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OLG Koblenz Urteil vom 01.07.2015 - 9 U 1339/14 - Antwortpflicht für im Impressum hinterlegte E-Mail-Adressen

OLG Koblenz v. 01.07.2015: Keine Antwortpflicht für im Impressum hinterlegte E-Mail-Adressen


Das OLG Koblenz (Urteil vom 01.07.2015 - 9 U 1339/14) hat entschieden:
Es besteht keine Antwortpflicht für die im Impressum hinterlegte E-Mail-Adressen. Der Anbieter des Telemediendienstes darf an ihn gerichtete E-Mails ebenso wie auf dem Postweg im Einzelfall unbeantwortet lassen. Auch ein Nichtbeantworten kann eine Reaktion darstellen. - Eine systematische Zurückweisung oder Einschränkung der Kommunikationsmöglichkeit per E-Mail ist nicht zulässig, wobei Einzelfälle zu akzeptieren sind. Ein Betroffener, der eine derartige Einschränkung oder Zurückweisung behauptet, trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast.




Siehe auch E-Mail - kommerzielle Kommunikation mit digitaler Post und Stichwörter zum Thema Kommunikation im Onlinehandel


Gründe:

Die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung sowie zur Zahlung von mehr als 214,00 € wendet, hat Erfolg. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch gemäß § 2 UKlaG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG, da der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass die Beklagte gegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verstoßen hat.

Nach dieser Vorschrift haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
1. ...

2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post.

3. ...
Die Adresse der elektronischen Post ist eine E-​Mail-​Anschrift. Eine solche Anschrift hat die Beklagte durch die Angabe "info@....de" im Impressum des von ihr betriebenen Telemediendienstes mitgeteilt. Der Kläger macht demgegenüber geltend, die Beklagte genüge nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG, weil keine Kommunikation über diese E-​Mail-​Adresse mit ihr möglich sei. Vielmehr erhielten Verbraucher, die sich mit Mitteilungen oder Anfragen über diese Adresse an die Beklagte wendeten, ausschließlich in einer standardisierten E-​Mail allgemeine Hinweise auf die Möglichkeit weitergehender Informationsquellen über den Telemediendienst oder telefonische Kontaktmöglichkeiten. Dadurch sei die E-​Mail-​Adresse in ihrer Funktion eingeschränkt und erfülle nicht die ihr von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG zugewiesene Aufgabe, uneingeschränkte Kommunikation auf elektronischem Weg zu ermöglichen.

Ein solcher Verstoß der Beklagten ist jedoch nicht bewiesen. Zwar ist es richtig, dass zwei Verbraucher von der Beklagten die von dem Kläger beanstandete E-​Mail erhalten haben. Es steht aber nicht fest, dass die Beklagte diese Schreiben stets und in allen Fällen, in denen Verbraucher sich an sie wenden, versendet und dass dies die einzige Antwort ist, die der Verbraucher von der Beklagten erhält.

§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG soll eine individuelle unmittelbare Kommunikation auf elektronischem Wege über die angegebene E-​Mail-​Adresse ermöglichen. Die Vorschrift verlangt nicht, dass Mitteilungen oder Anfragen von Seiten des Anbieters in jedem Fall beantwortet werden. Es werden auch keine Prüfpflichten statuiert. Entscheidend ist, dass die E-​Mail-​Adresse die Kontaktaufnahme mit dem Anbieter auf diesem Weg ermöglicht und der Anbieter seine Erreichbarkeit nicht einschränkt, indem er etwa von vornherein durch Regeln zur Behandlung der E-​Mail ausschließt, dass eingehende Mails zur Kenntnis genommen werden oder die Kommunikationsmöglichkeiten der Kunden auf bestimmte Fragen inhaltlich eingeschränkt, oder dem Kunden nur anderweitige Möglichkeiten der Kommunikation mitgeteilt werden. Eine solche unzulässige Einschränkung der Kommunikation stellt es auch dar, wenn das System so angelegt ist, dass auf Kundenanfragen ausschließlich mit einem für alle Fälle von Anfragen vorformulierten Standardschreiben reagiert wird. Denn bei einer solchen Reaktion handelt es sich nicht um eine individuelle Antwort, sondern letztlich nur um ein generelles Zurückweisen des Kommunikationsanliegens des Kunden. Andererseits überlässt § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG es dem Anbieter, wie er ohne die zuvor dargestellten Beschränkungen mit seinen Kunden kommuniziert. Ebenso, wie er auf dem Postweg an ihn gerichtete Anfragen im Einzelfall unbeantwortet lassen kann, ohne dadurch wettbewerbswidrig zu handeln, braucht er auch nicht jede an ihn gerichtete E-​Mail zu beantworten (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - C-​298/07 - , juris; KG, Urteil vom 7. Mai 2013 - 5 U 32/12 -, juris; LG Berlin, Urteil vom 28.8.2014 - 52 O 135/13).

Hier stützt der Kläger seine Unterlassungsklage darauf, dass die Beklagte zwei individuelle Kundenanfragen mit standardisierten Schreiben beantwortet hat. Dies rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass das System der Beklagten von vornherein darauf angelegt ist, in dieser Weise zu reagieren und dass die Beklagte nur solche Antwortschreiben versendet und dadurch jedwede weitere Kommunikation verhindert.

Zwar ist es richtig, dass in den beiden Schreiben lediglich allgemeine Hinweise auf weitere Informationsquellen über den Telemediendienst oder telefonische Kontaktmöglichkeiten erteilt werden. Eines der beiden Schreiben schließt auch mit der Formulierung:
"Diese E-​Mail wurde durch ein automatisiertes System erzeugt. Individuelle Anfragen zu Diensten und Produkten von ….DE können über diese E-​Mail-​Adresse nicht bearbeitet werden."
Die Beklagte hat dazu geltend gemacht, alle Mails, die nicht als Spam erkannt würden, würden von einem Mitarbeiterteam individuell bearbeitet. Die beiden hier in Rede stehenden Mails seien gelesen und bearbeitet worden. Da der erste Kunde ausweislich seiner Anfrage eine Antwort seitens der Beklagten nur für den Fall wünschte, dass eine bestimmte von ihm an die Beklagte gestellte Frage seitens der Beklagten bejaht werde ("wenn ja, bitte ich um eine detaillierte Info"), und diese Frage seitens der Beklagten aber verneint worden sei, sei seitens der Mitarbeiter der Beklagten entschieden worden, lediglich mit dem von dem Kläger beanstandeten standardisierten Brief zu antworten und nicht auf die von dem Kunden nur für den Fall ihrer Bejahung gestellten Frage einzugehen.

Den zweiten Kunden habe sie, die Beklagte, als eine ihr bekannte Mitarbeiterin des Klägers identifiziert. Bei den in dieser Anfrage gestellten Fragen habe es sich für die Beklagte erkennbar um "Fangfragen" gehandelt. Deshalb hätten die Mitarbeiter der Beklagten entschieden, nur mit dem beanstandeten standardisierten Schreiben zu antworten.

Es kann dahinstehen, inwieweit dieser Vortrag der Beklagten im einzelnen zutreffend ist. Denn darlegungs- und beweispflichtig für den Wettbewerbsverstoß der Beklagten ist der Kläger.

Der Kläger stützt sich für sein Begehren lediglich auf die zwei dargestellten Vorfälle, die sich jedoch aufgrund unstreitiger Umstände ("falls ja" und "Mitarbeiterin des Klägers") als Einzelfälle darstellen, die nicht den Schluss rechtfertigen, der Kläger beantworte stets und abschließend Kundenkorrespondenz mit diesen standardisierten Schreiben.

Der Einwand des Klägers, die Antwortschreiben der Beklagten erweckten beim Kunden den Eindruck, die Beklagte lehne jede weitere Kommunikation ab, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Für die hier in Rede stehenden Antworten ist dieser Einwand des Klägers zutreffend. Dies war auch von der Beklagten in diesen beiden Fällen so gewollt. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn eine bestimmte inhaltliche Qualität der Kommunikation verlangt § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG nicht (LG Berlin, a.a.O.). Anders wäre es nur, wenn die Beklagte ausschließlich und abschließend Kundenanfragen mit den in Rede stehenden Antwortschreiben beantworten würde. Dies ist aber - wie dargestellt - offen.



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