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OLG Düsseldorf Beschluss vom 30.07.2015 - I-16 U 224/14 - Datenübermittlung an die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung

OLG Düsseldorf v. 30.07.2015: Datenübermittlung an die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung


Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 30.07.2015 - I-16 U 224/14) hat entschieden:

  1.  Handelt es sich bei der empfangenden Stelle um eine Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, ein Warnsystem der Kreditwirtschaft, deren Aufgabe es ist, ihren Vertragspartnern Informationen zur Verfügung zu stellen, um sie vor Verlusten im Kreditgeschäft mit natürlichen Personen zu schützen, folgt insbesondere deren berechtigtes Interesse i.S.d. § 28a Abs. 1 BDSG bereits aus der ihren Geschäftsbetrieb ausmachenden Möglichkeit der Auskunftserteilung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 23. August 2011, 4 W 43/11).

  2.  Der Erlaubnistatbestand des § 28a Abs. 1 BDSG und damit die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Einmeldung beschränkt sich nicht auf den Forderungsinhaber. Dass ein Inkassounternehmen als übermittelnde Stelle nicht Gläubigerin der Forderung ist oder war und ohne Hinweis auf den tatsächlichen Gläubiger als meldende Rechtsperson auftritt, hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Meldung selbst.




Siehe auch Bonitätsprüfung - Kreditauskunft und Stichwörter zum Thema Datenschutz


Gründe:


A.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keine Erfolgsaussicht, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14.10.2014 beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die in der Berufung vorgetragenen Argumente rechtfertigen keine hiervon abweichende Entscheidung.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Widerruf der von der Beklagten an die A gemeldeten und im Klageantrag wiedergegebenen Daten.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass sich ein solcher Anspruch insbesondere nicht aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB herleiten lässt, da die von der Klägerin beanstandete Datenübermittlung der Beklagten an die A1 AG durch den Erlaubnistatbestand des § 28 a BDSG gerechtfertigt war.

1. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Mitteilung der Beklagten an die A vorliegend an § 28a BDSG zu messen ist. Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ist eröffnet, da es sich bei den streitgegenständlichen Einzelangaben der Beklagten gegenüber der A um Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse der Klägerin als einer bestimmten Person (Betroffene) und damit um personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG handelt (vgl. dazu Senatsentscheidung vom 13.02.2015 - I 16 U 41/14; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 16.03.2011 - 19 U 291/10, juris, Rn. 34). Die Weitergabe dieser Daten durch die Beklagte an die A stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 3 lit. a) BDSG dar, die gemäß § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig ist, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Da eine Einwilligung nicht vorliegt, ist vorliegend der Erlaubnistatbestand des § 28a BDSG heranzuziehen, der am 01.04.2010 und damit vor der streitgegenständlichen Einmeldung der Beklagten in Kraft getreten und damit auf den vorliegenden Fall anwendbar ist.

Nach § 28 a Abs.1 S.1 Nr.1 BDSG ist die Übermittlung personenbezogener (Negativ)- Daten über eine Forderung an Auskunfteien nur zulässig, soweit die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist und die Forderung durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden ist oder ein Schuldtitel nach § 794 ZPO vorlag. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass diese Voraussetzungen des Erlaubnistatbestandes vorliegend gegeben sind und das Vorliegen weiterer Voraussetzungen nicht verlangt werden kann.

a. Die A1 AG, an die die Beklagte die streitgegenständliche Einmeldung vorgenommen hat, fällt unter den Begriff der Auskunftei im Sinne des § 28 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG (Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 28a Rn. 2).

b. Zutreffenderweise hat das Landgericht festgestellt, dass Gegenstand der Übermittlung eine durch Vollstreckungsbescheid und damit durch einen Schuldtitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO titulierte Forderung der B Versicherung AG gewesen ist, die unstreitig auch sofort fällig war und zunächst von der Klägerin auch nicht erfüllt worden ist. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erneut pauschal geltend macht, sie habe bereits während des Mahnverfahrens eine Einigung mit dem Versicherungsunternehmen erzielt und die rückständigen Versicherungsbeiträge ausgeglichen, fehlt es nach wie vor an jeglicher Auseinandersetzung mit der detaillierten und durch die Vorlage entsprechender Schreiben belegten Darlegung der Beklagten, dass es erst am 13.03.2012 und damit nach Erlass und Zustellung des Vollstreckungsbescheides zu einer Teilzahlung der Klägerin in Höhe von 461,55 EUR auf die im Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung über zwischenzeitlich 601,55 EUR (589,90 EUR nebst Zinsen) gekommen ist. Zu Recht hat bereits das Landgericht das Vorbringen der Beklagten zum Zeitpunkt der klägerischen Zahlung in den unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils als unwidersprochenes Vorbringen der Beklagten aufgenommen.

c. Die Übermittlung der Daten war auch erforderlich im Sinne des § 28a Abs. 1 BDSG, um berechtigte Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten zu wahren. Hierunter ist ein berechtigtes Interesse der übermittelnden oder der empfangenden Stelle zu verstehen (Gola/Schomerus, aaO Rdn 7). Bei der empfangenen Stelle, der A1, handelt es sich um eine Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, kurz A, ein Warnsystem der Kreditwirtschaft, dessen - gerichtsbekannte - Aufgabe es nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten ist, ihren Vertragspartnern Informationen zur Verfügung zu stellen, um sie vor Verlusten im Kreditgeschäft mit natürlichen Personen zu schützen. Zu diesem Zweck übermitteln die Vertragspartner der A, zu denen auch die Beklagte als übermittelnde Stelle gehört, ihr die hierfür erforderliche Daten aus der Geschäftsverbindung mit ihren Kunden. Die Beklagte speichert die übermittelten Daten im sogenannten A-​Eintrag, um daraus ihren Vertragspartnern wiederum Informationen zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Kunden geben zu können. Das berechtigte Interesse ergibt sich damit schon aus der Beteiligung an einem solchen Warnsystem (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2011 - 19 U 291/10, juris), insbesondere das Interesse der A als der die Daten empfangenden Stelle folgt bereits aus der ihren Geschäftsbetrieb ausmachenden Möglichkeit zur Auskunftserteilung (vgl auch KG Berlin, Beschluss vom 23.08.2011, 4 W 43 / 11). Es ist auch nicht ersichtlich, dass vorliegend ein solches Interesse an der Übermittlung der konkreten Daten ausnahmsweise nicht gegeben sein könnte. Dass gerade die Mitteilung der Daten zu einem nichterfüllten Titel von erheblicher Bedeutung für das Kreditsicherungssystem sind, liegt auf der Hand, da dieser Umstand unabhängig von der Höhe der titulierten Forderung Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit oder auf die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners zulässt (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 2. 11. 2011 - 5 U 187 / 11, juris).




d. Die Datenübermittlung war entgegen der Ansicht der Klägerin richtig. Zwar ist zutreffend, dass an der Übermittlung dann kein berechtigtes Interesse besteht, wenn die Mitteilung sachlich unrichtig ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dies jedoch nicht der Fall.

aa.) Soweit die Klägerin nach wie vor geltend macht, der in der Übermittlung angegebene Betrag von 144 EUR sei unrichtig angegeben und entspreche nicht der titulierten Forderung im Vollstreckungsbescheid, hat das Landgericht auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Forderungsberechnung zutreffend vorgerechnet, wie sich der eingemeldete Betrag nach den Teilleistungen der Klägerin ermitteln lässt. Die Klägerin hat sich dagegen weder mit dem von der Beklagten vorgelegten Forderungskonto und der dortigen Aufstellung der entstandenen Kosten und Zinsen noch überhaupt mit dem Argument der Beklagten auseinandergesetzt, dass die Differenz aus den aufgelaufenen Zinsen resultiere. Auch der Umstand, dass sie letztlich die Forderung bis auf einen Restbetrag in Höhe von 2,52 EUR unstreitig ausgeglichen hat, spricht dafür, dass sie den ihr auseinandergelegten Forderungsbetrag als berechtigt anerkannt hat.

bb.) Zu Recht hat das Landgericht schließlich auch die Auffassung vertreten, dass der Umstand der Einmeldung der Forderung der B Versicherung AG durch die Beklagte, ohne einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht Forderungsinhaberin war, keine Unrichtigkeit begründet. So ergibt sich aus dem Eintrag allein die zutreffende Tatsache, dass die Beklagte als Inkassounternehmen für den angemeldeten Vorgang verantwortlich ist und die Eintragung lanciert hat. Dass die Beklagte zugleich auch Forderungsinhaberin ist, ergibt sich dagegen weder aus dem Wortlaut der so auch eingemeldeten Eintragung, noch aus dem Umstand der Eintragung an sich. Die übermittelten Daten sind somit nicht unrichtig.




e. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch zur Einmeldung der Daten berechtigt, da der Erlaubnistatbestand des § 28 a Abs. 1 BDSG und damit die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Einmeldung sich nicht auf den Forderungsinhaber beschränkt. Dies ergibt sich bereits aus Wortlaut und Systematik der in § 28a Abs.1 BDSG einerseits und § 28a Abs.2 BDSG andererseits geregelten Erlaubnistatbestände. So ist dem Wortlaut des § 28 a Abs. 1 BDSG eine Beschränkung der Übermittlungsbefugnis auf den Forderungsinhaber nicht zu entnehmen. Im Gegensatz zu § 28 a Abs. 2 BDSG, der die möglichen übermittelnden Stellen konkret bezeichnet, fehlt vielmehr eine solche Bezeichnung in § 28 Abs. 1 BDSG. Die Zulässigkeit der Übermittlung nach § 28 a Abs. 1 BDSG wird vielmehr rein durch den Übermittlungsgegenstand bestimmt ("personenbezogene Daten über eine Forderung"). Schon hieraus wird gefolgert, dass als übermittelnde Stelle jede verantwortliche Stelle in Betracht kommt, die im Zusammenhang mit einer Forderung über personenbezogene Daten verfügt, die sich auf die Forderung beziehen (vergleiche Simitis/Ehmann, BDSG Kommentar, 7. Auflage, § 28 a, Rn. 7 und 15). Datenschutzrechtlich ist allein die übermittelnde Stelle relevant, da davon ausgegangen werden kann, dass dort Rückfragen erfolgen und Einwände vorgetragen werden können. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Forderung nicht vom Forderungsinhaber, sondern von einem Inkassounternehmen eingemeldet worden ist, da davon ausgegangen werden kann, dass diesem zur Erfüllung seiner Aufgaben zumindest ein wesentlicher Teil der Vorgangsakte vorliegt. Dass ein Inkassounternehmen als übermittelnde Stelle nicht Gläubigerin der Forderung ist oder war und ohne Hinweis auf den tatsächlichen Gläubiger als meldende Rechtspersonen auftritt, hat daher keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Meldung selbst (so im Ergebnis auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 12. November 2011,5 U 187 / 11, juris; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 10. Juni 2014,620 O 118 / 14, überreicht als Anlage BB 1) Dass der Beklagten im vorliegenden Fall ein Inkassomandat erteilt worden ist, war erstinstanzlich unstreitig. Sollte man das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung dahingehend verstehen, dass dies nunmehr bestritten werden soll, wäre dies verspätet und der Vortrag gem. § 531 Abs.2 ZPO mangels Entschuldigung der Verspätung unbeachtlich. Zudem hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus dem von ihr vorgelegten Schreiben vom 27.05.2014 durch die dort angegebene Geschäftsnummer ein Bezug zum konkreten Inkassomandat herstellen lässt und dieses Schreiben daher sehr wohl einen Beleg dafür darstellt, dass die Beklagte vorliegend mit dem Einzug der Forderung beauftragt worden ist.

f. An weitere Voraussetzungen ist die Zulässigkeit der Datenübermittlung nicht geknüpft. Insbesondere entfällt eine Prüfung entgegenstehender Interessen des Betroffenen. Denn dessen schutzwürdigen Interessen wird bereits dadurch Genüge getan, dass die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit anhand der in Ziff. 1 bis 5 des Absatz 1 enthaltenen Kriterien "gesichert" festgestellt wird (Senatsurteil vom 16.09.2014 - I 16 U 7/14, juris; OLG Frankfurt a.a.O. m.w.N.; Schaffland/Wiltfang, BGSG, Stand 6/14, § 28 a Rn. 2). In BT-​Drs 16/10529, S. 13ff. wird zudem klargestellt, dass die nach - damals - geltender Rechtslage zusätzlich vorzunehmende Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung durch die Prüfung der Voraussetzungen der Nr. 1 - 5 ersetzt wird (vgl auch KG Berlin, Beschluss vom 23.08.2011, 4 W 43/11, juris). Eine weitere Abwägung, wie sie die Rechtsprechung früher verlangt hat (BGH, Urt. v. 07.07.1983 - III ZR 159/82, juris) wird seit der Einführung von § 28a BDSG nicht mehr für erforderlich gehalten.



II.

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass auch die mit den weitergehenden Klageanträgen verfolgten Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung und Übernahme vorgerichtlicher Anwaltskosten keinen Erfolg haben, da auch sie voraussetzen, dass die Übermittlung der Daten an die A unbefugt war.

B.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) und auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz1 Nr. 4 ZPO).

C.

Bei dieser Sachlage wird der Klägerin schon aus Kostengründen empfohlen, ihre Berufung zurückzunehmen. Der Senat ist aufgrund der gesetzlichen Regelung verpflichtet, einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zu geben und wird - wenn sich Änderungen nicht ergeben - die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückweisen. Der Senat weist darauf hin, dass eine Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

D.

Der Wert der Berufung wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Umstände, welche einen höheren Streitwert rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nach Auffassung des Senates nicht dargetan. Insbesondere die von der Klägerin erstinstanzlich herangezogenen Entscheidungen, bei denen deutlich höhere Streitwerte angenommen wurden, scheinen von der Interessenlage her - soweit bekannt - nicht vergleichbar.

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