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OLG Nürnberg Urteil vom 14.08.2001 - 3 U 776/01 - Irreführende Werbung durch Bezeichnung eines Augenoptikergeschäfts als "factory outlet"

OLG Nürnberg v. 14.08.2001: Irreführende Werbung durch Bezeichnung eines Augenoptikergeschäfts als "factory outlet"


Das OLG Nürnberg (Urteil vom 14.08.2001 - 3 U 776/01) hat entschieden:
Die Bezeichnung "factory outlet" für ein Augenoptikergeschäft mit umfassendem Leistungsangebot ist irreführend..




Siehe auch Outlet-Factory-Verkauf und Stichwörter zum Thema Werbung


Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren gesetzliche Aufgabe es ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern.

Die Beklagte betreibt als großes Filialunternehmen Optikgeschäfte in ganz Deutschland, darunter auch zahlreiche in Nürnberg und Umgebung. Im Februar 2000 eröffnete sie am Sitz ihrer Verwaltung in ... ein Geschäft, das sie als "Factory Outlet" bezeichnete. In Zeitungsanzeigen in den Nürnberger Nachrichten und auf Plakaten warb sie für dieses Geschäft wie folgt:
"Das ... Factory Outlet:
Alle Fassungen mindestens 25 % günstiger"
In diesem Verkaufslokal werden die üblichen Waren und Dienstleistungen eines Augenoptikgeschäfts angeboten.

Die Klägerin sieht die Bezeichnung "Factory Outlet" für dieses Geschäft als irreführend an. Zur Begründung hat sie im ersten Rechtszug vorgetragen, daß es sich um einen normalen Augenoptikbetrieb handle, der sich in keiner Weise von anderen Verkaufs- und Anpassräume eines Augenoptikers unterscheide. In ihm würden zwar hauptsächlich, jedoch nicht ausschließlich ... Fassungen verkauft. Nur diese in der Werbung als preisgünstig beworbenen Fassungen seien reduziert, nicht aber das übrige Sortiment und die erbrachten Dienstleistungen. Die Gläser hätten den gleichen Preis wie in einem normalen ... Geschäft. Auch die Preise für Reparaturen lägen im Bereich des üblichen. Nach der Auffassung des Verkehrs erfolge in einem "Factory Outlet" die Veräußerung von Fertigprodukten, und zwar im Wege des Direktvertriebes durch den Hersteller. Damit verbiete sich schon die Verwendung des Begriffes "Factory Outlet" im Rahmen des Handwerks von selbst, da kein Handel mit Fertigprodukten vorliege, sondern vielmehr eine handwerkliche Leistung - Herstellung einer Brille - erbracht werde. Auch bei dem Geschäft der Beklagten handele es sich um einen Handwerksbetrieb, für den eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt sei.

Die Klägerin hat deshalb folgende Anträge gestellt:
  1. Die Beklagte hat es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Optikgeschäft ..., mit der Bezeichnung
    "Factory Outlet"
    zu werben.

  2. Für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Unterlassungsgebot wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,-​- oder die Verhängung von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren - Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes - zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer angedroht.
Die Beklagte hat dagegen beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, daß die angegriffene Bezeichnung ihres Verkaufsraumes in ... den Verkehr nicht irreführe, weil das dortige Angebot dem typischen Sortiment eines "Factory Outlet" entspreche. Er befinde sich in einem Gebäudekomplex, in dem die Beklagte ihre gesamte Verwaltung, die Geschäftsleitung, das Zentrallager des Einkaufs sowie die zentrale Einschleifwerkstatt angesiedelt habe. Das in ihm angebotene Brillensortiment bestehe überwiegend aus ... Fassungen. Alle Fassungen seien mindestens 6 Monate alt. Lediglich im Bereich des Sonnenbrillenangebots habe die Beklagte einige Designer-​Fassungen im Angebot. Soweit dies der Fall sei, handele es sich ausnahmslos um Musterfassungen und Einzelstücke. Deswegen und weil die Ware unmittelbar am Ort des Zentrallagers verkauft werde, seien die ... Fassungen gegenüber den Listenpreisen der anderen Filialen um mindestens 25 % günstiger. Dies treffe auch auf die Sonnenbrillen bzw. Fassungen zu, die nicht von der Beklagten hergestellt würden. Daß die in ihrem "Factory Outlet" angebotenen Dienstleistungen und die Brillengläser gegenüber dem regulären Preis nicht reduziert seien, verstehe sich eigentlich von selbst. Es entspreche nicht nur nicht der Verbrauchererwartung, sondern auch nicht dem Selbstverständnis der Beklagten, wenn sie Dienstleistungen zweiter Wahl in ihrem "Factory Outlet" anbieten würde. Mit dem Begriff "Factory Outlet" verbinde der Verkehr keine eng begrenzten Vorstellungen mehr.

Das Landgericht Nürnberg-​Fürth hat in seinem am 17. 1. 2001 verkündeten Endurteil die Beklagte antragsgemäß wie folgt verurteilt:
Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-​- oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, bei mehrfacher Verhängung bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes, verurteilt,
es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Optikgeschäft ..., mit der Bezeichnung
"Factory Outlet"
zu werben.
Auf die Begründung des Urteils (Bl. 40 - 47 d.A.) wird Bezug genommen. Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 25. 1. 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. 2. 2001 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 26. 4. 2001 verlängerten Begründungsfrist begründet.

Sie greift das Ersturteils insgesamt an und meint, es habe zu Unrecht auf Grund eigener Sachkunde beurteilt, wie der Verkehr den Begriff "Factory Outlet" auffasse. Von einem einfachen und naheliegenden Verständnis dieses Begriffes im Sinne von Fabrikverkauf, bei dem in die Preise der angebotenen Waren die Transportkosten nicht einkalkuliert seien, könne keine Rede sein. Maßgebend sei vielmehr, daß die Waren von der Beklagten erstmals am Sitz des "Factory Outlet" von der Beklagten als Herstellerin in den Verkehr gebracht würden, ohne daß sie am Ort des Verkaufes fabrikmäßig hergestellt sein müßten. Für den Herstellerbegriff komme es dem Verkehr nur noch darauf an, wer durch Verwendung einer Marke die gekennzeichnete Ware in Verkehr bringe und für ihre Güte einzustehen habe. Danach sei die Beklagte Herstellerin ihrer ... Fassungen. Sie habe auch keine Fabrikpreise beworben. Für den Verkehr sei der Grund für die günstigen Preise im "Factory Outlet" der Beklagten auch nicht relevant. Entscheidend sei für ihn, daß sich zwischen dem Ort des erstmaligen Inverkehrbringens und dem Ort des Angebots der Ware niemand dazwischen schiebe. Er erwarte auch nicht, dort sämtliche üblicherweise in den ... Fachgeschäften vorgehaltenen Waren vorzufinden. Das Erstgericht habe durch das Verbot der Bezeichnung "Factory Outlet" für das streitgegenständliche Optikgeschäft seine Kompetenzen gemäß § 308 ZPO überschritten, indem es das Verbot auf vier selbständige Begründungen gestützt habe, was so von der Klägerin nicht beantragt worden sei. Jede einzelne der dort herangezogenen alternativen Begründungen rechtfertige nach der Ansicht des Erstgerichts das Verbot. Die Beklagte habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, unter welchen Bedingungen sie den beanstandeten Begriff verwenden dürfe.

Sie stellt deshalb den Antrag,
das am 17.1.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-​Fürth aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Für den Fall des Unterliegens erhebt sie Widerklage mit dem Antrag,
festzustellen, daß die Beklagte rechtlich nicht gehindert ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Optikgeschäft ..., mit der Bezeichnung "Factory Outlet" zu werben, soweit die Beklagte dort das typische Sortiment einer ... Filiale voll umfänglich vorrätig hält und sämtliche im vorgenannten Geschäftslokal angebotenen Waren in Vergleich zu den durchschnittlichen Filialpreisen der Beklagten mindestens 25% günstiger angeboten werden,

hilfsweise

die Beklagte dort das typische Sortiment einer ... Filiale voll umfänglich vorrätig hält und sämtliche im vorgenannten Geschäftslokal angebotenen Waren und Dienstleistungen in Vergleich zu den durchschnittlichen Filialpreisen der Beklagten mindestens 25 % günstiger angeboten werden,

hilfsweise

dort alle angebotenen Waren in Vergleich zu den durchschnittlichen Filialpreisen der Beklagten mindestens 25 % günstiger abgegeben werden und es sich bei den dort angebotenen Waren um Vorsaisonware, Überschußware, Retouren, Auslaufmodelle oder Restposten handelt,

hilfsweise

dort alle angebotenen Waren und Dienstleistungen im Vergleich zu den durchschnittlichen Filialpreisen der Beklagten mindestens 25 % günstiger abgegeben werden und es sich bei den dort angebotenen Waren um Vorsaisonware, Überschußwaren, Retouren, Auslaufmodelle oder Restposten handelt.
Die Klägerin beantragt dagegen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Eventualwiderklage abzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Ihrer Meinung nach verbiete sich die Verwendung des Begriffes "Factory Outlet" im Rahmen des Handwerks von selbst. Nach der Verkehrsauffassung handele es sich bei einem "Factory Outlet" um ein Handelsgeschäft, in dem Fertigprodukte im Wege des Direktvertriebes Waren durch den Hersteller veräußert würden und zwar zu Preisen, die deutlich unter den Normalpreisen lägen. Diese Vorstellung treffe auf das Geschäft der Beklagten schon allein deshalb nicht zu, weil die im Vordergrund stehende handwerklichen Leistungen der Beklagten nicht billiger seien als anderswo. Die Angriffe der Beklagten gegen die Ausführungen des Erstgerichts seien deshalb unbegründet. Die erhobene Eventualwiderklage sei unzulässig, weil sie andere, derzeit nicht gegebene Sachverhalte betreffe. Ihr werde auch nicht zugestimmt. Im Ergebnis laufe sie auf gerichtliche Rechtsberatung hinaus, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die verwendete Bezeichnung zulässig sein könnte.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-​Fürth vom 17. 1. 2001 ist nicht begründet. Der Klägerin steht gemäß § 3 UWG ein Anspruch zu, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Optikgeschäft ..., mit der Bezeichnung "Factory Outlet" zu werben.

1. Die Klägerin ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen befugt und aktivlegitimiert. Als Innung des Augenoptikerhandwerks für die Bezirke Mittel- und Unterfranken ist sie gemäß § 53 Handwerksordnung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit rechtsfähig. Ihre Aufgabe ist es, nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Handwerksordnung die gemeinsamen Interessen der bei ihr organisierten Handwerker zu fördern, wozu auch die zivilrechtliche Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört.

Daß sie die erforderliche Ausstattung zur Erfüllung ihrer durch die Satzung konkretisierten Aufgaben besitzt, steht außer Zweifel und wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Ebenso ist anzunehmen, daß sie innerhalb ihres Tätigkeitsbereiches in Mittel- und Unterfranken und damit auch im Raum ... eine erhebliche Anzahl von Betrieben des Augenoptikerhandwerks organisiert. Diese bieten gleiche Waren und Dienstleistungen an wie die Beklagte in dem fraglichen Geschäftslokal.

Die Verwendung des Begriffes "Factory Outlet" in der Werbung der Beklagten ist geeignet, den Wettbewerb auf dem räumlich auf ... beschränkten Markt für Augenoptikerleistungen wesentlich zu beeinträchtigen. Von ihm geht gerichtsbekanntlich und durch die von der Beklagten vorgelegten Presseveröffentlichungen unterstrichen, eine hohe Anziehungskraft und Werbewirksamkeit aus, weil sich die angesprochenen Verbraucher von einem "Factory Outlet" besonders preisgünstige Angebote versprechen. Die angegriffene Werbung ist deshalb geeignet, Kundenströme in nicht unerheblichem Umfang von den bei der Klägerin organisierten Mitbewerbern in das so beworbene Geschäft umzulenken.

2. Die beanstandete Werbung verstößt gegen § 3 UWG.

a) Die durch sie angesprochenen Verkehrskreise sind das allgemeine Käuferpublikum, das als Abnehmer von Brillen und Augenoptikerleistungen in Betracht kommt.

Seit einigen Jahren wird die Problematik der Ansiedlung von sog. Factory Outlet-​Centern in Presseveröffentlichungen diskutiert. Einige "Factory Outlets", speziell von Markenherstellern der Textilbranche haben größere überregionale Bekanntheit erreicht. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Verbraucher wird deshalb mit dem Begriff "Factory Outlet" wenigstens die Vorstellung verbinden, daß eine so bezeichnete Verkaufsstelle unmittelbar mit bestimmten Markenherstellern in Verbindung steht und demgemäß in ihr unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels preisgünstig Markenware eingekauft werden kann (ebenso OLG Hamburg GRUR 2001, 42 - Designer Outlet - unter Bezugnahme auf eine vom Landgericht Lübeck eingeholte Meinungsumfrage). In diesem Verkehrsverständnis befindet sich der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und der deshalb aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung die Bedeutung der angegriffenen Bezeichnung in den Augen des Verkehrs beurteilen kann, im übrigen im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten (Berufungsbegründung, Bl. 84 f. und 94 d.A.). Die Erholung eines Meinungsforschungsgutachtens zu dieser Frage ist somit nicht veranlaßt.

Ob nicht unerhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise den Begriff darüber hinaus auch in einem engeren Sinne verstehen, etwa, daß der Verkauf am Ort der Fertigung stattfindet oder daß Waren - zumindest auch - aus der aktuellen Produktion angeboten werden, kann dahinstehen. Es kann deshalb gleichfalls dahinstehen, ob das Erstgericht, indem es das ausgesprochene Verbot auch auf diese Gründe gestützt hat, über das Begehren der Klägerin hinausgegangen ist.

Um dem Vorwurf der Irreführung des Verkehrs zu entgehen, müssen folglich die in dem fraglichen Geschäft angebotenen Produkte im wesentlichen (vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG 22. Auflage, § 3 Rdz. 343) von der Beklagten hergestellt sein und unter Ausschaltung der Handelspannen des Groß- und Zwischenhandels zum Verkauf gestellt werden.

b) Dem entspricht der Zuschnitt des Geschäftes jedoch nicht.

Die Beklagte trägt vor, daß sie in ihm überwiegend ... Fassungen führt, woraus folgt, daß auch Fassungen aus anderer Herstellung angeboten werden; alle diese Fassungen sind nach dem weiteren Vortrag der Beklagten mindestens 6 Monate alt. Im Bereich des Sonnenbrillensortiments habe sie dort einige Designer-​Fassungen im Angebot, wobei es sich ausnahmslos um Musterfassungen und Einzelstücke handele. Unstreitig ist ferner, daß sie in dem Geschäft in die vom Kunden ausgesuchten Fassungen Brillengläser einsetzt, die nicht aus eigener Produktion stammen, sondern von anderen Herstellern bezogen werden, und daß sie die normalen Reparaturdienstleistungen eines Optikerfachgeschäfts erbringt.

Das als "Factory Outlet" beworbene Verkaufslokal bietet demnach das Bild eines normalen Optikerfachgeschäfts, das der Kunde nicht bloß aufsucht, um eine bestimmte Brillenfassung zu kaufen, sondern um eine seiner Sehstärke und Kopfform angepaßte Brille zu erwerben. Wesentlicher Bestandteil des im Geschäft der Beklagten vertriebenen Haupt- und Endprodukts sind aber gerade die Brillengläser, die von anderen Herstellern zu regulären Preisen bezogen werden, für die vom Kunden ausgesuchte Fassung zurechtgeschnitten und seiner Sehstärke und seinen Wünschen entsprechend geschliffen werden müssen. Was die Brillengläser angeht, betätigt sich somit die Beklagte allenfalls als Zwischenhändlerin. Letztlich wird das vom Kunden im Geschäft der Beklagten zu erwerbende Endprodukt handwerksmäßig und individuell erstellt und diesem überlassen. Die Beklagte bringt es dementsprechend auch nicht unter ihrer Marke in den Verkehr. Das unterscheidet das Geschäft der Beklagten wesentlich von dem von ihr als - vergleichbares - Beispiel herangezogene "Factory Outlet" des Markenherstellers BOSS, wo konfektionierte Markentextilien zum Verkauf angeboten werden und allenfalls geringfügige Anpassungsdienstleistungen anfallen. Diese Umstände verbieten es, die Beklagte hinsichtlich dieses Endprodukts, den Kundenwünschen angepaßte Brille, als Herstellerin anzusehen, die sie dort unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels zum Verkauf stellt. Da sie allenfalls Markenherstellerin eines Teils des im fraglichen Geschäft verkauften fertigen Produkts ist, ist es nicht gerechtfertigt, das Geschäft insgesamt als "Factory Outlet" im Sinne des angegebenen Verbraucherverständnisses zu bezeichnen. Erst Recht gilt es für diejenigen Brillen, die unter Verwendung von Fassungen aus anderer Herkunft fertiggestellt werden oder bereits konfektioniert (z. B. Sonnenbrillen) hinzu gekauft werden.

c) Die von der Beklagten hervorgerufene Irreführung über den Zuschnitt des beworbenen Geschäfts ist wettbewerbsrechtlich relevant. Da sie ihr Geschäft insgesamt als ... Factory Outlet" bezeichnet, erwartet der Verkehr, daß zumindest die dort angebotene Hauptware von ihr unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels hergestellt worden ist und die damit erwarteten Preisvorteile sich nicht bloß auf Vorprodukte beziehen, sondern auf das Hauptprodukt selbst. Wegen der besonderen Werbewirksamkeit des Begriffes "Factory Outlet" ist deshalb diese Art der Irreführung geeignet, die wirtschaftliche Entschließung des Publikums, sich mit dem Angebot des so beworbenen Geschäfts näher zu befassen, zu beeinflussen.

3. Die Antragsfassung und damit der Verurteilungstenor ist nicht zu beanstanden. Beides orientiert sich an der konkreten Verletzungsform und verbietet der Beklagten, für das genau bezeichnete ... Geschäft mit seinem konkreten Zuschnitt die beanstandete Bezeichnung zu verwenden. Es ist vielmehr Sache der Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot herausführen (Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, Vor § 13 Rdz. 289).

4. Die von der Beklagten mit der Berufung erhobene Eventualhilfswiderklage wird vom Senat gemäß § 530 Abs. 1 ZPO als sachdienlich zugelassen, weil der von beiden Parteien unterbreitete Sachvortrag eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bietet. Sie erweist sich jedoch jedenfalls als unbegründet, so daß dahinstehen kann, ob das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist oder ob die Beklagte nur die Klärung abstrakter Rechtsfragen über die grundsätzliche Zulässigkeit der Verwendung des Begriffes "Factory Outlet" begehrt.

Wie ausgeführt besteht die relevante Irreführung des Verkehrs darin, daß die Beklagte in ihrem Verkaufsgeschäft nicht die dort angebotene Hauptware als deren Herstellerin unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels zum Verkauf stellt. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn sie ihre Waren und Dienstleistungen um mindestens 25% günstiger abgibt, als in ihren anderen Filialen und es sich dabei um Vorsaisonware, Überschußware, Retouren, Auslaufmodelle oder Restposten handelt. Keine der in den Widerklageanträgen genannten Alternativen führt somit aus dem Irreführungsverbot heraus.

5. a) Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 97 Abs. 1 ZPO.

b) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

c) Der Streitwert für das Unterlassungsbegehren ist gemäß § 3 ZPO entsprechend dem wirtschaftlichen Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers, der bei der Klägerin organisiert ist, zu bemessen. Die Klägerin hat dieses Interesse mit DM 100.000,-​- beziffert. Angesichts der besonderen Werbewirksamkeit des verwendeten Begriffes und der wirtschaftlichen Bedeutung der Beklagten ist diese Angabe, der indizielle Bedeutung zukommt, nicht zu beanstanden. Der Wert der Eventualwiderklage ist gemäß § 5 Satz 2 ZPO nicht hinzuzurechnen, da der Gegenstand von Klage und Eventualhilfswiderklage hier jeweils wirtschaftlich identisch ist. Die Stattgabe der Klage führt hier zwangsläufig zur Abweisung der Eventualwiderklage.

d) Die Revision ist zulässig, da die Beschwer der Beklagten DM 60.000,-​- übersteigt.










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