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Amtsgericht Hamburg-Wandsbek Urteil vom 13.06.2008 - 716A C 11/08 - Zur Verbrauchereigenschaft einer Rechtsanwältin bei Angabe der Büroadresse als Lieferanschrift

AG Hamburg-Wandsbek v. 13.06.2008: Zur Verbrauchereigenschaft einer Rechtsanwältin bei Angabe der Büroadresse als Lieferanschrift


Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (Urteil vom 13.06.2008 - 716A C 11/08) hat entschieden:

   Allein der Umstand, dass sich ein Kunde im Internet bestellte Ware an eine Büroadresse liefern lässt, lässt nicht darauf schließen, dass er die Ware nicht als Verbraucher bestellt hat. Kann er darlegen, dass eine solche Bestellung für das Büro gar nicht in seine Kompetenzen fällt und dass er die eingegangene Ware ungeöffnet mit nach Hause genommen hat, so ist davon auszugehen, dass er als Verbraucher bestellt hat. Damit steht ihm auch ein Widerrufsrecht zu.

Anmerkung: Das Berufungsgericht LG Hamburg v. 16.12.2008: hat das Urteil aufgehoben und gegenteilig entschieden, jedoch die Revision zugelassen.




Siehe auch
Unternehmer/Verbraucher
und
Widerrufsrecht


Zum Sachverhalt:


Die Klägerin verlangte von der Beklagten Rückerstattung des Kaufpreises nach ausgeübtem Widerruf.

Die Klägerin bestellte über die Internetplattform der Beklagten am 7.10.2007 unter anderem 3 Lampen zu einem Gesamtpreis von 766,- €. Die Beklagte übersandte der Klägerin zwei Proforma-Rechnungen zum Zwecke des Ausgleichs, um anschließend die Lampen - nach Bezahlung - an die Büro-Anschrift der Klägerin zu versenden. Unmittelbar nach Erhalt der Lampen erklärte die Klägerin den Widerruf am 19.11.07 sowie 21.11.07 und bat um Mitteilung, wie die Rücksendung erfolgen solle. Hierauf reagierte die Beklagte nicht bzw. vertrat die Auffassung, dass der Klägerin ein Widerrufsrecht nicht zustehe.

Die Klägerin trug vor, sie habe die Lampen ausschließlich für ihren Privathaushalt bestellt. Die Sendung habe sie sich ebenso wie die Rechnung nur deshalb an ihre Büroanschrift schicken lassen, da sie berufstätig sei.

Die Beklagte war der Auffassung, die Klägerin sei bei der Bestellung der Lampen nicht Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB gewesen, weshalb ihr ein Widerrufsrecht nicht zustehe. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie die Lampen sich unter der Büroanschrift habe zusenden lassen und auch die Rechnung auf die Firmenanschrift aufgemacht sei. Die Klage auf Zug-um-Zug-Rückzahlung des Kaufpreises hatte Erfolg.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die Klägerin hat die mit der Beklagten geschlossenen Kaufverträge wirksam gemäß § 312d BGB widerrufen.

I.

Zwischen den Parteien ist über die 3 streitgegenständlichen Lampen jeweils ein Kaufvertrag zustande gekommen, der den Vorschriften des Fernabsatzgesetzes unterliegt, § 312b BGB. Denn die Klägerin hat die Lampen über die Internetplattform der Beklagten bestellt und war dabei jeweils „Verbraucherin“ im Sinne des § 13 BGB.



Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin die Lampen ausschließlich für ihren Privathaushalt bestellt hat und verwenden wollte. Der hierzu vernommene Zeuge … hat überzeugend und nachvollziehbar geschildert, dass er und seine Verlobte - die Klägerin - erst kürzlich ein Haus erworben hätten, in welchem noch eine Reihe von Lampen fehlten. Auch die Zeugen … bestätigten, dass die bestellten Lampen nicht für das Büro der Klägerin vorgesehen waren, da der Klägerin zum einen derartige Kompetenzen zum Erwerb von Einrichtungsgegenständen nicht zustehen und zum anderen die mit den Lampen zugesandten Pakete nicht geöffnet und ausgepackt, sondern von der Klägerin mitgenommen wurden.

Bei dieser Sachlage hat die Klägerin die getätigten Rechtsgeschäfte ausschließlich als Privatperson und damit als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB geschlossen. Auch der Umstand, dass die Klägerin die Kanzleianschrift als Liefer- und Rechnungsanschrift angegeben hat, steht dem nicht entgegen, da es allein der Abwicklungserleichterung für die Klägerin diente.

Der Klägerin stand demnach ein Widerrufsrecht gemäß § 312d BGB zu, welches sie wirksam am 19.11.2007 und 21.11.2007 (letzteres wiederholt am 20.12.2007) ausgeübt hat. Dadurch wandelten sich die geschlossenen Kaufverträge in ein Rückabwicklungsverhältnis um, aus welchem die Klägerin die Rückerstattung des bereits gezahlten Kaufpreises in Höhe von zusammen 766,- € von der Beklagten gegen Rückgabe der Lampen verlangen kann.

Mit der Annahme der Lampen befindet sich die Beklagte in Annahmeverzug, was wegen der §§ 322, 274 II BGB auszusprechen war. ..."

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