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BGH Beschluss vom 18.09.2014 - I ZR 201/12 - Ausweisung der Überführungskosten eines Neufahrzeugs neben dem Endpreis
BGH v. 18.09.2014: Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Preisangabenrichtlinie und der UGP-Richtlinie: Wettbewerbswidrige Kraftfahrzeughändlerwerbung unter gesonderter Ausweisung der Überführungskosten eines Neufahrzeugs neben dem Endpreis
Der BGH (Beschluss vom 18.09.2014 - I ZR 201/12) hat entschieden:
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, die dieser fortführen möchte, muss ein Kfz-Einzelhändler bei der Werbung für Kraftfahrzeuge grundsätzlich auch die Kosten der Überführung der Fahrzeuge vom Hersteller zum Händler in den Endpreis aufnehmen, weil der Verkehr solche Nebenkosten nicht als zusätzliche Frachtkosten, sondern als Bestandteil des Endpreises auffasst.
Nach dem 12. Juni 2013 steht diese Sichtweise nur dann mit dem Unionsrecht in Einklang, wenn sie entweder in der Richtlinie 98/6/EG oder in der Richtlinie 2005/29/EG eine entsprechende Grundlage hat.
Siehe auch Autohandel - Handel mit Fahrzeugen im Internet und Preisangaben im Autohandel - Überführungskosten - Abwrackprämie
Anmerkung:
EuGH v. 07.07.2016: Antwort des EuGH
Beschlusstenor:
- Das Verfahren wird ausgesetzt.
- Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Art. 1 und 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. Nr. L 80 vom 18. März 1998, S. 27) und des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. EG Nr. L 149 vom 11. Juni 2005, S. 22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Stellt eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG dar?
Falls die erste Frage zu bejahen ist:
- Muss der bei einem Anbieten im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG gemäß Art. 1 und 3 Abs. 1 Satz 1 anzugebende Verkaufspreis auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?
Falls die erste oder die zweite Frage zu verneinen ist:
- Muss der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29/EG gemäß deren Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 anzugebende "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem Kraftfahrzeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen?
Gründe:
I.
Die Beklagte, eine Kfz-Vertriebsgesellschaft, ließ in der Ausgabe der "Nürnberger Nachrichten" vom 30. März 2011 die nachstehend wiedergegebene Anzeige veröffentlichen, in der sie unter anderem mit den Angaben "z.B. Citroen C4 VTI 120 Exclusive: 21.800 €1" und "Maximaler Preisvorteil: 6.170,00 €1" warb, wobei die hochgestellte "1" zu der Angabe im unteren Bereich der Anzeige "1Preis zuzüglich Überführung in Höhe von 790,00 € ..." führte. Der Gesamtpreis, den der Kunde danach einschließlich dieser - obligatorisch anfallenden - Kosten der Überführung des Wagens vom Hersteller zur Beklagten zu zahlen hatte, war in der Anzeige nicht angegeben.
Die Klägerin, die Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e.V. (ZLW), hat die Beklagte gestützt auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 der Preisangabenverordnung (PAngV) auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen,
es zu unterlassen, für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Preisen zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis einschließlich der anfallenden Überführungskosten anzugeben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die im Berufungsverfahren auf die konkrete Verletzungsform beschränkte Klage als begründet angesehen (OLG Köln, WRP 2013, 192).
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II.
Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art. 1 und 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse vom 16. Februar 1998 und des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern vom 11. Mai 2005 ab. Vor einer Entscheidung ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die streitgegenständliche Werbung mangels Angabe des Endpreises gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV wettbewerbswidrig ist. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Für eine Endpreisangabe genüge es nicht, einen Teilpreis und einen weiteren Betrag anzugeben, den der Kunde zur Bestimmung des tatsächlichen Endpreises hinzurechnen müsse. Das gelte auch für die Überführungskosten, da der Verbraucher diese als Bestandteil des Endpreises auffasse. Der Umstand, dass in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken neben dem Preis unter anderem alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten aufgeführt seien, erfordere keine andere Auslegung. Die Regelungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 PAngV hätten ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse. Danach müsse der Verkaufspreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Diese Richtlinie habe Vorrang gegenüber der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Die Überführungskosten stellten zudem keine Frachtkosten dar. Die beanstandete Werbung beeinträchtige die Interessen der Marktteilnehmer auch spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG.
2. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 Unterfall 1 PAngV hat derjenige, der als Anbieter von Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlenden Endpreise anzugeben. Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Werbung nicht, weil dort zwar neben dem Preis für das beworbene Fahrzeug in Höhe von 21.800 € auch die obligatorisch anfallenden Kosten der Überführung des Wagens vom Hersteller zur Beklagten in Höhe von 790 €, nicht aber der einschließlich dieser Kosten für den Wagen zu zahlende Gesamtpreis angegeben war (vgl. nachstehend unter II 2 a). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt allerdings davon ab, ob die genannte Bestimmung auch noch nach dem Ablauf der in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG bestimmten Frist am 12. Juni 2013 mit dem Unionsrecht vereinbar ist. In diesem Zusammenhang erscheint es fraglich, ob eine Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des dafür zu zahlenden Preises ein Anbieten im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG darstellt (Vorlagefrage 1). Falls diese Frage zu bejahen ist, stellt sich weiterhin die Frage, ob der bei einem solchen Anbieten gemäß Art. 1 und 3 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie anzugebende Verkaufspreis auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler einschließen muss (Vorlagefrage 2). Für den Fall, dass entweder die Vorlagefrage 1 oder die Vorlagefrage 2 zu verneinen ist, stellt sich schließlich die Frage, ob der bei einer Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29/EG gemäß Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 dieser Richtlinie anzugebende "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" bei einem Kraftfahrzeug auch obligatorisch anfallende Kosten der Überführung einschließen muss (Vorlagefrage 3).
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, die dieser fortführen möchte, muss ein Kfz-Einzelhändler bei der Werbung für Kraftfahrzeuge grundsätzlich auch die Kosten der Überführung der Fahrzeuge vom Hersteller zum Händler in den Endpreis aufnehmen, weil der Verkehr solche Nebenkosten nicht als zusätzliche Frachtkosten, sondern als Bestandteil des Endpreises auffasst (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1982 - I ZR 155/80, GRUR 1983, 443, 445 = WRP 1983, 385 - Kfz-Endpreis; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 1 PAngV Rn. 18 mwN). Die gesonderte Angabe der Überführungskosten ist nur dann zulässig, wenn der Händler dem Kunden die Wahl zwischen Selbstabholung und Überführung überlässt (BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - I ZR 75/81, GRUR 1983, 658, 661 = WRP 1983, 556 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung) oder wenn die Höhe der Überführungskosten im Einzelfall unterschiedlich ist und ein umfassender Endpreis daher noch nicht angegeben werden kann (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 1 PAngV Rn. 18). Im Streitfall sind diese Voraussetzungen für eine gesonderte Angabe der Überführungskosten nicht gegeben.
b) Nach dem 12. Juni 2013 steht diese Sichtweise nur dann mit dem Unionsrecht in Einklang, wenn sie entweder in der Richtlinie 98/6/EG oder in der Richtlinie 2005/29/EG eine entsprechende Grundlage hat.
aa) Da der im Streitfall in Rede stehende Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, kommt es für die Frage, ob die Klage begründet ist, auch auf das Recht an, das im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung gilt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 8 = WRP 2014, 429 - Atemtest II, mwN).
bb) Die Beurteilung der vorliegenden Sache hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die Bestimmungen der Richtlinie 98/6/EG, soweit sie die Angabe des Verkaufspreises bei Erzeugnissen zum Gegenstand haben, die Händler Verbrauchern anbieten, Rechtsvorschriften sind, die im Sinne von Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln und die deshalb nach dieser Vorschrift bei einer Kollision mit der diese Aspekte allgemein regelnden Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG den Vorrang haben. Hinweise auf die Reichweite des insoweit geltenden Spezialitätsprinzips ergeben sich etwa aus Erwägungsgrund 10 und Erwägungsgrund 14 Satz 8 der Richtlinie 2005/29/EG (vgl. MünchKomm.UWG/Micklitz, 2. Aufl., EG D Art. 3 UGP-RL Rn. 33 f.).
cc) Nach der Bestimmung des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG können die Mitgliedstaaten in dem durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich nach dem 12. Juni 2013 keine nationalen Vorschriften beibehalten, die restriktiver - das heißt weniger streng - oder strenger als diese Richtlinie sind und zur Umsetzung von Richtlinien erlassen wurden, die Klauseln über eine Mindestangleichung enthalten (vgl. MünchKomm.UWG/Micklitz aaO EG D Art. 3 UGP-RL Rn. 38; Glöckner, GRUR 2013, 568, 573; Köhler, WRP 2013, 723). Zu den in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG angesprochenen Richtlinienbestimmungen über eine Mindestangleichung gehört nach Ansicht des Senats auch die Vorschrift des Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4 Rn. 11/7a; Köhler, WRP 2013, 723, 724; Menke, K&R 2013, 755; vgl. auch Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO Einf PAngV Rn. 13 mwN; aA Glöckner, GRUR 2013, 568, 575).
dd) Die Frage, ob nationale Vorschriften "in dem durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich" im Sinne von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG restriktiver oder strenger sind als die Richtlinie, ist durch einen Vergleich des Verbraucherschutzniveaus in den jeweiligen Regelungen festzustellen, wobei die Anforderungen der Richtlinie 2005/29/EG an entsprechende Preisangaben in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c dieser Richtlinie enthalten sind (vgl. Köhler, WRP 2013, 723, 724). Danach gelten im Falle der Aufforderung zum Kauf neben dem Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben und der Art der Preisberechnung grundsätzlich auch alle gegebenenfalls anfallenden zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten als wesentlich im Sinne von Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie. Abweichendes gilt nur dann, wenn diese Kosten sich unmittelbar aus den Umständen ergeben oder sie sich vernünftigerweise nicht im Voraus berechnen lassen. Im letzteren Fall ist über die Tatsache zu informieren, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können. Eine Aufforderung zum Kauf liegt dann vor, wenn der Verkehr über das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rn. 33 und 49 - Ving Sverige).
ee) Soweit danach Fracht-, Liefer- und Zustellkosten anzugeben sind, müssen sie nach einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum mit der Begründung vertretenen Ansicht nicht in den Endpreis eingerechnet werden, sie seien in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG gesondert aufgeführt, ohne dass - insoweit anders als bei den Steuern und Abgaben - ihre Einbeziehung angeordnet sei (OLG München, WRP 2012, 736, 739; Dreyer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 5a Rn. 110; differenzierend Großkomm.UWG/Lindacher, 2. Aufl., § 5a Rn. 59 und 56, wonach auf jeden Fall und ohne Wahlmöglichkeit des Kunden anfallende Nebenleistungselemente in den Preis einzubeziehen sind). Legt man diese Auslegung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG den weiteren Überlegungen zugrunde, ist die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV, wie sie der Senat bislang angewandt hat und auch weiterhin anwenden möchte (vgl. oben Rn. 10), strenger als die entsprechende Regelung in der Richtlinie 2005/29/EG.
ff) Es kommt mithin darauf an, ob die so verstandene Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 Unterfall 1 PAngV der Regelung in der Richtlinie 98/6/EG entspricht, weil Art. 10 dieser Richtlinie nach dem 12. Juni 2013 gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG keine Grundlage für eine strengere nationale Vorschrift mehr darstellt.
(1) Im Schrifttum ist umstritten, ob die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 Unterfall 1 PAngV, wonach ein Anbieter, der für seine Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Endpreise anzugeben hat, über die Vorgaben des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG hinausgeht, der den Fall einer Werbung regelt, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse gemäß Art. 1 dieser Richtlinie genannt wird (so Köhler, WRP 2013, 723, 725 f.; aA Goldberg, WRP 2013, 1561, 1562 f.). Dagegen spricht die Entwicklung der Bestimmungen über Preisangaben auf Unionsebene. In Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 79/581/EWG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Lebensmittelpreise und in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 88/314/EWG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise von anderen Erzeugnissen als Lebensmitteln, die am 17. März 2000 außer Kraft getreten sind (Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG), war bestimmt, dass die Pflicht zur Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit auch in der Werbung erforderlich war. Der Umstand, dass die Erwägungsgründe der Richtlinie 98/6/EG nicht erkennen lassen, dass das zuvor bestehende Verbraucherschutzniveau mit dieser Richtlinie abgesenkt werden sollte, deutet darauf hin, dass der im dortigen Artikel 1 verwandte Begriff des Anbietens von Produkten auch die Werbung für Produkte unter Angabe von Preisen umfasst.
(2) Erfasst das Anbieten im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG auch die Werbung für ein Erzeugnis unter Angabe des Preises, stellt sich die weitere Frage, ob in den nach Art. 1 und 3 Abs. 1 der Richtlinie anzugebenden Verkaufspreis auch die in Rede stehenden Überführungskosten einzurechnen sind. Nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG ist der Verkaufspreis der Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt. Der Umstand, dass Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG im Falle der Aufforderung zum Kauf einerseits den Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben und andererseits Liefer- und Zustellkosten anführt, könnte dafür sprechen, dass diese Kosten nach der Richtlinie 98/6/EG nicht in den Verkaufspreis eingerechnet werden müssen. Dies könnte gleichermaßen für die fraglichen Überführungskosten gelten. Dann wäre die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV, soweit ihr entnommen wird, dass bei einer Werbung für Kraftfahrzeuge unter Angaben von Preisen die obligatorischen Überführungskosten in den Endpreis einzurechnen sind, strenger als die entsprechende Regelung in der Richtlinie 98/6/EG.
gg) Für den Fall, dass die Vorlagefrage 1 oder die Vorlagefrage 2 zu verneinen ist, stellt sich die Frage, ob nicht - entgegen der oben in Rn. 16 dargestellten und nachfolgend in Rn. 17 bis 19 zugrunde gelegten Ansicht - der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG auch alle im Voraus berechenbaren Fracht, Liefer- und Zustellkosten sowie gegebenenfalls sonstige Nebenkosten zu umfassen hat, die zwangsläufig in bestimmter Höhe anfallen. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob sich die Wortfolge in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG "sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten" auf den gesamten vorangegangenen Text dieser Vorschrift oder aber allein auf die unmittelbar vorangegangene Passage "oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung" bezieht. Im zweiten Fall wären zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten, deren Höhe sich im Voraus berechnen lässt, in den "Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben" im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG einzurechnen. Dies würde dann auch für die Überführungskosten gelten. Denkbar ist aber auch, die Überführungskosten vom Hersteller zum Händler unabhängig von der vorstehenden Auslegung nicht den Frachtkosten im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie zuzurechnen. Dafür könnte sprechen, dass gesondert ausgewiesene Frachtkosten normalerweise nur diejenigen Kosten für die Verbringung an einen anderen Ort als den Erfüllungsort sind. Dagegen betreffen die fraglichen Überführungskosten Aufwendungen für den Transport zum Erfüllungsort. Für deren gesonderten Ausweis ohne Einrechnung in den Gesamtpreis besteht bei obligatorisch anfallenden Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes kein Anlass.
c) Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen 1 und 2 folgt daraus, dass die beanstandete Werbung dann, wenn diese Fragen beide bejaht werden, ein nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 PAngV unlauteres und nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässiges Verhalten darstellt, da ein entsprechender Rechtsverstoß geeignet ist, die Interessen der betroffenen Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 16/08, GRUR 2010, 1110 Rn. 28 = WRP 2010, 1498 - Versandkosten bei Froogle II; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, GRUR 2011, 82 Rn. 27 = WRP 2011, 55 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Juli 2001 - I ZR 104/99, GRUR 2001, 1166, 1168 = WRP 2001, 1301 - Fernflugpreise, mwN zur Beurteilung von Verstößen gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV in Fällen, in denen dem Verbraucher das Zusammenrechnen von Preisbestandteilen zugemutet wurde, unter der Geltung des § 1 UWG aF). Die Revision der Beklagten wäre in diesem Fall daher unbegründet.
Wenn dagegen die Vorlagefrage 1 oder auch die Vorlagefrage 2 verneint wird, fehlte es - sofern nicht die für diesen Fall gestellte Vorlagefrage 3 bejaht wird - an einem Rechtsverstoß. Die Klage wäre dann unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen. Danach ist auch die Vorlagefrage 3 entscheidungserheblich.