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Amtsgericht Mannheim Urteil vom 14.07.2004 - 12 C 137/04 - Verbindlicher Antrag auf Abschluss eines Domain-Kaufvertrages

AG Mannheim v. 14.07.2004: Verbindlicher Antrag auf Abschluss eines Domain-Kaufvertrages durch Anklicken von „Domain verbindlich kaufen“


Das Amtsgericht Mannheim (Urteil vom 14.07.2004 - 12 C 137/04) hat entschieden:
Das Einstellen eines Verkaufshinweises für eine bestimmte Domain ist kein verbindliches Angebot, sondern eine invitatio ad offerendum. Durch das Anklicken einer Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen“ auf der Internetseite eines Domainhandelsportals wird ein verbindlicher Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrages über die fragliche Domain seitens des Kaufinteressenten abgegeben.




Siehe auch Domainhandel - Domain-Grabbbing - Domain-Parking und Markenrecht


Zum Sachverhalt:

Der Kläger machte den Kaufpreis für eine Internetdomain sowie die Freistellung von Anwaltskosten und Feststellung des Annahmeverzuges des Beklagten geltend.

Im November 2003 hatte der Kläger die Internetdomain „xyz.de“ auf dem Domainhandelsportal www.XY.de zum Festpreis von 1.500,-- € zum Kauf angeboten. Der Vorgang verlief in drei Schritten. Zunächst erfolgte nach dem Log-in die Suche nach dem gewünschten Domainnamen. Durch Anklicken der virtuellen Schaltfläche („Button“) „weitere Info“ gelangte der Beklagte zu einem weiteren Fenster, in dem Details zu dem gewählten Angebot gezeigt wurden und die Möglichkeit zur Abgabe eines Gebots durch Anklicken der Schaltfläche „Domain zu diesem Preis kaufen“ (darüber war der vorgesehene Verkaufspreis von 1.500.- € eingesetzt) eingeräumt wird. Alternativ konnte der Beklagte auch das „XY-Transaktions-Team“ mit Verhandlungen für eine Übernahme der Domain beauftragen. Nach Anklicken der genannten Schaltfläche gelangte der Beklagte zu einem weiteren sich öffnenden Fenster, in dem die gewählte Domain nochmals aufgeführt wurde, sowie der Kauf von 1.500.- €. Jedenfalls befand sich noch auf diesem Fenster vor der virtuellen Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen“ folgender Text: „Transaktions- und Treuhandservice:
"Der Anbieter der Domain wünscht die Abwicklung der Domaintransaktion über den Transaktions- und Treuhandservice von XY. Dies garantiert beiden Seiten einen sicheren Ablauf des Domainverkaufs.

Mit dem Kauf der Domain stimmen Sie der Abwicklung des Domainverkauf und der Transaktion über die XY zu. Die im Zusammenhang mit diesem Service anfallenden Kosten trägt gänzlich der Anbieter der Domain!“
Der Beklagte betätigte auch die letztgenannte Schaltfläche. Der Beklagte gab beim Log-in seinen Namen und die Anschrift seines Arbeitgebers, der Firma P GmbH, ein, nämlich Vorname.Nachname@pGmbH.de.

Am 20.11.2003 rief der Beklagte bei der Firma XY an und erklärte, dass er mit dem Anklicken des Buttons keinen Kaufvertrag habe schließen wollen. Er habe angenommen, noch weitere Informationen zu erhalten. Die Firma XY erhielt am 20.11.2003 von dem Kläger den Auftrag zur Transaktion der besagten Internetdomain. Die Firma XY unterrichtete wiederum den Beklagten hiervon. Der Beklagte bezahlte den Kaufpreis nicht und übernahm auch nicht die Domain. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte mit der Firma XY und mit dem Beklagten in dieser Angelegenheit telefonische Gespräche durch. Der Kläger hat seinem Prozessbevollmächtigten die hierfür angefallene Besprechungsgebühr nicht bezahlt.

Der Kläger vertrat die Auffassung, zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag über die Domain „xyz.de“ zustande gekommen und begehrt vom Beklagten dessen Erfüllung.

Der Beklagte trug vor, er habe nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der PGmbH, seiner Arbeitgeberin, gehandelt. Der Geschäftsführer dieser Firma habe ihn beauftragt, im Internet nachzuschauen, ob die Domain „xyz.de“ zu ersteigern sei. Der Beklagte habe dabei die Vorgabe gehabt, maximal ein Gebot in Höhe von 500,-- € abzugeben. Bereits auf Grund der Verwendung der E-Mail - Adresse der Firma sei erkennbar gewesen, dass der Beklagte für seinen Arbeitgeber gehandelt habe und nicht in eigenem Namen. Des Weiteren vertrat der Beklagte die Auffassung, es sei kein Vertrag mit zwei sich deckenden Willenserklärungen zu Stande gekommen, es handele sich vielmehr um eine letztlich gescheiterte Vertragsanbahnung.

Der Beklagte habe bei Anklicken des Buttons „Domain verbindlich kaufen “ keinen Rechtsbindungswillen gehabt. Er habe geglaubt, es werde sich eine weitere Oberfläche öffnen, auf der er dann noch nähere Angaben zu einem möglichen Verkauf bekommen würde. Die Firma XY habe durch die Gestaltung der entscheidenden Oberfläche gegen die Vorschriften des § 312 e Abs. 1 BGB zum Übereilungsschutz verstoßen. Die dritte Oberfläche sei bis zum 08.12.2003 noch anders gestaltet gewesen als jetzt. Zum fraglichen Zeitpunkt sei weder der Vertrag online verfügbar gewesen, noch sei der Text „Bitte überprüfen...“ bis zu der Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen“ erschienen. Dies sei erst seit dem 08.12.2003 der Fall.

Erwidernd hierauf trug der Kläger vor, auch das dritte Fenster sei am 20.11.2003 genauso gestaltet gewesen wie heute. Aufgrund des Bestellablaufes sei ein Irrtum des Beklagten auszuschließen.

Die Klage war erfolgreich.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises für die Zug um Zug zu übertragende Domain „xyz.de“ gemäß § 433 Abs. 2 BGB in Höhe von 1.500,-- € nebst den weiteren ausgeurteilten Nebenansprüchen.

I.

Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag hierüber zustande gekommen, der auch nicht durch eine Widerrufs- bzw. Anfechtungserklärung des Beklagten vernichtet worden ist.

1) Durch das Anklicken der virtuellen Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen “ hat der Beklagte einen verbindlichen Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrages über die besagte Domain abgegeben. Der Kläger bzw. die Firma XY als dessen Empfangsvertreter durfte das Verhalten des Beklagten entsprechend verstehen (vgl. z.B. Landgericht Bonn, CR 2002, 293 - 295 m.w.N.; BGHZ 149, 129 - 139 Punkt II, Unterpunkt 3 m.w.N.). Zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass die Gestaltung der Internetseite der XY das „Angebot“ der Domain noch nicht als verbindlichen Kaufvertragsantrag erscheinen lässt, sondern als „invitatio ad offerendum“. Ansonsten bestünde in der Tat für mehrere Teilnehmer die Möglichkeit, den verbindlichen Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrages gleichzeitig oder nacheinander anzunehmen, obwohl der Kläger den Kaufvertrag nur einmal erfüllen könnte. Dass die Firma XY Vorkehrungen getroffen hätte, dass nach Anklicken der Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen “ diese Schaltfläche für andere Internetteilnehmer sofort „gesperrt“ würde (was technisch wohl durchführbar wäre), hat der Kläger nicht dargelegt.

2) Unstreitig hat die Firma XY dem Kläger den Antrag des Beklagten am gleichen Tage übermittelt und von diesem den Transaktionsauftrag erhalten. Diese - als Annahme des Antrags zu verstehende - Erklärung des Klägers hat die Firma XY unstreitig am gleichen Tage auch an den Beklagten übermittelt. Der Beklagte war an seinen Antrag zu diesem Zeitpunkt auch noch gemäß §§ 145, 147 Abs. 2 BGB gebunden. Die diesbezügliche Willenserklärung des Beklagten war auch im Hinblick auf den Vertragspartner hinreichend bestimmt. Zwar war dem Beklagten zum Zeitpunkt der Antragsabgabe der Name des Klägers unbekannt. Er wollte jedoch den Antrag gegenüber dem Inhaber der Domain „xyz.de“ abgeben. Damit war der Erklärungsgegner hinreichend bestimmt. Unerheblich ist im Übrigen, ob ein Eigengeschäft des Beklagten vorliegt oder nicht. Zutreffend hat der Kläger darauf verwiesen, dass bei Unterstellung des Vortrages des Beklagten zum Zustandekommen des Geschäfts der Beklagte gemäß § 179 Abs. 1,1. Alternative, BGB zur Erfüllung des Rechtsgeschäfts in eigener Person verpflichtet wäre.

3) Der Antrag des Beklagten ist auch nicht durch dessen telefonische Widerrufs- bzw. Anfechtungserklärung gegenüber der Firma XY beseitigt worden.

a) Der Widerruf ist nicht gemäß § 130 Abs. I Satz 2 BGB vor oder gleichzeitig mit Zugang der Kaufantragserklärung zugegangen. Die elektronisch übermittelte Antragserklärung des Beklagten, die eine Willenserklärung unter Abwesenden darstellt (vgl. Bamberger - Roth, BGB, Bearbeiter Eckert, R.6 zu § 147; Münchner Kommentar - Einsele, BGB, 4. Auflage, R.18 zu § 130) wurde in einem Datenspeicher des Providers zwischengespeichert und sodann in Schriftzeichen angezeigt (dies ist jedenfalls üblich). Es ist davon auszugehen, dass diese graphitierte Erklärung in sehr kurzer Zeit, jedenfalls vor dem Telefonat des Beklagten derart in den Machtbereich der als Empfangsvertreterin fungierenden XY (hierauf kommt es an, vgl. MüKo a.a.O. R.27 m.w.N.) gelangt war, dass sie unter normalen Umständen von der XY abgerufen werden konnte. Eine andere Abfolge legt der Parteivortrag nicht nahe.

b) Ein Widerrufsrecht gemäß § 312 d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 355 BGB stand dem Beklagten nicht zu. Denn er war nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen. Er hat - insoweit zwischen den Parteien unstreitig - zu gewerblichen Zwecken gehandelt. Dies liegt im Übrigen auch in der Natur des Kaufgegenstandes.

c) Der Antrag des Beklagten ist auch nicht durch Anfechtung gemäß §§ 119, 142 BGB vernichtet worden. Unschädlich ist zwar, dass die als Anfechtungserklärung auszulegende Erklärung des Beklagten telefonisch gegenüber der Firma XY ausgesprochen wurde und nicht gegenüber dem Kläger. Denn dieser bediente sich der Firma XY als Empfangsvertreter, so dass § 143 Abs. 1 BGB Genüge getan war (vgl. MüKo a.a.O., R.27). Es ist auch von der herrschenden Meinung anerkannt, dass ein fehlender Rechtsbindungswille trotz objektiv gegenteiligen Erklärungsgehaltes zur Anfechtung berechtigen kann (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Rdnr. 22 zu § 119 m.w.N.). Das Gericht erachtet es jedoch nicht als nachgewiesen, dass der Beklagte sich bei Anklicken des Buttons „Domain verbindlich kaufen“ tatsächlich nicht bewusst war, nunmehr eine rechtsverbindliche, auf Ankauf der Domain gerichtete, Willenserklärung abzugeben. Es mag sein, dass ihn sein Verhalten hernach gereut hat. Auf Grund der Gestaltung der Fenster der Firma XY und des Erfahrungshintergrundes des Beklagten hält das Gericht aber das Fehlen eines Erklärungsbewusstseins seitens des Beklagten nicht für hinreichend im Sinne des § 286 ZPO nachgewiesen. Selbst wenn man unterstellte, dass Schritt 3 der von der Firma XY gestalteten Ankaufsprozedur zum Einkaufszeitpunkt so ausgestaltet gewesen sein sollte, wie vom Beklagten zuletzt vorgetragen, ist davon auszugehen, dass der Beklagte als Geschäftsmann hinreichend „gewarnt“ war, dass er nunmehr eine rechtsverbindliche Erklärung abzugeben im Begriff war. Dies wäre unter Umständen schon der Fall gewesen, wenn der Beklagte, wie er zunächst vortragen ließ, lediglich die Schaltfläche auf Stufe 2 „Domain zu diesem Preis kaufen“ angeklickt hätte. Jedenfalls der Text betreffend den Transaktions- und Treuhandservice in Verbindung mit dem Text der Schaltfläche „Domain verbindlich kaufen“ musste dem Beklagten, der ersichtlich (das ergab auch das Gespräch in der mündlichen Verhandlung, wonach der Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Inhaber der Domain im Internet zu ermitteln) kein „Anfänger-User“, der unbedacht „herumklickt“, war, sondern ein interneterfahrener Geschäftsmann, hinlänglich die Tatsache ins Bewusstsein rufen, dass er eine verbindliche Erklärung abgeben würde, wenn er den fraglichen Button betätigte. Es liegen jedenfalls erhebliche, die Überzeugung des § 286 ZPO ausschließende, Zweifel des Gerichts daran vor, dass ein Irrtum des Beklagten über die Rechtsverbindlichkeit seines Handelns vorlag.

II.

Da sich der Beklagte in Verzug befand, schuldet er auch die geltend gemachte Freistellung des Klägers von dessen nicht anrechenbaren Anwaltskosten. Ferner hatte der Kläger auch Anspruch auf die Feststellung, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet. ..."










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