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Landgericht Mannheim Urteil vom 14.03.2008 - 7 O 263/07 - Der Hersteller hochpreisiger Markenartikel darf deren Verkauf über eine Auktionsplattform verbieten

LG Mannheim v. 14.03.2008: Der Hersteller hochpreisiger Markenartikel darf deren Verkauf über eine Auktionsplattform verbieten


Das Landgericht Mannheim (Urteil vom 14.03.2008 - 7 O 263/07) hat entschieden:

  1.  Richtet der Hersteller von hochpreisigen Schulranzen, die er als Markenware vertreibt, ein selektives Vertriebssystem ein, in dem er seinen Fachhändlern vorschreibt, ein stationäres Einzelhandelsgeschäfts mit dem Ambiente eines Fachgeschäfts zu unterhalten, sämtliche Markenprodukte einschließlich von Ergänzungswaren zu bevorraten und anzubieten, kompetentes Fachpersonal einzusetzen und das Geschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet zu halten, so bedeutet die zusätzliche Verpflichtung, im Internet nur über einen diesen Anforderungen entsprechenden eigenen Internetshop und nicht über Auktionsplattformen zu vertreiben, keinen Verstoß gegen § 1 GWB, weil sich diese Bedingungen für den Internetvertrieb auf das zur Gewährleistung eines qualitätsangemessenen Vertriebs Erforderliche beschränken.

  2.  Auch wenn der Hersteller Normadressat ist und der Abnehmer von ihm sortimentsbedingt abhängig ist, liegt in diesem Fall kein Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB vor, weil die Abwägung aller Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes ergibt, dass die darin liegende Behinderung nicht unbillig ist.




Siehe auch
Vertikale Vertriebsverbote - selektive Vertriebsbindung
und
Vertriebsformen


Zum Sachverhalt:


Die Parteien stritten darum, ob die Beklagte der Klägerin als „zugelassenem Vertriebspartner“ den Verkauf von Schulranzen und -rucksäcken der Marken „A.“ und „B.“ über Internetauktionsplattformen wie eBay untersagen und im Falle eines Verstoßes die Belieferung des Vertriebspartners einstellen darf.

Die Beklagte stellt Schulranzen und Schulrucksäcke sowie ergänzende Waren der Marken „A.“ und „B.“ her und vertreibt diese über sogenannte „zugelassene Vertriebspartner“. Sie beliefert dabei auch Versandhandelshäuser und bietet ihre Ware ergänzend in einem eigenen Internetshop zum Verkauf an. Die Klägerin war in der Vergangenheit von der Beklagten als „zugelassener Vertriebspartner“ insbesondere mit Schulranzen und Schulrucksäcken der Marken A. und B. beliefert worden. Die Klägerin vertreibt neben den Produkten der Beklagten auch solche konkurrierender Hersteller sowie auch von ihr selbst hergestellte Produkte, wobei es sich im Wesentlichen um Koffer, Taschen, Schulranzen und Rucksäcke aus hochwertigen technischen Textilien und Leder handelt. Die „Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner“ der Beklagten haben auch in der Vergangenheit eine Fachhandelsbindung festgeschrieben. Während die Beklagte jedoch in der Vergangenheit (Juli 2004) unter Berücksichtigung eines Mengenkriteriums noch einen Verkauf über das Internet einschließlich … zugelassen hatte, stellte sie mit den Auswahlkriterien vom Herbst 2006 fest, dass ein unter Pseudonym erfolgender Verkauf über … nicht den Anforderungen der Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner entspreche. Mit den Auswahlkriterien vom Mai 2007 verbot die Beklagte nunmehr über die Verwendung eines „Pseudonyms“ hinaus allgemein einen Verkauf über …, da diese den aufgestellten Kriterien nicht genüge. Die hier im Streit befindlichen Auswahlkriterien vom Mai 2007 werden wie folgt auszugsweise wiedergegeben, wobei das im Streit befindliche Kriterium unter Ziff. 10 am Ende verzeichnet ist:

   „1. Der Vertriebspartner muss ein stationäres Einzelhandelsgeschäft betreiben, das nach Größe und Ausstattung dazu geeignet ist, dem Endverbraucher A.- und B.-Produkte in einer angemessenen Sortimentsbreite und -tiefe entsprechend dem hohen Image dieser Marken zu präsentieren. Der Vertriebspartner und das von ihm betriebene Einzelhandelsgeschäft, insbesondere auch das eingesetzte Verkaufspersonal, müssen dabei für die Produktgruppen Schulranzen und Rucksäcke kompetent sein und die Funktion eines Facheinzelhändlers für diese Produktgruppen erfüllen.

Der Vertriebspartner muss das Einzelhandelsgeschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet halten.

4. Der Vertriebspartner muss stets ein ausreichendes Angebot an A.- und B.-Produkten führen, um die regelmäßige Nachfrage bedienen zu können. Zu diesem Zweck wird der Vertriebspartner auch ein Lager mit den beiden Marken vorhalten, das die übliche Nachfragemenge über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen abdeckt. (…)

9. … [die Beklagte] beliefert keine Unternehmen, welche ausschließlich über das Internet vertreiben.

10. Soweit der Vertriebspartner neben dem stationären Verkauf auch über das Internet vertreibt, gelten folgende Grundsätze:
Der Vertriebspartner muss für den Endverbraucher bereits im Zeitpunkt der ersten Bewerbung der Produkte als solcher identifizierbar sein. Die Website soll den Endverbraucher bereits auf der Homepage dazu motivieren, das dazugehörige stationäre Einzelhandelsgeschäft aufzusuchen, um sich die …-Produkte in allen Details anzusehen und sich durch das kompetente Verkaufspersonal des Vertriebspartners beraten zu lassen. Auf der ersten Seite der Website muss ein deutlicher Hinweis darauf erfolgen, dass es sich um die Website des betreffenden Vertriebshändlers handelt, auf der ergänzend zum Vertrieb im stationären Fachgeschäft des Vertriebshändlers A.- und B.-Produkte vertrieben werden; die Adresse und Kommunikationsdaten des stationären Fachgeschäfts des Vertriebshändlers sind deutlich lesbar anzugeben.

Der Rahmen, den die Website zur Präsentation nutzt, muss dem Ambiente eines Fachgeschäfts für Schulranzen und Schulrucksäcke entsprechen.

Die Website des Vertriebspartners muss von hoher Qualität sein. Insbesondere müssen Name, Umgebung, Präsentation und Gesamtbild der Website den qualitativ hochwertigen … -Produkten und dem angesehenen Markenimage von A. und B. entsprechen.

Die Website muss hochqualifizierten Service rund um die beiden Marken bieten. Dazu gehören ein schneller Seitenaufbau, hohe Qualität der Darstellung, benutzerfreundlicher Aufbau, umfassende Informationen zu den Produkten. Zu den Produkten müssen zumindest die Angaben gemacht werden, die im offiziellen „…“-Katalog zu diesen Produkten enthalten sind. Die schnelle Lieferung bestellter Ware muss gewährleistet sein.

Der Bereich der Website des Vertriebspartners, in dem A.- und B.-Produkte gezeigt werden, muss von No-Name-Produkten und anderen Produkten niedriger Qualitätsstufen (z.B. mit einem Testergebnis der Stiftung Warentest, das schlechter als „befriedigend“ ist) klar abgegrenzt sein, da das Qualitätsniveau und das Image von A.- und B.-Produkten damit unvereinbar ist. Bei der Darstellung von A.- und B.-Produkten auf der Website des Vertriebspartners muss im Interesse einer klaren Markenführung darüber hinaus eine klare Trennung und Abgrenzung zur Darstellung der Produkte anderer Markenhersteller (Wettbewerbsprodukte) erfolgen.

Der Verkauf über … und vergleichbare Auktionsformate im Internet genügt nach dem derzeitigen Stand der Ausgestaltung dieser Formate nicht den obigen Kriterien und ist daher nicht gestattet.

12. Der Vertriebspartner darf A.- und B.-Produkte nur an andere stationäre, qualifizierte Facheinzelhändler oder fachhandelsadäquate Händler weitergeben, welch ebenfalls die Voraussetzungen für eine Vertriebspartnerschaft nach diesen Auswahlkriterien erfüllen und von … [der Beklagten] beliefert werden.“


Die Klägerin mit Sitz in … vertreibt ihre Ware und dabei auch die unmittelbar von der Beklagten bezogenen Waren der Marken A. und B. über ihr stationäres Fachhandelsgeschäft. Sie unterhält eine Homepage zur Darstellung ihres Angebots unter …. Sie vertreibt die Produkte der Beklagten darüber hinaus auch auf der Internet-Auktionsplattform … Beispiele ihres …-Angebots unter dem Mitgliedsnamen „…“ sind im Anlagenkonvolut B 10 aufgeführt.

Nachdem die Klägerin auch nach Änderung der Auswahlkriterien weiterhin über die Internetauktionsplattform … von der Beklagten bezogene Schulranzen und Schulrucksäcke der Marken A. und B. anbot, wurde sie von der Beklagten aufgefordert, die Auswahlkriterien zu beachten und die Verkäufe über … einzustellen. Eine erneute Bestellung der Klägerin vom 04. Juli 2007 führt die Beklagte nicht mehr aus. Die weitere Belieferung der Klägerin macht die Beklagte von der Einhaltung ihrer „Auswahlkriterien“ abhängig; die Belieferung hängt davon ab, dass die Klägerin Verkäufe der von ihr bezogen Waren der Marken A. und B. über … einstellt. Die Klägerin wendet sich mit ihrer auf Unterlassung gerichteten Klage dagegen, die weitere Belieferung von dieser Bedingung abhängig zu machen.

Die Klägerin trug vor, die Beklagte sei in dem Marktsegment Schulranzen und -rucksäcke Marktführerin mit einem Marktanteil von 40 %. Dies zeige sich in den zahlreichen veröffentlichten eigenen Äußerungen der Beklagten. Bestätigt werde dies durch die Presseberichterstattung. Sie sei als kleineres Unternehmen von Belieferungen der Beklagten abhängig, da es sich bei den Schulranzen und Schulrucksäcken der Marken A. und B. um bekannte Marken handele, deren Produkte die besten Testergebnisse erzielten, so dass aufgrund der Qualität und Bekanntheit der Produkte ein entsprechender Sortimentsbestand erwartet werde. Im Bereich der Schulrucksäcke und Schulranzen könne es sich die Klägerin nicht leisten, als Händlerin zu gelten, die diese Produkte nicht führe. Das Verbot von Verkäufen über … sei kartellrechtswidrig. Die Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner stellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Form von Lieferbedingungen dar, welche die Vertriebspartner der Beklagten wirtschaftlich und somit faktisch binde. Diese bewirkten eine Einschränkung des Wettbewerbs i.S.d. § 1 GWB. Der Verzicht eines Verkaufs über die Auktionsplattform … stelle eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Handlungsfreiheit im Rahmen einer Verwendungs- und Vertriebsbeschränkung dar. Die Beschränkung sei auch nicht nach § 2 Abs. 1 GWB in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 vom 22. Dezember 1999 (Vertikal-VO) freigestellt, da die Beklagte auf dem relevanten Markt einen 30 % überschreitenden Marktanteil besitze (Art. 3 Abs. 1 Vertikal-VO). Außerdem werde durch das Verbot eines Verkaufs über … ein großer Teil von überregionalen Verkäufen ausgeschlossen, die Klägerin sei insoweit auf … angewiesen. Einer Freistellung stehe daher Art. 4c Vertikal-VO entgegen. Eine Freistellung sei im Übrigen auch nach Art. 4c Vertikal-VO ausgeschlossen, denn der Beklagten gehe es vor allem um die Einhaltung des empfohlenen Verkaufspreises. Als marktbeherrschendes oder marktstarkes Unternehmen verstoße die Beklagte gegen § 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB. Die Klägerin werde durch die Beklagte unbillig behindert und ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber gleichartigen Unternehmen unterschiedlich behandelt. Auch reine Versand- und Internethändler wie …, … und …würden von der Beklagten beliefert. Ein sachlicher Grund dafür, Gebrauchsgegenstände wie Schulrucksäcke und Schulranzen nicht über … zu verkaufen, bestünde nicht. Es handele sich nicht um mit Parfüm vergleichbare Luxusartikel. Die Beklagte verstoße schließlich noch gegen § 21 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 2 GWB. Als Betroffene stehe der Klägerin gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 GWB ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.




Die Klägerin hat beantragt,

   die Beklagte unter Androhung eines in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, oder einer in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, letztere zu vollziehen an einem der Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu verurteilen, es zu unterlassen,

   die Belieferung entsprechend den Bestellungen der Klägerin mit von der Beklagten hergestellten Produkten, insbesondere solchen der Marken A. und B., davon abhängig zu machen, dass die Klägerin die Ware nicht über … oder gleichartige Auktionsplattformen anbietet und verkauft.

Hilfsweise,

   die Beklagte unter Androhung eines in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, oder einer in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, letztere zu vollziehen an einem der Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu verurteilen, es zu unterlassen,

   die Belieferung entsprechend der Bestellungen der Klägerin mit Schulrucksäcken und -ranzen der Marken A. und B. davon abhängig zu machen, dass die Klägerin die Ware nicht über … oder gleichartige Auktionsplattformen anbietet und verkauft.


Weiterhin hilfsweise,

   die Beklagte unter Androhung eines in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, oder einer in jedem Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, letztere zu vollziehen an einem der Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu verurteilen, es zu unterlassen,

   die Belieferung entsprechend der Bestellungen der Klägerin mit Schulrucksäcken und -ranzen der Marken A. und B. davon abhängig zu machen, dass die Klägerin die Ware nicht über … oder gleichartige Auktionsplattformen außerhalb von Festpreisen anbietet und verkauft.



Die Beklagte hat beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trug vor, sie sei weder marktstark noch marktbeherrschend. Auszugehen sei von einem sachlich relevanten Markt für Behältnisse wie Koffer, Taschen, Schulranzen und Rucksäcke. Wesentliche Wettbewerber seien die Hersteller von Reisegepäck, Sportartikelhersteller sowie die Hersteller von Freizeittaschen und -rucksäcken, sowie unzähliger Modemarken und schließlich auch die Hersteller von Schulranzen und -taschen nebst der Eigenmarken der Handelsketten. Selbst wenn bei der Bestimmung des sachlich relevanten Marktes auf Schulbuchbehältnisse wie Schulranzen, Rucksäcke und Messengerbags abgestellt werde, sei angesichts der veröffentlichten Schülerzahlen und einer Kaufquote von etwa 20 % des Marktpotentials in den Geschäftsjahren 2005/2006 für Schulranzen der Marke „A.“ von 10,3 % bzw. 10,7 % und Rucksäcke der Marke „B.“ von 11,5 % bzw. 12,2 % anzunehmen. Von der Marktanteilsschwelle der Vertikal-VO in Höhe von 30 % sei der Marktanteil der Beklagten daher weit entfernt. Die Beklagte sei im Übrigen auch nicht Normadressatin der §§ 19, 20 ff. GWB. Eine Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten bestehe nicht. Diese habe von der Beklagten lediglich Waren im Wert von ca. 30 000 EUR im abgelaufenen Geschäftsjahr bezogen, jedoch einen Umsatz von ca. 2,7 Mio. Euro erzielt. Der Umsatz bzw. Absatz von Produkten der Marken der Beklagten durch die Klägerin sei damit verschwindend gering. Auch scheide die Annahme einer Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten im Hinblick auf die Vielzahl der auf dem Markt tätigen Hersteller aus. Die Beklagte verhalte sich mit der Anwendung der Auswahlkriterien für ihre Vertriebspartner nicht missbräuchlich. Ihr Verhalten sei sachlich gerechtfertigt. Die Beklagte habe ein erhebliches Interesse daran, dass ihre Auswahlkriterien zur Sicherung der berechtigten Qualitätsanforderungen des Verbrauchers an die Produkte der Beklagten und die Erfüllung der Anforderungen des Verbrauchers an Beratung und Service beim Erwerb dieser Produkte eingehalten würden. Es gehe hier um die Wertschätzung ihrer Marken. Es werde lediglich gefordert, die Art und Weise des Online-Verkaufs über das Internet derart auszugestalten, dass die Qualität und der Ruf der Markenprodukte der Beklagten im Interesse aller Vertriebspartner gesichert werde. Der Verkauf über Online-Auktionsformate wie über … sei nicht geeignet, den von der Beklagten berechtigter Weise geforderten Bezug zu dem stationären Facheinzelhandelsgeschäfts des jeweiligen Vertriebshändlers herzustellen. Dieser Bezug solle dazu führen, dass der jeweilige Interessent dazu angeregt werde, das stationäre Facheinzelhandelsgeschäft aufzusuchen und sich die Produkte anzusehen, diese auszuprobieren und sich dabei beraten zu lassen. Darüber hinaus seien die Auktionsplattformen zunehmend in Verruf geraten.

Die Klage blieb erfolglos.


Aus den Entscheidungsgründen:


"Die Klage ist abzuweisen, da der Klägerin weder der mit dem Hauptanspruch, noch der mit den Hilfsansprüchen geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs besteht: Die Klägerin ist nicht gezwungen einen Belieferungsanspruch geltend zu machen; zwischen den Parteien steht die Belieferung bei einem Verzicht auf Verkäufe über … und gleichartige Auktionsplattformen außer Streit.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterfallen die Auswahlkriterien vom Mai 2007 nicht dem Verbot des § 1 GWB. Es kommt daher nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage der Freistellung der Vereinbarung nach § 2 GWB an.

Die Auswahlkriterien für zugelassene Vertriebspartner stellen ein System vertraglicher Abreden dar, die Gegenstand eines selektiven Vertriebsvertrages sind. Bei einem selektiven Vertrieb handelt es sich um eine Form des Warenabsatzes, bei der die Hersteller bestimmte Anforderungen an die Verkaufsstätten stellen und diese Kriterien durchsetzen. Sowohl die Fachhandelsbindung in Ziffer 12 als auch die Rahmenbedingungen für ein Internetverkauf in Ziffer 10 stellen ebenso wie die übrigen Kriterien qualitative Kriterien für den Verkauf dar. Solche Einschränkungen für einen selektiven Vertrieb sind dann keine Wettbewerbsbeschränkung i.S. des § 1 GWB, wenn die Auswahl der Wiederverkäufer an objektive Gesichtspunkte qualitativer Art anknüpfen, die sich auf die fachliche Eignung des Wiederverkäufers, seines Personals oder seiner sachlichen Ausstattung beziehen und diese einheitlich und diskriminierungsfrei angewendet werden (Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Auflage, § 1 Rdnr. 362 m.w.N.). Zudem müssen die Eigenschaft des in Rede stehenden Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und seines richtigen Gebrauchs ein solches selektives Vertriebssystem und die in diesem Rahmen vereinbarten Lieferbeschränkungen grundsätzlich erfordern. Angesichts dessen, dass nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Vertikal-VO sogar grundsätzlich jedes selektives Vertriebssystem - unabhängig von den Eigenschaften des Vertragsproduktes - unterhalb einer Marktanteilsschwelle von 30 % freigestellt ist, können an das Maß der Erforderlichkeit keine besonders strengen Maßstäbe angelegt werden. Würde darüber hinaus § 1 GWB insoweit nicht einschränkend ausgelegt, würde die Prüfung einer unbilligen Behinderung bzw. einer sachlichen Rechtfertigung in den §§ 19, 20 GWB ihres entscheidenden Anwendungsbereiches beraubt, da es der Erfüllung der Normadressateneigenschaften nach den o.g. Vorschriften überhaupt nicht bedürfte. Ob es sich in diesen Fällen eines Vertriebs an Wiederverkäufer von bestimmten Markenprodukten um eine immanente Schranke des § 1 GWB handelt (vgl. KG WuW/E 5565, 5577 - Fernsehübertragungsrechte; WuW/E 5821, 5832 - Gewerbliche Spielgemeinschaft), oder ob entsprechend der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. 10.1977 (Rechtssache 26/76, Slg. 1977, 1905, LS 5 - Metro I) und vom 11.12.1980 (EuGH, Slg. s1980, 3775 Tz. 16 - L'Oreal) das Tatbestandsmerkmal einer „Wettbewerbsbeschränkung“ abzulehnen ist, kann vorliegend dahin gestellt bleiben.




Das in den Auswahlkriterien vom Mai 2007 zum Ausdruck kommende selektive Vertriebssystem der Beklagten erfüllt die o.g. Voraussetzungen. Die Auswahl der Wiederverkäufer knüpft an objektive Gesichtspunkte rein qualitativer Art an. Ausweislich der Ziffer 1 wurden Kriterien der fachlichen Eignung, der angemessenen Sortimentsbreite, der kompetenten Beratung, der Öffnungszeiten und der sachlichen Ausstattung benannt. Die übrigen Regelungen verfolgen dieselbe Zielrichtung. Diese Kriterien werden einheitlich und diskriminierungsfrei angewendet. Soweit die Klägerin ausführt, dass unter den Internetadressen von Versandhandelsunternehmen Produkte der Beklagten verkauft würden, ist festzustellen, dass Versandhandelsunternehmen ihre Waren nicht ausschließlich über das Internet veräußern. Die in diesem Rahmen vereinbarten Lieferbeschränkungen sind auch grundsätzlich erforderlich. Die von der Beklagten veräußerten Schulrucksäcke und Schulranzen stellen eher hochpreisige Produkte dar, die als Markenprodukte entwickelt und mit Werbeaufwand vermarktet werden. Zwar mag sie nicht eine „Aura prestigeträchtiger Exklusivität“ (Komm. 24.07.1992, ABl EG 1992 Nr. L 236/11, 15 Rdnr. 5 „Givenchy“) umgeben, es handelt sich jedoch um Produkte, die in besonderer Weise auf die Qualität (Strapazierfähigkeit, Wasserundurchlässigkeit, Haut- und Umweltfreundlichkeit) und Herkunft aus dem Hause der Beklagten unter Einsatz der Marken als Imageträger abstellen.

Überschießende Klauseln (wie z.B. ein Gebietsschutz), die zur Gewährleistung eines fachgerechten Verkaufs nicht notwendig sind und die Annahme einer Wettbewerbsbeschränkung i.S. des § 1 GWB rechtfertigen würden sind nicht ersichtlich. Die Auswahlkriterien der Beklagten verbieten in Ziff. 10 auch nicht den gesamten Vertrieb über das Internet, stellen somit keine völlige Beschränkung des Absatzweges dar. Ausgeschlossen wird eine bestimmte Absatzmethode, nämlich das Angebot auf Auktionsplattformen wie …. Die Beschaffenheit der in Rede stehenden Produkte rechtfertigen einen selektiven Vertrieb. Die Klauseln des selektiven Vertriebsvertrags im Sinne der Auswahlkriterien aus dem Mai 2007 stellen eine Beschränkung auf das zur Gewährleistung eines qualitätsangemessenen Vertriebs Erforderliche dar. Ein Verstoß gegen § 1 GWB ist somit nicht gegeben.

2. Die Beklagte verstößt auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, indem sie die Klägerin wegen deren Verkäufe auf Internetauktionsplattformen wie … von der Belieferung ausschließt und andere Vertriebspartner, die sich an die Auswahlkriterien halten, weiter beliefert. Der Ausschluss eines Verkaufs der Markenware von Schulranzen und Schulrucksäcke über … und vergleichbare Auktionsformate im Internet ist weder eine unbillige Behinderung noch eine unterschiedliche Behandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund.

a) Die Beklagte ist Normadressatin des Diskriminierungsverbots für den Vertrieb von Schulranzen und Schulrucksäcke (§ 20 GWB).

Dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte entsprechend ihrer eigenen, werbemäßig motivierten Äußerungen als „weltweit größter Schulranzenhersteller“, „Marktführer“ tatsächlich einen Marktanteil von 40 % oder aber - wie sie in der Klageerwiderung ausführt - einen Marktanteil von etwa 10 % bezüglich der Schulranzen der Marke A. und weiteren 10 % der Rucksäcke der Marke B. hat. Dies kann dahin gestellt bleiben, da von einer Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten hinsichtlich Schulranzen und Schulrucksäcken im Sinne einer Spitzengruppenabhängigkeit auszugehen ist.

Eine Normadressateneigenschaft der Beklagten für andere Produkte als Schulranzen und Schulrucksäcke hat die Klägerin nicht dargetan. Der Hauptantrag ist schon deshalb abzuweisen. Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich daher auf den auf Schulranzen und Schulrucksäcke begrenzten, hilfsweise geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

aa) Der bei der Beurteilung zugrunde zu legende sachlich relevante Markt ist aus der Sicht der Nachfrager zu bestimmen (Bedarfsmarktkonzept; vgl.: BGH WuW/E DE-R 628 ff, 628 - Stellenmarkt für Deutschland II; BGH WuW/E 3058, 3062 Pay-TV-Durchleitung; BGH WuW/E 2150, 2153 - Rheinmetall/WMF). Entgegen der Ansicht der Beklagten sind dabei nicht auch Behältnisse wie Koffer und allgemeine Taschen mit einzubeziehen. Reisegepäck und Sportartikel sowie Freizeittaschen und Rucksäcke (z.B. für Wanderungen) zählen aus der Sicht der Nachfrager nicht zum sachlich relevanten Markt. Der sachlich relevante Markt ist vielmehr auf solche Behältnisse beschränkt, die bestimmungsgemäß der Aufnahme von Schulbüchern dienen. Dies sind insbesondere Schulranzen und Schulrucksäcke.



bb) In diesem Markt der Hersteller von Schulranzen und Schulrucksäcken gehören die Unternehmen Y. und die Beklagte zur Spitzengruppe.

Dem Marktanteil des Spitzengruppenprodukts und der Sortimentsgestaltungspraxis vergleichbarer Abnehmer auf dem relevanten Markt kommt für die Begründung der Abhängigkeit eine besondere Bedeutung zu. Bei dem zu bewertenden Marktanteil ist dabei auf den generellen Marktanteil abzustellen, d.h. auf den Anteil, den das Spitzengruppenprodukt allgemein am Markt errungen hat. Nicht abzustellen ist dagegen auf den Anteil, mit dem der die Diskriminierung geltend machende Händler in der Vergangenheit beliefert wurde. In der Rechtsprechung sind in der Vergangenheit Marktanteile von 9 bis 10 % auf bestimmten Teilmärkten für die Begründung einer Spitzenstellung (und einer davon ausgehenden Abhängigkeit) als ausreichend angesehen worden (BGH, Urt.v. 23.10.1979, KZR 19/78, WuW/E BGH 1635/1536 - Plaza SB Warenhaus; Urt.v. 17.01.1979, KRZ 1/78, WuW/E BGH 1567/1570 - Nordmende). Die Kammer stellt dabei nicht auf die in einem Artikel des Handelsblattes vom 15.08.2007 wiedergegebene und von der Beklagten hinsichtlich ihrer Richtigkeit bestrittenen Behauptung ab, nach der Y. und die Beklagte zusammen 3/4 des Marktes abdecken würden und die Beklagte seit Jahren Marktführer über alle Schulklassen unter den Herstellern von Schultaschen sei. Allerdings ergibt sich auch aus den von den Beklagten vorgelegten Unterlagen deutlich, dass die Beklagte und die Firma Y. eine herausragende Rolle beim Vertrieb von Schulranzen und Schulrucksäcke auf dem sachlich relevanten Markt spielen. Bezüglich Y. stellt dies auch die Beklagte nicht in Abrede („hervorgehobene starke Marktposition“). Die herausragende Rolle der Beklagten ergibt sich neben den von ihr selbst zugrunde gelegten Marktanteilen zum Beispiel auch aus dem Artikel „Test 4/2006“, in dem 18 Schulranzen getestet worden sind. Unter den getesteten 18 Schulranzen befanden sich drei Schulranzen der Beklagten und vier der Firma Y. Kein anderer Anbieter hatte eine so hohe Anzahl von getesteten Schulranzen aufzuweisen wie diese beiden. Auch die Beklagte selbst errechnet unter Berücksichtigung der von ihr angenommenen Kaufquote von ca. 20 % und der aus dem statistischen Jahrbuch entnommenen Schülerzahlen einen Marktanteil für jede der beiden Marken von ca. 10 %. Dass einem anderen Anbieter auf dem sachlich relevanten Markt ein deutlich höherer Marktanteil zukommt, oder dass die anderen Anbieter (bis auf Y.) einen ebenso hohen Marktanteil aufweisen, behauptet auch die Beklagte nicht. Die Klägerin hat ausgeführt, dass es sich bei den Schulranzen und Schulrucksäcke der Marken A. und B. um Marken handele, deren Produkte die besten Testergebnisse erzielen würden, so dass aufgrund der Qualität und Bekanntheit der Produkte ein entsprechender Sortimentsbestand erwartet werde. Ausdrücklich hat die Klägerin vorgetragen, dass im Bereich der Schulrucksäcke und Schulranzen es sich die Klägerin nicht leisten könne, als Händlerin zu gelten, die diese Produkte nicht führe. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht im einzelnen entgegengetreten.

cc) Die Klägerin ist als Anbieterin von Schulranzen und Schulrucksäcke von dem Angebot der Schulranzen und Schulrucksäcke der Marken A. und B. der Beklagten abhängig. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie als Anbieter von Schulranzen auch die der Spitzengruppe zugehörigen Anbieter einschließlich der beiden Marken der Beklagten anbieten muss, um als Anbieter von Schulranzen konkurrenzfähig zu sein. Die Klägerin muss demnach zwar nicht einen bestimmten Markenartikel führen, um wettbewerbsfähig zu sein, sie muss jedoch aus einer Spitzengruppe von Marken eine Anzahl führen, um die zur Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Sortimentsbreite zu besitzen.

Soweit die Beklagte der Annahme einer Abhängigkeit mit dem Argument entgegentritt, dass die Klägerin im abgelaufenen Geschäftsjahr lediglich Waren im Wert von 30 000 EUR von der Beklagten bezogen habe, was zu einem Verkaufsumsatz von ca. 60 000 bis 70 000 EUR und bei einem unstreitigen Gesamtumsatzes von 2,7 Mio. Euro zu der Annahme führe, dass die Produkte der Marken A. und B. lediglich 2,5 % des Gesamtumsatzes des Klägerin ausmachen, überzeugt dies nicht. Aus diesen Zahlen kann schon deshalb keine der Abhängigkeit entgegen stehende Annahme abgeleitet werden, da die Klägerin auch Waren umsetzt, die außerhalb des hier zu betrachtenden sachlich relevanten Marktes liegen. Dass die Klägerin ihren Umsatz überwiegend mit anderen Produkten macht, steht der Annahme einer Spitzengruppenabhängigkeit nicht entgegen, da insoweit allein die Erwartung der Verbraucher für den sachlich relevanten Markt maßgeblich ist. Auch das Argument, dass für den Vertrieb der Klägerin bei … vollkommen unerheblich sei, welche Produkte die Klägerin anbiete, stellt eine Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten als der Spitzengruppe zugehörigen Anbieter von Schulrucksäcken und Schulranzen nicht in Frage.

Die Klägerin muss sich von der Beklagten auch nicht darauf verweisen lassen, dass auch die Inanspruchnahme anderer Anbieter ausreichen würde, um die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Sortimentsbreite herzustellen. Im Fall der Spitzengruppenabhängigkeit besteht die Abhängigkeit gegenüber jedem der Spritzengruppe angehörigen Anbieter (st. Rspr. vgl. BGH WuW/E BGH 1567/1569 - Nordmende; BGH WuW/E BGH 1635/1636 - Plaza SB Warenhaus).




b) Die Klägerin ist im Hinblick auf das Angebot von Schulranzen und Schulrucksäcke unstreitig ein kleineres und mittleres Unternehmen.

c) Die Beklagte behindert die Klägerin bzw. behandelt diese unterschiedlich zu ihren übrigen - die Auswahlkriterien einhaltenden - zugelassenen Vertragspartnern, indem sie die Klägerin wegen deren …-Angebots nicht weiter beliefert.

d) Die Behinderung ist jedoch nicht unbillig. Die unterschiedliche Behandlung durch die Beklagte erfolgt nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund.

Auch wenn das Behinderungsverbot in erster Linie dem Schutz der Mitbewerber des diskriminierenden Unternehmens dient, und das Verbot unterschiedlicher Behandlung insbesondere die Unternehmen der vor- und nachgeordneten Marktstufen schützen soll, überschneiden sich die beiden Tatbestände und lassen sich nicht stets scharf voneinander abgrenzen (Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 2 GWB, § 20 Rdnr. 66). Die beiden Tatbestandsvarianten werden daher nachfolgend nicht unterschiedlich bewertet. Nach ständiger Rechtsprechung erfolgt die Feststellung der Unbilligkeit bzw. der fehlenden sachlichen Rechtfertigung aufgrund einer Abwägung der Interessen der Beteiligten (BGH WuW/E 1017, 1031 - Sportartikelmesse II; BGH WuW/E 1829, 1834 - Original-VW-Ersatzteile II) unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB (BGHZ 38, 90, 102 -Treuhandbüro; BGH WuW/E 2479, 2482 - Reparaturbetrieb; WuW/E 2683, 2686 - Zuckerrübenanlieferungsrecht). Dabei sind nicht allein die Interessen des Normadressaten sowie des unmittelbar behinderten Unternehmens, sondern darüber hinaus auch die Interessen der in den Schutzbereich der Vorschrift einbezogenen mittelbar behinderten Unternehmen zu berücksichtigen.

aa) Die Klägerin hat als behindertes Unternehmen ein berücksichtigungsfähiges Interesse, soweit dieses auf die freie Betätigungsmöglichkeit im Wettbewerb zielt. Berücksichtigungsfähig ist danach vor allem das Interesse an einem freien Marktzugang, einschließlich der Freiheit in der Wahl der Vertriebswege. Die Klägerin macht geltend, dass sie ein Interesse am Absatz der Schulranzen und Schulrucksäcke der Beklagten über einen Verkauf in einem eigenen Internetshop hinaus auf Auktionsplattformen wie … hat, weil … weltweit über 135 Millionen registrierte Nutzer und eine globale Präsenz in 32 internationalen Märkten einschließlich den USA aufweise. Dies verdeutliche nach Auffassung der Klägerin die Erheblichkeit der Beschränkung. Die Klägerin will erkennbar auch diese potentiellen Kunden ansprechen können. Über diese globale Präsenz von … hinaus hat die Klägerin nicht dargelegt, warum für sie ein besonderes Interesse gerade am Erhalt der Absatzform über Internetauktionsplattformen von Bedeutung ist.

bb) Die Beklagte hat als Markeninhaberin ein anerkanntes Interesse daran, den Absatz ihrer Erzeugnisse nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie sie es für wirtschaftlich richtig und sinnvoll hält (BGH, Urt.v. 16.12.1986 - KZR 25/85, GRUR 1987, 459, 462 - Belieferungsunwürdige Verkaufsstätten II). Ihr steht es deshalb grundsätzlich frei, ihr Vertriebssystem in qualitativer Hinsicht selektiv auszugestalten und an die Händler für den Vertrieb ihrer Produkte hohe Anforderungen zu stellen, was die fachliche Eignung des Personals, die sachliche Ausstattung der Verkaufsräume und die Gewährleistung eines schnellen und zuverlässigen Kundendienstes angeht. Ebenso wie der Bundesgerichtshof dies für stationäre Verkaufsräume im Jahre 1986 ausgeführt hatte, muss dem Markeninhaber heute auch ein berechtigtes Interesse zuerkannt werden, den Vertriebspartnern seiner in Verkaufsprospekten als qualitativ hochwertig und als „die besten“ bezeichneten Markenware im Internet eine Darstellung seines Sortiments ähnlich einer Ausstattung von Verkaufsräumen vorzuschreiben. Denn ebenso wie die Ausstattung der stationären Verkaufsräume und die Präsentation der Vertragsware bei einem stationären Einzelhändler das Image für die Produkte mitprägen, gilt dies auch für die Darstellung der Ware im Internet.

Für den stationären Handel ist anerkannt, dass ein Hersteller von Markenprodukten seinen Vertragshändlern auferlegen darf, das gesamte Sortiment oder jedenfalls wesentliche Teile davon zu führen (Kirchhof in Wiedemann, Kartellrecht, § 10 Rdnr. 107). Entsprechende qualitative Kriterien muss die Beklagte auch für den Vertrieb im Internet aufstellen dürfen, wenn sie dies dem stationären Fachhandel abverlangt. Im Streitfall verlangt die Beklagte, dass das stationäre Einzelhandelsgeschäft nach der Größe und der Ausstattung dazu geeignet sein muss, dem Endverbraucher A. und B.-Produkte in einer angemessenen Sortimentsbreite und -tiefe entsprechend dem hohen Image dieser Marken zu präsentieren (Ziffer 1 der Auswahlkriterien), wenn es „zugelassener Vertriebspartner“ der Beklagten werden will. Nach Ziffer 7 der Auswahlkriterien muss sich ein Vertriebspartner auch bereit erklären, seinem Kunden neue Produkte der A. und B.-Serien zu präsentieren und deren Markteinführung aktiv zu unterstützen. Dies zielt erkennbar ab auf Nachfolgeprodukte und Ergänzungsware (Schreibmappen, Schlüsselanhänger, Geldbeutel). In Ziffer 10 der Auswahlkriterien verlangt die Beklagte, dass der Rahmen, den die Website zur Präsentation im Internet nutzt, dem Ambiente eines Fachgeschäfts für Schulranzen und Schulrucksäcke entsprechen muss. Zu dem Ambiente eines Fachgeschäfts gehört nach Ziffer 1 der Auswahlkriterien auch eine angemessene Sortimentsbreite und Sortimentstiefe.

Diesen Anforderungen kann das Angebot von Schulrucksäcken und Schulranzen auf der Auktionsplattform … - wie mit Anlage B 10 gezeigt - nicht genügen. Angeboten wird dort jeweils ein einzelnes Produkt. Eine Sortimentstiefe an vergleichbaren Produkten der Beklagten als Herstellerin (andere Farben, andere Ausstattung, andere Größen) sowie zugehörige Ergänzungsware (Schreibmäppchen, Schlüsselanhänger, Geldbeutel etc.) werden dem Verbraucher bei Wahrnehmung des …-Angebots nicht zugleich gezeigt. Das Angebot auf der Auktionsplattform … - wie in Anlage B 10 gezeigt - bezieht sich vielmehr immer auf einen einzelnen zum Verkauf stehenden Artikel, und stellt nicht das zum Verkauf stehende Markensortiment eines Verkäufers dar. Anders als bei einem Internetshop, der vergleichbar einem Versandhandelskatalog das gesamte Angebot wahrnehmbar aufzeigen kann, ist dies bei dem …-Angebot eines einzelnen Artikels nicht möglich. Einem Verbraucher kann daher nicht zugleich ein Eindruck von der Gesamtauswahl an Artikeln und von den ergänzenden Produkten vermittelt werden. Entsprechend schließt die Beklagte den Verkauf über … als ihren Kriterien nicht entsprechend aus.

cc) Zu berücksichtigen sind des weiteren die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung. Dabei folgt aus der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB, dass einerseits dem Normadressaten die Freiheit wettbewerbskonformen Verhaltens gewährleistet werden muss, dass andererseits aber das Wettbewerbsverhalten eines Normadressaten keinen leistungsfremden Charakter haben darf. Letzteres ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte möchte als Markeninhaberin die eigene Leistung, die sich im Image ihrer Waren wieder spiegelt, gegenüber dem Verbraucher präsentiert sehen und schließt auch einen überregionalen Wettbewerb über das Internet durch andere Vertriebsformen im Internet nicht aus.

dd) Unter Abwägung aller Interessen und der Berücksichtigung der gesetzlichen Zielsetzung des GWB stellt der Ausschluss von Verkäufen über Auktionsplattformen wie … keine unbillige Behinderung der Klägerin und keine unterschiedliche Behandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund dar.



(1) Das Interesse der Klägerin an dem zusätzlichen Erschließen einer bestimmten Absatzmethode, nämlich der Darstellung einzeln zu verkaufender Gegenstände auf einer Auktionsplattform wie … tritt hinter das Interesse eines sein Markenimage bewahrenden Herstellers durch Anlegen qualitativer Kriterien bei der Darstellung der Sortimentstiefe und Ergänzungswaren zurück. Ebenso wie bei der Ausstattung der Verkaufsräume beim stationären Einzelhandelsgeschäft hat ein Markeninhaber ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Marke auch im Internet in vergleichbarer Weise dargestellt wird.

(2) Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagte verbiete einen Verkauf über … nur deshalb, um die Einhaltung ihrer Preisempfehlung kontrollieren zu können, sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich. Im Gegenteil: Soweit zu einem Festpreis bei … angeboten wird, wäre es für die Beklagte einfacher, eine ganze Reihe gleichartiger Produkte durch Aufrufen einer Liste bei … zu kontrollieren, als jeden einzelnen Internetshop eines Vertragshändlers auf entsprechende Preisangaben zu überprüfen.

(3) Soweit die Kammer in der mündlichen Verhandlung zur Diskussion gestellt hatte, ob bei der Frage der Unbilligkeit bzw. der sachlichen Rechtfertigung gegebenenfalls zwischen den verschiedenen Möglichkeiten eines …-Angebotes (Auktion mit sich verändernden Preisen und Verkauf zu einem Festpreis) unterschieden werden könne, ist festzustellen, dass für den Streitfall insoweit kein sachlich relevantes Unterscheidungskriterium besteht. In beiden Fällen wird jeweils ein einzelnes Angebot dargestellt und kann eine angemessene Sortimentsbreite und Sortimentstiefe vergleichbar einem nach Größe und Ausstattung angemessenen stationären Einzelhandelsgeschäft nicht dargestellt werden.

Da die unterschiedliche Behandlung der Klägerin zu den übrigen zugelassenen Vertriebspartner sachlich gerechtfertigt ist und keine unbillige Behinderung darstellt, verstößt die Beklagte mit Ziffer 10 ihrer Auswahlkriterien und dem Verbot eines Verkaufs über … und vergleichbarer Auktionsformate nicht gegen § 20 GWB. Auch die Annahme eines Missbrauchs i.S.d. § 19 Abs. 1 GWB scheidet aus. Da die Anwendung des entsprechenden Auswahlkriteriums nicht gegen die kartellrechtlichen Vorschriften verstößt, scheidet auch die Annahme eines Kartellverstoßes gegen § 21 GWB aus.

Der Hauptantrag ist bereits zurückzuweisen, da eine sortimentsbedingte Abhängigkeit für alle Waren der Marken A. und B. nicht dargetan ist. Der auf Schulranzen und Schulrucksäcke bezogene Hilfsantrag ist abzuweisen, da der Ausschluss von Verkäufen über … nicht unbillig und keine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und somit keinen Kartellrechtsverstoß darstellt. Der weitere Hilfsantrag ist ebenfalls abzuweisen, da auch der Ausschluss des …-Angebots zum Festpreis sachlich gerechtfertigt ist und nach Abwägung billig ist. Da die Beklagte entsprechend der Auswahlkriterien einen Verkauf über Auktionsplattformen wie … untersagen darf, durfte sie die Belieferung der Klägerin stoppen. Der Klägerin steht daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. ..."

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