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OLG Stuttgart Urteil vom 24.07.2014 - Werbung eines Onlinehändlers mit dem Begriff "Outlet"
OLG Stuttgart v. 24.07.2014: Wettbewerbswidrige Werbung eines Onlinehändlers mit dem Begriff "Outlet"
Das OLG Stuttgart (Urteil vom 24.07.2014 - 2 U 34/14) hat entschieden:
- Der angesprochene Verkehr versteht unter dem Begriff "Outlet" einen Hinweis auf einen Herstellerverkauf außerhalb der eigentlichen Produktionsstätte unter Ausschaltung des Zwischenhandels, bei dem er deshalb besonders günstige Preise erwartet, die dem Verkauf zu Fabrikpreisen entsprechen.
- Vertreibt ein Spielwarenhändler auch zahlreiche Markenartikel, ohne mit dem jeweiligen Hersteller verbunden zu sein, weist das Angebot gerade nicht auf einen Herstellerverkauf unter Ausschaltung des Zwischenhandels hin, so dass nicht von einem Outlet-Verkauf auszugehen ist.
Siehe auch Outlet-Factory-Verkauf und Stichwörter zum Thema Werbung
Gründe:
A.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg (dazu 1.); die Berufung der Klägerin hingegen ist zulässig und begründet (dazu 2.). Entgegen der Auffassung der Beklagten unterscheidet sich die hiesige Sachverhaltskonstellation im Ergebnis nicht von der dem Senatsurteil vom 15. März 2012 (Az.: 2 U 90/11) zugrunde liegenden. Eine abweichende Entscheidung zur Auslegung des Begriffs „Outlet“ erscheint nicht gerechtfertigt.
1. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten sowohl wie beantragt Unterlassung [dazu a)] als auch Erstattung der vorgerichtlich im Zusammenhang mit der Abmahnung angefallenen Anwaltskosten nebst Zinsen [dazu b)] verlangen.
a) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG.
aa) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Unstreitig vertreiben beide Parteien Spielwaren an Endverbraucher im Wege des Onlineversandes. Sie sind daher Mitbewerber gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
bb) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG).
Unlauter handelt insbesondere, wer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken usw. (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG) oder über den Anlass des Verkaufs, wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird oder über die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG).
Für die Irreführung genügt es, dass die entsprechende Angabe geeignet ist, die Umworbenen irrezuführen und sie zu falschen Annahmen zu beeinflussen, wobei es weder auf den objektiven Wortsinn noch darauf ankommt, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will. Maßgebend ist vielmehr die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1954, Az.: I ZR 178/52 = NJW 1954, 1566; BGH, Urteil vom 02. Oktober 2003, Az.: I ZR 150/01 = NJW 2004, 1163; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rz. 2.65, 2.67). Eine Irreführung i.S.d. § 5 UWG ist demnach zu bejahen bei Mehrdeutigkeit einer Werbung, wenn damit die Gefahr der Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise verbunden ist. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Gefahr, dass die Werbung von einem nicht völlig unerheblichen Teil des Verkehrs in einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Sinne aufgefasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1980, Az.: I ZR 10/78 = NJW 1980, 285).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Irreführung vorliegt oder nicht, ist davon auszugehen, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher sich aufmerksam und verständlich mit einer Werbung auseinandersetzt. Ihm ist im Regelfall zu unterstellen, dass er die Werbung insgesamt betrachtet und bei entsprechend erkennbaren Klarstellungen diese auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt (vgl. Link, in: jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 5 Rz. 132).
Weiter hängt die Beurteilung einer Werbung im Hinblick auf § 5 UWG davon ab, wie der angesprochene Verkehr diese aufgrund des vermittelten Gesamteindrucks versteht. Nicht Einzelteile der Werbung sind isoliert auf ihre Irreführung hin zu untersuchen, sondern es ist stets der Zusammenhang zu würdigen, in dem die einzelnen Werbeaussagen stehen (vgl. Link, in: jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 5 Rz. 149; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rz. 2.90).
Gemessen an diesen Vorgaben wohnt hier der Werbung der Beklagten eine Mehrdeutigkeit und Missverständlichkeit inne. Sie ist damit als irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 UWG zu qualifizieren.
cc) Für die Irreführung lassen sich insbesondere die folgenden Argumente anführen:
(1) Bereits mit Urteil vom 15. März 2012 (Az. 2 U 90/11) hat der erkennende Senat die Frage entschieden, welches Verständnis der angesprochene Verkehr dem Begriff „Outlet“ entgegenbringt, und ausgeführt, dass dieser Begriff auf einen Herstellerverkauf außerhalb der eigentlichen Produktionsstätte unter Ausschaltung des Zwischenhandels hinweist, bei dem der Verbraucher deshalb besonders günstige Preise erwartet, die dem Verkauf zu Fabrikpreisen entsprechen. Nach wie vor ist daran festzuhalten, dass jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs den Begriff in diesem Sinne versteht.
Legt man dieses Begriffsverständnis zu Grunde, betreibt die Beklagte keinen Outlet-Verkauf: Bei ihr handelt es sich nämlich um einen Händler, der Produkte verschiedener Spielwarenhersteller anbietet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ein Teil der von ihr angebotenen Waren, namentlich Produkte der Marken B..., So..., W..., St..., Su..., Ta... und To..., von ihr selbst oder von einem mit ihr verbunden Unternehmen hergestellt werden. Aus den mit der Klageschrift vorgelegten Screenshots vom Internetauftritt der Beklagten (Anlagen K 1, K 2 und K 3) geht nämlich hervor, dass die Beklagte auch zahlreiche Markenartikel als reine Händlerin vertreibt, ohne insofern mit dem jeweiligen Hersteller verbunden zu sein. Das Angebot der Beklagten weist also jedenfalls in diesem Bereich gerade nicht auf einen Herstellerverkauf unter Ausschaltung des Zwischenhandels hin; vielmehr ist die Beklagte selbst ein solcher Zwischenhändler. Aus diesem Grund ist die Verwendung des Begriffs „Outlet“ im Zusammenhang mit dem Warenangebot der Beklagten als irreführend und damit unlauter anzusehen.
(2) Der Senat kann diese Entscheidung aus eigener Sachkunde treffen. Eine Verkehrsbefragung ist nicht durchzuführen (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az.: I ZR 89/12 = NJW-RR 2014, 153 ff.). Bei der streitgegenständlichen Werbung handelt es sich nämlich um eine an das breite Publikum gerichtete Werbung. Die Mitglieder des Senates gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen.
Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Verkehrsauffassung im Prozess nicht allein empirisch, sondern auch normativ auf der Grundlage des Leitbildes eines Durchschnittsverbrauchers festzustellen ist (vgl. hierzu Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rz. 134 ff.). Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses durch den Richter aufgrund eigener Sachkunde kann also nicht als reine Tatsachenfeststellung angesehen werden, sondern stellt die Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens dar, bei dessen Fehlen im Einzelfall Beweis erhoben werden kann, aber nicht muss (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003, Az.: I ZR 150/01 = NJW 2004, 1163 f.). Alternativ kann der Richter nämlich eine Irreführungsgefahr im Einzelfall auch ohne Beweisaufnahme sowohl bejahen als auch verneinen, d.h. den Rechtsstreit ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden, vorausgesetzt, dass seine eigene Sachkunde dafür ausreicht, wobei es nicht darauf ankommt, worauf diese gründet (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001, Az.: I ZR 193/99 = NJW 2002, 1718 ff; BGH, Urteil vom 25. September 2002, Az.: I ZR 89/00 = NJW-RR 2003, 260 f; BGH, Urteil vom 09. Juni 2011, Az.: I ZR 113/10 = NJW 2012, 235 ff.). Sie kann auf der allgemeinen Lebenserfahrung des Richters beruhen oder auf seiner besonderen Erfahrung im Umgang mit (Wettbewerbs-)Streitsachen, aber auch auf dem Sachvortrag der Parteien oder den von ihnen vorgelegten Beweismitteln (vgl. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rz. 139; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rz. 3.11 ff.).
Stellt das erkennende Gericht die Verkehrsauffassung kraft eigener Sachkunde fest, muss es jedoch stets die Gründe dafür im Urteil darlegen, weil die Entscheidung sonst in einem zentralen Punkt nicht nachprüfbar wäre und offenbliebe, ob nicht aus rechtsfehlerhafter, weil erfahrungswidriger Annahme die Erhebung von Beweisen, namentlich die Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens, unterblieben ist (vgl. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rz. 140). Hier resultiert die Sachkunde der erkennenden Richter daraus, dass diese selbst Kinder und/oder Patenkinder haben bzw. Kinder im Freundes- und Verwandtenkreis, für die sie regelmäßig und auch im Internet Spielwaren kaufen.
(3) Gegen die Annahme einer Irreführung spricht auch nicht, dass die Beklagte als Anlage ACT2 ein Verkehrsgutachten der GfK SE zur „Verbraucherwahrnehmung bezüglich der Bezeichnung 'Outlet' im Internet in Zusammenhang mit Kinder- und Schwangerschaftsbedarf sowie Spielwaren in Deutschland“ vorgelegt hat. Dieses Gutachten kann der Feststellung der Verkehrsauffassung durch die erkennenden Richter des Senats nicht entgegengehalten werden:
Zum einen rügt die Klägerin zu Recht methodische Schwächen des Privatgutachtens: Zu den Hauptfehlerquellen demoskopischer Erhebungen rechnen nicht methodengerecht ermittelte Umfrageergebnisse aufgrund unzutreffender offener/geschlossener Fragestellungen und das Fehlen oder Mängel nachfassender Fragen (vgl. im Einzelnen hierzu BGH, Urteil vom 19. Januar 1995, Az.: I ZR 197/92 = NJW-RR 1995, 677 ff; BGH, Urteil vom 1. Oktober 1986, Az.: I ZR 126/84 = MDR 1987, 292; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rz. 142 f.). Bei der Ermittlung konkreter Verkehrsvorstellungen mit offenem, d.h. nicht in eine bestimmte Richtung zielenden Fragen sind dem Erkenntniswert von Antworten mit Blick auf die Breite der Antwortmöglichkeiten und den Schwierigkeiten spontaner Antwortfindung und -formulierung auf Seiten der Befragten naturgemäß Grenzen gesetzt. Erfahrungsgemäß kann allein mit offenen Fragen die Verkehrsvorstellung nicht genügend zuverlässig ermittelt werden, so dass nachfassende geschlossene, also geführte, d.h. durch Antwortvorgaben gestützte Fragen geboten sein können und regelmäßig geboten sein werden (vgl. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rz. 143; ferner Teplitzky, in: WRP 1990, 145 ff.).
Der dem eingeholten Privatgutachten der Beklagten zu Grunde gelegte Fragebogen (vgl. Anhang 4.1 des Gutachtens, Anlage ACT2) verdeutlicht, dass dort den Befragten keine solchen nachfassenden geschlossenen Fragen gestellt wurden. Aus den auf Seite 5 wiedergegebenen Antworten geht hervor, dass nicht geringfügige Teile der Befragten ersichtlich die Fragestellung unzutreffend erfasst haben und dass es daher entsprechender nachfassender Fragen bedurft hätte. So ergibt es z.B. keinen Sinn, wenn mehr als 5% bzw. mehr als 3% der Befragten auf die Frage „Stellen Sie sich nun bitte vor, Sie sehen die Bezeichnung 'Outlet' im Internet im Zusammenhang mit Kinder- und Schwangerschaftsbedarf sowie Spielwaren. Bitte beschreiben Sie in Ihren eigenen Worten, was diese Bezeichnung Ihrer Meinung nach in diesem Zusammenhang bedeutet. Was macht ein 'Outlet' in diesem Zusammenhang aus?“ mit Antworten wie „Kinderbekleidung/-sachen“ oder „Schwangerschaftsbedarf“ (vgl. Seite 5 des Gutachtens, Anlage ACT2) antworten. Auch die von 11,7% (alle Befragten) bzw. 16,7% (engerer Verkehrskreis) der Befragten gegebene Antwort „Preiswerte Markenartikel“ hätte Anlass zu nachfassenden Fragen gegeben, da unklar bleibt, ob diese Befragten gerade deshalb eine Günstigkeit annehmen, weil der Verkauf der Markenartikel ohne Einschaltung eines Zwischenhändlers erfolgt.
Unabhängig davon weist zum anderen auch nach dem eingeholte Privatgutachten der Beklagten in den Augen eines nicht geringfügigen Teils, nämlich von 16,6% aller Befragten bzw. von 21,2% der Befragten eines engeren Verkehrskreises, der Begriff „Outlet“ einen Bezug zu einem Fabrikverkauf auf (vgl. Seite 5 des Gutachtens, Anlage ACT2). Letztlich kommt es aber – wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat – auf einzelne Quoten und Prozentsätze nicht maßgeblich an, da die Verkehrsauffassung – wie dargestellt – nicht rein empirisch, sondern auch unter Heranziehung normativer Gesichtspunkte unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles zu ermitteln ist. Diese Vorgehensweise führt hier zu einem Verkehrsverständnis des Begriffs „Outlet“ dahingehend, dass dort Waren aus eigener Produktion zu Preisen unter denen des Einzelhandels angeboten werden müssen. An diesen Voraussetzungen fehlt im vorliegenden Fall. Die Verwendung des Begriffs „Outlet“ bzw. „b...outlet“ bzw. „b...outlet 24“ ist damit als irreführend i.S.d. § 5 UWG zu qualifizieren.
(4) Gegen diese Auffassung kann auch nicht mit der Übersetzung des englischen Begriffs ins Deutsche argumentiert werden. Zwar mag die Vokabel „outlet“ als Verkaufsstelle oder Vertriebsstelle ins Deutsche übersetzt werden können und es ist der Beklagten zu konzedieren, dass sie mit ihrem Onlineshop eine Verkaufsstelle für Waren betreibt.
In diesem Zusammenhang darf aber nicht verkannt werden, dass jedenfalls einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher diese Übersetzung des englischen Begriffs „outlet“ nicht geläufig ist. Vielmehr hat der Begriff – nicht zuletzt durch die entsprechende Bewerbung in den Medien in den vergangenen Jahren – einen weiteren, unabhängigen und eigenständigen Bedeutungsgehalt im oben beschriebenen Sinne erfahren. Dieser Bedeutungsgehalt ist dem Verkehr vertraut und begründet ein entsprechendes Verkehrsverständnis (so auch OLG Hamburg, Urteil vom 22. Juni 2000, Az.: 3 U 276/99 = GRUR-RR 2001, 42 f.).
(5) Gegen eine Irreführung kann ferner nicht eingewandt werden, dass die Beklagte den Begriff „Outlet“ nicht nur in Alleinstellung verwendet, sondern teilweise mit dem Begriff „B..“ und der Zahl „24“ zu den Begriffen „b...outlet“ und „b...outlet24“ verknüpft: Auch innerhalb der Bezeichnungen „b...outlet“ und „b...outlet24“ ist nämlich jeweils die Bezeichnung „Outlet“ prägend und zwar im Sinne eines Fabrikverkaufs (so auch BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az.: I ZR 89/12 = NJW-RR 2014, 153 f. für die Bezeichnung „Matratzen-Outlet“ und OLG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2012, Az.: 2 U 90/11 für die Bezeichnung „Lego-Outlet“).
(6) Auch spielt es keine Rolle, dass die Beklagte lediglich die Bezeichnung „Outlet“ und nicht die Bezeichnung „Factory-Outlet“ verwendet.
Mit dem Bundesgerichtshof (vgl. Urteil vom 24. September 2013, Az.: I ZR 89/12 = NJW-RR 2014, 153 f.) ist nämlich davon auszugehen, dass die Bezeichnungen „Factory-Outlet“ und „Outlet“ einheitlich zu beurteilen sind, weil der Begriff „Outlet“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als bloße Kurzbezeichnung für „Factory-Outlet“ verstanden wird (so auch OLG Hamburg, Urteil vom 22. Juni 2000, Az.: 3 U 276/99 = GRUR-RR 2001, 42 f.).
Dabei kann dahinstehen, ob diese Annahme der Bedeutungsidentität zwingend ist, weil es ausreicht, dass jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher die beiden in Rede stehenden Bezeichnungen „Factory-Outlet“ und „Outlet“ als synonymes Begriffspaar auffasst, ohne ihnen einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt beizumessen (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az.: I ZR 89/12 = NJW-RR 2014, 153 f.; ferner Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rz. 5.13 ff.).
(7) Kein anderes Ergebnis folgt ferner aus dem Umstand, dass es aktuell am Markt Trittbrettfahrer einer „Outlet-Welle“ geben mag, die den Begriff „Outlet“ missbräuchlich verwenden, um auf diese Weise ihr Warenangebot am Markt preisattraktiver erscheinen zu lassen. Solche Beispiele hat die Beklagte angeführt. Diese habe aber – jedenfalls bislang – das dargestellte Verkehrsverständnis nicht umprägen können, zumal die Begriffe „Outlet“ und „Factory-Outlet“ seit Jahren bedeutungserhaltend im oben genannten Sinne beworben werden (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2012, Az.: 2 U 90/11). Bei dieser Sachlage können die seitens der Beklagten angeführten Gegenbeispiele weder nach Zahl noch nach Inhalt ein anderes Verkehrsverständnis begründen oder auch nur Anlass geben, eine Verkehrsbefragung durchzuführen.
(8) Für ein Verkehrsverständnis des Begriffs „Outlet“ im hier vertretenen Sinn sprechen außerdem zahlreiche weitere Gerichtsentscheidungen und Stimmen in der Literatur:
So geht etwa das OLG Nürnberg (Urteil vom 14. August 2001, Az.: 3 U 776/01 = MDR 2002, 286) davon aus, dass der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Verbraucher den Begriff „Factory-Outlet“ mit der Vorstellung verbindet, dass eine so bezeichnete Verkaufsstelle unmittelbar mit bestimmten Markenherstellern in Verbindung steht und demgemäß in ihr unter Ausscheidung des Groß- und Zwischenhandels preisgünstig Markenware eingekauft werden kann. Die bereits zitierte Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 22. Juni 2000, Az.: 3 U 276/99 = GRUR-RR 2001, 42 f.) verweist auf eine weitere Entscheidung des LG Lübeck, das in diesem Zusammenhang sogar ein Verkehrsgutachten eingeholt hat. In gleicher Weise hält das OLG München (Urteil vom 25. September 2003, Az.: 29 U 317/03 = GRUR-RR 2004, 81 f.) dafür, dass der Begriff „Fabrikverkauf“ und damit auch der Begriff „Outlet“ beim angesprochenen Verkehr die Vorstellung erweckt, unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels preisgünstig Waren erwerben zu können. Schließlich legt das LG Freiburg (Urteil vom 14. Juni 2002, Az.: 12 O 25/02 = WRP 2002, 1106) ein entsprechendes Verkehrsverständnis zu Grunde und nimmt einen Outlet-Verkauf nur dann an, wenn unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels preisgünstig Markenware gekauft werden kann.
In gleicher Weise versteht auch das Schrifttum den Begriff „Outlet“ in diesem Sinne (vgl. Dreyer, in: Harte/Henning, 3. Aufl. 2013, § 5 E. Rz. 213; Nordemann, in: Götting/Nordemann, 2. Aufl., 2009, § 5 Rz. 358, 3.77; Link, in: jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 5 Rz. 456 f.). Prägnant fasst Köhler zusammen: Wird ein Geschäft als „Factory Outlet“ oder – wie hier – nur als „Outlet“ bezeichnet, so müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Zum einen müssen die Waren aus eigener Produktion stammen, zum anderen müssen die Preise unter denen des Einzelhandels liegen. Ist eine dieser Voraussetzungen – wie hier – nicht erfüllt, so ist die Werbung irreführend (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rz. 5.13).
dd) Während also nach dem dargestellten Begriffsverständnis im Falle eines Outlet-Verkaufs die besondere Günstigkeit eines Angebots daraus folgt, dass der Groß- und Zwischenhandel ausgeschlossen ist, resultiert eine vermeintlich gegebene Günstigkeit im Falle des Angebots der Beklagten aus anderen Gründen. Insofern wird der angesprochene Verkehr in wettbewerbsrechtlich erheblicher Weise getäuscht und hierin ist eine Irreführung i.S.d. § 5 UWG zu sehen.
Der Täuschung kommt hier eine besondere Bedeutung und Marktrelevanz zu, weil der Begriff „Outlet“ in der deutschen Gesellschaft aktuell in hohem Maße geeignet ist, Verbraucher für ein damit verbundenes Warenangebot zu interessieren und anzuziehen. Denn der Warenmarkt wird seit geraumer Zeit ganz wesentlich über Preiswerbung und Preiskonkurrenz geprägt und genau in diesem Zusammenhang verspricht der Begriff „Outlet“ besonders günstige Angebote (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2012, Az.: 2 U 90/11).
ee) In Fällen, in denen bereits eine Verletzungshandlung erfolgt ist, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Zuwiderhandlung erneut begangen wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002, Az.: I ZR 137/00 = MDR 2003, 705; Seichter, in: jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 8 Rz. 32). Voraussetzung ist lediglich, dass die Handlung rechtswidrig war; ein Verschulden ist nicht erforderlich. Auf Grund des festgestellten Wettbewerbsverstoßes wird hier also die Wiederholungsgefahr vermutet, was im Übrigen auch von der Beklagten nicht angegriffen ist.
b) Ein Anspruch auf außergerichtlich angefallene Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Abmahnung ergibt sich in geltend gemachter Höhe aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 286, 288 BGB).
Einwände hat die Beklagte insofern weder gegen den Anspruchsgrund noch gegen die Höhe erhoben.
2. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet; zu Unrecht hat das Landgericht die Klage im Hauptantrag abgewiesen.
Zwischen dem Haupt- und dem Hilfsantrag der Klägerin besteht lediglich der Unterschied, dass der Hilfsantrag mit dem Zusatz „wenn es geschieht wie in der Anlage K 2 und K 3“ Bezug nimmt auf die konkrete Verletzungsform. Zugesprochen hat das Landgericht in erster Instanz auf diesen Hilfsantrag hin einen Unterlassungsanspruch mit diesem und dem weiteren Zusatz „sofern sie [gemeint ist die Beklagte] die angebotenen Waren nicht selbst hergestellt hat“.
Wie bereits mit Senatsurteil vom 15. März 2012, Az.: 2 U 90/11, entschieden, bedarf es weder dieses einschränkenden Zusatzes „sofern sie die angebotene Waren nicht selbst hergestellt hat“ noch einer Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der entsprechende klägerische Hauptantrag als hinreichend bestimmter Klagantrag (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) anzusehen.
a) Zwar darf der Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Streitgegenstand und Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich ein Beklagter deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011, Az.: I ZR 108/09 = MDR 2011, 1311 ff.). Die Bestimmtheit des Unterlassungsantrages soll dem Unterlassungsschuldner nämlich Klarheit über Inhalt und Umfang des Verbots verschaffen und eine Verlagerung dieser Fragen in das Vollstreckungsverfahren verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 06. Oktober 2011, Az.: I ZR 117/10 = MDR 2012, 597; Geisler, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 253 Rz. 17).
Die Anforderungen an die Konkretisierung eines Unterlassungsantrages sind aber auch abhängig von den Besonderheiten des materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalles (vgl. Seichter, in: jurisPK-UWG 3. Aufl. 2013, § 8 Rz. 67). Abzuwägen ist zwischen dem zu schützenden Interesse des Beklagten an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen und dem Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz (BGH, Urteil vom 04. Juli 2002, Az.: I ZR 38/00 = WM 2002, 1986 ff.). Auch weite oder auslegungsbedürftige Antragsformulierungen können im Einzelfall hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Werbemethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 02. Februar 2012, Az.: I ZR 81/10 = MDR 2012, 1185 ff.). Vor dieser Abwägung hat aber stets die Auslegung eines Klagantrages unter Berücksichtigung des Klagvorbringens zu stehen (vgl. Seichter, in: jurisPK-UWG 3. Aufl. 2013, § 8 Rz. 67; BGH, Urteil vom 07. Juli 2001, Az.: I ZR 115/99 = NJW 2001, 3710).
b) Angesichts der Tatsache, dass hier die Verwendung des Begriffs „Outlet“ in Alleinstellung bzw. der Begriffe „b...outlet“ oder „b...oulet24“ aus den unter 1. dargestellten Gründen irreführend ist, bedurfte es damit im vorliegenden Fall keiner weiteren Konkretisierung des Klagantrages im Sinne einer Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform. Auch muss aus Bestimmtheitsgründen der Zusatz „sofern sie die angebotene Waren nicht selbst hergestellt hat“ nicht in den Tenor aufgenommen werden, da sich diese Einschränkung hinreichend deutlich aus der Klagbegründung bzw. den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt.
Die Klage ist damit auch im Hauptantrag begründet; die Berufung der Klägerin ist erfolgreich. Aufgrund der Begründetheit der klägerischen Berufung und der Unbegründetheit der Berufung der Beklagten ist die Kostenentscheidung erster Instanz (Kostenaufhebung) zu korrigieren und die Beklagte hat Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
C.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
III.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die aufgeworfenen, entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt. Anwendung und Auswirkung dieser Grundsätze auf einen konkreten Lebenssachverhalt betreffen nur den jeweiligen Einzelfall. Mit seiner Entscheidung zum Verkehrsverständnis des Begriffs „Outlet“ weicht der Senat insbesondere auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 24. September 2013, Az. I ZR 89/12 = NJW-RR 2014, 153 f.) ab.
IV.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
In erster Instanz hat das Landgericht den Streitwert auf 20.000,00 Euro festgesetzt, obwohl die Klägerin in der Klagschrift einen Streitwert i.H.v. 20.859,80 Euro angegeben hatte (GA 1).
Der Auffassung des Landgerichts ist beizutreten: Gemäß § 4 ZPO bleiben für die Wertberechnung Kosten unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Der Anwendungsbereich dieser Norm beschränkt sich auf Kosten, die nicht Kosten des laufenden Rechtsstreites sind. Diese bleiben für die Streitwertfestsetzung ungeachtet einer dahingehenden Antragstellung ohne Berücksichtigung, solange die Hauptsache im Streit ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007, Az.: X ZB 7/06 = NJW 2007, 3289). Das gilt insbesondere für den – hier geltend gemachten – nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG für die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit, der als solcher grundsätzlich gemäß § 15a RVG zu kürzen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007, Az.: X ZB 7/06 = NJW 2007, 3289; BGH, Beschluss vom 25. September 2007, Az.: VI ZB 22/07 = NJW-RR 2008, 374 f.; Gehle, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 4 Rz. 24).
Auch im Berufungsverfahren ist mithin von einem Streitwert i.H.v. 20.000,00 Euro (und nicht i.H.v. 20.859,80 Euro) auszugehen.