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Landgericht Berlin Urteil vom 20.10.2015 - 103 O 80/15 - In den AGB enthaltene Widerrufsbelehrung

LG Berlin v. 20.10.2015: Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in den abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Widerrufsbelehrung in AGB)


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 20.10.2015 - 103 O 80/15) hat entschieden:

  1.  Enthalten die AGB eines Anbieters, der seine Leistungen auf diversen Internet-Plattformen und Webseiten anbietet, Hinweise über das Widerrufsrecht, so ist es nicht ausreichend, wenn der Link, der zu dem entsprechenden Unterseiten führt, nur mit "AGB" bezeichnet ist. Es ist vielmehr ein sog. sprechender Link nötig, der auf das Widerrufsrecht hindeutet.

  2.  Es genügt nicht, dass der Käufer, der bereits um sein Widerrufsrecht weiß, mit mehr oder weniger Fantasie in der Lage ist, auf der Internetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrung hat vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Diesen Zweck kann ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereits erkennen lässt, dass Informationen über ein Widerrufsrecht aufgerufen werden können.




Siehe auch Webseitengestaltung - Webdesign und Stichwörter zum Thema Widerrufsrecht


Tatbestand:

Der Kläger ist ein Verband zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte bietet auf diversen Internetplattformen und Webseiten Dienstleistungen für private und gewerbliche Kunden rund um das Thema Umzug an. Unter anderem betreibt sie die Internetseite www.... .info. Diese ist wie nachfolgend wiedergegeben gestaltet (Anlage K1):

   (Anmerkung der Geschäftsstelle: Die hier eingepflegten Anlagen werden aus Gründen der Anonymisierung nicht mitgeliefert.)

Eine Widerrufsbelehrung befindet sich in § 12 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dorthin gelangt man durch Anklicken des Feldes "AGB". Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind wie folgt gestaltet (Anlage K2):

   (Anmerkung der Geschäftsstelle: Die hier eingepflegten Anlagen werden aus Gründen der Anonymisierung nicht mitgeliefert.)

Der Kläger mahnte die Beklagte vergeblich ab. Die Beklagte änderte zwar ihren Internetauftritt und zahlte die vom Kläger berechneten Abmahnkosten, weigerte sich jedoch, eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Kläger trägt vor: Die Beklagte verstoße gegen die Pflicht, den Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise über sein Widerrufsrecht zu belehren. Es sei für den Verbraucher nicht erkennbar, dass sich hinter dem Feld "AGB" die Widerrufsbelehrung verberge.

Der Kläger beantragt,

   was erkannt wurde.

[Der Beklagten wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet unter www…. .info Nachsendedienste für Verbraucher anzubieten und dabei auf das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht lediglich im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und in diese unauffällig eingebettet hinzuweisen, wenn der Link, der zur Widerrufsbelehrung führt, lediglich mit der Aufschrift "AGB" beschriftet ist und wenn der Bestellvorgang so verläuft, wie in Anlage K 1 wiedergegeben und wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen so gestaltet sind, wie in Anlage K 2 wiedergegeben.]

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Die Klage sei unzulässig, weil der Klageantrag zu 1. zu unbestimmt sei. Es werde nicht deutlich, was unter "unauffällig eingebettet" zu verstehen sei.

Ein Rechtsverstoß liege nicht vor. Der Verbraucher werde in klarer und verständlicher Weise über sein Widerrufsrecht belehrt, denn sie verwende den Text des amtlichen Musters. Vorschriften dazu, wie der Link zur Widerrufsbelehrung zu beschriften sei, enthalte das Gesetz nicht. Der Verbraucher sei daran gewöhnt, dass sich die Widerrufsbelehrung innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen befinde. Zudem werde auf das Widerrufsrecht in der Bestellübersicht dadurch hingewiesen, dass der Verbraucher das Feld "ich stimme den AGB und der Dienstleistungsbelehrung von ... .info zu." zwingend anklicken müsse.

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.





Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag zu 1. ist ausreichend bestimmt. Er nimmt Bezug auf die konkrete Verletzungsform in den Anlagen K1 und K2, durch die definiert wird, was unter "unauffällig eingebettet" zu verstehen ist.

Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 312 d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 a § 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 EGBGB ein Unterlassungsanspruch zu.

Nach Art. 246 a § 4 Abs. 1 EGBGB müssen die Informationen über das Widerrufsrecht dem Verbraucher in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört es, dass die Widerrufsbelehrung in klarer und verständlicher Sprache gefasst ist. Dies kann bei Verwendung der Muster-​Widerrufsbelehrung angenommen werden. Erforderlich ist aber auch eine klare und verständliche Darstellung der Informationen auf dem jeweiligen Medium (vergleiche die Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1, BT-​Drucksache 17/12.637, Seite 75). Dazu gehört, dass der Verbraucher ohne weiteres erkennen kann, dass und wo ihm die Widerrufsbelehrung zuteil wird. Es genügt nicht, dass der Käufer, der bereits um sein Widerrufsrecht weiß, mit mehr oder weniger Fantasie in der Lage ist, auf der Internetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrung hat vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Diesen Zweck kann ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereits erkennen lässt, dass Informationen über ein Widerrufsrecht aufgerufen werden können (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Dezember 2006, 6 U 129/06 –, juris).

Diesen Anforderungen wird die Gestaltung der Internetseite der Beklagten nicht gerecht. Sie enthält keinen Link, der mit "Widerrufsbelehrung" bezeichnet wäre. Dass der Verbraucher sich denken kann, dass innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglicherweise eine Widerrufsbelehrung vorhanden ist, reicht nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus. Diese haben nach wie vor Gültigkeit, denn auch nach den früheren Vorschriften, die der Entscheidung des OLG Frankfurt zugrunde lagen, musste die Widerrufsbelehrung klar und verständlich erfolgen.



Ohne Erfolg verweist die Beklagte darauf, dass der Verbraucher, der ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen will, zwingend das Kästchen "ich stimme den AGB und der Dienstleistungsbelehrung von … .info zu" anklicken muss. Gerichtsbekannt klicken die Mehrzahl der Internetnutzer dieses Kästchen an, ohne die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis zu nehmen. Auch ist der Hinweis auf eine "Dienstleistungsbelehrung" nicht geeignet, den Verbraucher darüber zu informieren, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Widerrufsbelehrung enthalten ist. Das Wort "Dienstleistungsbelehrung" ist ungewöhnlich und unbekannt. Der Verbraucher kann sich darunter nichts vorstellen.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass auch andere Versandhändler die Widerrufsbelehrung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorhalten. Dies ist nicht grundsätzlich unzulässig und wird vom Kläger auch nicht als solches beanstandet. Erforderlich ist lediglich, dass sich im Rahmen des Bestellvorganges ein klarer Hinweis darauf findet, dass die Widerrufsbelehrung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und der Verbraucher diese ohne weiteres aufrufen kann, etwa durch einen Link, der direkt zur entsprechenden Passage in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt.

Gemäß § 286 Abs. 1 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf Verzinsung des von ihm geleisteten Gerichtskostenvorschusses ab Rechtshängigkeit. Die Beklagte befand sich mit der Abgabe der Unterlassungserklärung aufgrund der nochmaligen Aufforderung des Klägers mit Schreiben vom 21.1.2015 in Verzug.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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