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BGH Urteil vom 12.05.2011 - I ZR 53/10 - Gebrauchsgegenstand als Werk der angewandten Kunst
BGH v. 12.05.2011: Urheberrechtsschutz bei Gebrauchsgegenstand als Werk der angewandten Kunst - Seilzirkus
Der BGH (Urteil vom 12.05.2011 - I ZR 53/10) hat entschieden:
- Bei einem Gebrauchsgegenstand können nur solche Merkmale Urheberrechtsschutz als Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG begründen, die nicht allein technisch bedingt, sondern auch künstlerisch gestaltet sind. Eine Gestaltung genießt keinen Urheberrechtsschutz, wenn sie allein aus zwar frei wählbaren oder austauschbaren, aber technisch bedingten Merkmalen besteht und keine künstlerische Leistung erkennen lässt. Allein durch die Ausnutzung eines handwerklich-konstruktiven Gestaltungsspielraums oder durch den Austausch eines technischen Merkmals durch ein anderes entsteht noch kein eigenschöpferisches Kunstwerk.
- Wer für einen Gebrauchsgegenstand Urheberrechtsschutz als Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG beansprucht, muss genau und deutlich darlegen, inwieweit der Gebrauchsgegenstand über seine von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet ist
Siehe auch Urheberrechtsschutz - Urheberrechtsverletzungen und Stichwörter zum Thema Urheberrecht und Urheberschutz
Tatbestand:
Die Klägerin stellt als "Seilzirkus" bezeichnete Kletternetze für Kinderspielplätze her. Diese bestehen aus einem im Boden verankerten Mast und aus an der Mastspitze und im Boden befestigten und durch Innennetze miteinander verknüpften Seilen. Die Klägerin bietet diese Geräte auch in einer Variante mit zwei Masten an. Für die Kletternetze hatte der Architekt Conrad Roland (Künstlername für Konrad Roland Lehmann) im Jahr 1973 ein Patent angemeldet. Die Anmeldung wurde im Jahr 1974 offengelegt. Das Patent wurde jedoch wegen eigener neuheitsschädlicher Veröffentlichungen des Anmelders nicht erteilt. Die Klägerin behauptet, Conrad Roland habe ihr im Jahr 1985 ein weltweites ausschließliches Nutzungsrecht an den Kletternetzen eingeräumt.
Die Beklagte zu 1 vertreibt gleichartig konstruierte Kletternetze mit der Bezeichnung "Raumnetz Aktiv". Die Beklagte zu 2 stellt diese Kletternetze her. 1 Nachfolgend ist jeweils eine Variante der Kletternetze der Klägerin in Abbildung, Seitenansicht und Grundriss der entsprechenden Variante der Kletternetze der Beklagten gegenübergestellt:
Kletternetz der Klägerin Kletternetz der Beklagten 3 Kletternetz der Klägerin (Seitenansicht) Kletternetz der Beklagten Kletternetz der Klägerin (Grundriss) Kletternetz der Beklagten Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Urheberrecht und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz auf Unterlassung sowie im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung (1. Stufe) sowie auf Schadensersatz (2. Stufe) in Anspruch.
Das Landgericht hat durch Teilurteil unter Abweisung der Klage im Übrigen dem Unterlassungsantrag uneingeschränkt und den Anträgen auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung beschränkt auf Verbreitungshandlungen in Deutschland stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Teilurteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, 4 deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadensersatz seien weder aus Urheberrecht noch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet. Dazu hat es ausgeführt:
Ansprüche aus Urheberrecht seien nicht gegeben, weil die Beklagten kein durch das Urheberrecht geschütztes Recht der Klägerin verletzt hätten. Die Kletternetze, an denen die Klägerin ausschließliche Nutzungsrechte zu haben behaupte, seien keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschützten Werke der angewandten Kunst. Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Werken der angewandten Kunst unterliege seit jeher erhöhten Anforderungen. Damit ein Gebrauchsgegenstand als Werk der angewandten Kunst angesehen werden könne, müsse seine Gestaltung das handwerkliche Durchschnittskönnen deutlich überragen. Dabei müsse der Gebrauchsgegenstand über seine von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sein. Danach sei die Leistung, die Conrad Roland nach Behauptung der Klägerin mit der Entwicklung der Kletternetze vom Typ "Seilzirkus" erbracht habe, nicht urheberrechtlich schutzfähig, weil sie nicht auf gestalterischem, sondern allein auf technischem Gebiet liege. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt und es sei auch sonst nicht ersichtlich, durch welche individuellen Gestaltungsmerkmale, die über die technische Idee und ihre Verwirklichung hinausgingen, die von ihr hergestellten Raumnetze den Schutz des Urheberrechts erlangt haben könnten.
Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bestünden ebenfalls nicht. Es sei grundsätzlich nicht als unlauter anzusehen, 6 wenn - wie hier - Merkmale eines Erzeugnisses übernommen würden, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehörten und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware und der Verbrauchererwartung der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienten. Eine unlautere Täuschung über die betriebliche Herkunft der Erzeugnisse sei nicht zu erkennen.
II.
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision zwar auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU, mwN). Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche aus Urheberrecht und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bilden auch rechtlich selbständige und voneinander abtrennbare Teile des Streitstoffs, weil sie verschiedene Streitgegenstände darstellen (vgl. BGHZ 180, 77 Rn. 18 - UHU, mwN).
2. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderungen ergibt sich eine Beschränkung der Revisionszulassung jedoch nicht daraus, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision damit begründet hat, die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Gestaltungselementen, die auch technisch bedingt seien, erscheine in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht in jeder Hinsicht abschließend geklärt. 9 Eine Beschränkung der Revisionszulassung kann sich zwar auch aus der Begründung für die Zulassung der Revision ergeben, wenn daraus hinreichend deutlich hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Streitstoffs eröffnen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Rn. 21 = WRP 2009, 847 - Resellervertrag; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 3/09, GRUR 2010, 1107 Rn. 11 = WRP 2010, 1512 - JOOP!). Die Begründung des Berufungsgerichts lässt jedoch nicht mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen, dass es die Zulassung der Revision auf die Ansprüche aus Urheberrecht hat beschränken wollen.
III.
Die Revision ist nicht begründet. Der auf Ansprüche aus Urheberrecht und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützte Klageantrag ist zwar hinreichend bestimmt und damit zulässig (dazu III 1). Die Klage ist jedoch weder aus Urheberrecht (dazu III 2) noch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz (dazu III 3) begründet.
1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt. Ein Kläger, der ein einheitliches Klagebegehren - wie hier - aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet, verstößt zwar gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, wenn er dem Gericht im Wege der alternativen Klagehäufung die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 Rn. 6-12 = WRP 2011, 878 - TÜV I [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagevorbringen ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Klägerin ihre Klage in erster Linie mit Ansprüchen aus Urheberrecht und nur hilfsweise mit Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet. Die Klägerin hat dies im Übrigen auch in der Revisionsinstanz noch einmal klargestellt (vgl. dazu BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 13 - TÜV I). 12 2. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadensersatz verneint. Es hat angenommen, die Leistung, die Conrad Roland nach Behauptung der Klägerin mit der Entwicklung der Kletternetze vom Typ "Seilzirkus" erbracht habe, sei nicht als Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt, weil sie nicht auf gestalterischem, sondern allein auf technischem Gebiet liege. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören Werke der bildenden Kunst, einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind.
b) Die von der Klägerin hergestellten Kletternetze dienen einem Gebrauchszweck und sind daher dem Bereich der angewandten Kunst und nicht dem der "reinen" (zweckfreien) Kunst zuzurechnen. Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden kann (st. Rspr.; vgl. Urteil vom 27. Januar 1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378 = WRP 1983, 484 - Brombeer-Muster; Urteil vom 10. Dezember 1986 - I ZR 15/85, GRUR 1987, 903, 904 - Le-Corbusier-Möbel; Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 140/09, GRUR 2011, 803 Rn. 31 = WRP 2011, 1070 - Lernspiele). 15 c) Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Kletternetzen der Klägerin nicht um Schöpfungen individueller Prägung.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nur solche Merkmale eines Gebrauchsgegenstandes Urheberrechtsschutz begründen können, die nicht allein technisch bedingt, sondern auch künstlerisch gestaltet sind.
Technisch bedingt sind diejenigen Merkmale eines Gebrauchsgegenstandes, ohne die er nicht funktionieren könnte (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 2 Rn. 47). Dazu gehören sowohl Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, als auch Merkmale, die zwar aus technischen Gründen verwendet werden, aber frei wählbar oder austauschbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 27 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE). Soweit die Gestaltung solcher Merkmale allein auf technischen Erfordernissen beruht, können sie einem Gebrauchsgegenstand keinen Urheberrechtsschutz verleihen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1981 - I ZR 62/79, GRUR 1982, 305, 307 - Büromöbelprogramm; Urteil vom 15. Juli 2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 942 = WRP 2004, 1498 - Metallbett). Das folgt bereits daraus, dass nach § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen als Werke urheberrechtlich geschützt sind. Eine persönliche geistige Schöpfung ist ausgeschlossen, wo für eine künstlerische Gestaltung kein Raum besteht, weil die Gestaltung durch technische Erfordernisse vorgegeben ist.
Hinzu kommt, dass im System der Rechte des geistigen Eigentums technisch bedingte Merkmale, die nicht (mehr) als technische Erfindungen Patentschutz oder Gebrauchsmusterschutz genießen, im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einer ungehinderten technischen Entwicklung grundsätzlich frei verwendbar sein sollen. So sind nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii Mar-18 kenRL, Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii GMV und § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, dem Schutz als Marke nicht zugänglich. Ferner sind gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 GeschmMG und Art. 8 Abs. 1 GGV Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die ausschließlich durch deren technische Funktion bedingt sind, vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen. Dem Inhaber eines Markenrechts oder Geschmacksmusterrechts ist es dadurch im öffentlichen Interesse verwehrt, technische Lösungen für sich zu monopolisieren (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii MarkenRL EuGH, Urteil vom 18. Juni 2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Rn. 78 bis 80 = WRP 2002, 924 - Philips/Remington; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii GMV EuGH, Urteil vom 14. September 2010 - C-48/09, GRUR 2010, 1008 Rn. 43 bis 48 = WRP 2010, 1359 - Lego Juris/HABM; zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH, Beschluss vom 17. November 2005 - I ZB 12/04, GRUR 2006, 589 Rn. 15 = WRP 2006, 900 - Rasierer mit drei Scherköpfen; Beschluss vom 16. Juli 2009 - I ZB 53/07, BGHZ 182, 325 Rn. 25 - Legostein; vgl. zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 GeschmMG Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 4. Aufl., § 3 Rn. 4; zu Art. 8 Abs. 1 GGV Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 1; zum GeschmMG aF BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 - I ZR 67/05, GRUR 2008, 790 Rn. 22 = WRP 2008, 1234 - Baugruppe, mwN). Dem widerspräche es, wenn technisch bedingte Merkmale urheberrechtlich schutzfähig wären und der Urheber den freien Stand der Technik für sich monopolisieren könnte.
Urheberrechtsschutz für einen Gebrauchsgegenstand kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher nur in Betracht, wenn seine Gestaltung nicht nur eine technische Lösung verkörpert, sondern einen durch eine künstlerische Leistung geschaffenen ästhetischen Gehalt aufweist (BGH, Urteil vom 27. November 1956 - I ZR 57/55, BGHZ 22, 209, 215 - Europapost; vgl. schon RGZ, Urteil vom 10. Juni 1911 - I 133/10, RGZ 76, 339, 344 - Schul-22 fraktur). Zwar kann auch eine Gestaltung, die lediglich eine technische Lösung verkörpert, eine ästhetische Wirkung haben. Urheberrechtlich geschützt ist jedoch nur die Gestaltung, die auf einer künstlerischen Leistung beruht (vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 150). Dabei muss das künstlerische Element nicht in schmückendem Beiwerk - im Zierrat oder Ornament - liegen. Ebenso wenig muss der ästhetische Gehalt gegenüber dem Gebrauchszweck überwiegen. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit besteht vielmehr auch bei einem überwiegenden Gebrauchszweck und kann auch dann gegeben sein, wenn der ästhetische Gehalt in die ihrem Zwecke gemäß - in klarer Linienführung ohne schmückendes Beiwerk - gestaltete Gebrauchsform eingegangen ist. Maßgebend ist allein, ob der ästhetische Gehalt als solcher ausreicht, um von einer künstlerischen Leistung zu sprechen (vgl. BGHZ 22, 209, 215 - Europapost; Urteil vom 29. März 1957 - I ZR 236/55, GRUR 1957, 391, 392 f.- Ledigenheim; Urteil vom 27. Februar 1961 - I ZR 127/59, GRUR 1961, 635, 637 f. - Stahlrohrstuhl; Urteil vom 21. Mai 1969 - I ZR 42/67, GRUR 1972, 38, 39 - Vasenleuchter).
bb) Die Klägerin trägt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die Darlegungslast dafür, dass die von ihr hergestellten Kletternetze über individuelle Gestaltungsmerkmale verfügen, die über die Verwirklichung einer technischen Lösung hinausgehen und dadurch den Schutz des Urheberrechts begründen können.
Der Kläger trägt im urheberrechtlichen Verletzungsprozess die Darlegungslast für das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung (BGH, Urteil vom 19. März 2008 - I ZR 166/05, GRUR 2008, 984 Rn. 19 = WRP 2008, 1440 - St. Gottfried, mwN). Er hat daher nicht nur das betreffende Werk vorzulegen, sondern grundsätzlich auch die konkreten Gestaltungselemente darzulegen, aus denen sich der urheberrechtliche Schutz ergeben soll (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1973 - I ZR 93/72, GRUR 1974, 740, 741 - Sessel; Urteil vom 23 14. November 2002 - I ZR 199/00, GRUR 2003, 231, 233 = WRP 2003, 279 - Staatsbibliothek).
Nähere Darlegungen sind zwar entbehrlich, wenn sich die maßgeblichen Umstände schon bei einem bloßen Augenschein erkennen lassen. In solchen einfach gelagerten Fällen kann der Kläger seiner Darlegungslast bereits durch Vorlage des Werkes oder von Fotografien des Werkes genügen (vgl. BGH, GRUR 2003, 231, 233 - Staatsbibliothek; GRUR 2008, 984 Rn. 19 - St. Gottfried, mwN). Bei Gebrauchsgegenständen, die bestimmten technischen Anforderungen genügen müssen und technisch bedingte Gestaltungsmerkmale aufweisen, sind die Möglichkeiten einer künstlerischästhetischen Ausformung zwar nicht ausgeschlossen, aber regelmäßig eingeschränkt (vgl. BGH, GRUR 1982, 305, 306 f. - Büromöbelprogramm). Bei solchen Formgestaltungen stellt sich daher in besonderem Maß die Frage, ob die gewählte Form durch den Gebrauchszweck technisch bedingt ist (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 UrhG Rn. 162). Deshalb muss bei derartigen Werken der angewandten Kunst genau und deutlich dargelegt werden, inwieweit der Gebrauchsgegenstand über seine von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet ist (vgl. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 2 Rn. 159; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 Rn. 45 - Tripp-Trapp-Stuhl).
cc) Nach diesen Maßstäben kann aufgrund der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, dass es sich bei den Kletternetzen der Klägerin um Schöpfungen individueller Prägung und damit um ein Werk der angewandten Kunst handelt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei weder von der Klägerin hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, durch welche individuellen Gestaltungsmerkmale, die über die technische Idee und ihre Verwirklichung hinausgingen, die Raumnetze der Klägerin den Schutz des Urheberrechts erlangt ha-25 ben könnten. Die Entwicklung der Kletternetze sei zunächst eine technische Idee gewesen. Sie habe die technische Aufgabe gelöst, ein zum Klettern geeignetes Spielgerät aus einem Mast und Seilen zu konstruieren. Die technische Zielrichtung komme insbesondere darin zum Ausdruck, dass die Konstruktion für die Erteilung eines Patents angemeldet worden sei. Die Produkte der Klägerin setzten das technische Konzept einfach und rationell um. Darin allein sei noch keine künstlerische Gestaltungsleistung zu sehen. Eine schöpferische Gestaltung der Einzelteile - wie etwa des Mastes, der Seile, der Verankerungen oder der Verbindungsglieder - sei nicht zu erkennen. Soweit die Netze eine ästhetische Wirkung erzielten, beruhe diese auf der technischen Konstruktion.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin nicht berücksichtigt, dass ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung von Klettergeräten bestehe und die von der Klägerin gewählte Form eines Kletternetzes daher nicht zwingend vorgegeben sei. Das Berufungsgericht hätte als Vergleichsmaßstab "Klettergerüste für Kinder" heranziehen müssen. Dann hätte es festgestellt, dass derartige Klettergeräte einen erheblichen Gestaltungsspielraum für die Formgebung eröffneten und die von der Klägerin gewählte Seilkonstruktion und Pyramidenform nicht zwingend erforderlich sei. Aber selbst wenn man den Vergleichsmaßstab mit dem Berufungsgericht auf "Kletternetze mit Mast, Seilen und Innennetz" verenge, bestehe noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum für die Formgebung. So sei es technisch schon nicht zwingend notwendig, ein Kletternetz um einen einzigen zentralen Mast herum anzuordnen. Vielmehr könnten zum Beispiel auch mehrere Masten am Rand des Netzes angeordnet werden. Bereits dadurch ergebe sich eine Vielzahl neuer Gestaltungsmöglichkeiten. Aber selbst bei Klettergeräten, die im Wesentlichen aus nur einem einzelnen Mast und Seilen bestünden, ergäben sich zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, die deren Erscheinungsbild entscheidend veränderten. So sei es etwa möglich, die Stützseile versetzt am Mast anzubringen, den Mast auf einer Seite anzuordnen oder das Netz waagerecht oder hängemattenartig auszubilden. 28 Entgegen der Darstellung der Revision hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass es zahlreiche andere Möglichkeiten zur Gestaltung von Klettergeräten gibt und die Gestaltung der Kletternetze der Klägerin nicht zwingend vorgegeben ist. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Gestaltungsmerkmale der Kletternetze der Klägerin - der Mast, die am Mast verankerten Stützseile, die Verankerungen dieser Seile im Boden, das Innennetz und die Verknüpfungen der Seile miteinander - seien nicht technisch notwendig, weil bei der Konstruktion eines Klettergeräts ein technischer Gestaltungsspielraum bestehe. So könnten anstelle der textilen Seile etwa Ketten aus Metallgliedern oder statt flexibler Verbindungen starre Druckstäbe verwendet werden.
Die Revision geht zu Unrecht davon aus, dass nur eine Verwendung technisch zwingend notwendiger Gestaltungsmerkmale einen Urheberrechtsschutz ausschließt. Sie berücksichtigt nicht, dass - wie ausgeführt (oben Rn. 20) - eine Gestaltung auch dann keinen Urheberrechtsschutz genießt, wenn sie allein aus zwar frei wählbaren oder austauschbaren, aber technisch bedingten Merkmalen besteht und keine künstlerische Leistung erkennen lässt. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies hier der Fall. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin gewählten Gestaltungsmerkmale seien zwar nicht technisch notwendig, aber technisch bedingt, weil die Netze der Klägerin ohne sie ihrer Zweckbestimmung als Klettergeräte nicht dienen könnten. Werde ein Gerät - wie hier - als Netz aus Mast und Seilen konstruiert, seien diese Teile essentieller Bestandteil der technischen Konstruktion. Die Entscheidungen über das Ausmaß und die Proportionen des Netzes, die Dichtheit des Innennetzes, die Zahl und Stärke der Seile und die Form der Verbindungsglieder seien in erster Linie dem Zweck des Geräts geschuldet und technisch bedingt. Dabei verwirkliche sich allein der technische Gestaltungsspielraum. Allein durch die Ausnutzung eines handwerklichkonstruktiven Gestaltungsspielraums oder durch den Austausch eines technischen Merkmals durch ein anderes entstehe noch kein eigenschöpferisches 29 Kunstwerk. Die Gestaltung der Kletternetze der Klägerin erreiche daher keine künstlerische Qualität.
Die Revision setzt dem vergeblich entgegen, aus der Formulierung des Berufungsgerichts, die Originalität und der Reiz der Kletternetze beruhe wesentlich nicht auf einer gestalterischen, sondern auf einer technischen Idee, folge, dass das Berufungsgericht den Kletternetzen der Klägerin jedenfalls das erforderliche Minimum an Gestaltungshöhe zubillige. Das Berufungsgericht ist eindeutig davon ausgegangen, dass weder dargelegt noch ersichtlich sei, durch welche individuellen Gestaltungsmerkmale, die über die technische Idee und ihre Verwirklichung hinausgingen, die von der Klägerin hergestellten Raumnetze den Schutz des Urheberrechts erlangt haben könnten. Es hat angenommen, die Klägerin habe den - von vornherein nur verhältnismäßig geringen - Spielraum für eine ästhetische Gestaltung nicht genutzt.
Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass Conrad Roland für einen Prototyp der Raumnetzwerke, das sogenannte Spiel-Raumnetz, im Jahre 1971 mit dem Sonderpreis des Bundespreises "Gute Form" ausgezeichnet worden sei und dies ein starkes Indiz für die besondere Gestaltungshöhe der Raumnetzwerke der Klägerin sei. Die Revision legt schon nicht dar, dass es sich bei dem "Spiel-Raumnetz" Conrad Rolands um ein dem "Seilzirkus" der Klägerin entsprechendes Kletternetz handelt. Nach den von der Klägerin vorgelegten Abbildungen unterscheidet sich die Gestaltung des Spiel-Raumnetzes in mehrfacher Hinsicht ganz erheblich von den Kletternetzen der Parteien.
d) Da bereits nicht angenommen werden kann, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Kletternetzen der Klägerin um Schöpfungen individueller Prägung handelt, kommt es nicht auf den Grad des ästhetischen Gehalts dieser Kletternetze an. Es kann daher offenbleiben, ob an der vom Berufungsgericht referierten Rechtsprechung festzuhalten ist, nach der bei Werken der ange-31 wandten Kunst höhere Anforderungen an die Gestaltungshöhe eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst.
Nach dieser Rechtsprechung ist bei Werken der zweckfreien bildenden Kunst - ebenso wie im Bereich des literarischen und musikalischen Schaffens - die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfache Schöpfungen umfasst. Dagegen ist bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung gefordert. Dies wird damit begründet, dass zwischen dem Urheberrecht und dem Geschmacksmusterrecht kein Wesensunterschied, sondern nur ein gradueller Unterschied bestehe. Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung - dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen - abheben müsse, sei für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern. Für den Urheberrechtsschutz sei danach ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden dürfe (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1995 - I ZR 119/93, GRUR 1995, 581, 582 = WRP 1995, 908 - Silberdistel, mwN; vgl. auch BVerfG (Kammer), Beschluss vom 26. Januar 2005 - 1 BvR 157/02, GRUR 2005, 410 - Laufendes Auge).
Gegen eine Fortführung dieser Rechtsprechung wird insbesondere eingewandt, dass das Geschmacksmusterrecht nach seiner Neugestaltung durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390 ff.), mit dem die Richtline 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen umgesetzt worden ist, sich nicht mehr als Unterbau zum Urheberrecht eigne, weil zwischen beiden Schutzrechten kein Stufenverhältnis mehr bestehe. Der Gesetzgeber habe mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht schaffen und den engen Bezug zum Urheberrecht beseitigen wollen. Urheberrechtsschutz und Geschmacksmusterschutz schlös-34 sen sich nicht aus, sondern könnten nebeneinander bestehen. Zudem gebe die europäische Urheberrechtsentwicklung Anlass, auch bei Werken der angewandten Kunst nicht mehr von einer höheren Schutzuntergrenze auszugehen (Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 2 UrhG Rn. 34 und 160; A. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 2 UrhG Rn. 146 ff.; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. § 2 UrhG Rn. 64; Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 UrhG Rn. 98; Möhring/Nicolini/Ahlberg, UrhG, 2. Aufl., § 2 Rn. 110 ff.; Koschtial, GRUR 2004, 555; Zentek, WRP 2010, 73; aA wohl Schulze in Dreier/Schulze aaO § 2 Rn. 174; ders. in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 9 Rn. 98; Ohly, GRUR 2007, 731, 733).
Da sich die Frage der Anforderungen an die Gestaltungshöhe von Werken der angewandten Kunst im Streitfall nicht stellt, kann offenbleiben, ob diese Einwände durchgreifen. Selbst wenn bei Werken der angewandten Kunst keine höheren Anforderungen an die Gestaltungshöhe eines Werkes zu stellen wären als bei Werken der zweckfreien Kunst, wäre bei der Beurteilung der Gestaltungshöhe eines Werkes der angewandten Kunst, das einem Gebrauchszweck dient, zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet und technisch bedingt ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht (vgl. oben Rn. 19 ff.). Das kann dazu führen, dass ein Werk der angewandten Kunst, das eine ebenso große ästhetische Wirkung ausü
bt wie ein Werk der zweckfreien Kunst, anders als dieses keinen Urheberrechtsschutz genießt.
3. Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.
a) Das Berufungsgericht hatte auch über den hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz in der 36 Sache zu entscheiden. Hat der Kläger einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag gestellt und ist in erster Instanz dem Hauptantrag stattgegeben worden, fällt durch die Berufung des Beklagten der Hilfsantrag ohne weiteres dem Berufungsrechtszug an, ohne dass es einer Anschlussberufung des Klägers bedarf; das Berufungsgericht hat deshalb, wenn es den Hauptantrag abweisen will, auch über den Hilfsantrag zu befinden (BGH, Urteil vom 16. Januar 1951 - I ZR 22/51, LM Nr. 1 zu § 525 ZPO; Urteil vom 29. Januar 1964 - V ZR 23/63, BGHZ 41, 38, 39 f.; Urteil vom 24. September 1991 - XI ZR 245/90, NJW 1992, 117).
b) Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadensersatz andererseits zu unterscheiden. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten auch nach der zur Zeit der Begehung geltenden Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wettbewerbswidrig war. Dagegen kommt es für die Frage, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch und - als Hilfsansprüche zu dessen Durchsetzung - Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zustehen, allein auf das zur Zeit der beanstandeten Handlungen geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 15 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE). Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist allerdings nicht eingetreten, so dass im Folgenden zwischen altem und neuem Recht nicht unterschieden zu werden braucht.
c) Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen. Sie bezweckt zwar eine vollständige Angleichung des Rechts der Mitgliedstaaten über unlautere Ge-39 schäftspraktiken und lässt in ihrem Anwendungsbereich deshalb - von ausdrücklich genannten Ausnahmen abgesehen - weder mildere noch strengere nationale Regelungen zu. Die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG liegt jedoch außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie und bleibt daher von dieser unberührt (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 17 - LIKEaBIKE).
d) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 19 - LIKEaBIKE, mwN). Die Klägerin begründet ihre wettbewerbsrechtlichen Ansprüche damit, dass die Beklagten die Merkmale ihrer Kletternetze übernommen hätten, die deren wettbewerbliche Eigenart begründen, und dadurch die Abnehmer über die betriebliche Herkunft der Kletternetze in vermeidbarer Weise getäuscht und zugleich die Wertschätzung der Kletternetze unangemessen ausgenutzt habe. Sie macht damit Begleitumstände geltend, die nicht in den Schutzbereich des Urheberrechts fallen.
e) Wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers darstellen, handelt unlauter, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG). Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG ist der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz lediglich gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden, so dass die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze weiterhin gelten (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 20 - LIKEaBIKE, mwN). Danach kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über 41 wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt oder wenn die Nachahmung die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die unlauterkeitsbegründenden Umstände zu stellen sind und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 21 - LIKEaBIKE).
f) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 23 - LIKEaBIKE). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich auch technisch bedingte Gestaltungsmerkmale die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses begründen können. Technisch notwendige Merkmale - also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, einem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart verleihen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 27 - LIKEaBIKE). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin für ihre Kletternetze gewählte Gestaltung zwar technisch bedingt, aber nicht technisch notwendig. Die Gestaltung kann daher zur wettbewerblichen Eigenart der Kletternetze beitragen. 43 Da das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart getroffen hat, ist für die Revisionsinstanz davon auszugehen, dass den Kletternetzen der Klägerin hochgradige wettbewerbliche Eigenart zukommt.
g) Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Intensität der Übernahme angenommen, es sei keine identische Übernahme gegeben. Die Knüpfmuster der Innennetze bildeten bei den in Rede stehenden Produkten der Klägerin und der Beklagten zwar jeweils geometrische Formen, wichen aber in den Einzelheiten - etwa in der Bodenebene - nicht unerheblich voneinander ab. Soweit die Revision dem entgegensetzt, bei zwei - näher bezeichneten - Varianten der Raumnetzwerke der Beklagten handele es sich um identische Kopien bzw. sklavische Nachbauten der Raumnetzwerke der Klägerin, weil nur geringfügige konstruktive Detailunterschiede bestünden, die für die Gestaltung unerheblich und praktisch kaum wahrnehmbar seien, versucht sie lediglich, die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen. Damit kann sie in der Revisionsinstanz keinen Erfolg haben. Da das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen zur Intensität der Übernahme getroffen hat, ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Beklagte die Kletternetze der Klägerin nahezu identisch nachgeahmt hat.
h) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts liegen allerdings keine besonderen Umstände vor, die eine Nachahmung der Kletternetze der Klägerin unlauter erscheinen lassen.
aa) Die Übernahme von Merkmalen, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und - unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung - der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, kann grundsätzlich nicht als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden. Sie ist allerdings unlauter, wenn durch die Übernahme solcher Merkmale die Gefahr einer Herkunftstäuschung hervorgerufen und dieser Gefahr nicht durch zumutbare Maßnahmen entge-44 gengewirkt wird (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 27 - LIKEaBIKE, mwN). Dabei ist es Wettbewerbern nicht zuzumuten, auf eine angemessene technische Lösung zu verzichten, um die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 276 f. = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen). Dagegen kann es ihnen zuzumuten sein, dieser Gefahr durch eine (unterscheidende) Kennzeichnung ihrer Produkte entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 753 = WRP 1999, 816 - Güllepumpen; BGH, GRUR 2002, 275, 277 - Noppenbahnen; Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 f. = WRP 2001, 534 - Viennetta; Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 823 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen). Eine dann noch verbleibende Gefahr der Herkunftstäuschung muss grundsätzlich hingenommen werden (BGH, GRUR 2002, 275, 277 - Noppenbahnen; Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 44 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern).
bb) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass danach keine unlautere Täuschung über die betriebliche Herkunft der Erzeugnisse zu erkennen ist. Demnach kann auch nicht angenommen werden, dass es - wie die Revision geltend macht - infolge einer Herkunftstäuschung zu einer Rufausbeutung gekommen ist.
Die Beklagten haben nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich Merkmale übernommen, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware und der Verbrauchererwartung der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen. Sie haben nur von dem in der Offenlegungsschrift beschriebenen freien Stand der Technik Gebrauch gemacht; es ist unstreitig, dass sich die Kletternetze der Parteien allein aufgrund der Angaben und der Konstruktionszeichnungen in der Offenlegungsschrift konstruieren lassen. Kletternetze der von den Parteien hergestellten Art gehören zum Standard, den die 47 Abnehmer der Produkte erwarten; das ergibt sich insbesondere daraus, dass ein vergleichbares Muster mit Mittelmast, Stützseilen und Innennetz in dem Entwurf einer DIN EN 1176-11 als Standard dargestellt ist.
Die Gefahr einer Herkunftstäuschung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits deshalb gering, weil sich die Produkte der Parteien nicht an Verbraucher, sondern an einen sehr begrenzten Adressatenkreis von meist öffentlichen Auftraggebern richten, die fachkundig sind und dem Erwerb überdies nicht selten eine Ausschreibung vorschalten. Die Beklagten haben der ohnehin nur geringen Gefahr einer Herkunftstäuschung ausreichend entgegengewirkt. Die Beklagte zu 1 weist in ihrem Katalog die betriebliche Herkunft der von ihr vertriebenen Netze aus. Die Beklagte zu 2 kennzeichnet die von ihr hergestellten Netze eindeutig als "Tayplay"-Kletternetze.
IV.
Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.