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Amtsgericht Gießen Urteil vom 19.04.2016 - 506 Ds 701 Js 23382/14 - Strafbarkeit des wiederholten Weiterverkaufs von nicht lizenzierter Software

AG Gießen v. 19.04.2016: Strafbarkeit des wiederholten Weiterverkaufs von nicht lizenzierter Software


Das Amtsgericht Gießen (Urteil vom 19.04.2016 - 506 Ds 701 Js 23382/14) hat entschieden:
Der wiederholte Weiterverkauf eines Computerbetriebssystems, das mit einer nicht übertragbaren und unverkäuflichen D-Lizenz in den Verkehr gebracht worden ist, stellt einen gewerbsmäßigen Betrug in Tateinheit mit gewerbsmäßig unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke dar.




Siehe auch Der Onlinehandel mit Software und Software für den Onlinehandel und Stichwörter zum Thema Urheberrecht und Urheberschutz


Gründe:

(abgekürzt gemäß § 267 StPO)

Der zur Tatzeit 27 jährige Angeklagte O. ist ledig und hat keine Kinder. Derzeit ist er arbeitslos und bezieht sogenannte Hartz IV Leistungen. Er ist strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten. Das Amtsgericht Wetzlar verurteilte ihn am 3.7.2010 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen. Wegen eines erneuten Diebstahls wurde er am 18.2.2011 durch das Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt.

Die Angeklagte P. ist von Beruf Bäckereifachverkäuferin, ledig, ohne Kinder und strafrechtlich nicht belastet.

1. Im Juli 2013 bot der Angeklagte O. als Verkäufer unter dem Pseudonym „...“ auf der Internetplattform „...“ das Betriebssystem „...“ mit dem Product Key „...“ an. In Wahrheit handelte es sich hierbei jedoch um eine nach den Lizenzbedingungen der Firma M. nicht übertragbare und unverkäufliche sogen. Dreamspark Lizenz. Dieser Artikel wurde am 17.7.2013 durch den Zeugen H. ersteigert, welcher den Kaufpreis in Höhe von 110 Euro auf das Konto der Angeklagten P. überwies. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht versendete der Angeklagte O. eine selbst gebrannte CD und den Product Key an den Zeugen H., obwohl er wusste, dass es sich bei der angeblichen Vollversion des Betriebssystems um eine sogen. Dreamspark  Lizenz handelte, welche nicht übertragbar und verkäuflich war, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

2. Im August 2013 bot der Angeklagte O. als Verkäufer unter dem Pseudonym „...“ auf der Internetplattform „...“ das Betriebssystem „...“ mit dem Product Key „...“ an. Es handelte sich hierbei tatsächlich um das Computerprogramm „...“. Der Angeklagte hatte jedoch mangels Lizenz keine Erlaubnis, das Produkt zu verkaufen. Der Artikel wurde am 18.8.2013 durch den Zeugen B. ersteigert, welcher den Kaufpreis in Höhe von 40,50 Euro auf das Konto der Angeklagten P. überwies. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht versendete der Angeklagte O. den Product  Key an den Zeugen B., obwohl er wusste, dass er keine Befugnisse zur Weitergabe des Produkts hatte, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

3. Im August 2013 bot der Angeklagte O. als Verkäufer unter dem Pseudonym „...“ auf der Internetplattform „...“ das Betriebssystem „...“ mit dem Product Key „...“ an. In Wahrheit handelte es sich hierbei jedoch um eine nach den Lizenzbedingungen der Firma M. nicht übertragbare und unverkäufliche sogen. Dreamspark Lizenz. Der Artikel wurde am 21.8.2013 durch den Zeugen K. ersteigert, welcher den Kaufpreis in Höhe von 400 Euro auf das Konto der Angeklagten P. überwies. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht versendete der Angeklagte O. eine selbst gebrannte CD und den Product Key an den Zeugen K., obwohl er wusste, dass es sich bei der angeblichen Vollversion des Betriebssystems um eine sogen. Dreamspark Lizenz handelte, welche nicht übertragbar und verkäuflich war, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

4. Im August 2013 bot der Angeklagte O. als Verkäufer unter dem Pseudonym „...“ auf der Internetplattform „...“ das Betriebssystem „...“ mit dem Product Key „...“ an. In Wahrheit handelte es sich jedoch um eine nach den Lizenzbedingungen der Firma M. nicht übertragbare und unverkäufliche sogenannte Dreamspark Lizenz. Der Artikel wurde am 26.8.2013 durch den Zeugen E. ersteigert, welcher den Kaufpreis in Höhe von 55 Euro auf das Konto der Angeklagten P. überwies. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht versandte der Angeklagte O. eine selbst gebrannte CD und den Product Key an den Zeugen E., obwohl er wusste, dass es sich bei der angeblichen Vollversion des Betriebssystems um eine sogen. Dreamspark Lizenz handelte, welche nicht übertragbar und verkäuflich war, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

5. Im September 2013 bot der Angeklagte O. als Verkäufer unter dem Pseudonym „...“ auf der Internetplattform „...“ das Betriebssystem „...“ mit dem Product Key „...“ an. In Wahrheit handelte es sich hierbei jedoch um eine nach den Lizenzbedingungen der Fa. M. nicht übertragbare und unverkäufliche sogen. Dreamspark Lizenz. Der Artikel wurde am 4.9.2013 durch den Zeugen Sch. ersteigert. Der Zeuge überwies den Kaufpreis in Höhe von 150 Euro auf das Konto der Angeklagten P.. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht versendete der Angeklagte O. eine selbst gebrannte CD und den Product Key an den Zeugen, obwohl er wusste, dass es sich bei der angeblichen Vollversion des Betriebssystems um eine sogen. Dreamspark Lizenz handelte, welche nicht übertragbar und verkäuflich war, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

Der Angeklagte wollte sich aus diesen Taten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von erheblichem Umfang schaffen. Die jeweils auf das Konto der Angeklagten P. überwiesenen Kaufpreise wurden an den Angeklagten ausgezahlt, indem die Angeklagte P. die Beträge abhob und das Geld anschließend durch den Bruder der Angeklagten P., den Zeugen A. P., an den Angeklagten O. weitergegeben wurde. Die Angeklagte P. hatte sich auf Bitte ihres Bruders bereit erklärt, Zahlungen an den Angeklagten O. aus ... Verkäufen über ihr Konto laufen zu lassen, ohne dass sie den Angeklagten O. persönlich oder den Inhalt seiner Geschäfte kannte oder deren illegalen Charakter für möglich hielt.

Diese Feststellungen beruhen auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten O., dessen Richtigkeit sich auch durch die weitere Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung bestätigt hat, sowie auf der Einlassung der Angeklagten P.. Der Angeklagte O. hat sich nach den getroffenen Feststellungen des gewerbsmäßigen Betruges in fünf Fällen, jeweils tateinheitlich begangen mit gewerbsmäßig unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke schuldig gemacht, §§ 263 Abs. 1, Abs 3 Nr. 1 StGB, §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 106 Abs. 1, 108 a Abs. 1 UrhG, 52, 53 StGB. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten O. sprechenden Aspekte erschien die Verhängung von Einzelstrafen von 8 Monaten für die Tat zu Ziff. 3 und von jeweils 7 Monaten für jede der übrigen Taten tat  und schuldangemessen, die unter nochmaliger Würdigung aller Umstände, insbesondere dessen, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und die Taten in engem zeitlichem Zusammenhang mit gleichartiger Begehungsweise stehen, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten zurückgeführt werden konnten, § 54 StGB.

Die Vollstreckung der Strafe konnte nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Gericht erwartet, dass sich der Angeklagte bereits die Verurteilung zu der Freiheitsstrafe zur Warnung dienen lässt und auch ohne deren Vollstreckung keine weiteren Straftaten mehr begeht. Es liegen nach Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten besondere Umstände vor, nach denen hier die ein Jahr überschreitende Freiheitsstrafe dennoch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Gegen den Angeklagten wird erstmals eine Freiheitsstrafe verhängt. Er hat sich einsichtig und umfassend geständig gezeigt, an der Aufklärung der Taten mitgewirkt und seine Absicht deutlich gemacht, den entstandenen Schaden wieder gut zu machen.

Die Angeklagte P. war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Die Beweisaufnahme hat den in der Anklage erhobenen Vorwurf des bewussten und gewollten Zusammenwirkens und der Absicht der Bereicherung der Angeklagten P. nicht bestätigt. Sowohl die Angaben des Angeklagten O. als auch die Aussage des Zeugen A. P. haben die Einlassung der Angeklagten P. bestätigt, sie habe weder den Angeklagten O. persönlich noch den Inhalt seiner Geschäfte gekannt und sich lediglich auf Bitte ihres Bruders zur Zahlung von Kaufpreisen aus ... Verkäufen des Angeklagten O. auf ihr Konto bereit erklärt, ohne den Inhalt der Geschäfte zu kennen oder für möglich gehalten zu haben, dass diese illegal seien.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StP.



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