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OLG Düsseldorf Urteil vom 21.11.2006 - I-20 U 14/06 - Irreführende Werbung mit einem Gütesiegel
OLG Düsseldorf v. 21.11.2006: Irreführende Werbung mit einem Gütesiegel
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 21.11.2006 - I-20 U 14/06) hat entschieden:
Die Werbung mit der Auszeichnung "1a Augenoptiker 2005" erweckt den Eindruck, dass diese Auszeichnung durch eine dritte kompetente Stelle verliehen worden ist. Daran fehlt es, wenn sich die Augenoptikerbetriebe die Auszeichnung selbst verleihen, indem sie eine bestimmte Anzahl von Kriterien auf einem zur Verfügung gestellten Bewerbungsbogen ankreuzen und eine Schutzgebühr entrichten. Eine Überprüfung durch Stichproben reicht nicht aus, um die Verleihung der Auszeichnung zu rechtfertigen. Die Auszeichnung als "1a Augenoptiker" erfordert eine Prüfung gerade der für einen Augenoptikerbetrieb maßgebliche Kompetenzen und Qualitäten.
Siehe auch Gütesiegel - Gütezeichen - Qualitätssiegel - Prüfsiegel - Prüfzeichen und Stichwörter zum Thema Werbung
Gründe:
I.
Die Beklagte hat in der Ausgabe O 48/24 vom 24.11.2004 ihrer Publikation "Augenoptik/Optometrie" für die Vergabe einer Auszeichnung als "1 a-Augenoptiker 2005" geworben. Diese Auszeichnung konnten die sich dafür interessierenden Augenoptikerbetriebe dadurch erlangen, dass sie den im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Bewerbungsbogen ausfüllten und die Richtigkeit ihrer Angaben schriftlich versicherten. Wenn mindestens 12 der angegebenen 26 Kriterien bejaht wurden und eine Schutzgebühr von 9,95 Euro entrichtet wurde, erhielten die Optikerunternehmen den in der Anlage B 3 im Original zur Akte gereichten Aufkleber und eine Urkunde.
Der Kläger hat die Vergabe der Auszeichnung durch die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Irreführung als wettbewerbswidrig beanstandet. Er moniert, dass die in dem Bewerbungskatalog aufgeführten Punkte keine Auszeichnung als Augenoptiker rechtfertigten; des weiteren werde über das Prüfungsverfahren, das zur Verleihung der Auszeichnung führe, ein falscher Eindruck erweckt.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt,
es zu unterlassen eine als Gütesiegel bezeichnete Auszeichnung verbunden mit einem aus der Anlage ersichtlichen Aufkleber an Augenoptikerbetriebe auszugeben und/oder auszugeben zu lassen, in dem es heißt: "Ausgezeichnet als ... 1 a Augenoptiker 2005 Der gute Augenoptiker: Ihre beste Wahl beim Einkauf"., wenn die Vergabe der Auszeichnung lediglich davon abhängig gemacht wird, ob die Augenoptikerbetriebe in einer Selbstauskunft angeben, mindestens 12 der nachfolgend wiedergegebenen 26 Kriterien zu erfüllen
und/oder für die Teilnahme an dem Auszeichnungsverfahren nach den vorgenannten Kriterien zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1 (Seite 1-2 2. Absatz).
Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 189,– Euro Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, die Beklagte erwecke den falschen Eindruck, dass sich die ausgezeichneten Betriebe durch ein in zentralen Punkten besseres Leistungsangebot von ihren Mitbewerbern absetzten und dass die Auszeichnung durch eine dritte Institution vergeben worden sei. Die in dem Bewerbungsbogen genannten Kriterien rechtfertigten die Auszeichnung jedoch nicht. Der Hinweis auf dem Aufkleber, dass der Leistungskatalog eingesehen werden könne, sei nicht geeignet, Klarstellung zu schaffen. Auch entstehe ein falscher Eindruck über das Prüfungsverfahren.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie eine Klageabweisung anstrebt.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, dass die Auszeichnung nicht besage, dass der so "Ausgezeichnete" in zentralen Punkte ein besseres Leistungsangebot habe, sie besage vielmehr nur, dass es sich um einen leistungsstarken Augenoptiker handele. Schließlich habe das Landgericht nicht hinreichend die Pressefreiheit berücksichtigt und das von ihm ausgesprochene Verbot unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geprüft. Die Aktion habe sich nicht unmittelbar an die Verbraucher, sondern an die Augenoptikerbetriebe gerichtet.
Es sei auch keine Irreführung der Verbraucher zu befürchten, da diese an Testergebnisse gewöhnt seien, und ihnen keine besondere Bedeutung beimessen würden. Die Beklagte führt eine Reihe von Beispielen an, um zu zeigen, in welcher Weise durch Dritte vergebene Qualitätsbezeichnungen in die Werbung Einzug genommen hätten. Im Übrigen rügt die Beklagte, dass das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass sie durch Stichproben die Richtigkeit der von den Optikerbetrieben gemachten Angaben überprüft hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.12.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass die Worte "als Gütesiegel bezeichnete" entfallen sollen.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Es war lediglich der Tenor des landgerichtlichen Urteils entsprechend der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2006 vorgenommenen Modifikation seines Klageantrages zu präzisieren. Dem Kläger ist es für den Rechtsstreit erkennbar nicht darauf angekommen, ob auch die vorherige Bezeichnung als Gütesiegel zur Wettbewerbswidrigkeit der Handlung beiträgt, so dass dieses Kriterium, das für das Vollstreckungsverfahren nicht hinreichend bestimmt ist, wegzulassen ist.
Mit den von der Beklagten ausgegebenen und beworbenen "Auszeichnungen" in Form des als Anlage B 3 überreichten Aufklebers werben die auf diese Weise "ausgezeichneten" Augenoptikerunternehmen irreführend über ihre geschäftlichen Verhältnisse im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG, weshalb die Beklagte, die diese Werbung initiiert hat, zur Unterlassung zu verurteilen ist.
Für die Frage, ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es auf die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet, an. Das sind im vorliegenden Fall die Kunden, die Dienst-, Werk- und Warenleistungen eines Augenoptikers in Anspruch nehmen wollen. Wenn diese auf einen als "1 a Augenoptiker 2005" ausgezeichneten Betrieb stoßen, nehmen sie aufgrund des normalen Verständnisses von einer Auszeichnung an, dass diese durch eine dritte kompetente Stelle verliehen worden ist (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht 24. Aufl., § 8 Rdnr. 5.158). Schon dies trifft hier nicht zu, denn praktisch verleihen sich die Augenoptikerbetriebe die Auszeichnung selbst, indem sie 12 Kriterien auf dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Bewerbungsbogen ankreuzen und die Schutzgebühr von 9,95 Euro entrichten. Die Beklagte vergibt damit nur das Auszeichnungsmaterial – den Aufkleber und die Urkunde –; eine inhaltliche Auszeichnung durch Würdigung besonderer Leistungen nimmt die Beklagte jedoch nicht vor, weil sie die von ihr als maßgeblich aufgestellten Kriterien nicht daraufhin überprüft, ob sie bei den betreffenden Augenoptikerbetrieben auch vorhanden sind. Der Vortrag der Beklagten, sie führe immerhin Stichproben durch, ist völlig unsubstantiiert und damit unerheblich. Im Übrigen würden auch Stichproben (in welchem Umfang?) nicht ausreichen, um die Verleihung der Auszeichnung zu rechtfertigen.
Des weiteren geht der angesprochene Verkehr davon aus, dass bei einer Auszeichnung als "1 a Augenoptiker" eine Prüfung – zumindest auch – der für einen Augenoptikerbetrieb maßgeblichen Leistungen stattgefunden hat. Das wäre eine Prüfung im Hinblick auf die handwerkliche Fertigung von Brillengläsern und Brillen, die Anpassung von Kontaktlinsen, die Beratung bei der Auswahl von Brillengestellen, Sonnenbrillen sowie der Verkauf von Zubehör. Um all diese Kriterien geht es in der von der Beklagten aufgestellten Liste, die ein Leistungskatalog sein soll, jedoch gerade nicht, sondern überwiegend um völlige Nebensächlichkeiten die bis auf zwei Punkte (Spezialisierung und Brillenversicherung) nicht speziell auf einen Augenoptikerbetrieb zugeschnitten sind, sondern auf jedes Einzelhandelsunternehmen angewandt werden könnten und wie die Beklagte in ihrem Artikel selbst angibt, schon im Textil- und Sportfachhandel verwendet worden ist. Insofern wird der Verbraucher also auch darüber irregeführt, dass die vergebende Auszeichnung gerade nicht auf Kriterien beruht, die einen besonders guten Augenoptiker ausmachen, sondern völlig nebensächlich sind.
Die Relevanz der Irreführung ist nicht in Zweifel zu ziehen. Gerade der Hinweis auf den Besitz von Auszeichnungen ist ein beliebtes Werbemittel, dem eine hohe wettbewerbsrechtliche Relevanz zukommt (vgl. Bornkamm, a. a. O.).
Die von der Beklagten angeführte Pressefreiheit, die das Landgericht nicht ausreichend berücksichtigt haben soll, ist hier gar nicht betroffen, da die Beklagte in ihrem Presseorgan keine Meinung äußert, sondern lediglich den Verkauf einer Auszeichnung zu wettbewerbsrechtlich unlauteren Umständen anbietet.
Die Beklagte stiftet durch ihr Angebot in ihrem Brancheninformationsbrief vom 24.11.2004 Augenoptikerbetriebe zu wettbewerbswidrigem Verhalten an, weshalb sie auf Unterlassung nach § 8 UWG in Anspruch genommen werden kann. Notwendig für die Annahme einer Anstiftung ist eine bestimmende Einflussnahme (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 8 UWG Rdnr. 2.6; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2005, 230, 231). Eine solche Einflussnahme liegt hier vor, da die Beklagte die bei ihr zu erwerbende Auszeichnung anpreist. Sie schreibt, dass damit eine Orientierungs-Möglichkeit geschaffen werde, dem Kunden den Weg durch den Einheitsbrei von Brillen verramschenden "Fast-Food-Ketten" zu ebnen und ihn dorthin zu führen, wo sich Einkaufen wirklich lohnt. Die Beklagte verweist darüber hinaus auf die positiven Erfahrungen anderer Geschäfte aus dem Textil- und Sportfachhandel, die an dieser branchenübergreifenden Aktion bereits mit Erfolg teilgenommen haben.
Gegen die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnkosten, die die Beklagte mit ihrem Antrag ebenfalls angreift, bringt sie keine selbständigen Berufungsangriffe vor.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i. V. m. § 713 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs. 2 ZPO.
Streitwert zweite Instanz 15.189 Euro (entsprechend der Wertfestsetzung durch das Landgericht, die von den Parteien nicht beanstandet worden ist).