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BGH Urteil vom 16.04.2002 - XI ZR 375/00 - Kreditkartenvertrag und AGB

BGH v. 16.04.2002: Kreditkartenvertrag und AGB


Der BGH (Urteil vom 16.04.2002 - XI ZR 375/00) hat entschieden:

  1.  Das Vertragsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen ist nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 - VIII ZR 139/89, WM 1990, 1059).

  2.  Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditkartenunternehmen, die Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte durch unberechtigte Dritte im sog. Telefon- oder Mailorderverfahren belasten, verstoßen gegen § 9 AGBG.




Siehe auch

AGB

und

Zahlungsabwicklung


Zum Sachverhalt:

Die Klägerin, ein Acquiring-Unternehmen des Kreditkartengewerbes, nahm den Beklagten, der als Inhaber eines Vertragsunternehmens einen EDV-Handel betreibt, auf Rückgewähr von vier Zahlungen für Kreditkartengeschäfte im sogenannten Telefon- oder Mailorderverfahren in Anspruch.

Die Parteien schlossen am 11. Oktober 1995 einen "V.-Exclusiv-Vertrag" und am 21. Januar 1997 einen zusätzlichen Vertrag über die Akzeptanz von V.-Karten bei sogenannter Telefon- oder Mailorder, d.h. bei schriftlicher oder telefonischer Bestellung ohne Vorlage der Karte. Nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (im folgenden: AGB) ist der Beklagte verpflichtet, Waren an Inhaber der V.-Karte bei Vorlage der Karte ohne Barzahlung zu verkaufen. Die Klägerin "kauft" gemäß Ziffer 2 der AGB "alle fälligen Forderungen des Vertragsunternehmens gegen Karteninhaber gemäß diesem Vertrag". Das Vertragsunternehmen "verkauft" die Forderungen ausschließlich an die Klägerin. Nach Ziffer 5 der AGB tritt das Vertragsunternehmen "alle Forderungen gegen Karteninhaber aus Lieferungen und Leistungen, die unter Verwendung einer Karte gemäß diesem Vertrag begründet wurden", an die Klägerin ab; diese wiederum trifft die Pflicht, dem Vertragsunternehmen die aus den eingereichten Karten-Transaktionen sich ergebenden Beträge abzüglich einer Servicegebühr "zur Zahlung anzuweisen".

Während Karteninhaber bei Ladengeschäften einen Belastungsbeleg zu unterzeichnen haben, brauchen sie im Telefon- oder Mailorderverfahren nur die Nummer und die Gültigkeitsdauer ihrer Kreditkarte anzugeben. Für das Vertragsunternehmen entfällt dann gemäß Ziffer 15 der AGB die Prüfung der Unterschrift. Die Rückbelastung von Vertragsunternehmen regelt Ziffer 7 Abs. 2 der AGB wie folgt:
   "Bei schriftlicher oder telefonischer Bestellung von Waren oder Dienstleistungen ohne Vorlage der Karte (Telefonorder/Mailorder) ist B. zur Rückbelastung des Vertragsunternehmens berechtigt, wenn der Karteninhaber sich weigert, den gesamten Rechnungsbetrag zu zahlen, weil er von der Bestellung zurückgetreten ist, der Ware oder Leistung schriftlich zugesicherte Eigenschaften fehlen, oder sie nicht einer schriftlichen Produktbeschreibung entspricht, oder weil er die Bestellung oder die Echtheit der Unterschrift bestreitet. Dieses Rückgriffsrecht wird nicht durch eine erteilte Genehmigungsnummer eingeschränkt."

Die von der Klägerin einbehaltene Servicegebühr beträgt bei Ladengeschäften 3,3% und im Mailorderverfahren 3,5%.

Auf vier Telefon- bzw. Mailorder-Transaktionen, die am 2., 21. und 23. April 1997 unter Verwendung verschiedener V.-Kartennummern erfolgten, zahlte die Klägerin insgesamt 20.423,83 DM an den Beklagten. In allen Fällen bestritten die jeweiligen Karteninhaber die Bestellungen, so dass die kartenausgebenden Banken gegenüber der Klägerin die Zahlung verweigerten. Die Klägerin verlangt deshalb die Rückzahlung der 20.423,83 DM nebst Zinsen.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Das Rechtsmittel blieb erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... I.

Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerin könne die Rückzahlung der dem Beklagten gutgebrachten Beträge nicht gemäß Ziffer 7 Abs. 2 ihrer AGB verlangen. Diese Klausel sei gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AGBG unwirksam, soweit sie allein das Vertragsunternehmen mit dem Risiko belaste, dass im Mailorderverfahren der Karteninhaber die Bestellung bestreitet. Sie schränke wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergäben, ein und gefährde dadurch die Erreichung des Vertragszwecks.

Der Vertrag zwischen den Parteien sei ein Vertrag eigener Art, der den Beklagten verpflichte, Kreditkarten an Stelle von Bargeld als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Die Klägerin verspreche, die dem Beklagten aus Warenverkäufen zustehenden Beträge zur Zahlung anzuweisen. Zur Erfüllung dieser Garantieverpflichtung kaufe sie die Forderungen des Beklagten gegen seinen Kunden.

Die Garantieverpflichtung der Klägerin werde durch Ziffer 7 Abs. 2 ihrer AGB in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Die Klausel belaste das Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Benutzung der Kreditkarte im Telefon- bzw. Mailorderverfahren. Diese Risikoabwälzung sei im Vergleich zur Risikoverteilung beim Ladengeschäft, bei dem das Vertragsunternehmen für die missbräuchliche Verwendung der Kreditkarte durch Unbefugte nicht verschuldensunabhängig hafte, unangemessen.

Die Risikoabwälzung sei nicht durch höherrangige Interessen der Klägerin, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Beherrschbarkeit des Risikos, gerechtfertigt. Der Kartenmissbrauch erfolge zwar durch Kunden des Vertragsunternehmens. Dieses habe aber keine praktikable Möglichkeit, die Berechtigung der Kunden zu überprüfen. Eine solche Prüfung wäre mit dem Sinn der Kreditkartenbenutzung, die eine schnelle und unkomplizierte Geschäftsabwicklung ermöglichen solle, unvereinbar. Letztlich habe die Klägerin das Missbrauchsrisiko veranlasst, indem sie durch die Zulassung des Karteneinsatzes bei Telefon- bzw. MailorderTransaktionen ein in hohem Maße missbrauchsanfälliges Verfahren eingeführt habe, auf dessen Ausgestaltung das Vertragsunternehmen keinen Einfluss habe.

Die Haftung des Vertragsunternehmens als Forderungsverkäufer gemäß § 437 Abs. 1 BGB für den rechtlichen Bestand der Forderung rechtfertige die Risikoverteilung gemäß Ziffer 7 Abs. 2 der AGB des Kartenunternehmens ebenfalls nicht. Diese Haftung belaste das Vertragsunternehmen zwar - ebenso wie bei Bargeschäften - mit dem Risiko, bei Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts mit dem Karteninhaber wegen Geschäftsunfähigkeit, Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit keinen Entgeltanspruch zu erwerben. Scheitere der Vertrag aber aus Gründen, die sich aus seiner Eigenschaft als Kreditkartengeschäft ergeben, greife die Garantieverpflichtung des Kartenunternehmens ein, so dass es auf die Risikoverteilung beim Forderungskauf nicht ankomme.

Die Abwälzung des Missbrauchsrisikos werde auch nicht durch Vorteile, die das Telefon- bzw. Mailorderverfahren dem Vertragsunternehmen biete, aufgewogen. Die einfachere Abwicklung von Versandgeschäften falle gegenüber dem Risiko, Waren ohne Bezahlung, insbesondere auch ins Ausland, liefern zu müssen, kaum ins Gewicht. Hingegen habe die Klägerin ein hohes Interesse an der Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten der Kreditkarte.




II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Beträge in Höhe von 20.423,83 DM.

1. §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB a.F. kommen als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht als Forderungskauf anzusehen ist.

a) Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar in einem vergleichbaren Fall (Urteil vom 2. Mai 1990 - VIII ZR 139/89, WM 1990, 1059) den Rahmenvertrag zwischen Kreditkartenherausgeber und Vertragsunternehmen als Forderungskauf beurteilt. Er hat aber auf eine Anfrage des erkennenden Senats (WM 2001, 2158) gemäß § 132 Abs. 3 GVG mitgeteilt, dass er an dieser Rechtsauffassung nicht festhalte.

Die bisherige Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats, die einen Forderungskauf bejahte, hat bei den Instanzgerichten und in der Literatur Zustimmung (OLG Schleswig WM 1991, 453; OLG Köln WM 1995, 1914, 1916; OLG Frankfurt ZIP 2001, 1583, 1586; MünchKomm/Hüffer, BGB 3. Aufl. § 783 Rdn. 80 e; Soergel/Huber, BGB 12. Aufl. vor § 433 Rdn. 304 a; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 9. Aufl. Anhang §§ 9-11 Rdn. 454 a; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht § 6 Rdn. 25 ff.; Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate 2. Aufl. S. 221 f.; Ahrens, Wertpapiere in bargeldlosen Zahlungssystemen S. 31 ff.; Eckert EWiR 1990, 1059; Hönn ZBB 1991, 6, 12; Köndgen NJW 1992, 2263, 2271 f.; Häde ZBB 1994, 33, 37; Reinfeld WM 1994, 1505, 1506; Langenbucher BKR 2002, 119, 121 f.; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB BankR II Rdn. 384), aber auch Kritik erfahren (vgl. Staudinger/Martinek, BGB 13. Bearb. § 675 Rdn. B 99 ff.; Staudinger/Köhler aaO Vorbemerkung zu §§ 433 ff. Rdn. 51; Martinek/Oechsler, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 67 Rdn. 64 ff.; MünchKomm HGB/Hadding ZahlungsV Rdn. G 22; ders., in: Hadding/Nobbe, RWS-Forum 17 Bankrecht 2000 S. 51, 58; Pfeiffer, in: v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Kreditkartenvertrag Rdn. 16 f.; Hammann, Die Universalkreditkarte S. 41 ff.; Kienholz, Die Zahlung mit Kreditkarte im Nah- und Fernabsatz S. 153 ff.; Bitter ZBB 1996, 104, 114 ff.; ders., BB 1997, 480, 484 f.; Schön AcP 198 (1998), 401, 409 ff.; Einsele WM 1999, 1801, 1802; Oechsler WM 2000, 1613, 1614 f.).

b) In Übereinstimmung mit dem zuletzt zitierten Schrifttum legt der Senat Verträge zwischen Kreditkarten- und Vertragsunternehmen nicht als Forderungskauf aus.

aa) Die Auslegung hat, da sie Allgemeine Geschäftsbedingungen betrifft, nach objektiven Maßstäben, d.h. nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an den Geschäften dieser Art normalerweise beteiligten Kreise zu erfolgen (st.Rspr., zuletzt BGH, Urteil vom 15. November 2000 - VIII ZR 322/99, WM 2001, 1028, 1030). Dabei ist der Wortlaut der Vertragsklausel, in dem der Begriff "Kauf" verwandt wird, lediglich der Ausgangs-, aber nicht der allein entscheidende Gesichtspunkt. Die Bedeutung des Vertragswortlauts wird bereits dadurch eingeschränkt, dass er früher vor allem auch dem Zweck diente, Kreditkartenunternehmen der Erlaubnispflicht zu entziehen, die § 32 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 8 KWG für Garantiegeschäfte betreibende Kreditinstitute vorschrieb (vgl. Martinek/Oechsler aaO Rdn. 64). Nach Inkrafttreten des § 1 Abs. 3 Nr. 4 KWG am 1. Januar 1993 ist dieser Zweck entfallen. Zudem ist der Wortlaut der von den verschiedenen Kreditkartenunternehmen verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einheitlich. Neben dem Begriff des Kaufes findet auch der der Garantie Verwendung (vgl. die Nachweise bei Hammann aaO S. 40; Kienholz aaO S. 184 ff.; Bitter ZBB 1996, 104, 114), ohne dass damit wesentliche Unterschiede in der praktischen Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse einhergingen. Nichts spricht dafür, dass eine unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung verschiedener Akquisitionsverträge von den an diesen Verträgen typischerweise beteiligten Verkehrskreisen gewollt ist und als interessengerecht angesehen wird. Dass verschiedene Kreditkartenunternehmen zu Wettbewerbszwecken unterschiedliche Instrumente des bargeldlosen Zahlungsverkehrs anbieten (vgl. Langenbucher BKR 2002, 119, 122), ist von den Parteien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Geschäftswille und Interessenlage von Kreditkarten- und Vertragsunternehmen legen es vielmehr nahe, Akquisitionsverträge generell einem einheitlichen Vertragstyp zuzuordnen.



bb) Dies kann nach dem Sinn und Zweck des Kreditkartenverfahrens nicht der Forderungskauf sein. Das Kreditkartenverfahren soll die bargeldlose Zahlung des Karteninhabers an das Vertragsunternehmen ermöglichen, weist der Kreditkarte also die Funktion eines Bargeldersatzes zu. Da das Vertragsunternehmen dem Karteninhaber eine Vorleistung erbringt, ohne unter Berufung auf § 320 BGB die sofortige Gegenleistung zu verlangen, muss der Anspruch gegen das Kreditkartenunternehmen, den es an Stelle der Barzahlung erwirbt, einer solchen wirtschaftlich gleichwertig sein. Dies wird durch einen Forderungskauf nicht gewährleistet, weil sich das Vertragsunternehmen, das bereits vorgeleistet hat, zusätzlich seines Anspruches auf die Gegenleistung begeben würde. Es unterläge ferner gegenüber dem Kreditkartenunternehmen der - durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ersatzlos gestrichenen - Veritätshaftung gemäß § 437 BGB a.F., die mit der Bargeldersatzfunktion des Kreditkartenverfahrens nicht vereinbar ist. Während das Vertragsunternehmen im Barzahlungsfall Kunden, die Ansprüche wegen Nichtigkeit des Grundgeschäfts geltend machen, Einwendungen gemäß § 818 Abs. 3 BGB (Saldotheorie) entgegenhalten könnte, wäre ihm dies gegenüber dem Gewährleistungsanspruch des Kreditkartenunternehmens gemäß § 437 BGB a.F. nicht möglich (vgl. Pfeiffer aaO Rdn. 18, 112). Es müsste - anders als im Barzahlungsfall, in dem der Kunde die Initiativlast trägt - deshalb nach Rückerstattung des Kaufpreises an das Kreditkartenunternehmen seinerseits den Karteninhaber in Anspruch nehmen.

Dieser haftet indes bei einer missbräuchlichen Angabe seiner Kreditkartennummer durch einen unbefugten Dritten im Telefon- bzw. Mailorderverfahren nicht (Langenbucher, Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr S. 259). Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass das Vertragsunternehmen das Risiko des Kreditkartenmissbrauchs allein tragen müsste. Beim missbräuchlichen Einsatz der Kreditkarte durch einen unbefugten Dritten im Ladengeschäft wird dieses - unangemessene - Ergebnis, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dadurch vermieden, dass die Klägerin Rechnungen des Vertragsunternehmens auch bei missbräuchlicher Verwendung der Kreditkarte durch einen Dritten auszugleichen hat, wenn die Bestimmungen der Nr. 2-4 der AGB der Klägerin eingehalten wurden. Das ist mit einem reinen Forderungskauf nicht befriedigend zu erklären. Bei missbräuchlicher Verwendung der Kreditkarte durch einen unbefugten Dritten besteht, wie der rechtskundigen Klägerin bekannt ist, keine ankauf- und abtretbare Kaufpreisforderung des Vertragsunternehmens gegen den wahren Kreditkarteninhaber und die - in aller Regel völlig wertlose - Forderung des Vertragsunternehmens gegen den unbekannten Dritten wird von Ziffer 2 der AGB der Klägerin nicht erfasst.

Auch aus der Sicht des Kreditkartenunternehmens dient seine Zahlung an das Vertragsunternehmen anders als beim Forderungskauf als Bargeldsurrogat der Befriedigung des Anspruchs des Vertragsunternehmens gegen den Karteninhaber, nicht aber der Bezahlung einer vom Vertragsunternehmen erworbenen Forderung. Das Kreditkartenunternehmen ist auf den Erwerb dieser Forderung nicht angewiesen, weil es als kartenemittierendes Unternehmen ohnehin einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 675 Abs. 1, 670 BGB gegen den Karteninhaber hat, bzw. als Acquiring-Unternehmen - wie im vorliegenden Fall - Erstattung seiner Zahlung an das Vertragsunternehmen vom Kartenemittenten erhält (vgl. hierzu Reinfeld aaO S. 1510; Haun, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rdn. 6/1862). Zusätzliche Sicherheiten, deren Übergang mit der Abtretung der Forderung des Vertragsunternehmens gemäß § 401 Abs. 1 BGB verbunden sein könnte, werden durch Ziffer 1 der AGB der Klägerin ausgeschlossen.

Schließlich erwartet auch der Karteninhaber, dass das Kreditkartenunternehmen mit seiner Zahlung an das Vertragsunternehmen seine - des Karteninhabers - Verbindlichkeit, nicht aber eine eigene Verbindlichkeit aufgrund eines Forderungskaufs erfüllt.

c) aa) Welche Qualifizierung der Zahlungszusage eines Kreditkartenunternehmens gegenüber Vertragsunternehmen an Stelle eines Forderungskaufs rechtlich zutreffend ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Während ein Teil des Schrifttums (MünchKomm/Möschel, BGB 3. Aufl. vor § 414 Rdn. 19; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rdn. 4.950 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht 8. Aufl. Bd. II Teilband 1 S. 361; Zahrnt NJW 1972, 1077, 1078 f.; Bitter ZBB 1996, 104, 119; für Garantie mit Forderungskauf: Heymann/Horn, HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte III Rdn. 144; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. Vorbemerkung zu §§ 765 ff. Rdn. 419) eine Garantieverpflichtung annimmt, sieht die überwiegende Auffassung die Zahlungszusage als abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB an (vgl. Hadding WuB I D 5 a.-1.02; MünchKomm HGB/Hadding, ZahlungsV Rdn. G 22; Staudinger/Marburger, BGB 13. Bearb. § 780 Rdn. 42, § 783 Rdn. 49; Staudinger/Köhler aaO Vorbem. zu § 433 ff. Rdn. 51; MünchKomm/Hüffer, BGB 3. Aufl. § 783 Rdn. 80 d; Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. (7) BankGesch F 12; Martinek/Oechsler aaO Rdn. 66; Pfeiffer aaO Rdn. 20; Hammann aaO S. 59 ff.; Kienholz aaO S. 160 ff.; Bröcker WM 1995, 468, 475; Pichler NJW 1998, 3234, 3237; Einsele WM 1999, 1801, 1809 f.; Oechsler WM 2000, 1613, 1614 ff.).




bb) Der Senat teilt die überwiegend vertretene Meinung. Allein das Verständnis der Zahlungszusage als abstraktes Schuldversprechen wird dem Vertragswillen der Parteien des Akquisitionsvertrages gerecht, der auf die primäre, von einer vorherigen Inanspruchnahme des Karteninhabers unabhängige Leistungspflicht des Kreditkartenunternehmens gerichtet ist. Mit dieser Intention ist die Annahme eines Garantieversprechens, das das Kreditkartenunternehmen lediglich verpflichten würde, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen und die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juni 1996 - IX ZR 172/95, WM 1996, 1467, 1469 und vom 18. Juni 2001 - II ZR 248/99, WM 2001, 1565, 1566), unvereinbar. Das Kreditkartenunternehmen soll dem Vertragsunternehmen in erster Linie und nicht erst nach vergeblicher Inanspruchnahme des Karteninhabers verpflichtet sein. Seine Zahlungspflicht beruht mithin auf einem abstrakten Schuldversprechen gemäß § 780 BGB.

Das im schriftlichen Akquisitionsvertrag rahmenmäßig vereinbarte Versprechen ist aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB) durch die Einreichung ordnungsgemäßer Belastungsbelege, die in jedem Einzelfall die Zahlungspflicht des Kreditkartenunternehmens entstehen lassen (vgl. MünchKomm HGB/Hadding aaO Rdn. G 22). Dies gilt auch im Telefon- oder Mailorderverfahren, wenn sich das Acquiring-Unternehmen - wie hier - durch besondere Vereinbarung mit der Abwicklung telefonischer oder schriftlicher Bestellungen ausdrücklich einverstanden erklärt hat (vgl. hierzu Pfeiffer aaO Rdn. 21; Meder ZBB 2000, 89, 97 f.). Soweit dabei bestimmungsgemäß keine Unterzeichnung eines Belastungsbelegs durch den Karteninhaber erfolgt, tritt an die Stelle dieses Belegs die vom Vertragsunternehmen nach den jeweiligen Telefon- oder Mailorder-Bestimmungen erstellte Belegausfertigung (vgl. Meder ZBB 2000, 89, 98).

d) Da somit zwischen den Parteien ein abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB, nicht aber ein Forderungskauf vereinbart worden ist, steht der Klägerin ein Anspruch gemäß § 437 BGB a.F. nicht zu.

2. Die Klage ist auch nicht gemäß Ziffer 7 Abs. 2 der AGB der Klägerin begründet. Diese Klausel ist, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AGBG insoweit unwirksam, als die Klägerin dadurch im Telefon- oder Mailorderverfahren zur Rückbelastung des Vertragsunternehmens berechtigt ist, wenn der Karteninhaber die Bestellung oder die Echtheit der Unterschrift bestreitet und deshalb die Bezahlung des Rechnungsbetrages verweigert.

a) Der Bundesgerichtshof hat über die Wirksamkeit von Klauseln, die dem Kreditkartenunternehmen das Recht einräumen, bereits geleistete Zahlungen vom Vertragsunternehmen zurückzufordern, wenn sich der Karteninhaber darauf beruft, die Karte nicht selbst verwendet zu haben, noch nicht ausdrücklich entschieden. In seinem Urteil vom 2. Mai 1990 - VIII ZR 139/89, WM 1990, 1059, 1060 f. hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Wirksamkeit einer solchen Klausel allerdings für den Fall der Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen Geschäftsunfähigkeit des Käufers vorausgesetzt.

In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt NJW 2000, 2114 f.; OLG Frankfurt ZIP 2001, 1583, 1584 f.; LG Heidelberg WM 1988, 773) und von einem Teil des Schrifttums (Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. Rdn. K 67; MünchKomm/Hüffer, BGB 3. Aufl. § 783 Rdn. 80 j; Schwintowski/Schäfer aaO Rdn. 54 ff.; Weller, Das Kreditkartenverfahren S. 157 ff.; Hammann aaO S. 189 f.; Gößmann, in: Horn/Schimansky, RWS-Forum 12 Bankrecht 1998, S. 67, 110 f.; Reifner VuR 1988, 181, 182; Langenbucher BKR 2002, 119, 122) werden solche Klauseln für wirksam erachtet. Dagegen verneinen andere Stimmen in der Literatur teilweise schon die wirksame Einbeziehung in den Akquisitionsvertrag wegen Verstoßes gegen § 3 AGBG (Heymann/Horn aaO Rdn. 157; Welter WuB I D 5.-3.88; Bitter ZBB 1996, 104, 121 f.) oder halten § 9 AGBG für verletzt (MünchKomm HGB/Hadding, ZahlungsV Rdn. G 30; ders. WuB I D 5 a.-1.02; Martinek/Oechsler aaO Rdn. 73 f.; Pfeiffer aaO Rdn. 118; Taupitz, Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmissbrauch S. 114 ff.; Bitter ZBB 1996, 104, 121; Pichler NJW 1998, 3234, 3239).

b) Der Senat erachtet Ziffer 7 Abs. 2 der AGB der Klägerin jedenfalls gemäß § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam, weil sie die Vertragsunternehmen der Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche Benachteiligung ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird. Das ist hier der Fall.

aa) Die Unwirksamkeit der Rückbelastungsklausel ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass die Klägerin ihre abstrakte und damit von Einwendungen aus Valuta- und Deckungsverhältnis grundsätzlich unabhängige Zahlungszusage überhaupt durch Rückforderungsvorbehalte eingeschränkt hat. Die Klausel ist aber deshalb unwirksam, weil sie das Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte belastet und das Kartenunternehmen, das als Betreiber des Kreditkartensystems das verfahrensimmanente Missbrauchsrisiko grundsätzlich selbst zu tragen hat (vgl. BGHZ 114, 238, 245), vollständig entlastet. Nach dem Inhalt der Klausel muss der Beklagte nämlich eine Rückbelastung schon dann hinnehmen, wenn der Karteninhaber die Bestellung oder die Echtheit der Unterschrift bestreitet. Das Risiko, dass dieses Bestreiten wahrheitswidrig erfolgt, soll der Beklagte auch dann tragen, wenn er allen Vorschriften des Telefon- oder Mailorderverfahrens Rechnung getragen hat. Darüber hinaus wird er mit dem Risiko einer missbräuchlichen Benutzung der Kreditkartennummer durch einen unberechtigten Dritten selbst für den Fall belastet, dass der Missbrauch für ihn weder erkennbar noch zu verhindern war. Eine derart einseitige Risikoverlagerung kann keinen Bestand haben, zumal die Klägerin als Acquiring-Unternehmen das Telefon- und Mailorderverfahren durch Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Beklagten ausdrücklich gestattet hat und sich die damit verbundenen Risiken in Form einer erhöhten Servicegebühr vergüten lässt.

Hierbei ist es entgegen der Ansicht der Revision ohne Belang, ob im Telefon- und Mailorderverfahren - anders als bei Kreditkartengeschäften unter Vorlage der Karte - keine Akzeptanzpflicht des Vertragsunternehmens besteht (vgl. Kienholz aaO S. 57 f., 76; Meder NJW 2000, 2076, 2077). Denn die daran geknüpfte Folgerung, das von der Pflicht zur Kartenakzeptanz entbundene Vertragsunternehmen könne Umsatzchance und Abwicklungsrisiko in jedem Einzelfall gegeneinander abwägen, wird den praktischen Gegebenheiten nicht gerecht. Zu einer substantiellen Abwägung und Prüfung der Vertrauenswürdigkeit seiner Vertragspartner ist das Vertragsunternehmen wegen der räumlichen Distanz regelmäßig nicht in der Lage (vgl. Kienholz aaO S. 65 f.).

Hinzu kommt weiter, dass die Kartenunternehmen das weitgestreute Missbrauchsrisiko beim Mailorderverfahren wesentlich besser auffangen können als die einzelnen Vertragsunternehmen (vgl. für das Scheckfälschungsrisiko BGHZ 135, 116, 122 f.). Die Kartenunternehmen können in ihre Servicegebühr für das Mailorderverfahren eine gehörige Risikoprämie für Schäden einkalkulieren, die durch dieses sehr missbrauchsanfällige Verfahren entstehen. Auf diese Weise kann das für das einzelne Vertragsunternehmen kaum kalkulierbare Missbrauchsrisiko wirtschaftlich breit verteilt werden. Dem kann nicht etwa entgegengehalten werden, die Kalkulation einer Risikoprämie führe zu so hohen Servicegebühren, dass Vertragsunternehmen an einer Teilnahme am Mailorderverfahren wirtschaftlich kein Interesse mehr hätten. Wenn dies der Fall sein sollte, so ist dies lediglich ein weiterer Beleg dafür, dass die Einführung des Mailorderverfahrens mit der streitigen Rückbelastungsklausel Vertragsunternehmen unangemessen benachteiligt.

Anders als die Revision meint, sind Vertragsunternehmen im Bereich des Fernabsatzes durch Telefon- oder Mailorder auch unter dem Gesichtspunkt des Vorleistungsrisikos nicht weniger schutzwürdig als bei Geschäftsabschlüssen unter Vorlage der Kreditkarte. Zwar hat der Karteninhaber beim Telefon- oder Mailorderverfahren - anders als beim Ladenkauf - zum Zeitpunkt des Karteneinsatzes die Gegenleistung des Vertragsunternehmens in der Regel noch nicht empfangen. Entscheidend ist aber nicht der Zeitpunkt des Karteneinsatzes, sondern der der Aufdeckung des Kartenmissbrauchs. Wenn diese die Rückerstattungsforderung des Kreditkartenunternehmens auslöst, hat das Vertragsunternehmen seine Leistung in aller Regel erbracht und damit das Vorleistungsrisiko ebenso wie bei Geschäftsabschlüssen unter Vorlage der Kreditkarte übernommen. Auch der Umstand, dass für den Kartenmissbrauch ein Vertragspartner des Vertragsunternehmens verantwortlich ist, hat vor dem Hintergrund, dass der Missbrauch erst durch das vom klagenden Acquiring-Unternehmen durch ausdrückliche Vereinbarung mit dem beklagten Vertragsunternehmen auf Telefon- und Mailorder-Bestellungen ausgedehnte Kreditkartenverfahren ermöglicht wird, keine entscheidende Bedeutung.




bb) Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Vertragsunternehmen ist damit indiziert. Gründe, die die Klausel gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Vertragsunternehmen erhielten durch das Kreditkartenverfahren die Möglichkeit, ihren Kundenkreis, insbesondere ins Ausland, zu erweitern und so ihren Umsatz zu steigern. Diese Werbefunktion der Kreditkarte für die Vertragsunternehmen, denen überwiegend die Gesamtkosten des Kreditkartenverfahrens zur Last fallen (vgl. Hönn ZBB 1991, 6, 9), wird durch die zu zahlende Servicegebühr, den Zinsverlust durch die hinausgeschobene Zahlung sowie die Kosten der Systemausstattung relativiert. Außerdem besteht das Interesse an einer Umsatzsteigerung ebenso auf seiten der Kreditkartenunternehmen, die das Kreditkartengeschäft vor allem in ihrem eigenen Provisionsinteresse betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1983 - I ZR 141/80, WM 1983, 335, 336) und ihren Gewinn in erster Linie aus der Servicegebühr, nicht aus den von den Karteninhabern zu zahlenden Jahresgebühren erwirtschaften (vgl. Hammann aaO S. 35; Kienholz aaO S. 71 Fn. 179). Jede Ausweitung der Möglichkeiten des Kreditkarteneinsatzes verbessert somit auch ihre Einnahmemöglichkeiten. Angesichts des beiderseitigen Interesses an einer Umsatzsteigerung bestehen allerdings keine rechtlichen Bedenken gegen Klauseln, die das Missbrauchsrisiko zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen angemessen aufteilen. Die vollständige Abwälzung dieses Risikos auf das Vertragsunternehmen verstößt jedoch gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG.

3. Die Klage ist ferner nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB bzw. § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit § 242 BGB begründet. Ein solcher Anspruch kommt in Betracht, wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunternehmen entgegen Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vertrag des Vertragsunternehmens mit seinem Kunden gemäß §§ 134, 138 BGB (vgl. Hadding, in: Hadding/Nobbe, RWS-Forum 17, Bankrecht 2000, S. 51, 60 f.) nichtig ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Hier nimmt das Acquiring-Unternehmen das Vertragsunternehmen auf Rückerstattung seiner Zahlungen in Anspruch, weil die Karteninhaber die zugrunde liegenden Bestellungen bestreiten. Damit realisiert sich ein typisches Risiko des Kreditkartenverfahrens, das bei Barzahlungsgeschäften nicht auftritt und vor dem - wie dargelegt - Vertragsunternehmen durch das abstrakte Schuldversprechen des Kreditkartenunternehmens gerade geschützt werden sollen. Von einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Klägerin aufgrund ihres Schuldversprechens kann somit keine Rede sein. ..."

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