschranke gleich und bedürfte einer entsprechenden - hier nach dem oben Gesagten ohnehin erforderlichen - Rechtfertigung. Andernfalls wäre im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders das Gebot zu berücksichtigen, die Freiheit der Berufswahl nicht stärker zu beschränken, als es die jeweils zu schützenden Interessen erfordern (vgl. Gubelt, a.a.O., Art. 12 Rdn. 14 m.w.N.).

Danach ist zur Rechtfertigung die Abwehr nachweisbarer und höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut erforderlich. Dass von diesem Maßstab abgerückt werden müsste, weil es sich bei der Vermittlung staatlicher Glücksspielangebote um eine generell unerwünschte Tätigkeit handelt, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich (vgl. auch Horn, a.a.O., S. 106 f.). Denn der Gesetzgeber selbst erlaubt die gewerbliche Spielvermittlung neben der Vermittlung durch die staatlichen bzw. staatlich beherrschten Glücksspielveranstalter und schafft hierfür Zulassungsvoraussetzungen. Er gibt dieses Tätigkeitsfeld damit jedenfalls dem Wortlaut nach für eine Berufsausübung durch private Dritte frei.

(2) Grundsätzlich sind vom Gesetzgeber auch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls zur Rechtfertigung der (objektiven) Berufszulassungsschranke benannt worden.

(a) Hauptzweck der Errichtung einer Erlaubnispflicht für die gewerbliche Spielvermittlung ist die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, wobei es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (vgl. BVerfGE 115, 276, 304). Als weiteres - vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Urteils zu den Sportwetten vom 28. März 2006 als legitim bezeichnetes - Ziel ist in der Begründung zu § 4 GlüStV allgemeinwohlbezogen der Verbraucherschutz vor unlauteren Wettbewerbsmethoden, insbesondere etwa dem Versprechen falscher Gewinnsummen, genannt. Dies lässt sich im weiteren Sinne auch unter die Schaffung der Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung subsumieren. Darüber hinaus ist weiteres legitimes Ziel der Jugend- und Spielerschutz.

(b) Zur Erreichung dieser legitimen Ziele ist die Einrichtung einer Erlaubnispflicht zwar als grundsätzlich geeignet und erforderlich, jedoch nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne anzusehen.

(aa) Die gesetzliche Einführung einer Erlaubnispflicht für die gewerbliche Spielvermittlung stellt grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Erreichung der genannten legitimen Ziele dar. Denn ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei schon die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Es ist vornehmlich seine Sache, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Gebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. BVerfGE 115, 276, 308). Nach diesem Maßstab lässt sich die Annahme des Gesetzgebers, dass die Einführung einer Erlaubnispflicht ein geeignetes Mittel ist, die mit dem gewerblichen Spielvermitteln des staatlichen Glücksspielangebots verbundenen Gefahren zu bekämpfen, im Grundsatz nicht beanstanden.

(bb) Der Gesetzgeber durfte auch von der Erforderlichkeit einer Erlaubnispflicht ausgehen. Er verfügt bei der Einschätzung der Erforderlichkeit ebenfalls über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. In Folge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts, wie der Abwehr der Gefahren, die mit dem Vermitteln von Glücksspielen verbunden, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten (vgl. BVerfGE 115, 276, 308 f.). Nach diesen Maßstäben ist die Einschätzung der Erforderlichkeit der Einführung einer Erlaubnispflicht durch den Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Anders als im Hinblick auf das grundsätzliche staatliche Monopol zur Veranstaltung von Glücksspielen, insbesondere Sportwetten, hat der Gesetzgeber für die Spielvermittlung kein Monopol eingerichtet. Vielmehr hat er die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittlung als erlaubnisfähig ausgestaltet und die Einhaltung der entsprechenden rechtlichen Anforderungen durch Genehmigungsvorbehalte und behördliche Kontrollen mit den Mitteln der Wirtschaftsaufsicht sichergestellt. Zur Begründung der neueingeführten Erlaubnispflicht hat er sich dabei auch auf die in den Vorjahren gemachten Erfahrungen, die im Zustand einer fehlenden Erlaubnispflichtigkeit gemacht wurden, berufen und insbesondere auf Beschwerden und Hinweise von Verbraucherverbänden reagiert. Hiergegen ist im Grundsatz - auch wenn sich diese Beschwerden nicht auf die Klägerin bezogen - nichts zu erinnern.

(cc) Die Regelungen genügen indes nicht in jeder Hinsicht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung steht fest, dass Glücksspiele, insbesondere Wetten, zu krankhaftem Suchtverhalten führen können. Die Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren ist ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann. Allerdings haben unterschiedliche Glücksspielformen ein unterschiedliches Suchtpotential. Die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten spielen nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgen Casinospiele. Alle anderen Glücksspielformen tragen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei. Ausgehend hiervon hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten mit festen Gewinnquoten, das seinerzeit noch nicht abschließend beurteilt werden konnte, dem Gesetzgeber zugebilligt, dass er schon auf Grund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes mit einem nicht unerheblichen Suchtpotential rechnen und dies mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass für Prävention nehmen dürfe und dies insbesondere im Hinblick auf den Jugendschutz gelte (BVerfGE 115, 276, 304 f.).

[1] Diese Begründung kann allerdings nicht unterschiedslos auf die gewerbliche Spielvermittlung des staatlich angebotenen Glücksspiels und eine damit verbundene Suchtgefahr angewandt werden.

[a] Lediglich für die von der staatlichen Lottogesellschaft in Berlin, der Deutschen Klassenlotterie Berlin, angebotene Sportwette Oddset - sowie etwa Keno und Rubbellose - ist die Begründung des Bundesverfassungsgerichts als einschlägig zu übernehmen. Denn die Ausführungen in dem genannten Urteil unterscheiden insoweit nicht zwischen dem staatlich angebotenen und dem privat vermittelten Sportwetten.

Nach den derzeitigen Erkenntnissen in der Glücksspielforschung gilt das Spielen um Geld insbesondere dann als besonders suchtgefährdend, wenn es mit einer raschen Spielabfolge (hohe Ereignisfrequenz) und einer kurzen Zeitspanne zwischen dem Geldeinsatz und der Bekanntgabe des Spielergebnisses unter Auszahlung eines möglichen Gewinnes verbunden ist. Insbesondere die Casinospiele und die Geldspielautomaten, aber auch etwaige Rubbellose und bestimmte Formen der Sportwette erfüllen diese Kriterien (vgl. Bremer Institut für Drogenforschung [BISDRO], Glücksspiele in Deutschland - eine repräsentative Untersuchung zur Teilhabe und Problemlage des Spielens um Geld, Dezember 2006, S. 4; Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten - Eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai 2005, S. 151). Dementsprechend ist gegen die in der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag (Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 27) enthaltene Ausführung, dass von täglichen Lotterien wie Keno und Minutenlotterien Quickie vergleichbare Gefahren - wie von der Veranstaltung von Spielbanken und Sportwetten - ausgehen, nichts zu erinnern. Hinzuweisen ist darauf, dass sich die weiteren Ausführungen deswegen nur auf die im Tenor benannten Lotterien mit nicht mehr als zwei Gewinnentscheiden pro Woche beziehen.

[b] Anders stellt sich die Erkenntnislage indes für die übrigen von der DKLB angebotenen Lotterien (wie GlücksSpirale, Klassenlotterien, sowie die Zusatzlotterien Super 6, Spiel 77), insbesondere das klassische Lottospiel „6 aus 49“, oder auch die Lotterie „Die Goldene Eins“ und ähnliche dar.

Insoweit ist der Eingriff in die Berufsfreiheit übermäßig belastend und der Klägerin unzumutbar. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist.

Die Veranstaltung des Zahlenlottos „6 aus 49“ sieht einen langgestreckten Spielablauf mit geringem Aufforderungscharakter und ohne unmittelbare Gewinnauszahlung vor. Mit seiner vergleichsweise geringen Spielfrequenz (zwei Ziehungen pro Woche) und der in der Regel großen Zeitspanne vom Ausfüllen der Scheine bis zur Ziehung der Zahlen ist eine hohe Ereignisfrequenz nicht verbunden. Entsprechend dieser Strukturmerkmale konnte festgestellt werden, dass nur wenige Spielteilnehmer glücksspielbezogene Probleme im Zusammenhang mit dem Lottospiel entwickelten. So wird in einer Untersuchung des Bremer Instituts für Drogenforschung von einer Verbreitung pathologischen Spielens in Höhe von lediglich 0,33 % der ausschließlichen Lottospieler ausgegangen (vgl. a.a.O., S. 4). Aus den genannten Gründen sei deshalb das Gefährdungspotential des Lottospiels „6 aus 49“ in der aktuellen Vertriebsform als gering einzustufen (vgl. Meyer/Hayer, Mai 2005, a.a.O., S. 151; Bremer Institut für Drogenforschung, a.a.O., S. 4 f., Abbildung 3). Eine Unterscheidung nach einfachem Lottospiel oder Lottosystemspielen findet sich in den Untersuchungen nicht, so dass insoweit von einem gleichmäßigen Gefährdungspotenzial auszugehen sein dürfte (s. dazu auch Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, Anlage zur Erläuterung, Gefährdungspotential der einzelnen Glücksspiele: einerseits FV Glücksspielsucht, das die Lottosystemspiele erwähnt, andererseits Meyer/Hayer 2006, die das Zahlenlotto allgemein als weiches Glücksspiel mit langgestrecktem Ablauf einstufen). Diese Bewertung auf die Produkte der Klassenlotterien, GlücksSpirale sowie die Spiele Spiel aus 77 und Super 6 zu übertragen, drängt sich auf (vgl. auch Bremer Institut für Drogenforschung, a.a.O., S. 6, Abbildung 5). Dem entspricht es, dass in § 22 Abs. 2 GlüStV unter der Überschrift „Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential“ solche zu verstehen sind, die häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet werden. Dieses gesetzgeberische Verständnis ergibt sich auch aus § 25 Abs. 6 Nr. 3 GlüStV, wonach von besonderen Suchtanreizen durch schnelle Wiederholung regelmäßig bei Lotterien mit nicht mehr als zwei Gewinnentscheiden pro Woche nicht ausgegangen werden könne.

Die Bundesregierung weist in ihrer Stellungnahme an die Europäische Kommission vom 20. Mai 2008 zum Glücksspielstaatsvertrag (dort Rn. 89, 116 ff.) darauf hin, dass nach neueren Untersuchungen bestimmte Lotterien im Vergleich zu anderen Glücksspielformen ein vergleichsweise niedriges Gefährdungspotential besitzen, andererseits aber bei einer kleinen, jedoch nicht zu vernachlässigenden Gruppe auch von Lottospielern ein problematisches Spielverhalten entstehen könne; grobe Schätzungen bewegten sich hier in einer Bandbreite zwischen 9.000 und 50.000 problematischen Lottospielern in Deutschland (unter Hinweis auf Kalke u.a., Das Gefährdungs- und Abhängigkeitspotential von Lotterien - Erkenntnisstand in Deutschland, Suchtmed 2006, 183 ff. ). Diese Annahme deckt sich in etwa mit der bereits genannten Untersuchung des Bremer Instituts für Drogenforschung. Diese Größe steht in Einklang auch mit den Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung im Drogen- und Suchtbericht, Mai 2008, dort Seite 96, die den Anteil pathologischer Spieler unter den Lottospielern mit 0,1% beschreibt - was für sich genommen schon auf ein höchst geringes Gefährdungspotential durch das Lottospiel verweist, unabhängig davon, dass hierin nicht allein die Nur-Lottospieler erfasst sein dürften (vgl. hierzu auch Hayer/Meyer, Mai 2005, a.a.O., S. u.a. NRW; ebenso die neuerlichen Untersuchung des Bremer Instituts für Drogenforschung vom Oktober 2007 [Lottostudie II], S. 52, die gleichfalls zu einem Anteil pathologischer Spieler an allen Lottoteilnehmern von etwa 0,08% kommt). Auch der Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim, Prof. Becker, erklärte in einem Interview des Deutschlandradios am 18. Juli 2008, dass man die Zahl der Spieler, die Probleme mit dem Lottospiel hätten, auf 5.000 bis vielleicht 30.000 schätze (www. dradio.de/dkultur/sendungen/ thema/818911, Stand 26. August 2008). Eine darüber hinausgehende Suchtgefahr ist nicht belegt. Eine vergleichbare Zahl von 29.000 pathologischen bzw. problematischen Lottospielern wird auch an anderer Stelle als Stand der Forschung referiert (s. Kalke u.a., Glücksspielsucht-Forschung in Deutschland, Konturen 2008, 20; die dort genannte Zahl aus der Lottostudie II von 3% pathologischen Lottospielern bezieht sich nicht auf die ausschließlichen Lottospieler, vgl. Lottostudie II, S. 33, Abb. 1, und berücksichtigt nicht die Anwendung der DSM-IV-Kriterien; dazu das Gesamtergebnis der Lottostudie II, S. 52). In einer neuen Untersuchung kommt Becker (Prävalenz des pathologischen Spielverhaltens in Deutschland, 2008) zu dem Ergebnis, dass etwa 500 bis 1.500 Personen in Deutschland das Lottospielen als Hauptproblem haben; diese niedrigen Zahlen beruhten auf einer nachtherapeutischen Befragung, womit der Unterschied zu den höheren Werten der epidemiologischen Untersuchungen zu erklären ist (s. dort S. 14 f.). Weiter äußert sich auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Glücksspielverhalten und problematisches Glücksspielen in Deutschland 2007 - Ergebnisbericht Juli 2008) dergestalt, dass sie das „Lotto 6 aus 49“ als weniger kritisch einschätzt (vgl. dort S. 32); der Großteil der problematischen und pathologischen Spieler sei den Geld- und Glücksspielautomaten, den Sportwetten und dem Poker zuzurechnen (dort S. 5).Wenn die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 20. Mai 2008 ausführt (dort Rn. 117), dass nach einer Untersuchung von 171 Lottospielern 15,2% der Probanden die Kriterien für pathologisches Lotteriespiel erfüllten (vgl. Grüsser/Plönske/Albrecht/Mörsen, The addictive potential of lottery gambling, Journal of Gambling Issues, 19. Januar 2007, S. 19, unter http:// www. damh.net/egambling/issue19/pdfs /grusser.pdf), kann dies bezogen auf die Gesamtteilnehmerzahl am wöchentlichen „Lotto 6 aus 49“ nicht ernsthaft behauptet werden. Von einer derartigen Zahl ist noch kein Forscher ausgegangen, zumal sie schon vor Jahrzehnten den Gesetzgeber auf den Plan hätte rufen müssen. Selbst in den Versorgungswerken NRW liegen die Werte für Nur-Lottospieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten selbst in der Behandlungsstation nur bei 6% der befragten Probanden (vgl. Meyer/Hayer, Mai 2005, a.a.O., S. 150 f.). Die Leiterin der von der Bundesregierung herangezogenen Untersuchung selbst bezeichnet diese denn auch ausdrücklich als nicht-repräsentativ (vgl. Grüsser-Sinopoli/Albrecht, in: Gebhardt/Grüsser-Sinopoli, Glücksspiel in Deutschland, 2008, § 25 Rdn. 21). Die Zahl belegt allein, dass - wie auch die anderen zitierten Untersuchungen gezeigt haben - ein Suchtpotential nicht in Gänze verneint werden kann; ein genauer Prozentsatz ist aus ihr jedoch nicht abzulesen. Das Zahlenlotto taucht nach der Untersuchung von Meyer/Hayer (Mai 2005, a.a.O., S. 152 f.) zudem eher als Sekundärproblematik auf, zumeist hinter den Geldspielautomaten; bei einer Nicht-Verfügbarkeit dieser Glücksspielform sei davon auszugehen, dass die Bedürfnisbefriedigung auf andere Glücksspielformen verlagert oder eine alternative Finanzierung des Automatenspielens erschlossen würde. Der allgemeine Hinweis in den Erläuterungen zu § 10 GlüStV (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 21), dass nach Ansicht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine getrennte Betrachtung von Lotterien und Wetten unter Aspekten der Spielsucht nicht sinnvoll sei, da auch bei unterschiedlichem Gefährdungspotential einzelner Glücksspiele keine Unterschiede im Entwicklungsverlauf und in den pathologischen Charakteristika der Spielsucht bestünden, genügt danach zur Rechtfertigung der wirtschaftlich für die Klägerin vernichtend wirkenden Unterbindung der gewerblichen Spielvermittlung etwa von „Lotto 6 aus 49“ nicht hin. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber hinsichtlich der Geldautomatenspiele mit der zum 1. Januar 2006 geänderten bundesrechtlichen Spielverordnung nur ein - positiv gewendet - unentschlossenes Handeln erkennen lässt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 11 MC 71/08 -, zitiert nach juris, Rdn. 99 f.; zu den Einwirkungsmöglichkeiten des Landesgesetzgebers vgl. VG Berlin, Beschluss vom 5. Mai 2008 - VG 35 A 108.08 -, S. 32 ff. des Umdrucks). Schon an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die nach Ansicht aller im Gesetzgebungsverfahren befragter Suchtexperten wesentlich gefährlicheren Geldspielautomaten (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage zu Anlage 11 unter Gefährdungspotential der einzelnen Glücksspiele) Berliner Spielern vielfach 23 Stunden und sogar 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen. Im Übrigen wäre, wenn die Intention des Gesetzgebers eine Gesamtbetrachtung Spielsucht verursachender Angebote gewesen wäre, eine solche auch durchzuführen gewesen und der Regelungsgehalt des Glücksspielstaatsvertrages nicht auf ein historisch den Lottogesellschaften zugewachsenes Angebot und damit eine rein zufällig wirkende Auswahl zu beschränken gewesen (vgl. dazu auch VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 70 ff. des Umdrucks, m.w.N.).

Richtig ist danach zwar, dass - wie auch die Erläuterungen des Glücksspielstaatsvertrages ausführen (vgl. dort S. 21) - „Lotto 6 aus 49“ in seiner derzeitigen Ausgestaltung ein Suchtpotential hat. Vor dem Hintergrund der die Berufsfreiheit der Klägerin höchst begrenzenden und ihre berufliche Tätigkeit mittelfristig unmöglich machenden gesetzlichen Bestimmungen aber gilt es in allen Entscheidungen eines Gerichts zur Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, dass Veranstalter des Lottospiels „6 aus 49“ der Staat ist und es im vorliegenden Zusammenhang nur um die Vermittlung des staatlich angebotenen Spieles geht. Die suchtpräventive Gestaltung des Lottospiels aber ist vorrangig durch den Veranstalter selbst zu gewährleisten, insbesondere obliegt es dem Gesetzgeber, etwa für niedrige Jackpots oder eine nicht werbende Bekanntmachung der gezogen Lottozahlen zu sorgen. Die hinsichtlich der maximalen Höhe des Jackpots getroffene Regelung in § 22 Abs. 1 GlüStV, wonach die Höhe planmäßiger Jackpots zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV in der Erlaubnis zu begrenzen sei, genügt den an sie zu stellenden Anforderungen nach der Wesentlichkeitslehre schon nicht. Auch ist im Tatsächlichen die nach den Spielbedingungen der DKLB vorgenommene Begrenzung insoweit erkennbar unwirksam. So ist in § 21 Abs. 7 der ab dem 21. Mai 2008 gültigen Teilnahmebedingungen vom 10. März 2008 bestimmt, dass der sich in der Gewinnklasse I ansammelnde Jackpot erst dann auf andere Gewinnklassen verteilt wird, wenn er in 14 aufeinander folgenden Ziehungen (7 Wochen) nicht gewonnen wurde. Bei einer angenommenen Steigerung des Jackpots in einer Woche um jeweils etwa 5 Millionen Euro (vgl. Lotto: Ein Stück Kulturgeschichte, 9.2.2005, www.lotto.de /presse, Stand: 9. Juli 2008) ist der derzeit mögliche Höchstwert auf über 35 Millionen Euro zu beziffern. Von einer suchtpräventiven Begrenzung zu sprechen, verbietet sich angesichts dieses Betrages. Vor diesem Hintergrund dann dem Vermittler des - staatlicherseits vorgeblich auf sein verantwortbares Suchtpotential geprüften und - erlaubten Glücksspielangebotes zur Rechtfertigung der Berufszulassungsschranke ein Suchtgefahr begründendes Verhalten vorzuhalten, erweist sich als mehr als widersprüchlich und ist deshalb nicht tragfähig.

Es geht bei der vorliegenden Klage auch - anders als bisweilen angenommen - nicht um eine Ausweitung des Angebotes der Lottovermittlung, sondern um den bereits bislang vorhandenen Bestand an Angeboten, nachdem etwa die Klägerin bereits seit 1999/2000 auf diesem Markt im Internet tätig ist. Die hieraus zu gewärtigen Folgen für die Spielsucht im Bereich des Spiels „Lotto 6 aus 49“ haben in die erwähnten Studien und Zahlenangaben bereits Eingang gefunden. Zur Vermeidung neuer Vertriebswege oder Anbieter könnte ggfs. auf das im Glücksspielstaatsvertrag angelegte Instrumentarium zurückgegriffen werden, ohne dass es eines gänzlichen Ausschlusses bereits vor dem 1. Januar 2008 tätig gewesener, insbesondere als „uneingeschränkt seriös“ bezeichneter Anbieter bedürfte. Eine tragfähige detaillierte Begründung dazu, dass vor dem Hintergrund des dargestellten geringen Suchtpotentials von „Lotto 6 aus 49“, des staatlichen Handelns auf diesem Gebiet und der Möglichkeiten des Einwirkens des Staates auf die gewerblichen Spielvermittler eine Maßnahme, die mittelfristig die berufliche Tätigkeit der Klägerin gänzlich unterbindet, verhältnismäßig im engeren Sinne sein kann, ist bislang noch von keiner Seite vorgetragen worden. Etwaigen neuen Anbietern könnte dabei zur Verhinderung einer Ausweitung des bisherigen Angebotes ggfs. im Wege einer Erlaubnisversagung begegnet werden. Die ein tatsächlich nur geringes Suchtpotential belegenden Zahlen vermögen auch deshalb eine Angemessenheit einer die berufliche Tätigkeit der Klägerin verhindernde Regulierung nicht zu begründen, weil „Lotto 6 aus 49“ bereits seit Jahrzehnten ausgespielt wird (zum ersten Mal 1955, bundesweit seit 1959 und die Lottogesellschaften der Länder verbunden seit 1962, vgl. Lotto: Ein Stück Kulturgeschichte, www. lotto.de/presse, Stand 9. Juli 2008), ohne dass die Zahl der Süchtigen dieses Spieltypus´ eine signifikante Größe erreicht hätte. Auch sind etwa Suchtzahlen aus den frühen Jahren des Lottospiels nicht bekannt und auch keine nachvollziehbaren Belege dafür vorhanden, dass die Sucht durch ein Auftreten gewerblicher Spielvermittler gefördert worden wäre. Im Gegenteil kommen Meyer/Hayer (Mai 2005, a.a.O., S. 150 f.) bei einer Zusammenstellung verschiedener Untersuchungen zum Zahlenlotto als problembehaftetem Glücksspiel zu dem Schluss, dass sich insoweit seit Ende der 1980er Jahre in Deutschland ein nahezu unverändertes Bild abzeichnet. Es wurde vom Gesetzgeber offensichtlich auch kein Handlungsbedarf gesehen, wie schon die durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28. März 2006 beschriebene Vermarktungsstrategie für die Sportwette Oddset bis zum Jahre 2006 deutlich macht, die sich insoweit auf das gleichermaßen offensiv und unter selbem bzw. ähnlichem Slogan beworbene „Lotto 6 aus 49“ übertragen lässt. Gegen eine Expansion der Suchtgefahr sprechen auch die Zahlen, die die Bundesregierung als Anlage 4 im Antwortschreiben an die Kommission vom 20. Mai 2008 zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866 übermittelt hat (vgl. GA Bd. I Bl. 195). Die Statistiken weisen für die Zeit von 1990 bis 2006 zwar eine Steigerung der Umsätze für „Lotto 6 aus 49“ von etwa 3,3 Mrd. Euro (1990) auf 5,5 Mrd. Euro (2001) aus - wozu allerdings auch die Anhebung des Einsatzes je Spiel im Jahre 1999 und die Jackpotsteigerungen beigetragen haben (vgl. Lotto - Ein Stück Kulturgeschichte, a.a.O.) -, danach aber stabilisierten sie sich auf etwa 5 Mrd. Euro. Die Lottogesellschaften selbst gehen davon aus, dass rund ein Drittel aller Bundesbürger regelmäßig an den Ausspielungen teilnimmt (vgl. Lotto - Ein Stück Kulturgeschichte, a.a.O.), was bezüglich der absoluten Zahlen in den Schätzungen von problematischen und pathologischen Spielern ebenfalls gegen eine die faktische Unterbindung der Berufsausübung der Klägerin rechtfertigende Suchtgefährdung durch Lotto spricht.

Für Klassenlotterien ist die Suchtgefahr noch geringer einzuschätzen, da sie schon entweder in den Untersuchungen nicht erwähnt werden oder bei Erwähnung am Ende der Liste der suchtrelevanten Glücksspiele erscheinen.

[2] Vor dem Hintergrund einer nur geringen, von den staatlichen Veranstaltern darüber hinaus seit Jahrzehnten kaum zur Kenntnis genommenen Suchtgefahr durch die bezeichneten Glücksspiele ist es nicht verhältnismäßig, die berufliche Betätigung und die von der Klägerin getroffene Berufswahl - die sie zudem unbeanstandet bis zum Jahr 2008 über mehrere Jahre ausgeübt hat - zumindest mittelfristig unmöglich zu machen. Da die Veranstaltung in den Händen des staatlichen Anbieters liegt, obliegt es zuvörderst ihm, durch die Ausgestaltung des Spielsystems, die Höhe des Jackpots und die Außendarstellung unmittelbar des Glücksspiels selbst zur Suchtbekämpfung beizutragen. Gerade die Aussicht auf große Gewinnsummen gilt als zentrales Strukturelement, die immense Beliebtheit beispielsweise des Lottospiels „6 aus 49“ zu erklären; insbesondere die nach dem Jackpotprinzip zustande gekommenen und zum Teil exorbitant hohen Gewinnsummen üben eine enorme Anziehungskraft aus (vgl. Meyer/Hayer, Mai 2005, a.a.O., S. 38).

Die Vermittlung von Lotterien, denen nach allgemeiner fachlicher Auffassung nur ein geringes Suchtpotential innewohnt, ist ebenso den Zielen der Suchtbekämpfung verpflichtet, ein faktisch gänzlicher Ausschluss der gewerblichen Spielvermittler lässt sich indes hieraus nicht rechtfertigen. Auch nach der allgemeinen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfte es zur Rechtfertigung des vorliegenden Eingriffs der Abwehr nachweisbarer und höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für das überragend wichtige Gemeinschaftsgut, was nach dem Gesagten nicht zu erkennen ist. Dies gilt umso mehr angesichts der vom Berliner Gesetzgeber weiter aufrechterhaltenen Zahl von (höchstens) 1.100 terrestrischen, privatwirtschaftlich agierenden Annahmestellen und einer allein schon hierüber gewährten allgemeinen Zugänglichkeit zum Lottospiel über private gewerbetreibende Spielvermittler, die lediglich aufgrund der Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 6 GlüStV nicht als gewerbliche Spielvermittler im Sinne des Gesetzes gelten.


2. (Antrag zu lit. b)

Die Klägerin wendet sich weiter im tenorierten Umfang zu Recht auch gegen die Bestimmung des § 4 Abs. 4 GlüStV. Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.

Diese Regelung stellt sich in ihrer Qualität im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ebenfalls als eine objektive Berufswahlbeschränkung dar. Sie ist als geeignet (a.) und noch erforderlich (b.) anzusehen, aber als unverhältnismäßig (c.).

a. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Sportwetten-Urteil ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Leidenschaft auch die Möglichkeit der Wettteilnahme über ein Internetangebot der staatlichen Lotterieverwaltung bedenklich sei, nachdem der Vertreter der staatlichen Lotterieverwaltung in der mündlichen Verhandlung selbst dargelegt habe, dass sich über diesen Vertriebsweg jedenfalls derzeit der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz nicht effektiv verwirklichen lasse (vgl. BVerfGE 115, 276, 315).

Dass das Verbot der Vermittlung des staatlichen Glücksspielangebots über das Internet geeignet ist, dem Ziel der Bekämpfung der Wettsucht zu dienen, ist zu bejahen.

b. Gemessen an den o.g. Maßstäben zur Erforderlichkeit einer Regelung sind diese auch angesichts des gänzlichen Ausschlusses einer Vermittlung über das Internet noch erfüllt. Zweifel hieran rühren nachvollziehbarer Weise indes daher, ob nicht nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten. So ist unklar und ergibt sich auch nicht aus den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag, ob andere Möglichkeiten als die des gänzlichen Ausschlusses des Internetverkehrs untersucht wurden, um die Anonymität des Spielenden aufzubrechen und eine gewisse soziale Kontrolle, die mit dem Verkehr im Internet häufig entfällt, auf anderem Wege auszuüben. Diese Frage stellt sich umso mehr, als der Glücksspielstaatsvertrag in § 25 Abs. 6 GlüStV selbst regelt, dass die Länder befristet auf ein Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages abweichend von § 4 Abs. 4 (Internet-Verbot) bei Lotterien die Veranstaltung und Vermittlung im Internet erlauben können, wenn keine Versagungsgründe nach § 4 Abs. 2 (kein den Zielen des § 1 zuwiderlaufendes Vermitteln, keine Erlaubnis für Vermitteln nicht erlaubter Glücksspiele) und weitere in Nrn. 1 bis 5 aufgezählte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehören insbesondere die Gewährleistung des Ausschlusses minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung; die Beachtung in der Erlaubnis festzulegender Einsatzgrenzen; die 1.000 Euro pro Monat nicht überschreiten dürfen, Ausschluss besonderer Suchtanreize durch schnelle Wiederholung und die Möglichkeit interaktiver Teilnahme mit zeitnaher Gewinnbekanntgabe; Sicherstellung der Teilnahme nur von Personen, die sich im Geltungsbereich der Erlaubnis aufhalten, durch Lokalisierung nach dem Stand der Technik sowie ein an die besondere Bedingung des Internets angepasstes und zu entwickelndes Sozialkonzept. Nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anhang 11, S. 28) hätten die privaten Wettunternehmen (sic!), zu denen offenbar auch die Klägerin gezählt wurde, in der Anhörung zum Entwurf des Staatsvertrages vorgetragen, dass sie die in § 25 Abs. 6 Nr. 1 bis 5 festgelegten Voraussetzungen erfüllen könnten. Ausgehend davon, dass der Staatsvertrag dies jedoch lediglich als Übergangslösung beschreibt, um den betroffenen Unternehmen die Umstellung ihrer Vertriebswege, die bislang annähernd ausschließlich auf das Internet ausgerichtet gewesen seien, zu ermöglichen, und daher eine dauerhafte Öffnung der Internetvermittlung seitens des Gesetzgebers nicht zugelassen wird, kann eine Überschreitung seines Beurteilungs- und Prognosespielraums zur Einschätzung der Erforderlichkeit noch nicht angenommen werden.

c. Allerdings ist auch diese Norm ist nicht verhältnismäßig im engeren Sinne.

In den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 15) heißt es, hiermit werde eine wesentliche Forderung erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 aufgestellt habe, insbesondere vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebotes am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht habe das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internet als bedenklich angesehen, zumal gerade dieser Vertriebsweg eine effektive Kontrolle des Jugendschutzes gewährleiste. Die Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle ließen es unter dem Aspekt der Vermeidung von Glücksspielsucht als notwendig erscheinen, den Vertriebsweg „Internet“ über den Sportwettenbereich hinaus in Frage zu stellen. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 sei es daher geboten, dem Glücksspielbereich den Vertriebsweg „Internet“ grundsätzlich zu untersagen. Damit werde zudem eine Forderung der Suchtexperten erfüllt, die ein konsequentes Verbot von Internetwetten und Online-Glücksspielen verlangt hätten. Zu den insoweit offenbar in Bezug genommenen Quellen kann auf den Anhang zu den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter dem Stichwort „Internetglücksspiel“ verwiesen werden, in dem ein Verbot von Internetwetten und Online-Glücksspielen befürwortet wird (allerdings mit der Begründung, grenzüberschreitende Online-Angebote seien nicht effektiv zu kontrollieren) und ein staatlich konzessioniertes Online-Glücksspielangebot mit hohen Zugangsbarrieren, niedrigen Limits, nur einem Konto und maximal einer Kreditkarte je Spieler gleichfalls für einen möglichen Weg gehalten wird. Die Bundesregierung weist in ihrer Stellungnahme an die Europäische Kommission vom 20. Mai 2008 (dort S. 12, Rdn. 46) darauf hin, dass die fachlichen Stellungnahmen zum Verbot des Glücksspiels im Internet in einem wesentlichen Punkt übereinstimmten: „Aufgrund von strukturellen Merkmalen wie der leichten Verfügbarkeit, der hohen Ereignisfrequenz und der Möglichkeit einer anonymen Spielteilnahme bergen Glücksspielangebote im Internet ein besonderes Gefährdungspotential“. Neben der zeitlich unbeschränkten Verfügbarkeit ist hinsichtlich einer Vermittlung im Internet auch einzustellen, dass im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in der Annahmestelle ein höherer Abstraktionsgrad erreicht wird, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes in den Hintergrund treten zu lassen.

Diese Argumentation reicht zur Begründung einer Angemessenheit der Regelung nicht aus. Der virtuelle Einsatz von Geld ist im täglichen Leben bereits fest verankert, denn um einen solchen handelt es sich bei jeder Zahlung mit einer Scheck- oder Kreditkarte, die in der Bundesrepublik Deutschland in höchstem Maße verbreitet sind und mit deren Umgang eine alltägliche Vertrautheit besteht. Hinzu tritt, dass für die Vermittlung von „Lotto 6 aus 49“ eine hohe Ereignisfrequenz in keiner Weise erkennbar ist und auch vom Gesetzgeber ausweislich der §§ 22 Abs. 2 Satz 1, 25 Abs. 6 Nr. 3, 2. Halbsatz GlüStV nicht angenommen wird. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Anonymität der Spielteilnahme auch im terrestrischen Verkehr über die Annahmestellen weder durch den Gesetzgeber (vgl. die ausdrückliche Einschränkung auf Lotterien mit hohem Gefährdungspotential in § 22 Abs. 2 GlüStV) noch in der tatsächlichen Ausformung aufgehoben wird. Denn in den Annahmestellen der DKLB wird - gesetzlich auch nicht ausdrücklich gefordert - für die Glücksspiele (außer Oddset, Keno und Toto s. www. lotto.de unter Die Kundenkarten-Bedingungen, Stand: 5. Juni 2008) gänzlich auf eine Identitätsprüfung verzichtet. Eine Kundenkarte in diesem Bereich ist eine lediglich freiwillig in Anspruch zu nehmende Serviceleistung. Hinzu kommt die hohe - und im Bereich des Sportwettenangebots gar zur Unverhältnismäßigkeit beitragende (vgl. nur VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 - S. 47 ff. des Umdrucks) - Dichte der Annahmestellen. In Bezug zur Anzahl der Einwohner von Berlin bedeutet die in § 8 Abs. 6 AG GlüStV festgeschriebene Obergrenze von 1.100 Annahmestellen, dass eine Annahmestelle für 3.090 Einwohner zuständig ist (vgl. auch Abghs.-Drs. 16/0826, S. 53). Die durchschnittliche räumliche Zuständigkeit einer Berliner Annahmestelle liegt unter Zugrundelegung der Größe Berlins (etwa 890 qkm) bei 0,811 qkm. Teils - etwa im Berliner Hauptbahnhof oder Bahnhof Alexanderplatz - finden sich Lottoannahmestellen sogar im Abstand von wenigen Dutzend Metern. Die hierdurch bedingte Option eines unaufwendigen Ausweichens auf eine oder mehrere andere Annahmestellen, um einen übermäßigen Spieleinsatz für das Spiel „6 aus 49“ zu platzieren, bietet insoweit nach den Vorgaben keine höhere Sicherung vor Anonymität als die Teilnahme im Internet. Vielmehr ist im Gegenteil zu berücksichtigen, dass sich der Spieler im Internet hinsichtlich seiner Personalien in irgendeiner Weise offenbaren muss (über Kontobenennung oder ein Identifikationsverfahren etwa); dies hat auch der Gesetzgeber selbst erkannt (vgl. § 25 Abs. 6 Nr. 1 und 4 GlüStV), ohne dem andererseits mit einer Öffnung des grundsätzlichen Verbots der Internetvermittlung Rechnung zu tragen.

Die Bundesregierung unterscheidet in ihrer Stellungnahme vom 20. Mai 2008 (dort S. 14) zwischen „Internetspielen“ (mit einer Verfügbarkeit von 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, von jedem PC aus) auf der einen Seite und Lotterien, die nicht in diesem Umfang Spiele durchführen, sondern täglichen Sperrzeiten unterlägen, auf der anderen Seite. Bei dieser Unterscheidung ist das „Lotto 6 aus 49“ mit seinen lediglich zwei Veranstaltungen pro Woche ohne Weiteres letzterem zuzuordnen und dem folgend in dieser Lesart nicht von einem typischen Internetspiel auszugehen. Soweit auf eine Unterscheidung zwischen Annahmestellen und dem Internetangebot abgestellt werden sollte, ist darauf zu verweisen, dass die Ladenöffnungszeiten der Lottoannahmestellen als Zeitschriftenläden oder Kioske lediglich hinsichtlich einzelner Nachtstunden (teils nur zwischen 22.00 und 5.00 Uhr oder 21.30 und 4.30 Uhr) einem Angebot rund um die Uhr entgegenstehen (und Geldspielautomaten in Automatenspielhallen auch 24 Stunden täglich zur Verfügung stehen). Die durch die Zahl der Annahmestellen permanente Verfügbarkeit über kurze Wege tut ihr Übriges. Ein sofortiges Weiterspielen nach virtueller Abgabe eines Lottoscheins, ohne den Ausgang der Ziehung abzuwarten, wird - anders als bei anderen Glücksspielen - schon nicht durch die Motivation, soeben entstandene Verluste durch einen umgehenden neuen Versuch auszugleichen, begründet. Vielmehr ist ein unkontrolliertes Abgleiten in einen rauschhaften und bewusstseinsverändernden Zustand bei dem Lottospiel „6 aus 49“ mit seinem langgestreckten Spielverlauf kaum möglich (vgl. Meyer/Hayer, Mai 2005, a.a.O., S. 37). Ebenso ließe sich dem allein aus dem Medium Internet befürchteten exzessiven Spielen durch entsprechende Vorkehrungen (vgl. dazu auch § 25 Abs. 6 Nr. 2 GlüStV) begegnen. Im Übrigen ist auf die Äußerung des Leiters der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim, Prof. Becker, vom 18. Juli 2008 im Deutschlandradio zu verweisen (unter www.dradio/dkultur/sendungen/thema/818911), wonach es zum Beispiel nicht einzusehen sei, warum man nicht seinen Lottoschein im Internet abgeben könne; davon werde keiner süchtig; es sei aber natürlich einzusehen, dass man nicht im Internet wild in Kasinos und Roulette spielen und um Geld pokern könne. Auch der Ansicht, dass sich der Jugendschutz im Internet nicht hinreichend gewährleisten lasse, ist mit den Vorgaben in § 25 Abs. 6 Nr. 1 GlüStV zur Durchführung einer Altersverifikation durch den Gesetzgeber selbst widersprochen worden und kann schon deshalb nicht durchgreifen, unabhängig davon, dass die Klägerin, die Erlaubnisse in Hamburg und Hessen nach § 25 Abs. 6 GlüStV erhalten hat, diese Anforderungen offensichtlich zu erfüllen vermag. Zudem hat die Klägerin im Erlaubnisantragsverfahren auch erklärt, dass sie für jeden Neukunden eine Schufa-Abfrage und ein Post-Ident-Verfahren durchführt (vgl. GA Bd. II S. 13) und damit Maßnahmen zum Jugendschutz ergreift.

Zur Begründung der besonderen Gefährlichkeit des Internetglücksspiels wird auch an anderer Stelle ausschlaggebend auf seine Verfügbarkeit und Ereignisfrequenz abgestellt (vgl. Adams/Fiedler, Zur Notwendigkeit des Verbots von Internetglücksspielen, ZfWG 2008, 232 f.; dort heißt es weiter: „Die Ereignisfrequenz bei einem Glücksspiel ist die Dauer, die zwischen dem Abgeben eines Tipps und dem Bekanntwerden des Ergebnisses liegt. Beim Lotto sind dies mindestens einige Stunden, beim Glücksspiel im Internet oftmals nur der Bruchteil einer Sekunde.“). Unabhängig davon, dass nach dieser Darstellung Lotto schon nicht zum Glücksspiel zu zählen scheint, wird auch von diesen Autoren eine erhöhte Suchtgefahr bei einem Gewinnspiel mit nur zwei Gewinnentscheiden pro Woche nicht erkannt; dies muss erst recht gelten, wenn es nicht um die Veranstaltung, sondern lediglich um die Vermittlung im Internet geht.

Letzteres bleibt im vorliegenden Zusammenhang, d.h. der Vermittlung staatlich veranstalteten Glücksspiels und hier vornehmlich des Lottos „6 aus 49“, auch in der Prüfung der Angemessenheit einer Regelung stets zu berücksichtigen. Zwar können die Besonderheiten des Glücksspiels per Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen und dient eine Begrenzung solcher Möglichkeiten unmittelbar der Spielsuchtprävention. Bezüglich des Lottos „6 aus 49“ ist aber zu beachten, dass die Attraktivität des Lottospiels zuvörderst vom staatlichen Veranstalter gestaltet wird, die Suchtgefahren diese Spiels schon allgemein nach den bekannten Zahlen als niedrig anzusehen sind, die Ereignisfrequenz auch vom Gesetzgeber als nicht besondere Suchtanreize auslösend betrachtet wird (vgl. § 25 Abs. 6 Nr. 3 GlüStV) und der Einfluss des Internetspiels auf die Sucht im Verhältnis zum Spiel über Annahmestellen ohnehin zweifelhaft scheint. Die Suchtprävention stellt zwar im allgemeinen einen Gemeinwohlbelang von hohem Rang dar, ihr kann in dieser Konstellation aber - der tatsächlich bestehenden Gefahr gemäß - im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nur ein geringeres Gewicht beigemessen werden. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass durch das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV die Klägerin gezwungen wäre, ihren Geschäftsbetrieb einzustellen, weil zu der Vermittlung per Internet keine tragfähigen Vertriebsalternativen bestehen, und damit eine objektive Berufszulassungsschranke im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG geschaffen wird. Dieser erhebliche Nachteil ist durch den kaum erkennbaren Gewinn bei der Suchtprävention nicht zu rechtfertigen.

Eine Entscheidung über den Hilfsantrag zu b., mit dem die Feststellung begehrt wird, dass auch die Regelung in § 25 Abs. 6 GlüStV nicht mit der Verfassung vereinbar sei, erübrigt sich nach dem Vorgesagten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 44 Rdn. 1). Im Übrigen dürfte dieser Antrag, wollte man eine Erlaubnispflicht für die Tätigkeit der Klägerin annehmen, wegen einer möglichen Verpflichtungsklage als unzulässig anzusehen sein.


3. (Antrag zu lit. c und d)

Die Klägerin wendet sich weiter im tenorierten Umfang zu Recht auch gegen die Beschränkung der Zulassung der gewerblichen Spielvermittlung auf Spieler mit Aufenthalt in Berlin. Diese Regelung ergibt sich aus der Bestimmung des § 9 Abs. 4 GlüStV, wonach die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV für das Gebiet des jeweiligen Landes erteilt wird, im Land Berlin Glücksspiele nur von diesem veranstaltet werden dürfen (§ 5 Satz 1 AG GlüStV) und nach § 3 Abs. 4 GlüStV ein Glücksspiel dort vermittelt wird, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird.

Auch macht die Klägerin zutreffend eine unrechtmäßige Beschränkung der Zulassung der gewerblichen Spielvermittlung für Spiele, die nicht vom Lande Berlin, aber in anderen Bundesländern veranstaltet bzw. zugelassen sind, geltend. Diese Begrenzung folgt aus §§ 9 Abs. 4, 4 Abs.1, 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. § 13 Abs. 1 AG GlüStV. Nach letzterer Norm ist im Gebiet des Landes Berlin gewerbliche Spielvermittlung nur für Lotterien und Sportwetten zulässig, die in Berlin erlaubt sind.

a. Diese Regelungen stellen sich in ihrer Qualität im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG als Berufsausübungsregelungen dar. Sie sind nach den o.g. Maßstäben zur Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV als geeignet und noch erforderlich anzusehen.

b. Jedoch genügen sie ebenso nicht der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

Der Glücksspielstaatsvertrag sieht vor, dass die Erlaubnis von der zuständigen Behörde für das Gebiet des jeweiligen Landes oder einen Teil dieses Gebietes erteilt wird (§ 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Entsprechend ist in § 13 Abs. 1 AG GlüStV geregelt, dass im Gebiet des Landes Berlin eine gewerbliche Spielvermittlung nur für Lotterien und Sportwetten zulässig ist, die in Berlin erlaubt sind. Eine derartige Bestimmung war im Lotteriestaatsvertrag vom 18. Dezember 2003/13. Februar 2004 noch nicht vorgesehen. Die offenbar durch die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler in den Fokus gerückte Tatsache, dass aus einem Bundesland stammende Einsätze durchaus auch dem staatlichen Veranstalter eines anderen Bundeslandes zugeführt wurden, führte zu dem Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen vom 18. Dezember 2003/13. Februar 2004 (GVBl. 2004, S. 145), nach dessen § 1 sich die Länder verpflichten, Einnahmen aus gewerblicher Spielvermittlung durch das in den folgenden Paragraphen beschriebene Verfahren denjenigen Ländern zukommen zu lassen, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind (Regionalisierung). Ein solches Regionalitätsprinzip war auch bereits in § 2 des Blockvertrages der Deutschen Lotto- und Totounternehmen a.F. (zitiert nach Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. August 2006 - B 10-92713-Kc-148/05 -, S. 6) vorgesehen, wonach die Lottogesellschaften ihre Produkte nur innerhalb des jeweiligen Bundeslandes, in dem sie ihren Sitz haben, vertrieben. Das Regionalitätsprinzip teilte Deutschland anhand der Grenzen der Bundesländer in 16 Gebiete auf, in denen jeweils eine Lottogesellschaft Lotterien und Sportwetten anbot. Hierdurch wurde zunächst sichergestellt, dass die Einwohner eines Bundeslandes nur bei der Lottogesellschaft spielen konnten, in deren Vertriebsgebiet sie wohnten (vgl. Beschluss des Bundeskartellamtes vom 23. August 2006, a. a. O., S. 6). Das Bundeskartellamt hat in dem genannten Beschluss festgestellt, dass § 2 des Blockvertrages gegen Art. 81 EG-Vertrag verstoße, soweit sich die Gesellschafter des DLTB darin geeinigt haben, Lotterien und Sportwetten wie „Lotto 6 aus 49“, Spiel 77, Super 6, Fußballtoto, Oddset und GlücksSpirale, jeweils nur in dem Bundesland zu vertreiben, in dem sie eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele haben. Den staatlichen Lotterieveranstaltern wurde daher nach § 32 GWB untersagt, ihr jeweiliges Vertriebsgebiet für Lotterien und Sportwetten in Befolgung von § 2 Blockvertrag auf das Gebiet des Bundeslandes zu beschränken, in dem sie über eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele verfügen. Der (auch) hiergegen gerichtete Antrag der staatlichen Lottoveranstalter, die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wurde vom OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23. Oktober 2006 - VI - Kart 15/06 (5), Kart. 15/06 (V) -, zitiert nach juris) im Kern zurückgewiesen. Die gegen einen anderen Teil des Beschlusses des Bundeskartellamtes und des OLG Düsseldorf eingereichte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (dortiger Beschluss vom 8. Mai 2007 - KVR 31.06 -, zitiert nach juris) erfasste diesen Punkt nicht. Die im Klageverfahren abschließende Entscheidung wurde am 14. August 2008 mit Beschluss des Bundesgerichtshofes (- KVR 54/07-, unter Wiedergabe des letztlichen Tenors) getroffen. Die nunmehr durch den Glücksspielstaatsvertrag und die entsprechenden Landesgesetze geschaffene Rechtslage ist auch vor diesem Hintergrund zu betrachten.

Mag es auch in der Natur der Sache liegen, dass die zuständigen Behörden im Rahmen der landeseigenen Verwaltung grundsätzlich nur Erlaubnisse mit Wirkung für das Gebiet des jeweiligen Landes erteilen können, so haben doch auch die Vertragsparteien des Glücksspielstaatsvertrages erkannt, dass ein über die Landesgrenzen hinaus ausgerichtetes Handeln nötig sein kann. So bestimmt etwa § 9 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, dass, sofern unerlaubtes Glücksspiel in mehreren Ländern veranstaltet oder vermittelt oder dafür in mehreren Ländern geworben wird, jedes betroffene Land die zuständige Behörde eines anderen Landes ermächtigen kann, auch mit Wirkung für das betroffene Land tätig zu werden. Weiter ist in § 9 Abs. 3 GlüStV geregelt, dass die Länder bei der Glücksspielaufsicht zusammenarbeiten und die Erlaubnisse für die in § 10 Abs. 2 GlüStV genannten Veranstalter abstimmen. Gründe, aus welchen bei einem in allen Bundesländern annähernd gleichen, mit „Lotto 6 aus 49“ sogar einem einzigen, weitestgehend einheitlich geregelten Spielangebot (s. § 1 Abs. 1 Blockvertrag in der Fassung vom 4. Dezember 2007), eine solche Zusammenarbeit nicht auch auf dem Gebiet der Zulassung von gewerblicher Spielvermittlung mit den Zielen des § 1 GlüStV in Einklang zu bringen sein soll, erschließen sich nicht. Dies gilt umso mehr, als § 13 Abs. 1 AG GlüStV ausdrücklich bestimmt, dass in Berlin die gewerbliche Spielvermittlung nur für Lotterien zulässig ist, die in Berlin erlaubt sind, und gemäß § 5 Satz 1 AG GlüStV im Land Berlin nur von diesem veranstaltet werden dürfen. Die Veranstaltung der Lottogesellschaft eines anderen Landes ist demnach in Berlin nicht erlaubnisfähig, selbst wenn es sich um das im Blockvertrag der Lottogesellschaften bundeslandübergreifend geregelte Spiel „6 aus 49“ handelt. Das von den Vertragspartnern statuierte Erfordernis von 16 Erlaubnissen im Bundesgebiet zur Vermittlung einer Lotterie, die in einem Blockvertrag der Lottogesellschaften bundeseinheitlich strukturiert ist, gestaltet sich offenkundig zumindest widersprüchlich. Der Beitrag dieser - auch in Zusammenschau zu betrachtenden - Vorschriften und die mit ihnen verbundene Unterbindung ländergrenzenüberschreitender Vermittlung zur Suchtbekämpfung ist allenfalls - wenn überhaupt - nur in äußersten Ansätzen zu erkennen. Entsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 14. August 2008 (- KVR 54/07 -, www. bundesgerichtshof.de, Rdn. 127 f.) ausgeführt, dass mit dem Regionalisierungsstaatsvertrag fiskalische und wettbewerbsbeschränkende Zwecke verfolgt worden seien und ihm, anders als die Lottogesellschaften behaupteten, nicht ausschließlich ordnungsrechtliche Gründe zugrundelägen; es sei auch nicht ersichtlich, dass die Lottogesellschaften ohne den Regionalisierungsstaatsvertrag einseitig durchsetzbaren Provisionsforderungen der gewerblichen Spielvermittler ausgesetzt wären, die ihre Tätigkeit im Rahmen der Kanalisierung der Glücksspielsucht gefährden könnten; auch sei nicht nachvollziehbar, welcher Zusammenhang zwischen übermäßigen Spieleinsätzen, gewerblichen Spielvermittlern und dem Regionalisierungsstaatsvertrag bestehen solle. Die Regelungen des Regionalisierungsstaatsvertrages sind ihrem Grundgedanken nach - nämlich dem Bestreben nach einer von den Ländern als gerechter empfundenen Aufteilung der Einnahmen von Bürgern eines Landes (vgl. BGH, a.a.O., Rdn. 10) - nunmehr in den Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere die Regionalisierung der Erlaubniserteilung, eingeflossen; die fehlende Schlüssigkeit in ihrer Begründung ist geblieben. Im Übrigen schließt der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV - anders als der Bundesgerichtshof angenommen hat (a.a.O., Rdn. 54) - länderübergreifende gewerbliche Spielvermittlung im Land Berlin grundsätzlich aus, nachdem das Land Berlin den § 5 Abs. 1 AG GlüStV geschaffen hat (vgl. entsprechend § 2 Abs. 1 BremGlüG [GBl. 2007 S. 499]; § 3 Abs.1 SächsGlüStVAG [GVBl. 2007 S. 542]; offenere Regelung hingegen in § 7 Abs. 2 HmbGlüStVAG [GVBl. 2007 S. 441]; Artt. 2 Abs. 2, 8 Nr. 4 AG GlüStV Bayern [GVBl. 2007 S. 922]; §§ 3 Abs. 2, 15 Nr. 5 LottGBbg [GVBl. 2007 S. 218]; §§ 9 Abs. 1 Satz 3, 20 Satz 1 Nr. 7 GlüStVAG M-V [GVBl. 2007 S. 386]; §§ 7 Abs. 2, 24 Satz 2 NGlüSpG [Nds.GVBl. 2007, S. 756]). Auch findet demgemäß im Land Berlin - anders als der Bundesgerichtshof zugrunde gelegt hat (a.a.O., Rdn. 136) - im Hinblick auf einen Erlaubnisantrag der Lottogesellschaft eines anderen Bundeslandes keine gesonderte Abwägung mit ordnungsrechtlichen Gründen statt. Vor dem Hintergrund der benannten offeneren Regelungen zahlreicher anderer Bundesländer im Hinblick auf die - allgemein im Verordnungswege zu regelnde - Erlaubnisfähigkeit in anderen Ländern erlaubt veranstalteter Glücksspiele steht die Berliner Regelung unter einem noch höheren Rechtfertigungsdruck, dem sie jedoch aus den zuvor genannten Gründen nicht standhält. Hinzu kommt, dass derlei Unterschiede in der ordnungsbehördlichen Beurteilung, die unter dem Lotteriestaatsvertrag hingenommen wurden, der eine Erlaubnispflicht für die gewerbliche Vermittlung des Lottos „6 aus 49“ nicht vorsah, nun in Berlin zur Begründung eines gänzlichen Ausschlusses anderer in ihrem Bundesland erlaubt agierender staatlicher Veranstalter und bezüglich eines bundesweit einheitlich geregelten Spiels mit zwei Gewinnentscheiden pro Woche herangezogen werden. Eine dies rechtfertigende Veränderung der Verhältnisse ist indes nicht bekannt geworden.


4. (Antrag zu lit. e und f)

Des Weiteren wendet sich die Klägerin im tenorierten Umfang zu Recht gegen Bestimmungen betreffend die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet. So ist nach § 5 Abs. 3 GlüStV Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen (§§ 7 und 8 Rundfunkstaatsvertrag), im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten. Gemäß § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV hat sich Werbung für öffentliches Glücksspiel zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken; Werbung für öffentliches Glücksspiel darf nicht im Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern.

a. Diese Regelungen sind in ihrer Qualität im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG als Berufsausübungsregelungen zu begreifen. Sie sind nach den o.g. Maßstäben zur Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV als geeignet und noch erforderlich anzusehen.

b. Aber sie genügen ebenso nicht der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führen zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist.

aa. Der Gesetzgeber hat mit den genannten Regelungen nur eine diffuse Rechtslage geschaffen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 56 ff. des Umdrucks, m.w.N.). Dies ist schon darin begründet, dass der Glücksspielstaatsvertrag im wesentlichen keine Hilfe zur Abgrenzung zwischen unzulässiger Werbung mit Aufforderungscharakter und zulässiger informativer Werbung gibt. Im Wege der systematischen Auslegung ist lediglich zu erkennen, dass die Mitteilung eines Höchstgewinnes vom Gesetzgeber als zulässige Information i.S.d. § 5 Abs. 1 GlüStV angesehen wird. So wird in den - als Anhang zum Glücksspielstaatsvertrag abgedruckten - „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ Bezug genommen auf eine „Information über Höchstgewinne“ (Nr. 2). Weitere Anwendungshinweise bietet jedoch weder das Gesetz noch seine Begründung. Auch der Umfang der Regelungen bleibt unklar. So ist nicht nachvollziehbar, welchen Anwendungsbereich § 5 Abs. 2 S. 1 GlüStV erfassen soll, nachdem bereits § 5 Abs. 1 GlüStV bestimmt, dass Werbung keinen Aufforderungscharakter haben darf. Da Werbung schon begrifflich meint, jemanden für etwas zu gewinnen zu suchen bzw. sich um jemanden zu bemühen, stellt sich die Frage, wie Werbung ohne ermunternden Charakter überhaupt möglich sein soll. Die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag führen zu § 5 Abs. 2 GlüStV aus (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, Anlage 11, S. 15): „Jeder Art von Werbung ist ein gewisses Aufforderungs- bzw. Anreizmoment immanent. So definiert der Bundesgerichtshof Werbung als ´jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern´ (Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02).“ Im „Zusammenspiel von Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1“ sei ferner „der Werbeinhalt deutlich umrissen“ (vgl. Erläuterungen, a.a.O., S. 16). Eine Antwort auf die Frage, wie - eine (auch nach Ansicht der Vertragspartner) begriffsimmanent auffordernde - Werbung keinen Aufforderungscharakter erkennen lassen soll, lässt sich indes nicht finden. Ferner fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, ob vom Verbot des § 5 Abs. 2 GlüStV umfasst ist, dass die Werbung für Lotto dieses als sozialadäquate, positiv bewertete Unterhaltung darstellt.

§ 5 Abs. 1 GlüStV stellt auch keinen Programmsatz ohne eigenen Regelungsgehalt dar. Dies ergibt sich bereits aus seinem Wortlaut wie auch den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag, in denen es heißt, dass § 5 Abs. 1 Vorgaben an die Werbung für öffentliches Glücksspiel formuliere und von Abs. 1 im Zusammenspiel mit Abs. 2 Satz 1 der zulässige Werbeinhalt deutlich umrissen werde. Entsprechend erklärt etwa auch das OLG München (Urteil vom 31. Juli 2008 - 29 U 3580/07 -, zitiert nach juris, Rdn. 55), für die Beantwortung der Frage, ob eine Werbemaßnahme unangemessen und unsachlich sei, komme es entscheidend darauf an, dass § 5 Abs.1 GlüStV Werbung für öffentliches Glücksspiel ausdrücklich auf Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel beschränke. Richtig ist, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV die Beschränkung des Abs. 1 dahin konkretisiert, dass die Werbung nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern darf. Wie sich aus der Formulierung ergibt, bildet die gezielte Aufforderung zum Glücksspiel durch die Werbung hingegen nur einen Unterfall des Abs. 1. Denn schon Abs. 1 formuliert die Vorgaben an die Werbung, die in Einklang mit den Anforderungen der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes steht. Der Hinweis in Abs. 2, dass die Werbung nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV stehen darf, beschreibt dies danach lediglich in anderer Form und folgt grundsätzlich bereits aus den Zielen des § 1 GlüStV selbst. Das nachfolgende Wort „insbesondere“ macht weiter deutlich, dass damit nur eine besondere Art der unzulässigen Werbung herausgestellt wird. Wie der Gesetzgeber in seinen Erläuterungen hierzu klarstellt, richtet sich dieses - bereits einen Unterfall des Abs. 1 betreffende - Verbot „vor allem“ gegen unangemessene unsachliche Werbung. Damit beschreibt der Gesetzgeber wiederum einen Hauptfall innerhalb dieser Untergruppe. Die vom Gesetzgeber gesehene Schwierigkeit, das weite Verbot des § 5 Abs. 1 GlüStV mit der begrifflich bereits widersprüchlichen Beschreibung, dass Werbung, der stets ein gewisses Aufforderungs- bzw. Anreizmoment immanent sei, sich auf Information und Aufklärung - also eine sachliche Darstellung ohne Aufforderungscharakter - zu beschränken habe, hat er damit durch Benennung exemplarischer Fallgruppen zu konkretisieren versucht. Eine abschließende Darstellung sollte dies in § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV daher auch nach seiner Vorstellung nicht sein und ist es nach seinem Wortlaut auch nicht. Entsprechend ist auch in § 5 Abs. 2 Satz 2 GlüStV lediglich die Vorgabe des § 1 Nr. 3 GlüStV (Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz) für die Werbung nochmals ausdrücklich aufgenommen worden. Die Bestimmung in § 5 Abs. 2 Satz 3, 1. Alt. GlüStV, dass Werbung nicht irreführend sein darf, sieht der Gesetzgeber selbst als Selbstverständlichkeit an; denn dies folgt ebenfalls bereits aus den Zielen nach § 1 GlüStV. Die Ansicht, dass, da Werbung nicht generell untersagt worden sei, eine kommerzielle Kommunikation mit Absatzförderungsabsicht grundsätzlich erlaubt sei, wenn sie nicht gezielt zur Teilnahme auffordere, anreize oder ermuntere (so Engels, WRP 2008, 470 [475]), übersieht den weiten Regelungsgehalt von § 5 Abs. 1 GlüStV und verengt ihn - entgegen dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GlüStV - in unbegründeter Weise. Denn dass etwa der Hinweis darauf, dass mit den Lottomitteln Gutes getan werde, eine sachlich zutreffende Information ist, ist unbestritten. Dass die mit dieser Information zugleich verbundene, nur wenig implizite Aufforderung, aus diesem Grund - nämlich Gutes zu tun - mitzuspielen (vgl. etwa www. lotto-berlin.de zur Lotto-Stiftung, Stand 11. September 2008: „Bislang hat die Stiftung circa zwei Milliarden Euro vergeben. Möglich machen das alle Berliner, die jede Woche ihr Glück beim Tippen versuchen oder Rubbellose kaufen. Von jedem Euro, den sie für ein Lotto-Produkt in einem Berliner LOTTO-Laden ausgeben, fließen 20 Cent in die Stiftung.“), allerdings Werbung ist, zeigt sich schon an gleichstrukturierten Unternehmenskommunikationen, die mit dem Kauf einer Getränkekiste auch eine „gute Tat“, etwa einen Beitrag zur Rettung des Regenwaldes, verknüpfen und damit zweifelsfrei auf eine Ermunterung zum Erwerb ihres Produktes zielen.

bb. Bei diesem gesetzgeberischen Defizit handelt es sich nicht um ein theoretisches Defizit ohne Auswirkungen auf die Praxis. Es ist vielmehr so, dass staatliche Glücksspielprodukte, auch „Lotto 6 aus 49“, weiterhin als geradezu gemeinnützig beworben werden. Soweit nun aber vom Gesetzgeber nicht in hinreichendem Maße unterbunden wird, die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, kann sich der Staat nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um entsprechende Maßnahmen zu rechtfertigen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli -, EuGHE 2003 I-13031, Rdn. 69). Vorliegend nutzt der staatliche Veranstalter selbst für die Werbung (auch) das Internet und das Fernsehen.

So wird im Internetauftritt der DKLB und der hauseigenen Zeitschrift sowie in Anzeigen in Zeitschriften und Zeitungen nicht lediglich über die gemeinnützige Verwendung der Zweckabgabe und des Bilanzgewinns zur Herstellung von Transparenz informiert, sondern auf emotionaler Ebene damit geworben und somit zur Teilnahme an den angebotenen Glücksspielen ermuntert (vgl. nur Anzeige in „Glück aktuell“, Nr. 37 vom 9. September 2008, S. 7: „Der LOTTO-Trainer dankt: Berlin hat gewonnen. Durch Ihren Einsatz unterstützte die LOTTO-Stiftung zahlreiche Berliner Projekte oder ermöglichte sie erst.“ und den geführten Slogan „Unsere Stadt. Unser Spiel.“ oder im Internetauftritt „Der LOTTO-Trainer informiert: Ostergeschenkideen von Lotto“ [Stand: 13. März 2008], d.h. OsterTipps zu Lottoziehungen bzw. Rubbellose in einem der Osterzeit angepassten Outfit, oder die Oddset-Werbung, die einen Fußball mit einem Heiligenschein abbildete und hierzu den Slogan führte „Ehrlich wetten: Ein Gewinn für alle.“ mit der Unterzeile „Das Gemeinwesen in Deutschland profitiert von den Abgaben der Lottogesellschaften in Höhe von drei Milliarden Euro jedes Jahr. Davon gehen allein 500 Millionen jährlich an den Breitensport. Wer bei ODDSET wettet, beschert uns also allen eine Gewinn.“). Exemplarisch kann auch auf eine etwa viertelseitige „Sonderveröffentlichung der Lotto-Stiftung“ (Tagesspiegel, 12. April 2008) unter dem Begriff „Anzeige“ verwiesen werden, in der es heißt: „LOTTO-Gelder für Berlin“, „Leuchtende Kinderaugen, Begeisterung und helles Gelächter - das schafft das Berliner ´Atze´, Deutschlands größtes Kindertheater. Jetzt hat ´Atze´ einen wichtigen Förderer gefunden: die Lotto-Stiftung Berlin. … Doch woher kam all dieses Geld? Von unseren LOTTO-Kunden … Wer in einem Berliner LOTTO-Laden ein Los oder ein anderes Produkt von LOTTO Berlin erstanden hat, leistete einen Beitrag für unsere lebendige und lebenswerte Hauptstadt. … Dafür möchten wir uns bei den Berlinerinnen und Berlinern herzlich bedanken.“

Das Defizitäre der gesetzlichen Regelung zeigt sich auch in weiterer Hinsicht im Verhalten des staatlichen Veranstalters und insbesondere auch einem offenbar fehlenden Einschreiten der staatlichen Aufsichtsbehörde. So wurde im Mai 2008 die sogenannte „Berlin-Prämie“ im Rahmen des Lottos „6 aus 49“ angeboten. Um die Prämie zu erlangen, musste ein Kontingent von - für diesen Zweck auch nur so angebotenen - 100 Lottotipps für 100,- Euro erworben werden. Diese waren mit 100 fortlaufenden Spielscheinnummern ausgestattet und nahmen an den regulären Ziehungen der Lottozahlen teil. Die darüber hinausgehende Prämie von 50,- Euro wurde dabei bereits bei Vorliegen einer gesondert gezogenen zweistelligen Gewinnzahl erzielt. Der Gewinn von 50,- Euro war damit garantiert (vgl. www. lotto-berlin.de zur Sonderauslosung am 12. Mai 2007, zur Ziehung am 17. Mai 2008; Stand: 16. September 2008); wirtschaftlich bedeutet dies, dass auf den - regulären - Einsatz von 100 Euro zwingend eine Rückerstattung von 50,- Euro erfolgt und damit der Natur nach ein Rabatt auf den Einsatz für 100 Lottospiele. Dies widerspricht eindeutig den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag, die gerade verkaufsfördernde Maßnahmen wie Rabatte als mit § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV verboten betrachten (s. dazu auch Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, § 5 GlüStV Rdn. 29 und 35). Da die Berlin-Prämie am 15. September 2008 und damit im Jahr 2008 zum zweiten Mal ausgespielt und hierfür ausführlich beworben wurde, offensichtlich ohne dass Einwände der staatlichen Aufsichtsbehörde bestanden hätten, spricht auch dies dafür, dass das Gesetz nicht in gebotener Weise Anwendung finden kann.

Weiter ist festzustellen, dass auch die im Fernsehen stattfindende Ziehung der Lottozahlen als Werbung im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages anzusehen ist. Richtig ist zwar, dass die Sendung als Programmteil von der Werbung getrennt ausgestrahlt wird (vgl. die Erläuterungen zu § 5 Abs. 3 GlüStV und die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 2 RStV zu Programmteilen, die optisch von der Werbung zu trennen sind) und nach den Erläuterungen des Gesetzgebers nicht unter die Werbung i.S.d. Glücksspielstaatsvertrages fallen sollte. Gleichwohl stellt sich die Ziehung der Lottozahlen materiell als Werbung i.S.d. § 5 Abs. 1 GlüStV dar, d.h. eine Kommunikation, die sich nicht auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel beschränkt (so wohl auch Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen [DHS], Prävention der Glücksspielsucht, März 2007, S. 14). Hierfür spricht zunächst die Sendezeit am Samstag vor der um 20 Uhr ausgestrahlten „Tagesschau“ bzw. am Mittwoch vor den 19-Uhr-„heute“-Nachrichten, mit der eine größtmögliche Zielgruppe erreicht werden kann und soll. Dies ergibt sich auch aus dem Beitrag „Lotto: Ein Stück Kulturgeschichte“ (vom 9. Februar 2005 unter www.lotto. de/ presse; Stand 9. Juli 2008), denn das Zahlenlotto erfreue sich permanenter Präsenz und lebhafter Resonanz in den Medien, die Ziehung der Lottozahlen werde zu besten Fernsehzeiten direkt im Fernsehen übertragen. Des Weiteren wird von den Lottogesellschaften zur Ziehung eine charmante „Lottofee“ am Samstag und am Mittwoch eingesetzt, die sich großer Bekanntheit und Beliebtheit erfreuten (vgl. Lotto: Ein Stück Kulturgeschichte, a.a.O.). Die samstägliche Lottoziehung sei damit zum nicht mehr wegzudenkenden Wochenend-Ritual im 1. Programm geworden. Zugleich werde über das äußerst erfolgreiche Vertriebssystem der überwiegend in Einzelhandelsgeschäften weit verbreiteten Lottoannahmestellen erreicht, dass zum täglichen Einkauf „um die Ecke“ nun einmal die Abgabe des Lottoscheins gehöre, das Spielangebot „6 aus 49“ sei quasi in den Familienalltag integriert. Die derzeitige Lottofee vom Samstag hat einen eigenen Internetauftritt, auf dem ihr, auf einem Berg von 500-Euro-Scheinen im Wert von 26 Millionen Euro sitzend und dem Betrachter die Arme entgegenstreckend, die Frage gestellt wird, „Lotto-Glücksfee, wann endlich schenkst Du mir die Millionen?“ (www. franziska-reichenberger.de meinlotto, zu erreichen auch über www. hr-online.de, Die Lottofee im Internet, jeweils Stand 26. August 2008). Entsprechendes gilt auch für die „Lottofee“ vom Mittwoch (vgl. www. zdf.de/ZDFde/inhalt, 1.8.2006: Das Lottoglück liegt in weiblicher Hand). Dass sich die Ziehung der Lottozahlen vor diesem Hintergrund als reine Information darstellte, kann nicht bejaht werden. Vielmehr drängt sich ihre Einstufung als Teil eines Marketingkonzeptes, innerhalb dessen vielerlei Werbeelemente (Spannungselement der Ziehung, „charmante“ Moderatorin, mehrminütige Dauer, samstägliche Präsentation in einer „atemberaubenden und für eine Lotto-Ziehung einmaligen Kulisse“ vor der durch Jahreszeit und Lichtstimmung abwechslungsreichen Frankfurter Skyline [so www.ard-werbung.de/lotto.html, Stand 26. August 2008], Ziehung am Mittwoch mit freundlicher Studioatmosphäre und neuer Musik, die „mit speziellen Soundeffekten Dramaturgie und Spannung der Ziehung“ unterstütze [so http:// lotto.zdf.de/ZDFde/inhalt, 1.8.2006], Hinweise auf die Sendung auf den Webseiten der Lottogesellschaften) vorhanden sind, und damit materiell als Werbung im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages geradezu auf. Das Live-Erlebnis der Ziehung der Lottozahlen führt beim Zuschauer auch zu einer besonderen emotionalen Beteiligung (vgl. Grüsser/Plönske/Albrecht/Mörsen, a.a.O., S. 26). Die Betonung der Lottogesellschaften, dass es sich um eine Informationssendung handele, die ein Service für den Zuschauer sei und für die der Hessische Rundfunk als zuständiger Sender keinerlei Zahlungen erhalte (vgl. Äußerung eines Sprechers des HR, www. tvdigital.de/news/2008/07/21/ziehung-der-lottozahlen-bleibt-im-fernsehen), vermag die gefundene Wertung nicht in Frage zu stellen. Dass die Sendung nach den Richtlinien des Rundfunkstaatsvertrages nicht als Werbung eingestuft wird, ändert an dem inhaltlich-materiellen Gehalt der Übertragung, auf die im Hinblick auf den Glücksspielstaatsvertrag abzustellen ist, nichts. Soweit der Sprecher des DLTB erklärt, die Sendung trage in erheblichem Maße zur Transparenz und Seriosität des Zahlenlottos bei (vgl. www. mz-web.de vom 17. Juli 2008, Stand 26. August 2008), ist dies richtig, trägt aber zur Frage, ob es sich um Werbung im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages handelt, nichts bei. Denn unbestritten ist die Darbietung mehr, als zur reinen Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel erforderlich wäre. Dass die Sendungen zu einem Zeitpunkt ausgestrahlt werden, zu dem eine Teilnahme nicht mehr möglich ist (vgl. Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV Rdn. 57), ist insoweit unerheblich, da sich die werbende Wirkung nicht nur auf die gerade ausgespielte Ziehung, sondern auf die Teilnahme an den folgenden Ziehungen, zu denen wiederum das Live-Erlebnis angeboten wird, richtet.

cc. Vor diesem Hintergrund ist eingedenk der insbesondere mit dem „Lotto 6 aus 49“ verbundenen nur geringen Suchtgefahren, der nur bedingt geregelten Einschränkung der Werbung über andere Wege als das Internet und der Unverhältnismäßigkeit der Unterbindung des Angebots der Vermittlung im Internet, auch der Ausschluss der Werbung im Internet für dieses Angebot unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar. Zu berücksichtigen ist auch, dass - neben der weiterhin zugelassenen Werbung über das Radio als einem Massenmedium - mit der hohen Dichte der Lottoannahmestellen in Berlin, die in einer § 4 Abs. 4 GlüStV nicht widersprechenden Weise durch beleuchtete Außenwerbung in auffällig gelber Farbe sowie durch großformatige Plakate und Aufsteller auf den Gehwegen mit der Figur des Lotto-Trainers weiter in Permanenz auf sich aufmerksam machen, eine dauernde und durch die alltägliche Verfügbarkeit besonders starke Anreizwirkung ausgeübt wird (s. obiges Zitat: „zum täglichen Einkauf um die Ecke gehört nun einmal die Abgabe des Lottoscheins; eine wegen der verminderten Suchtgefahr des Spiels „6 aus 49“ offensivere Werbepraxis befürwortend Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV Rdn. 36 und 38).


5. (Antrag zu lit. g)

Zu Recht wendet sich die Klägerin auch gegen die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AG GlüStV. Danach dürfen der Veranstalter oder die Annahmestelle dem gewerblichen Spielvermittler für die Vermittlung keine Provisionen oder sonstigen finanziellen Vergünstigungen einräumen.

a. Diese Regelung entspricht in ihrer Wirkung auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG einer objektiven Berufszugangsregelung und ist an deren Voraussetzungen zu messen. Sie ist nach den o.g. Maßstäben zur Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV als geeignet und noch erforderlich anzusehen.

b. Jedoch genügt auch sie nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist.

Provisionen sind eine hauptsächliche Einnahmequelle der gewerblichen Spielvermittler. Daran ändert auch nichts, dass die gewerblichen Spielvermittler nach § 19 Nr. 1 GlüStV lediglich verpflichtet sind, mindestens zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel an den Veranstalter weiterzuleiten. Ob bei „Lotto 6 aus 49“ überhaupt ein Drittel der Einsätze zurückzubehalten und daraus ein Gewinn zu erzielen wäre, ist fraglich. Wirtschaftlich betrachtet aber muss der Spieler für den Einsatz verglichen mit einer Teilnahme an einer der Annahmestellen der Lottogesellschaft mehr aufbringen, denn von seiner Seite ist nach den gesetzlichen Vorschriften die Gewinnmarge des Spielvermittlers aufzubringen. Dies ist seitens des Spielers nach allgemeiner Lebenserfahrung dann zu erwarten, wenn er dafür einen zusätzlichen Service erhält, da ansonsten das erhöhte Entgelt ohne wirtschaftlichen Gegenwert bliebe. Da den gewerblichen Spielvermittlern aber der Weg der Vermittlung im Internet durch § 4 Abs. 4 GlüStV verschlossen ist und sie zudem durch § 13 Abs. 2 AG GlüStV gehindert sind, örtliche Verkaufsstellen in Berlin einzurichten, ist wohl nur der Vertriebsweg über die Post denkbar. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Einrichtung neuer Vertriebswege nach dem oben zur Erteilung einer in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellten Erlaubnis nach den gesetzgeberischen Erläuterungen grundsätzlich dem Zweck des § 1 GlüStV zuwiderlaufen dürfte. Ungeachtet des Letzteren aber erscheint die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler von „Lotto 6 aus 49“ den Postweg - mittels Übersendung des Spielscheines an den gewerblichen Spielvermittler - für die Teilnahme wählen sollte, als marginal, da im Lande Berlin über 1.000 Annahmestellen eingerichtet sind, die sich stets in räumlicher Nähe zu den Bürgern befinden und das umständliche Prozedere über den Postweg entbehrlich machen. Zudem müsste hierfür vom gewerblichen Spielvermittler noch eine Provision verlangt werden, woran die Klägerin jedoch als faktisch gehindert zu betrachten ist, da ihr Dienstleistungsangebot nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den Annahmestellen wäre, die weiterhin Provisionen vom staatlichen Lottoveranstalter erhalten und die damit ihre Leistungen ohne Mehrkosten für den Spieler anbieten können. Das Provisionsverbot hat damit maßgeblichen Einfluss auf die Rentabilität ihres Gewerbebetriebes und wird die berufliche Tätigkeit der Klägerin kurzfristig erschweren und mittelfristig unmöglich machen. Eine solche Folge ist eingedenk der insbesondere mit dem Lotto „6 aus 49“ verbundenen nur geringen Suchtgefahren nicht angemessen.

Im Übrigen führt die Gesetzesbegründung (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, S. 55) lediglich aus, die Norm solle sicherstellen, dass der gewerbliche Spielvermittler nicht dazu verleitet wird, Maßnahmen zur Steigerung der Spieleranzahl zu ergreifen, um dadurch Provisionszahlungen zu erlangen. Zu der den gewerblichen Spielvermittlern zugleich eingeräumten Möglichkeit, über das ihnen verbleibende Drittel der Einsätze zu verfügen und durch entsprechende Maßnahmen diesen Teil ihrer Einnahme zu steigern, verhält sich der Gesetzgeber indes nicht.

c. Da den Betreibern einer Annahmestelle seitens des Veranstalters für die Vermittlung von Spielaufträgen eine Provision gewährt wird, liegt des Weiteren in der Regelung des § 13 Abs. 3 AG GlüStV auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Grundrecht ist vor allem dann verletzt. wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. nur BVerfGE 99, 165, 178). Ein sachlicher Grund für die Unterscheidung, den als Handelsvertretern im Nebenberuf privatwirtschaftlich agierenden Annahmestellenbetreibern Provisionen zu gewähren, den gewerblichen Spielvermittler hingegen nicht, ist nicht ersichtlich. Ein solcher wird auch von der Gesetzesbegründung (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, S. 55) nicht geliefert. Danach soll die Vorschrift des § 13 Abs. 3 AG GlüStV sicherstellen, dass der gewerbliche Spielvermittler nicht dazu verleitet wird, Maßnahmen zur Steigerung der Spieleranzahl zu ergreifen, um dadurch Provisionszahlungen zu erlangen; dies würde der Bekämpfung und Begrenzung der Spielsucht zuwiderlaufen. Auf Provisionszahlungen an die Annahmenstellenbetreiber, die dadurch auch ein vitales wirtschaftliches Interesse an dem Vertrieb der Produkte der DKLB entwickeln, mithin das Ziel der Spielsuchtbekämpfung gefährden könnten, geht die Begründung nicht ein. Allein die Einbindung der Annahmestellen in das Vertriebsnetz der DKLB reicht zur Rechtfertigung der ungleichen Sachbehandlung jedoch nicht hin, da die vertraglichen Beziehungen zu den Annahmestellen inhaltlich auch auf die gewerblichen Spielvermittler übertragen werden könnten. Das Argument einer besseren Suchtbekämpfung durch Schulung und Überwachung des Personals der Annahmestellen vermag ebenfalls nicht zu überzeugen, da auch die gewerblichen Spielvermittler durch entsprechende Vereinbarung in die Suchtbekämpfung eingebunden werden könnten. Die - unter Außerachtlassung von § 13 Abs. 2 AG GlüStV zu stellende - Frage, ob die staatlichen Lottogesellschaften an Stelle der von ihnen ausgesuchten Annahmestellen nicht auch solche von gewerblichen Spielvermittlern eingerichtete Vertriebsstellen benutzen könnten und insoweit schon ein Unterscheidungskriterium zwischen Laden- und Kioskinhabern, die von der Lottogesellschaft oder von gewerblichen Spielvermittlern beauftragt würden, nicht mehr bestünde, ist zu bejahen. Dagegen könnte zwar sprechen, dass die Annahmestellen möglicherweise durch ihre Einbindung in die staatlich geprägte Organisation letztlich ein geringeres Gewinnstreben verkörpern und damit der Suchtbekämpfung einen größeren Dienst erweisen, als es ggf. ein gewerblicher Spielvermittler - dem nach der Gesetzeskonzeption eine Vermittlung im Internet untersagt wäre - zu tun vermag. Letzteres ist allerdings lediglich auf die jeweilige Größe des Gewerbes zurückzuführen, in der Gesamtschau ist die Konstruktion der Annahmestellen einem gewerblichen Spielvermittler gleichzuachten. Die Betreiber der Annahmestellen sind - wie dargestellt - lediglich aufgrund der gesetzlichen Ausnahme in § 3 Abs. 6 GlüStV keine gewerblichen Spielvermittler im Sinne des Gesetzes. Im vorliegenden Zusammenhang ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass im Unterschied zu Sportwetten Lotterien mit nicht mehr als zwei Gewinnentscheiden pro Woche ohnehin nur ein geringes Suchtpotential aufweisen. Überzeugende Argumente für eine Ungleichbehandlung entgegen Art. 3 Abs. 1 GG sind daher nicht ersichtlich.


6. (Antrag zu lit. h)

Im Ergebnis zutreffend wendet sich die Klägerin im tenorierten Umfang auch gegen die Verpflichtung zur Einholung einer Auskunft nach § 13 Abs. 4 AG GlüStV. Nach dieser Vorschrift ist der gewerbliche Spielvermittler verpflichtet, bei Vermittlung eines Spielvertrages eine Auskunft bei dem übergreifenden Sperrsystem nach § 8 Abs. 1 und § 23 GlüStV einzuholen und sicherzustellen, dass § 21 Abs. 3 und § 22 Abs. 2 GlüStV eingehalten werden.

a. Diese Regelungen sind in ihrer Qualität im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG als Berufsausübungsregelungen zu begreifen. Sie sind nach den o.g. Maßstäben zur Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV als geeignet und noch erforderlich anzusehen.

b. Aber auch sie genügen nicht der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist. Denn die Beschränkung ist eingedenk der insbesondere mit dem „Lotto 6 aus 49“ verbundenen nur geringen Suchtgefahren nicht angemessen.

c. Darüber hinaus liegt auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG vor, der es verbietet, Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln, wenn hierfür - wie vorliegend (vgl. die Ausführungen zu 5.) - kein sachlicher Grund besteht. Die Annahmestellen, die - wie dargelegt - keinen entscheidenden Unterschied zu den gewerblichen Spielvermittlern aufweisen, müssen lediglich für die in § 21 Abs. 3 GlüStV aufgeführten Wetten sowie die in § 22 Abs. 2 Satz 1 GlüStV genannten Lotterien, die häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet werden, sicherstellen, dass gesperrte Spieler nicht teilnehmen, und dies insbesondere durch einen Abgleich mit der Sperrdatei gewährleisten; für eine andere Lotterie ist ein solcher Abgleich durch die Annahmestellen nicht erforderlich. Ein sachlicher Grund für die unterschiedlichen Anforderungen ist nicht erkennbar. Die Gesetzesbegründung (vgl. Abghs.-Drs. 16/0826, S. 55) führt hierzu denn auch nur lapidar und ohne Begründung einer Unterscheidung aus, dass § 13 Abs. 4 AG GlüStV gewährleisten soll, dass gesperrte Spieler nicht über gewerblich vermitteltes Spiel die ihrem Schutz dienende Spielersperre umgehen können.

7. Die Klägerin macht darüber hinaus die Verletzung weiterer Grundrechte geltend. Nach dem oben Gesagten kommt es darauf nicht mehr an.

8. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist dennoch - worauf der Beklagte im Ergebnis zutreffend hingewiesen hat - ausgeschlossen, da die Frage der Verfassungswidrigkeit nicht entscheidungserheblich ist.

Neben der Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit einer Norm ist weitere Voraussetzung einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG, dass die von dem Gericht zu treffende Entscheidung von der verfassungsrechtlichen Gültigkeit des Gesetzes abhängt. Die Entscheidungserheblichkeit entfällt unter anderem dann, wenn feststeht, dass die streitentscheidende Norm dem europäischen Gemeinschaftsrecht widerspricht und deshalb wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht angewendet werden darf (vgl. VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 72 des Umdrucks, m.w.N.). So liegt es hier, da neben dem Verfassungsverstoß nämlich auch jeweils Verstöße gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht vorliegen.


II. In europarechtlicher Hinsicht macht die Klägerin im Umfang des Tenors zu Recht auch eine Verletzung von Art. 49 EG-Vertrag geltend, die zur Nichtanwendbarkeit des nationalen Rechts führt (dazu im Einzelnen VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 72 ff. des Umdrucks, m.w.N.). Die grenzüberschreitende Vermittlung von Glücksspielen ist von der Dienstleistungsfreiheit nach Artt. 49, 50 EG-Vertrag geschützt (vgl. EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92 - Schindler -, EuGHE 1994, I-1039, Rdn. 39 ff.; vgl. ergänzend VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 75 ff. des Umdrucks, m.w.N.).

1. Der Anwendungsbereich des EG-Vertrages ist eröffnet, denn es liegt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vor. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) reicht es für die Einschlägigkeit der europäischen Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit aus, dass die Dienstleistung selbst die Grenze überschreitet, ohne dass Leistungserbringer oder Leistungsempfänger die Grenze überschreiten; hierbei handelt es sich um eine sogenannte Korrespondenzdienstleistung. Dies wurde u.a. für Fernseh- und Hörfunksendungen angenommen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1974 - Rs. 155/73 - Sacchi -, EuGHE 1974, 409, Rdn. 7 f.). In einem weiteren Urteil vom 10. Mai 1995 (- C-384/93 -Alpine Investments -, EuGHE 1995, I-1141 Rdn. 22) führte der Europäischer Gerichtshof aus: „Folglich ist …. zu antworten, dass Art. 59 EWG-Vertrag (nun Art. 49 EG-Vertrag) dahin auszulegen ist, dass er Dienstleistungen erfasst, die ein Leistungserbringer potentiellen Leistungsempfängern, die in anderen Mitgliedsstaaten ansässig sind, telefonisch anbietet und die er ohne Ortswechsel von einem Mitgliedsstaat aus erbringt, in dem er ansässig ist.“ In dem genannten Fall ging es um ein Unternehmen, das mit potentiellen Kapitalanlegern ohne vorherige Anmeldung Kontakt aufnahm, um diese zum Abschluss von Warenterminverträgen zu bewegen. In der rechtlichen Wertung ist kein Unterschied zwischen einer telefonischen Kontaktaufnahme oder einer solchen Möglichkeit mittels Internet zu erkennen, solange die Möglichkeit besteht, von einem anderen Mitgliedsstaat hierauf zuzugreifen. Diesem Ansatz entspricht es, dass der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass Art. 49 EG-Vertrag keine Anwendung findet, wenn die wesentlichen Elemente der fraglichen Betätigung sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinausweisen (EuGH, Urteil vom 18. März 1980 - Rs. 52/79 - Debauve -, EuGHE 1980, 833 Rdn. 9). Ein grenzüberschreitender Bezug ist demgegenüber grundsätzlich immer dann gegeben, wenn die betreffende wirtschaftliche Tätigkeit die innergemeinschaftlichen Grenzen überschreitet, überschritten hat oder überschreiten soll (Pache, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 10 Rdn. 13 m.w.N.). Hierfür hat der Europäische Gerichtshof bereits nicht selten Spuren eines grenzüberschreitenden Elements ausreichen lassen (Pache, a.a.O., § 10 Rdn. 15 m.w.N.). Im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit genügt etwa, dass eine nationale Maßnahme in einem hypothetischen Fall Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel haben könnte (vgl. Pache, a.a.O., § 10 Rdn. 15 Fn. 39). Für die Dienstleistungsfreiheit mag dies vom Gerichtshof enger beurteilt werden, aber auch hier genügt das Vorhandensein zumindest irgendeines Merkmals einer wirtschaftlich relevanten Betätigung über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinaus, wobei so gut wie jede handelsrechtliche Regelung der Mitgliedstaaten das Potential hat, den Marktzugang zu beschränken und damit den Anwendungsbereich der europarechtlichen Grundfreiheiten zu eröffnen (vgl. Pache, a.a.O., § 10 Rdn. 15; s.a. Lach, Umgekehrte Diskriminierung im Gemeinschaftsrecht, 2008, S. 131 ff., 399 f. [Thesen 22-26]). Wichtigstes Kriterium für die Feststellung eines grenzüberschreitenden Sachverhalts ist daneben die Ansässigkeit der an der Dienstleistung Beteiligten in verschiedenen Mitgliedstaaten (Kluth, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, 3. Auflage 2007, Art. 49, 50 EGV Rdn. 8). So hat der Europäische Gerichtshof etwa einen über den nationalen Rahmen hinausweisenden Aspekt schon darin erkannt, dass ein Sportler an einem Wettkampf in einem anderen Mitgliedstaat teilnimmt / teilnehmen will als demjenigen, in dem er wohnt (EuGH, Urteil vom 11. April 2000, C-51/96 u.a. - Deliège -, EuGHE 2000, I-2549 Rdn. 58). Diese Maßstäbe des Europäischen Gerichtshofes zugrundegelegt, ist auch für den vorliegenden Sachverhalt der Anwendungsbereich des Art. 49 EGV eröffnet. Die Klägerin betreibt ihre Tätigkeit im Internet, das für sich genommen schon über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausweist, und eröffnet auch - nach den Kriterien aus dem Urteil „Alpine Investment“ - tatsächlich die Möglichkeit für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Bürger, an den im Bundesgebiet angebotenen öffentlichen Glücksspielen teilzunehmen. Nach ihren glaubhaften Bekundungen nehmen darüber hinaus tatsächlich auch in anderen Mitgliedstaaten ansässige Bürger dieses Angebot wahr. Der Einwand des Beklagten, ein Bezug nach Berlin sei nicht erkennbar, da die Klägerin zugestandenermaßen keine Einsätze aus dem europäischen Ausland nach Berlin an die DKLB vermittele, vermag nicht durchzudringen. Die Klägerin hat hinreichend dargelegt, dass sie auch mit der DKLB in Vertragsverhandlungen eingestiegen war (vgl. Schreiben der DKLB vom 14. Januar 2008 [GA Bd. IV Bl. 86] und Bd. II Bl. 188), um den Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages und des Berliner Ausführungsgesetzes zu genügen, und hat dieses Projekt noch nicht aufgegeben, sieht sich allerdings gerade durch die von ihr angegriffenen Regelungen an einer solchen Vermittlung (insbes. auch des Verbot von Provisionserhebung, Bl. 188) auch gehindert. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Glücksspielstaatsvertrag in allen 16 Bundesländern in gleichlautender Form in Kraft getreten ist und damit im gesamten Bundesgebiet - und folglich auch in Berlin - die Vermittlung öffentlichen Glücksspiels im Internet verboten ist, unabhängig davon, ob die Einsätze von einem im Gebiet eines Mitgliedstaates ansässigen Bürger stammen. Die gewillkürte Zersplitterung des Sachverhalts auf einzelne Bundesländer kann aber vorliegend nicht zu einer Einschränkung des Anwendungsbereiches der europäischen Grundfreiheiten führen. Einzustellen ist des Weiteren, dass die Klägerin ihre Tätigkeit derzeit erlaubt zumindest in Hessen und Hamburg ausübt und eine Beschränkung des Angebots oder nur der Werbung im Internet auf ein einzelnes Bundesland technisch außer durch eine gänzliche Herausnahme aus dem Internet schwerlich zu bewerkstelligen sein wird (vgl. zu diesem Problemkreis auch VGH München, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 24 CS 07.10 -, Rdn. 19 ff.; VG Ansbach, Beschluss vom 15. August 2008 - AN 4 S 08.01112 -, Rdn. 37; beide zitiert nach juris) und damit das Verbot eines Angebots in Berlin zugleich auch die Möglichkeit in sich trägt, die Vermittlung an die Lottogesellschaften in anderen Bundesländern, zu denen die Einsätze in anderen Mitgliedstaaten ansässiger Spieler vermittelt werden, zu beschränken oder gar gänzlich zu verhindern.

2. Die von der Klägerin benannten Bestimmungen stellen nach den obigen Ausführungen zu Art. 12 GG auch rechtfertigungsbedürftige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nach Artt. 49, 50 EG-Vertrag dar.

Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Hindernisse für die Dienstleistungsfreiheit, die sich aus unterschiedslos anwendbaren (d.h. diskriminierungsfreien) nationalen Maßnahmen ergeben, sind ferner nur dann zulässig, wenn diese Maßnahmen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gehören der Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung sowie insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht und der Schutz der Spieler vor unlauteren Glücksspielangeboten zu den Gründen, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können. Somit spricht viel dafür, dass vorliegend - zumindest auch - von legitimen Zielen der im Klageantrag benannten Normen auszugehen ist, da diese Regelungen der Bekämpfung der Spielsucht dienen. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, da jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt ist. Hinzukommen muss nämlich, dass die auf solche Gründe gestützten Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten, und nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen. Dabei kommt den jeweiligen Mitgliedstaaten ein Entscheidungsspielraum zu, um auf die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, angemessen reagieren zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes steht es somit zwar im Ermessen des Mitgliedstaates, zu entscheiden, auf welche Weise er auf seinem Gebiet im Bereich von Glücksspielen Schutz gewähren will. Dem jeweiligen Mitgliedstaat obliegt die Beurteilung, ob es im Rahmen der Verfolgung der legitimen Ziele notwendig ist, das Angebot von Glücksspielen vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, das Angebot zu beschränken und zu diesem Zweck Kontrollen vorzusehen. Bei dieser Entscheidung ist er aber nicht frei, sondern an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Es ist damit Sache des nationalen Gerichts - also der Kammer -, zu prüfen, ob die nationalen Rechtsvorschriften angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten wirklich Zielen dienen, mit denen sie gerechtfertigt werden können, und ob die in ihnen enthaltenen Beschränkungen dazu nicht außer Verhältnis stehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann erfüllt, wenn die Beschränkungen die „Gelegenheiten zum Spiel wirklich vermindern“ und bei „Sicherung eines regulierten Zugangs zu Glücksspielen“ die „Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch begrenzt“ werden. Der Europäische Gerichtshof betont weiter, dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf das legitime Ziel der Suchtbekämpfung (als Teil der öffentlichen Sozialordnung) berufen können, wenn sie „die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse Einnahmen zufließen“. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe, dass zur Verwirklichung des Ziels insbesondere der Suchtbekämpfung die Beschränkungen kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen müssen, der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass eine konsequente Ausrichtung am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Spielsucht materielle Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich macht, entspricht. Dies gilt zum einen angesichts der vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien und überzeugt zum anderen vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit die Gemeinschaftsgrundrechte und mithin auch die Berufsfreiheit der Vermittler von Glücksspielen zu berücksichtigten sind. Allerdings ist europarechtlich - anders als verfassungsrechtlich -, nicht nur die rechtliche Ausgestaltung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit in den Blick zu nehmen, sondern es kommt auch auf die „konkreten Anwendungsmodalitäten“, d.h. die tatsächliche Ausgestaltung an (vgl. zu allem VG Berlin, Urteil vom 7. Juli 2008 - VG 35 A 108.07 -, S. 77 ff. des Umdrucks, m. zahlreichen w.N.).

Nach diesen Grundsätzen genügt die derzeitige rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Vorschriften bezüglich der gewerblichen Spielvermittlung des Landes Berlin - im tenorierten Umfang - nicht den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen, weil es das Ziel insbesondere der Suchtbekämpfung nicht durch einen kohärenten und systematischen Beitrag zur Begrenzung der Spielleidenschaft verwirklicht. Weder quantitativ noch qualitativ erweisen sich die im Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel des Landes Berlin enthaltenen Regelungen als verhältnismäßige Umsetzung einer konsequent an der Begrenzung der Spielleidenschaft und Bekämpfung der Spielsucht ausgerichteten Glücksspielpolitik. Jedenfalls die jetzige Ausgestaltung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist gemeinschaftsrechtswidrig. Dies gilt sowohl hinsichtlich der rechtlichen Vorgaben als auch bezüglich der im Gemeinschaftsrecht gebotenen Betrachtung der tatsächlichen Ausgestaltung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Auf die obigen Ausführungen - auch zur tatsächlichen Ausgestaltung - kann verwiesen werden.

3. Die Klägerin erkennt darüber hinaus auch einen Verstoß der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages und der dazu erlassenen Landesgesetze gegen die kartellrechtlichen Vorschriften des EG-Vertrages in Artt. 10, 81, 86 EGV. Diese Frage bedarf nach dem Vorgesagten keiner weiteren Erörterung.


III. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind weitere Ermittlungen zu den Vertragsgestaltungen seitens der Klägerin nach dem oben Ausgeführten nicht erforderlich. Ebensowenig war der Hinweis des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 22. September 2008 auf eine Beteiligung der Lotteriegesellschaften aller Bundesländer zu verfolgen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 65 Rdn. 14 ff., m.w.N.) bedurfte es einer Beiladung insoweit nicht. Von einer einfachen Beiladung gemäß § 65 Abs. 1 VwGO hat das Gericht - unabhängig von einem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 65 Rdn. 8 ff.) - jedenfalls im Rahmen seines Ermessens schon zur Verfahrensbeschleunigung abgesehen. ..."




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