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OLG Hamburg Urteil vom 16.01.2008 - 5 U 148/06 - Rechtzeitiger Hinweis auf die Versandkosten

OLG Hamburg v. 16.01.2008: Rechtzeitiger Hinweis auf die Versandkosten


Das OLG Hamburg (Urteil vom 16.01.2008 - 5 U 148/06) hat entschieden:

  1.  Wird im Internet für einen Internet-Zugangsvertrag mit einer Preisangabe geworben und zugleich für eine ISDN-Karte als frei wählbare Zusatzleistung, für die Versandkosten anfallen, so kann noch innerhalb des bereits eingeleiteten Bestellvorgangs für den Internet-Zugangsvertrag auf die Versandkosten für die ISDN-Karte hingewiesen werden, wenn der Verbraucher erst zu diesem Zeitpunkt im Ablauf der Bestellroutine gefragt wird, ob er die ISDN-Karte als Zusatzleistung bestellen will oder nicht.

  2.  Der Senat versteht die Entscheidung „Versandkosten“ des BGH (GRUR 2008, 84) so, dass mit der „Einleitung des Bestellvorgangs“, d.h. dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV gemacht werden müssen, kein rein formaler Aspekt angesprochen ist, d.h. alle Informationen nach § 1 Abs. 2 PAngV verspätet sind, die nach Aufrufen einer mit „Bestellen“ oder „Bestellung“ o.ä. bezeichneten Internetseite gegeben werden. Vielmehr genügt es, dass die Informationen spätestens bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem sich die Kaufentscheidung des Verbrauchers auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung konkretisiert hat, ohne dass er bereits ein bindendes Kaufangebot i.S. von § 145 BGB abgegeben haben muss.




Siehe auch
Versandkosten
und
Preisangaben


Zum Sachverhalt:


Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich von Internetzugängen. Die Beklagte warb am 27.11.2003 auf ihrer Internetseite für ihren Internet-Zugang und in diesem Zusammenhang mit dazu passender Hardware, nämlich einer ISDN-Karte unter der Bezeichnung „AVM Fritz!Card PCI 2.0“ zum Preis von € 69.- . Die Klägerin hielt die seinerzeitige - inzwischen geänderte - Werbung der Beklagten wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung für wettbewerbswidrig, da die Beklagte nicht hinreichend darauf hingewiesen habe, dass zu dem Preis von € 69.- noch Versandkosten in Höhe von € 6,90 hinzu kämen.

Die im Streit befindliche Werbung war wie folgt gestaltet : Auf einer mit „ 1 & 1 Internet-Zugang“ betitelten Seite befindet sich eine Abbildung der „AVM Fritz!Card PCI 2.0“ in einem umrahmten Kasten. An dem Preis von € 69.- ist ein Sternchen angebracht und unterhalb des Preises ein Link „ mehr Info“ . Am Ende dieser Bildschirmseite befand sich eine Sternchenauflösung mit dem Text „9 -23 Uhr 0,99 ct/Minute, 23-9 Uhr 0,49 ct/Minute ( 4,99 € Grundgebühr pro Minute)“. Am linken Rand der Seite wurde u.a. die Option „Bestellen“ zur Verfügung gestellt.

Der unter dem Preis von € 69.- befindliche Link „mehr Info“ führte zu einer weiteren Internetseite, auf der die streitgegenständliche Karte zum Preis von € 69.- und einem hieran angebrachten Sternchen wiederum beworben wurde. Am Ende dieser Seite befand sich eine Sternchenauflösung mit den Worten „ Zuzüglich 6,90 € Versandkosten“. Dazwischen stand ein längerer Text mit Angaben zu den technischen Einzelheiten der Karte, zum Lieferumfang und dazu, dass die Karte mehrfach Testsieger geworden sei. An insgesamt vier Stellen des Textes war ein Link „Jetzt bestellen“ angebracht . Zwischen den Parteien war streitig, inwieweit es erforderlich war, die Seite hinab zu scrollen, um die Sternchenauflösung mit dem Hinweis auf die Versandkosten wahrnehmen zu können.

Beim Anklicken des Links „Jetzt bestellen“ wurde ein mehrstufiges Bestellverfahren in Gang gesetzt. Dieses besteht aus den Schritten „Tarifauswahl - Hardwareauswahl - Kundendaten - Bankverbindung - Verschiedenes - Zusammenfassung - Auftragsbestätigung“. Auf der nach Passieren der Seite „ Tarifauswahl “ erreichten Seite„ Hardwareauswahl“ konnte alternativ angekreuzt werden „Keine Hardware“ oder „Die ISDN-Karte : AVM Fritz!Card (für nur 69 € zzgl. 6,90 € Versandkosten)“.

Nach voraufgegangenem Verfügungsverfahren nahm die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung der Bewerbung der ISDN-Karte ohne gleichzeitigen leicht erkennbaren Hinweis auf die Versandkosten in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Unterlassung stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Das Rechtsmittel war erfolgreich.





Aus den Entscheidungsgründen:


"Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Nach Verkündung der Entscheidung „Versandkosten“ des BGH hält der Senat an seiner noch im Verfügungsverfahren vertretenen Auffassung nicht mehr fest, dass die Beklagte mit der angegriffenen Werbung gegen die Preisangabenverordnung verstoßen habe. Vielmehr hat die Beklagte nach den Grundsätzen des BGH, die er für den Fernabsatz von Waren im Internet aufgestellt hat, in ausreichender Weise und auch noch rechtzeitig darauf hingewiesen, dass für den Erwerb der AVM FRITZ!Card Versandkosten von € 6,90 zu zahlen seien. Im Einzelnen :

1. Gegenstand des Unterlassungsantrags in seiner in der Berufungsinstanz noch verteidigten Fassung ist die Bewerbung von Waren für den Versand im Zusammenhang mit einem Internet-Zugangsvertrag mit Preisangaben, ohne auf zusätzlich anfallende Versandkosten hinzuweisen, wenn dies mit der Aussage „AVM FRITZ!Card PCI 2.0 , nur € 69.-“ ohne Hinweis auf zusätzlich anfallende Versandkosten von € 6,90 wie in der Anlage K 1 geschieht. Dieser Antrag ist nach Auffassung des Senats zulässig. Soweit der BGH in der Entscheidung „Versandkosten“ den dort gestellten Unterlassungsantrag für zu unbestimmt gehalten hatte, mit dem u.a. die Bewerbung von Artikeln des Sortiments unter Angabe von Preisen verboten werden sollte, „soweit dies ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis darauf geschieht, ob und ggf. in welcher Höhe Versandkosten anfallen …., insbesondere wie …..geschehen“, hat die hiesige Klägerin durch Streichung der Worte „in leicht erkennbarer Weise“ und „insbesondere“ und außerdem durch Hinzufügung der Worte „wie geschehen in der Anlage K 1“ diesen Bedenken Rechnung getragen und das begehrte Verbot in hinreichend bestimmter Weise auf die konkrete Verletzungsform zugeschnitten.

2. Der Unterlassungsantrag bezieht sich auf die Bewerbung von Waren mit Preisen, so dass es auf den Streit der Parteien darüber, ob es sich bei der Internetseite gemäß Anlage K 1 bereits um ein Angebot im Sinne von § 1 Abs.1 S.1 1.Alt. PAngV handelt, nicht ankommt. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2005 in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren zum Aktz. 5 U 128/04 entschieden hat, ist § 1 Abs.2 PAngV in richtlinienkonformer Auslegung auch für die Werbung mit Preisen anzuwenden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug. In seiner Entscheidung „Versandkosten“, die ebenfalls eine Preiswerbung betraf, ist der BGH auf diese Frage nicht eingegangen. Er geht nach dem Verständnis des Senats aber offensichtlich als selbstverständlich davon aus, dass die Hinweise nach § 1 Abs.2 PAngV auch bei der Werbung mit Preisen gegeben werden müssen.

3. Das Landgericht hat angenommen, dass die streitgegenständliche Werbung gegen § 1 Abs.2, 6 PAngV verstoße und der Klägerin damit ein Unterlassungsanspruch nach den §§ 4 Nr.11, 8 Abs.3 Nr.1 UWG zustehe. Die Entscheidung des Landgerichts entsprach der bisherigen Rechtsprechung des Senats und seinem Urteil in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren.




Soweit der Senat für den Fernabsatz im Internet bislang die Auffassung vertreten hatte, dass sich die Angabe zu den Versandkosten entweder auf derselben Bildschirmseite wie die Preiswerbung und in unmittelbarer Nähe zu dieser befinden müsse oder an dieser Stelle zumindest ein sog. sprechender Link zu fordern sei, der den Verbraucher zu den Versandkosten führe, ist diese Rechtsprechung nach der Entscheidung des BGH „Versandkosten“ vom 4.10.2007 zu streng. Nach Auffassung des BGH genügt es, wenn die Informationen nach § 1 Abs.2 PAngV alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die der Internetnutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen muss ( Rn.31, Hervorhebungen durch den Senat ). Weiter hat der BGH ausgesprochen, dass es für Hinweise, die sich auf derselben Internetseite wie die Preiswerbung befänden, genügen könne, wenn sie nicht unmittelbar neben den Preisen der beworbenen Waren stünden, sondern z.B. auch in einem hervorgehobenen Vermerk auf derselben Seite ( einer sog. Sternchenfußnote ) oder auch auf einer nachgeordneten Seite, auf die ein unzweideutiger Link verweise ( Rn.15 ).

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann in dem jetzigen Hauptsacheverfahren dahingestellt bleiben, ob auf den Internetseiten gemäß Anlage K 1 und der mit dieser durch den Link mehr Info verbundenen Internetseite gemäß Anlage K 2 in ausreichender Weise darauf hingewiesen wird, dass zusätzlich zu dem Kaufpreis von € 69.- noch € 6,90 an Versandkosten anfallen, was der Senat im Verfügungsverfahren verneint hatte. Der Beklagten kann trotz der z.T. verwirrenden Darstellung auf der Internetseite Anlage K 1, insbesondere der fehlenden Auflösung zu dem Sternchen an dem Preis für die AVMFRITZ!Card , kein Verstoß gegen die §§ 1 Abs.2, 6 PAngV wegen unzureichender Aufklärung über die Versandkosten vorgeworfen werden, sofern die nach dieser Vorschrift geschuldeten Informationen auf einer nachfolgenden Internetseite gegeben werden, die der Nutzer vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen muss. So liegt es hier. Denn eine rechtzeitige Information in diesem Sinne erfolgt nach Auffassung des Senats durch die auf der Internetseite „Hardwareauswahl“ gemäß Anlage K 3 eröffnete Option, einen Internet-Zugang mit oder ohne die AVMFRITZ!Card zu bestellen. An dieser Stelle befindet sich unmittelbar neben der Preisangabe von € 69.- in gleicher Größe der deutliche und gut lesbare Hinweis „zzgl. 6,90 € Versandkosten“. Er ist damit der Preisangabe auch unmittelbar zugeordnet , leicht erkennbar und gut wahrnehmbar im Sinne des § 1 Abs.6 PAngV.

Spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass jede Bestellung eines Internet-Zugangs bei der Beklagten das unter Ziff.I der Gründe beschriebene mehrstufige Bestellverfahren in Gang setzt, dessen zweiten Schritt die Seite „Hardwareauswahl“ gemäß Anlage K 3 bildet. Es ist also gleichgültig, ob ein Verbraucher – insbesondere ein solcher, der die Eigenschaften der AVMFRITZ!Card bereits kennt und nicht den Link mehr Info betätigt – über die am linken Rand der Internetseite Anlage K 1 vorhandene Option „Bestellen“ oder erst nach Aufrufen der Internetseite gemäß Anlage K 2 über den dort mehrmals angebrachten Link Jetzt bestellen in diesen Bestellvorgang gelangt.



Mit der Einleitung dieses Seitenablaufs, und zwar mit der ersten Seite „Tarifauswahl“ mag zwar der Bestellvorgang hinsichtlich des Internet-Zugangs in Sinne der Rechtsprechung des BGH eingeleitet werden. Der vorstehende Sachverhalt ist jedoch von der Besonderheit geprägt, dass es sich bei dem Erwerb der AVMFRITZ!Card um eine frei wählbare Zusatzleistung zu dem Internet-Zugang handelt und die Wahl für diese Leistung erst innerhalb des Bestellvorgangs für den Internet-Zugang getroffen werden muss. Der Senat versteht die Entscheidung des BGH so, dass mit der „Einleitung des Bestellvorgangs“, d.h. dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angaben nach § 1 Abs.2 PAngV gegeben sein müssen, kein rein formaler Aspekt angesprochen ist, etwa mit der Folge, dass alle Informationen, die nach Aufrufen einer mit „Bestellen“ oder „Bestellung“ o.ä. bezeichneten Internetseite gegeben werden, preisangabenrechtlich verspätet sind. Vielmehr genügt es bei der Bewerbung von Fernabsatzgeschäften im Internet, dass die Informationen gemäß § 1 Abs.2 PAngV spätestens bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem sich die Kaufentscheidung des Verbrauchers auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung konkretisiert hat, ohne dass es erforderlich ist, dass er bereits ein bindendes Kaufangebot i.S. von § 145 BGB abgegeben hat. Dieses ist hier der Zeitpunkt, zu dem er sich dafür entscheidet, neben dem Internet-Zugang auch die AVM FRITZ! Card zu bestellen. Der Hinweis auf die Versandkosten wurde also noch rechtzeitig gegeben, so dass mangels Verstoßes gegen die PAngV kein Wettbewerbsverstoß und damit auch kein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegeben ist. ..."

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