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Landgericht Köln Urteil vom 07.07.2010 - 28 O 211/10 - Benennung eines Abmahnanwalts im Internet
LG Köln v. 07.07.2010: Benennung eines Abmahnanwalts im Internet durch Abmahnungswarner
Das Landgericht Köln (Urteil vom 07.07.2010 - 28 O 211/10) hat entschieden:
Die Darstellung einer Abmahnung im Internet stellt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Rechtsanwalts dar, da hiermit kein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums verbunden ist, weil die Versendung von Abmahnungen zur üblichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts, insbesondere in Wettbewerbsstreitigkeiten, gehört.
Siehe auch Abmahnungen im Internet - strafbewehrte Unterlassungserklärung - Rechtsmissbrauch und Stichwörter zum Thema Abmahnung
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Rahmen einer negativen Feststellungsklage über die Berechtigung des Klägers verschiedene Äußerungen über seine Internetseite zu verbreiten.
Die Parteien sind Rechtsanwälte. Eine dritte Person wurde durch die Beklagte im Namen ihres Mandanten Y wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes abgemahnt. Dem lag ein möglicher Verstoß gegen die Preisangabenverordnung zugrunde. Das Wettbewerbsverhältnis wurde in der anwaltlichen Abmahnung vom 04.02.2010 damit begründet, dass der Mandant des Klägers auf seiner Homepage auf die Beratung bei der Erstellung einer Internetpräsenz hinweise. Auf das als Anlage K2 vorgelegte Schreiben wird Bezug genommen. Der Mandant des Klägers gab daraufhin nach Beratung durch den Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Auf die als Anlagen B1 und B2 vorgelegten Schreiben wird Bezug genommen. Sodann ließ der Mandant des Klägers den Mandanten der Beklagten wegen eines weiteren Wettbewerbsverstoßes abmahnen (Anlage B3).
Der Kläger, der im Rahmen seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit eine Internetseite betreibt, veröffentlichte unter der Überschrift "Abmahnung von Hr. Y durch Rechtsanwältin X einen allgemein gehaltenen Artikel über Abmahnungen und die Möglichkeiten des Abgemahnten. Der Artikel hatte den folgenden Inhalt:
[Es folgt eine Abbildung]
Aufgrund der vorgenannten Veröffentlichung mahnte die Beklagte den Kläger in eigenem Namen ab und forderte diesen auf, die folgende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben:
[Es folgt eine Darstellung der Unterlassungserklärung]
Dabei bezifferte sie den Streitwert der Abmahnung auf 50.000,00 € und forderte den Kläger auch auf, die Rechtsanwaltskosten entsprechend diese Streitwertes zu erstatten. Auf das als Anlage K3 vorgelegte Schreiben wird Bezug genommen.
Der Kläger äußerte sich dahingehend, dass die gesetzte Frist unangemessen kurz gewesen sei und kündigte an, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 24.02.2010 machte die Beklagte eigene Ansprüche dahingehend geltend, dass der Kläger es zu unterlassen habe, die Namen ihrer Mandanten zu nennen. Auf das als Anlage K5 vorgelegte Schreiben wird Bezug genommen. Die geltend gemachten Ansprüche wies der Kläger zurück.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die negative Feststellungsklage zulässig sei, da sich die Beklagte - unstreitig - der entsprechenden Unterlassungsansprüche berühmt habe. In der Sache seien die Unterlassungsansprüche nicht begründet. Hierzu trägt er vor, dass die Äußerungen entsprechend der Unterlassungsaufforderung in dem Artikel so nicht vorhanden seien. Die Klage sei auch begründet, da weder aus dem Persönlichkeits- noch aus Wettbewerbsrecht die Unterlassungen geschuldet seien.
Hinsichtlich Ziff. I.1. sei der Unterlassungsanspruch unbegründet, da die Darstellung in dem Artikel sachlich und zutreffend erfolge. Insbesondere der Hinweis auf eine erneute Abmahnung beziehe sich nicht auf die Beklagte, sondern darauf, dass - wie häufig - wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung abgemahnt worden sei. Der Bezug zur Überschrift des Artikels sei nicht hinreichend um anzunehmen, dass der Begriff "erneut" sich auf die Beklagte bezieh, da - unstreitig - über zahlreiche Abmahnung in dem Artikel berichtet werde.
Soweit die Beklagte einwendet, dass die Unterlassung der Nennung ihres Namens ohne den Zusatz "Rechtsanwältin" gefordert werde, führe dies zu keiner anderen Bewertung, da der Kläger insoweit die Feststellung eines weniger fordere. Dass von Rechtsanwälten im Plural die Rede gewesen sei, sei ein Redaktionsversehen, das jedoch nicht zu einer Rechtsverletzung führen könne.
Eine Verunglimpfung oder unwahre Tatsachenbehauptung könne auch in der Äußerung unter Ziff. I.2. nicht gesehen werden. Es werde lediglich sachlich über den Inhalt der Abmahnung durch die Beklagte im Namen ihres Mandanten berichtet. Daher liege auch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung vor.
Auch der Name der gegnerischen Rechtsanwältin dürfe verbreitet werden. Das Gleiche gelte für den Namen des Mandanten der Beklagten. Vor diesem Hintergrund bestünden keine Kostenerstattungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger, zumal diese bei einer Tätigkeit im eigenen Namen ohnehin ausgeschlossen seien.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
- Es wird festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, nachfolgende Äußerung selbst oder durch Dritte zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder zu veröffentlichen,
- Frau X habe mindestens zwei Mandanten des Herrn Rechtsanwalt I abgemahnt,
- Frau Rechtsanwältin X habe Personen abgemahnt und dafür habe es keine materiell-rechtliche Grundlage gegeben,
- Frau Rechtsanwältin X setze überhöhte Gegenstandswerte an,
- der in der Berichtserstattung gemäß Anlage K1 zugrunde liegende Verstoß gegen die Preisangabenverordnung des Mandanten des Klägers sei streitig.
- Es wird festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, selbst oder durch Dritte
- den Namen von Frau Rechtsanwältin X zu veröffentlichen oder zu verbreiten,
- den Namen von Frau Rechtsanwältin X für Werbezwecke zu benutzen.
- Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen die Namen der Mandantschaft der Frau Rechtsanwältin X ohne die ausdrückliche Einwilligung der Mandantschaft der Frau X zu verbreiten und/oder zu veröffentlichen unabhängig davon, ob sich aus der Veröffentlichung und/oder Verbreitung ergibt, ob es sich um Mandantschaft der Frau Rechtsanwältin X handelt.
- Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 50.000,00 € zu erstatten.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
- Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte erkennt der Antrag Ziff. I.3. an und beantragt im Übrigen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Abmahnung ihres Mandanten Y sei berechtigt gewesen. Daher bestünde auch der Unterlassungsanspruch hinsichtlich Ziff. I.4. Auch die weiteren Unterlassungsansprüche seien - mit Ausnahme des anerkannten Anspruchs - gegeben.
Soweit der Kläger die Feststellung fordere, den Namen der Beklagten mit dem Zusatz "Rechtsanwältin" nicht mehr zu verwenden, entspreche dies bereits nicht der geforderten Unterlassung. Auch sei die Nutzung des Namens der Beklagten zu Werbezwecken unzulässig. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass der Artikel inhaltlich nicht von der konkreten Abmahnung handele. Auch suggeriere der Artikel, dass die Abmahnung rechtswidrig gewesen sei. Jedenfalls sei die Beklagte - unstreitig - alleine tätig, so dass die Darstellung im Plural jedenfalls nicht richtig sei. Schließlich zeige die Nutzung des Begriffes "erneut", dass der Beklagten der Versandt von mindestens zwei Abmahnungen vorgehalten werde. Dies sei - unstreitig - nicht zutreffend.
Auch soweit der Anspruch des Mandanten der Beklagten als rechtlich zweifelhaft dargestellt werde, sei dies wahrheitswidrig. Die Nennung ihres Namens und des Namens ihres Mandanten zu Werbezwecken sei jedenfalls nicht zulässig. Daher bestünden auch die Ansprüche auf Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten.
Soweit der Klageanspruch anerkannt worden sei, müsse der Kläger die insoweit entstandenen Kosten tragen, da dieser - unstreitig - nicht abgemahnt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die negative Feststellungsklage ist, auch soweit die Beklagte den Klageanspruch nicht anerkannt hat, zulässig und begründet, da ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht und die geforderten Unterlassungen unbegründet sind. Im Einzelnen:
Das im Rahmen der negativen Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers besteht. Ein solches ist ohne weiteres anzunehmen, da sich die Beklagte im Rahmen der Abmahnungen gegenüber dem Kläger - unstreitig - der geltend gemachten Unterlassungsansprüche berühmte. Auch hinsichtlich des Klageantrages Ziff. II. ist das Feststellungsinteresse begründet. Richtig ist zwar insoweit, dass sich die Beklagte nicht eines Unterlassungsanspruchs mit dem Zusatz "Rechtsanwältin" berühmte, sondern vielmehr die Unterlassung ihrer namentlichen Nennung im Allgemeinen verlangte. Dieser Anspruch enthält aber auch - wie der Kläger zutreffend ausführt - die Darstellung der Beklagten in ihrer beruflichen Position als Rechtsanwältin, so dass auch insoweit ein Berühmen anzunehmen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf ein allgemeines Unterlassen der Namensnennung jedenfalls nicht gegeben ist, da dieser - unstreitig - die Beklagte nur im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin namentlich erwähnte.
Die Klage ist auch begründet. Denn der Beklagten steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen gegen den Kläger zu.
Dies gilt hinsichtlich des Antrages Ziff. I.3. bereits deshalb, da die Beklagte diesen Anspruch anerkannt hat.
Ein Anspruch aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten gemäß §§ 823 ff BGB ist auch hinsichtlich der weiteren Äußerungen nicht anzunehmen.
Hinsichtlich der in Ziff. I. 1., 2. und 4. sowie II. genannten Äußerungen kommt ein Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger nicht in Betracht, da sich die von der Beklagten geforderte Unterlassungsverpflichtung nicht hinreichend an der konkreten Verletzungsform orientiert. Vielmehr sollen im Rahmen der geforderten Unterlassung die Interpretationen der Äußerung durch die Beklagte untersagt werden. Diese enthält jedoch zahlreiche Wertungen, die im Antrag nicht zulässig sind. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsanspruch - wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung annimmt (vgl. BGH in NJW 1975, 1882) - auf die unzulässigen Behauptungen in ihrer konkreten Form beschränkt bleibt (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 12.79). Ob sodann ein Verstoß vorliegt, ist im Rahmen der Kerntheorie zu prüfen, wenn ggf. kerngleiche Äußerungen getätigt würden.
Dies ergibt sich auch daraus, dass die genannten Äußerungen sowie die Nennung des Namens der Beklagten nicht generell untersagt werden können. Vielmehr kann sich die Unterlassungsverpflichtung lediglich auf das beziehen, was der Kläger tatsächlich äußerte.
Aber auch in der Sache ist die Klage begründet, da der Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auch in ihrer konkreten Form nicht zustünden.
Denn unwahre Tatsachenbehauptungen oder unzulässige Meinungsäußerungen sind in den angegriffenen Äußerungen nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich nicht um Schmähkritik. Im Einzelnen:
Ein Eingriff in das durch Art. 1, 2 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beklagten ist nicht gegeben. Die streitgegenständlichen, aus dem Antrag ersichtlichen Äußerungen wurden zwar durch den Kläger getätigt. Die Beklagte ist von den Äußerungen auch betroffen, da sich diese unter Namensnennung auf ihre Person beziehen.
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beklagten ist jedoch nicht rechtswidrig. Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen - wie vorliegend - die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2, 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung handelt, bestimmt sich wie folgt: Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer "Meinung" zum Schutz des Grundrechts von Art. 5 Abs. 1 GG umfasst wird, ist das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung (vgl. grundlegend BVerfGE 61, 1, 8f). Dabei kann auch die Äußerung von Tatsachen, die der Meinungsbildung dienen, in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG fallen (vgl. BVerfGE 90, 1, 15). Eine Tatsachenbehauptung ist anzunehmen, wenn die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; BGH NJW 1996, 1131). Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH NJW 1998, 3047).
Maßgeblich für das Verständnis und den Inhalt einer Äußerung ist insoweit nicht die subjektive Absicht des sich äußernden Klägers, sondern allein der Sinn, der den Äußerungen nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zukommt (BVerfG NJW 2006, 207 - "IM-Sekretär" Stolpe). Abzustellen ist insoweit auf den unbefangenen Durchschnittsempfänger unter Berücksichtigung der Gesamtdarstellung, wie sie für ihn erkennbar ist (BVerfG NJW 1995, 3303 - Soldaten sind Mörder II; NJW 1999, 483; BGH NJW 2002, 1192). Es kommt auf Durchschnittsempfänger an, die mit der Materie nicht speziell vertraut sind (BGH NJW 1995, 861 - Caroline von Monaco I). Dabei ist nicht auf das Verständnis des unkritischen Durchschnittslesers, sondern richtigerweise auf dasjenige des unvoreingenommenen und verständigen Publikums abzustellen (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 4.4).
Bei Tatsachenbehauptungen kommt es im Rahmen der anzustellenden Abwägung für die Zulässigkeit ihrer Äußerung entscheidend auf den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptung an. Bewusst unwahre Tatsachen oder Tatsachen, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung zweifelsfrei feststeht, fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 I GG (Palandt, BGB, § 823 Rn. 101a m.w.N.). Ihre Äußerung ist daher grundsätzlich unzulässig. Die Verbreitung ehrenrühriger wahrer Tatsachenbehauptungen hingegen ist grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht die Intim- oder Privatsphäre des Betroffenen betreffen. In letzterem Fall ist jedoch weiter zu prüfen und abzuwägen, ob ihre Äußerung durch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gedeckt ist (Palandt, BGB, § 823 Rn. 101a m.w.N.).
Nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei den Äußerungen unter Ziff. I.1., 2. und 4. um Meinungsäußerungen. Denn die rechtliche Bewertung des Sachverhaltes steht im Vordergrund.
Diese Meinungsäußerungen sind nicht zu untersagen. Insbesondere liegt keine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Beklagten durch diese Äußerungen vor. Denn im Rahmen der Abwägung der entgegenstehenden Belange der Beteiligten ist - wie dargelegt - die gemäß Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit des Klägers zu berücksichtigen.
Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist zwar nicht vorbehaltlos gewährt, sondern steht gem. Art. 5 Abs. 2 GG insbesondere unter der Schranke der allgemeinen Gesetze, zu denen auch die hier relevanten Vorschriften der §§ 823, 1004 BGB gehören. Jedoch ist bei der Auslegung und Anwendung der grundrechtsbeschränkenden Normen des einfachen Rechts die wertsetzende Bedeutung des beeinträchtigten Grundrechts zu berücksichtigen.
Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gibt einem Betroffenen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen Anspruch darauf so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist. Auch eine Prangerwirkung - wie von der Beklagten angenommen - ist nicht ersichtlich. Eine solche kann erwogen werden, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten aus der Sozialsphäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt, was insbesondere dort in Betracht kommt, wo eine Einzelperson aus der Vielzahl derjenigen, die das vom Äußernden kritisierte Verhalten gezeigt haben, herausgehoben wird, um die Kritik des als negativ bewerteten Geschehens durch Personalisierung zu verdeutlichen. Dabei kann die Anprangerung dazu führen, dass die regelmäßig zulässige Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall mit Rücksicht auf die überwiegenden Persönlichkeitsbelange des Betroffenen zu untersagen ist (vgl. BVerfG GRUR 2010, 544, m.zahlr.w.N.).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kommt jedoch nicht in Betracht. Denn mit der Darstellung der Abmahnung durch die Beklagte ist ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder wesentlicher Teile desselben, wie es der Annahme einer Anprangerung vorausgesetzt ist, nicht verbunden. Vielmehr gehört es zur üblichen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes, insbesondere eines solchen, der in Wettbewerbsstreitigkeiten tätig ist, Abmahnungen zu versenden. Eine solche Darstellung kann sich daher nicht schwerwiegend auf die Ehre der Beklagten auswirken.
Auch die ergänzende Darstellung der Beklagten, dass die Äußerungen des Klägers auf dessen Homepage einen falschen Eindruck erwecken, führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn die tatsächlichen Elemente der Darstellung über das Verhalten der Beklagten treten in den Hintergrund.
Ob der Eindruck entstehen kann, dass die Beklagte mehr als einmal den Mandanten des Klägers abmahnte und sie in einer Sozietät mit mehreren Rechtsanwälten tätig ist, kann offen bleiben. Denn auch bei Annahme eines solchen Eindrucks würde eine rechtswidrige Äußerung nicht vorliegen. Denn in diesem Fall wäre die Äußerung aus der Sicht der Beklagten zwar eine objektive Falschdarstellung. Diese wäre jedoch als wertneutral einzustufen (vgl. Wanckel in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 20 Rn. 19). Eine Äußerung ist dann als wertneutral anzusehen, wenn die Abweichung für das Persönlichkeitsrecht nicht von Bedeutung ist. So liegt der Fall hier. Denn ob die Beklagte, die als Rechtsanwältin regelmäßig Abmahnungen versendet, da dies - wie dargelegt - Teil ihrer beruflichen Tätigkeit ist, den Mandanten des Klägers ein oder zweimal abmahnte, spielt für ihre Außendarstellung ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob neben ihr ein weiterer Rechtsanwalt ihrer Praxis tätig ist.
Auch hinsichtlich des Antrages Ziff. II ist die Klage begründet. Denn auch insoweit besteht ein Unterlassungsanspruch der Beklagten nicht. Wie bereits zu den vorstehend genannten Äußerungen ausgeführt, liegt ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beklagten unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Klägers nicht vor, da eine Darstellung ihrer Tätigkeit, die die Sozialsphäre berührt, zulässig ist. Denn wenn die Darstellung der Abmahnung der Beklagten - wie das Bundesverfassungsgericht (GRUR 2010, 544) ausdrücklich aufgeführt hat - auch unter Darstellung des Inhaltes eines anwaltlichen Schreibens zulässig ist, kann die Namensnennung isoliert betrachtet nicht unzulässig sein.
Die Klage ist ebenfalls hinsichtlich des Anspruchs Ziff. III. begründet. Insoweit steht der Beklagten bereits kein eigener Anspruch zu, da ihr Persönlichkeitsrecht durch die Nennung des Namens ihrer Mandanten nicht betroffen ist. Darüber hinaus ist eine Rechtsanwaltskanzlei grundsätzlich befugt, sog. Gegnerlisten zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung kann unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) zulässig sein (vgl. BVerfG in GRUR 2008, 352). Eine Abwägung der einzelnen Interessen kann dabei nicht erfolgen. Denn diese müsste für einen konkreten Mandanten der Beklagten vorgenommen werden. Die Beklagte hat jedoch einen allgemeinen Unterlassungsanspruch geltend gemacht.
Soweit die Beklagte auf ihren Mandanten Y abstellen will, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn dieser wird im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit erwähnt, was - nach den Ausführungen des BVerfG (a.a.O.) - zulässig ist.
Auch ein wettbewerblicher Unterlassungsanspruch gemäß § 8 UWG besteht nicht. Denn ein geschäftsmäßiges Handeln des Klägers im Sinne des UWG kann vorliegend nicht angenommen werden. Zwar liegt ein solches objektiv vor, wenn die Handlung geeignet ist, den Absatz oder die Bezugsmöglichkeiten von Wettbewerbern zu beeinträchtigen (vgl. von Strobl-Albeg in Wenzel, a.a.O., Kap. 5.302). Auch kann dies bei der Homepage eines Rechtsanwaltes angenommen werden. Jedoch muss auch eine Wettbewerbsabsicht vorliegen (vgl. von Strobel-Albeg, a.a.O., Kap. 5.305). Da vorliegend über die Internetseite des Klägers allgemeine Informationen über rechtliche Fragen, aktuelle Entscheidungen u.ä. verbreitet werden, kann die Wettbewerbsabsicht nicht vermutet werden (vgl. von Strobel-Albeg, a.a.O., Kap. 5.313). Vielmehr müsste sie positiv festgestellt werden. Hierfür sind jedoch hinreichende Anhaltspunkte nicht vorhanden, da es nicht ausreichend ist, wenn der Wettbewerb durch die Darstellung objektiv gefördert wird.
Da die Unterlassungsansprüche, aufgrund derer die Beklagte den Kläger abgemahnt hat, nicht bestehen, ist auch in der Sache ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 823 BGB oder aus den Grundsätzen der GOA nicht anzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit die Beklagte den Anspruch Ziff. I.3. anerkennt hat, waren ihr die Kosten ebenfalls aufzuerlegen, da kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vorliegt. Vor Erhebung einer negativen Feststellungsklage ist eine Abmahnung nicht erforderlich, da die Berühmung der Beklagten (s.o.) ihre fehlende Bereitschaft zum Nachgeben signalisiert (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 93 Rn. 6). Der Kläger konnte daher davon ausgehen, ohne das Verfahren nicht zu seinem Recht zu kommen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Streitwert: 40.000,00 € (Ziff. I: 20.000,00 €, Ziff. II: 10.000,00 €, Ziff. III: 10.000,00 €, Ziff. 4: kein eigener Streitwert).