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Landgericht Köln Urteil vom 01.08.2017 - 33 O 159/16 - Unzulässiges Bewertungssystem mit „Sammelbewertungen“

LG Köln v. 01.08.2017: Unzulässiges Bewertungssystem mit „Sammelbewertungen“


Das Landgericht Köln (Urteil vom 01.08.2017 - 33 O 159/16) hat entschieden:

   Das Gütesiegel „Ausgezeichnet.org“, das die Bewertungen von Online-Shops erfasst, führt Verbraucher in die Irre, weil es nicht deutlich genug anzeige, dass die Bewertungen von verschiedenen Verkaufsplattformen stammen.




Siehe auch Bewertungsseiten und Bewertungssysteme im Internet und Gütesiegel - Qualitätssiegel - Prüfsiegel


Tenor:


  I.  Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen persönlich haftenden Gesellschafter zu vollziehen ist, zu unterlassen,

   im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Internet Waren anzubieten und dabei mit der Mitteilung:

   [folgt eine Abbildung mit u.a. folgendem Text: SEHR GUT - 4.94/5.00 - 31.819 Bewertungen - von mehreren Portalen]

zu werben, wenn die Anzahl der in der Mitteilung genannten Kundenbewertungen nicht für den Onlineshop der Schuldnerin abgegeben wurden, in dem die Mitteilung zur Bewerbung des Angebotes der Beklagten genutzt wird, wenn dies wie nachstehend wiedergegeben geschieht:

   [folgt eine Abbildung]


  II.  Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

  III.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich des Tenors zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.500,00 €; im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.


Tatbestand:


Die Parteien streiten um wettbewerbliche Ansprüche wegen der Verwendung eines Logos eines Bewertungsportals.

Die Klägerin betreibt unter der URL www.anonym3.de einen Online-Shop für PC-Druckerzubehör.

Die Beklagte betreibt unter der URL „www.anonym1.de“ ebenfalls einen Online-Shop für PC-Druckerzubehör:

   [folgt eine Abbildung]

und wirbt mit folgendem Logo:

   [folgt eine Abbildung]

Es handelt sich dabei um ein Bewertungsprofil auf dem Internetportal www.anonym2.org, das von der B GmbH betrieben wird. Auf den Online shop unter www.anonym1.de entfielen dabei 27 Bewertungen. Die auf dem Logo angegebene Gesamtzahl von 31.089 Kundenbewertungen bezog sich auf weitere Verkaufs-Accounts der Beklagten im Internet.

Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2016, Bl. 27 ff. d.A., vergeblich abmahnen.

Die Klägerin ist der Auffassung, für den Internetnutzer werde der Eindruck erweckt, daß nur für den Online-Shop unter www.anonym1.de allein 31.819 Kundenbewertungen abgegeben worden seien und dieser mit einer Note von 4,94 von 5,00 ausgezeichnet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

   wie erkannt.

Hilfsweise beantragt die Klägerin:

   Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung der W Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die wettbewerbliche Abmahnung vom 29. August 2016 in Höhe von 865,00 € durch Zahlung an die W Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Irreführung sei nicht gegeben. Ein Verkehrsverständnis dahingehend, daß die Anzahl der Bewertungen sich allein auf den Online-Shop unter www.anonym1.de beziehe, sei nicht gegeben. Für den Nutzer sei klar erkennbar, daß die Bewertungen sich auf mehrere Verkaufsportale der Beklagten beziehen, unter anderem auf deren eBay-Account. Den Internetnutzern sei bekannt, daß der gleiche Verkäufer auf mehreren Verkaufsportalen tätig sei. Klicke der Nutzer auf das Siegel, würden die einzelnen Bewertungsportale aufgelistet. Die Angabe sei wahrheitsgemäß, da die Beklagte auf verschiedenen Bewertungsportalen eine entsprechende Anzahl an Kundenbewertungen erhalten habe. Ob die Bewertungen ausschließlich für die Webseite „www.anonym1“ abgegeben worden seien, sei für die Kunden unerheblich, denn die guten Bewertungen für den Verkäufer insgesamt seien mit Blick auf dessen Seriosität relevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.





Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung gemäß §§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 3 UWG sowie §§ 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 4 UWG.

Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält. Dazu gehören auch die Ergebnisse von Bewertungen auf Bewertungsportalen.

Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck diese bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorruft. Sie sind irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2015 –I ZR 136/13, GRUR 2015, 906 - TIP der Woche, mwN).

Die Frage, ob eine Angabe irreführend ist, richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglieds des angesprochenen Verkehrskreises (BGH, GRUR 2005, 877 - Werbung mit Testergebnis). Dabei muss sich die Irreführungsgefahr nicht bei der Gesamtheit des Verkehrs realisieren. Ausreichende, aber zugleich notwendige Voraussetzung ist vielmehr der Eintritt der Gefahr der Irreführung bei einem erheblichen Teil des von der Werbeaussage angesprochenen Verkehrskreises. Dies ist im Wege einer Prognoseentscheidung anhand der normativ zu bewertenden Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1053 - Marktführer Sport, mwN).

Adressaten der streitgegenständlichen Werbung sind (potentielle) Kunden eines Anbieters von Druckerpatronen und Druckerzubehör, die PC-Druckerzubehör erwerben möchten. Zu diesen Verkehrskreisen gehört auch die zur Entscheidung berufene Kammer, so dass die Kammer die Verkehrsauffassung selbst beurteilen kann (vgl. BGH, GRUR 2012, 1053 - Marktführer Sport).

Nach diesen Maßstäben erweist sich die Verwendung des streitgegenständlichen Logos hier als irreführend. Durch die Verwendung des Logos im Onlineshop der Beklagten wird jedenfalls bei relevanten Teilen des Verkehrs der Eindruck erweckt, daß alle 31.089 Kundenbewertungen sich auf den Online-Shop www.anonym1.de beziehen, obwohl für diese konkrete Internetseite tatsächlich nur 27 Bewertungen abgegeben wurden. Abbildungen in einem bestimmten Online-Shop werden die angesprochenen Verkehrskreise regelmäßig auf eben jenen beziehen, soweit sich aus der Darstellung nichts anderes ergibt. Der Zusatz „von mehreren Portalen“ wird hier lediglich so verstanden werden, daß auf der Plattform „ausgezeichnet.org“ mehrere Bewertungsportale im Hinblick auf www.anonym1.de ausgewertet wurden, aber nicht so, daß damit mehrere unterschiedliche bewertete Webseiten gemeint sind. Dies hätte deutlicher abgegrenzt werden müssen, um Transparenz zu schaffen.



Die auf anderen Portalen abgegebenen Bewertungen lassen sich auch nicht ohne Weiteres übertragen, da die Verkaufsbedingungen oft abweichen. Die jeweilige Bewertung ist daher immer nur im Zusammenhang mit der konkreten Seite aussagekräftig, aber – anders als die Beklagte meint – nicht generell für einen bestimmten Verkäufer der auf unterschiedlichen Portalen auftritt, weshalb mehrere Bewertungen für unterschiedliche Angebotsseiten nicht einfach addiert werden können. Zumindest wäre dann ein Hinweis erforderlich, aus dem dies – und ggf. die anderen Seiten – eindeutig hervorgehen.

II.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 865,00 € als 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aufgrund eines Gegenstandswertes von 15.000,00 € zzgl. Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

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