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Landgericht Frankfurt am Main Beschluss vom 05.08.2015 - 2-03 O 306/15 - Keine Übertragung der Haftungsmaßstäbe der Host-Provider auf Registrare
LG Frankfurt am Main v. 05.08.2015: Keine Übertragung der Haftungsmaßstäbe der Host-Provider auf Registrare
Das Landgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.08.2015 - 2-03 O 306/15) hat entschieden:
Der Registrar einer Domain ist nicht stets auch als Host Provider anzusehen. Von dem Registrar kann ähnlich der DENIC nur eine Prüfung auf offenkundige Rechtsverletzungen verlangt werden, da er lediglich einen Namen zur Verfügung stellt, unter dem der Nutzer dann Informationen einstellen kann.
Siehe auch Internet-Service-Provider (ISP und Stichwörter zum Thema Störer- und Betreiberhaftung
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist ....
Die Antragsgegnerin ist ein Domainregistrar.
Auf der Webseite www.a....com erschien ein Beitrag (Anlagen K1-K6, Bl. 10-15 d.A.), der Äußerungen über die Antragstellerin enthält. Der Beitrag ist unterzeichnet mit "J..." und "L...".
Die Antragsgegnerin ist als Registrar der streitgegenständlichen Webseite eingetragen (WHOIS-Information, Bl. 3 d.A.). Als "Registrant" und als Admin-C der Webseite ist der Name "... Privacy" hinterlegt. Die Adresse stimmt insoweit mit der Adresse der Antragsgegnerin überein.
Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 22.07.2015, 21:04h, ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit Fristsetzung zum 23.07.2015, 16.00h.
Die Antragstellerin beantragt nach Umstellung ihres Antrages mit Schriftsatz vom 28.07.2015,
es der Verfügungsbeklagten bei Meldung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, zu untersagen, auf der von ihr gehosteten Internet-Seite www.a....com (wie geschehen vom 22.06.2015 bis mindestens 28.07.2015) den bisher unter "R..." als Anlage K 1 - 6 bereitgestellten Beitrag zum Abruf bereitzuhalten oder auf ihn zu verlinken oder folgende dort enthaltene Behauptungen und Schmähkritiken zu verbreiten oder zugänglich zu machen: ...
Die Antragstellerin ist der Auffassung, die im angegriffenen Beitrag enthaltenen Tatsachenbehauptungen seien unzutreffend. Alle enthaltenen Wertungen seien schmähend und grob beleidigend. Die Antragsgegnerin hafte als Störerin nach § 10 Nr. 1, 2 TMG auf Unterlassung. Die Inanspruchnahme der Handlungsstörer sei rechtlich nicht geboten und tatsächlich nicht möglich.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.
Es fehlt an einem Verfügungsanspruch.
Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob die von der Antragstellerin angegriffenen 27 Behauptungen als Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen anzusehen sind, ob diese unwahr oder schmähend sind sowie, ob die Antragstellerin durch sie in ihren Rechten betroffen ist.
Denn der Antragstellerin steht ein Anspruch auf Unterlassung des Bereithaltens, Verlinkens, Verbreitens oder des Zugänglichmachens gegen die Antragsgegnerin nicht zu.
1. Die Antragsgegnerin haftet nicht als Host Provider auf Unterlassung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, 10 TMG.
a. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet, m.w.N.). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; BGH GRUR 2011, 1038 Rn. 20 - Stiftparfüm). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; BGH GRUR 2003, 969, 970 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; BGH MMR 2010, 565 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens).
Dabei hat die Rechtsprechung für die Haftung des Host Providers, der entsprechend § 10 TMG lediglich fremde Informationen speichert, festgestellt, dass er nicht verpflichtet ist, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er soll aber verantwortlich sein, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider daher als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (BGH NJW 2012, 1048 Rn. 24 - Google Blogspot). Da sich allerdings bei einer behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne Weiteres feststellen lässt, da dies eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus und dem Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit erfordert, hat die Rechtsprechung die Haftung des Host Providers unter bestimmte Voraussetzungen gestellt. Der BGH hat hierzu ausgeführt (BGH NJW 2012, 1048 Rn. 26 f. - Google Blogspot):
"Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwands von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substanziiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen."
b. Diese Grundsätze finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Denn es ist nach derzeitigem Stand schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin überhaupt als Host Provider nach § 10 TMG anzusehen ist, worauf die Kammer den Antragstellervertreter hingewiesen hatte.
Die Antragstellerin bezeichnet die Antragsgegnerin als "Server-Provider" und ist der Auffassung, dass sie nach § 10 TMG hafte (Bl. 3 d.A.).
Aus den bisher vorgelegten Unterlagen (Einblendung Bl. 3 d.A.) ergibt sich jedoch lediglich, dass die Antragsgegnerin als Registrar aufgetreten ist. Als "Registrant", also Inhaber der Domain, ist eine "... Privacy" hinterlegt.
Damit ist letztlich unklar, ob die Antragsgegnerin tatsächlich Inhalte der hinter der Domain stehenden Personen im Sinne von § 10 TMG "speichert".
Es ist gerichtsbekannt, dass die Rolle des Registrars einer Domain und des Host Providers für die unter eine Domain erreichbaren Daten häufig auseinander fallen. Vorliegend ist nicht ersichtlich, ob die Antragsgegnerin vorliegend sowohl die Rolle des Registrars als auch die Rolle des Host Providers für die streitgegenständliche Domain übernommen hat.
Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.07.2015 ergänzend vorgetragen hat, dass die Unternehmensgruppe D...damit werbe, dass sie für 520.000 Kunden in Europa 1,7 Millionen Domains reserviert habe und 500.000 Webseiten hoste (Einblendung Bl. 37 d.A.), sagt dies über die Antragsgegnerin, die nach dem Vortrag der Antragstellerin Teil der D...-Unternehmensgruppe ist, nichts aus. Vielmehr zeigt sich, dass die D... deutlich weniger Webseiten tatsächlich hostet als sie Domains reserviert hat.
Insbesondere bleibt unklar, ob - wie die Antragstellerin behauptet - die Antragsgegnerin auch unter "... PRIVACY" auftritt. Auch dies ist nicht glaubhaft gemacht, worauf der Antragstellervertreter hingewiesen worden ist. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 28.07.2015 dargelegt, dass sich aus der Domainregistrierung ergebe, dass die Antragsgegnerin als "Provider der inkriminierten Seite" auftrete (Einblendung Bl. 35 f. d.A.). Aus den dort wiedergegebenen Daten ergibt sich allerdings lediglich, dass "Registrant" eine "... Privacy" ist, die unter derselben Adresse residiert wie die Antragsgegnerin. Hierbei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass die Antragstellerin selbst vorträgt, dass die Antragsgegnerin Teil der Unternehmensgruppe "D..." sei und als Adresse das "Haus der Unternehmensgruppe D..." angegeben hat. Dementsprechend bleibt unklar, ob es sich bei der "... Privacy" um eine eigenständige Rechtspersönlichkeit handelt, die möglicherweise ebenfalls zur Unternehmensgruppe D... gehört und unter dieser Adresse ihren Sitz hat.
c. Selbst wenn man jedoch die die Antragsgegnerin als Host Provider nach § 10 TMG ansehen und die oben dargestellten Grundsätze auf die Antragsgegnerin anwenden wollte, würde sie nach dem bisherigen Sachstand nicht als Störerin haften. Der Host Provider haftet nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BGH nämlich nicht bereits auf Unterlassen, wenn er abgemahnt wurde, sondern erst, wenn er das vorgesehene Prüfungsverfahren nicht oder unzulänglich durchführt.
Ein solches vorwerfbares Verhalten ist vorliegend aber nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht. Insbesondere hatte die Antragsgegnerin schon nach dem Vortrag der Antragstellerin vorliegend nicht ausreichend Zeit, um die an sie herangetragenen Vorwürfe an ihren Kunden weiterzuleiten, diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und die Antwort ihres Kunden anschließend zu prüfen. Denn die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin am 22.07.2015 um 21:04h abgemahnt und noch am 23.07.2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht.
2. Die Antragsgegnerin haftet auch nicht in ihrer Rolle als Registrar als Störer nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung. Ihr ist eine Verletzung von Prüfungs- und Überwachungspflichten nicht vorzuwerfen.
a. Die Haftung des Störers setzt die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Dabei sind - wie oben dargestellt - für die Bewertung solcher Prüfpflichten die jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu berücksichtigen, ferner die Funktion des Anspruchsgegners und seine Aufgabenstellung sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat.
b. Ein Domain-Registrar führt Registrierungen von Internet-Domains durch. Jeder mit dem Internet verbundene Computer hat eine ausschließlich ihm zugeordnete, aus mehreren Zahlenblöcken bestehende IP-Adresse. Domainnamen sind Übersetzungen der IP-Adressen in Schriftzeichen. Sie erleichtern damit die Merkbarkeit und Ansteuerung von Internetseiten (MünchKommBGB/Heine, 6. Aufl. 2012, § 12 Rn. 228) und sind dabei einer Telefonnummer vergleichbar (Schiwy/Brockmann, in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 3. Aufl. 2014, Kap. 15 Rn. 65). Die Internetnutzer können sich mit einer Eingabe des Domainnamens im Adressfeld des Internet-Browsers begnügen und müssen sich nicht die dahinter stehende IP-Adresse einprägen. Die technische Entschlüsselung des Domainnamens in die entsprechende IP-Adresse übernehmen sogenannte Nameserver, ohne dass der Nutzer diesen Vorgang überhaupt bemerkt (MünchKommBGB/Heine, a.a.O., § 12 Rn. 228).
Domainnamen werden nach einer hierarchischen Struktur gebildet. Die oberste Ebene - die Top-Level Domain ("TLD") - befindet sich am Ende des Domainnamens (z.B. ".com" oder ".de"). Hierbei unterscheidet man zwischen länderspezifischen (z.B. ".de") und generischen TLDs. Die darunter befindliche Ebene wird als Second-Level Domain ("SLD") bezeichnet (MünchKommBGB/Heine, a.a.O., § 12 Rn. 229). Sie stellt den eigentlich kennzeichnenden und frei wählbaren Teil des Domainnamens dar, im vorliegenden Fall "alternativer-afd- newsletter".
Die Koordinierung und Verwaltung von Top-Level-Domains ist Aufgabe der "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers" (ICANN), einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in den USA. Die ICANN delegiert die Verwaltung der einzelnen TLDs an andere Organisationen und Unternehmen, die sogenannten Registries. Die länderspezifischen TLDs werden dabei von nationalen, im Regelfall privatrechtlich organisierten Registries administriert. Z.B. in Deutschland ist dies für die deutsche länderspezifische TLD ".de" das Deutsche Network Information Center (DENIC) mit Sitz in Frankfurt/Main. Die Registries treten nicht selbst in unmittelbare Vertragsbeziehungen mit den Domainanmeldern, sondern ermächtigen damit wiederum andere Unternehmen (MünchKommBGB/Heine, a.a.O., § 12 Rn. 231). Dies sind die sogenannten Registrare, die wiederum bei der ICANN akkreditiert sein müssen. Sie schließen Verträge über die Registrierung und Verwaltung von (Second-Level-)Domains mit Endkunden. Zusätzlich betreiben sie in der Regel sogenannte Nameserver, die technisch beim jeweiligen Abruf die Verknüpfung der Domain mit der IP-Adresse bewerkstelligen. Registrare können dabei - neben dem Betrieb der Nameserver - weitere Dienste anbieten, beispielsweise die Bereitstellung von Speicherplatz (Hüsch, in Hoeren/Bensinger, Haftung im Internet, 2014, Kap. 11 Rn. 18), wodurch sie dann gleichzeitig als Host Provider agieren.
Nach den Vorgaben der ICANN ist jeder Registrar verpflichtet, die Kontaktdaten des Domaininhabers sowie der administrativ und technisch zuständigen Personen bei der Domainregistrierung abzufragen und zu speichern. Die Daten werden in sogenannte WHOIS-Datenbanken im Internet öffentlich zur Verfügung gestellt (MünchKommBGB/Heine, a.a.O., § 12 Rn. 238). Als Domaininhaber kann jedoch - abhängig auch von den Bestimmungen der jeweiligen Registry - auch eine dritte, treuhänderisch beauftragte Person oder Organisation angegeben werden (Hüsch, a.a.O., Kap. 11 Rn. 64).
c. Zur Haftung für Rechtsverletzungen aus einer Domain selbst, z.B. durch Namens- und Kennzeichenrechtsverletzungen, hat die Rechtsprechung speziell zur - nichtkommerziell handelnden - DeNIC strenge Anforderungen aufgestellt (vgl. BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; BGH GRUR 2012, 651 - regierung-oberfranken.de). Danach soll die DeNIC nur als Störerin haften, wenn die Rechtsverletzung "offenkundig" und ohne weiteres feststellbar ist. Im Regelfall soll der Dritte darauf verwiesen werden können, eine Klärung im Verhältnis zum Inhaber des umstrittenen Domain-Namens herbeizuführen. Die Ablehnung oder Aufhebung eines Domainnamens soll folglich nur dann ergehen, wenn für den zuständigen Sachbearbeiter unschwer zu erkennen ist, dass die Nutzung der Domain Rechte Dritter beeinträchtigt (BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; BGH GRUR 2012, 651 - regierung-oberfranken.de; ähnlich LG Frankfurt K&R 2010, 356). Unschwer zu erkennen sein soll eine Verletzung von Kennzeichenrechten nur dann, wenn ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel oder eine unzweifelhaft wirksame Unterwerfungserklärung des Domaininhabers vorliegt, oder wenn die Rechtsverletzung derart eindeutig ist, dass sie sich dem Sachbearbeiter aufdrängen muss. Ein solches "Aufdrängen" ist z.B. bei der Registrierung der Domain "regierung- oberfranken.de" angenommen worden (BGH GRUR 2012, 651 - regierung-oberfranken.de).
Zur Haftung von Registraren, die nachrangig zur DeNIC als Registry stehen und anders als diese kommerziell handeln, besteht Einigkeit darüber, dass ihnen keine generelle Überprüfungspflicht hinsichtlich von Inhalten obliegt. Registrare müssen daher nicht proaktiv die Inhalte unter der Domain überprüfen oder überwachen. Eine Haftung kommt daher überhaupt erst ab Kenntnis von einer konkreten Rechtsverletzung in Betracht, die regelmäßig durch den Hinweis des Verletzten herbeigeführt wird.
Auf der anderen Seite ist für die - nachrangig zur DeNIC als Registry stehenden und kommerziell handelnden - Registrare von der Rechtsprechung teilweise die BGH-Rechtsprechung zur DeNIC betreffend die Haftung "für den Domain-Namen" übertragen worden auf die Haftung "für die Inhalte unter der Domain", wobei zum Teil eine Haftung im konkreten Einzelfall abgelehnt (OLG Hamburg CR 2011, 54) und zum Teil aufgrund "Offenkundigkeit" angenommen wurde (OLG Saarbrücken MMR 2015, 120 = CR 2015, 317 = K&R 2015, 62; kritisch Brüggemann, jurisPR-ITR 1/2015, Anm. 4; Vorinstanz LG Saarbrücken MMR 2014, 407 mit zust. Anm. J.B. Nordemann; kritisch Marosi, jurisPR-ITR 10/2014, Anm. 5). Weiter wurde teilweise unter Übertragung der Rechtsprechung des BGH zu Host Providern (BGH NJW 2012, 1048 - Google Blogspot) eine Pflicht zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden verlangt (OLG Karlsruhe MMR 2004, 256; KG Berlin MMR 2014, 776; LG Köln, Urt. v. 13.05.2015 - 28 O 11/15 m. krit. Anm. Kremer/Halim, jurisPR-ITR 13/2015, Anm. 3).
d. Bei der Beurteilung der Pflichten des Störers sind jeweils die Umstände des Einzelfalls, die Funktion des Störers, seine Aufgabenstellung sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, zu berücksichtigen. Es ist dementsprechend zu fragen, welche Pflichten dem Registrar im Hinblick auf die über die Domain erreichbaren Inhalte zumutbar auferlegt werden können.
Dabei ist insbesondere die technisch bedingt schwache und bezogen auf die Inhalte neutrale Stellung des Registrars zu beachten. Anders als der Host Provider, der für den Nutzer Informationen speichert, stellt der Registrar lediglich einen Namen zur Verfügung, unter dem der Nutzer dann Informationen einstellen kann. Dabei hat der Registrar, sofern er nicht gleichzeitig als Host Provider fungiert, über die unter der Domain erreichbaren Informationen selbst keine Kontrolle. Er kann insbesondere nicht einzelne Inhalte sperren oder löschen. Der Registrar hat Kontrolle allein über die Domain, also den Namen, unter dem Inhalte durch den Nutzer abgespeichert werden können.
Ferner ist die Rolle des Registrars für das Funktionieren des Internet von hoher Relevanz. Da sich Nutzer nicht die IP-Adressen merken können, stellt die Bereitstellung von frei wählbaren Namen eine Grundvoraussetzung für das Angebot von Inhalten im Internet dar.
Die Löschung oder Dekonnektierung der Domain bewirkt zudem nicht, dass die unter der Domain enthaltenen Inhalte tatsächlich gelöscht werden oder nicht mehr abrufbar sind. Lediglich die Verknüpfung des Namens mit der IP-Adresse wird aufgelöst. Über die IP-Adresse ist der Server mit den angegriffenen Inhalten noch immer aufrufbar. Die Inhalte können auch - ggf. nach erneuter Indizierung -weiterhin durch Suchmaschinen aufgefunden werden. Zusätzlich kann derjenige, der die Inhalte tatsächlich bereit gestellt hat, jederzeit andere Domains reservieren, über die diese Inhalte abrufbar sind, oder den Domainnamen einem anderen Registrar übertragen und sie damit unter der identischen Domain erneut verfügbar machen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich der Registrar möglicherweise auf die Haftungsprivilegierung nach § 8 TMG berufen kann (so Marosi, a.a.O.; wohl auch Kremer/Halim, a.a.O. und Brüggemann, a.a.O.; offen J.B. Nordemann, MMR 2014, 409, 411; zur DeNIC LG Hamburg, Urt. v. 30.04.2009 - 315 O 581/08). Die Privilegierung ist nach bisheriger Rechtsprechung des BGH zwar nicht unmittelbar auf Unterlassungsansprüche anwendbar (BGH GRUR 2004, 860, 862 f. - Internetversteigerung I; ähnlich wohl auch EuGH GRUR 2014, 468 - UPC Telekabel / Constantin; Spindler, GRUR 2014, 826; das LG München I hat die Frage mittlerweile dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt LG München I, Beschl. v. 18.09.2014 - 7 O 14719/12), sie findet aber auch im Rahmen von Unterlassungsansprüchen bei der Bewertung der zumutbaren Prüfungs- und Überwachungspflichten Anwendung (KG Berlin MMR 2014, 46; Volkmann, K&R 2013, 257, 258; Brüggemann, a.a.O.).
Zusätzlich ist es bei der Bewertung von Pflichten erforderlich, die im konkreten Einzelfall betroffenen Rechte der Beteiligten gegeneinander abzuwägen (EuGH, GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH GRUR 2012, 265 Rn. 41 ff. - C-70/10] - Scarlet Extended; EuGH GRUR 2014, 468 Rn. 45 - UPC Telekabel / Constantin; OLG Köln GRUR 2014, 1081, 1086 - goldesel.to). Unter Abwägung dieser Rechte muss sich eine Anordnung gegenüber dem Registrar als geeignet, erforderlich und angemessen, also verhältnismäßig darstellen (EuGH GRUR 2012, 265 Rn. 48 - Scarlet Extended).
Hier streitet für die Antragstellerin ihr auf Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 2 GG (und Art. 1 EU-Grundrechte-Charta) gründendes allgemeines Persönlichkeitsrecht. Die Antragsgegnerin wiederum kann sich auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG (Art. 16 EU-Grundrechte-Charta) geschützte Unternehmensfreiheit stützen. Zusätzlich ist das Recht des Inhabers der Domain auf Ausübung seiner Äußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG (und Art. 11 EU-Grundrechte-Charta) zu beachten. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass durch die Löschung einer Domain nicht nur diejenigen Inhalte betroffen werden, die sich als rechtsverletzend darstellen, sondern im Ergebnis alle unter einer Domain vorgehaltenen Informationen, unabhängig davon, ob sie in die Rechte der Antragstellerin eingreifen oder auch nur mit ihr zu tun haben. Weiter können durch die Löschung einer Domain auch Inhalte von unbeteiligten Dritten Parteien betroffen sein. So können unter einer Domain wiederum Sub-Domains (sogenannte Third-Level-Domains) geschaltet sein, bei denen andere, dritte Personen Inhalte hinterlegt haben (vgl. KG Berlin MMR 2014, 776).
Werden durch eine Löschung einer Domain Inhalte auch anderer Personen als des möglicherweise rechtsverletzenden Kunden des Registrars betroffen, sieht sich der Registrar diesen gegenüber eventuellen Schadensersatzforderungen ausgesetzt, so dass insoweit ein weitergehender Eingriff in seine Unternehmensfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG vorliegen kann.
e. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die Rechtsprechung des BGH zur Haftung eines Host Providers (BGH NJW 2012, 1048 Rn. 26 f. - Google Blogspot) nicht ohne Weiteres auf den Registrar übertragen werden kann. Da der Registrar einen im Grunde neutralen Dienst anbietet und keinen unmittelbaren Einfluss auf die Inhalte unter der Domain ausübt, er - anders als der Host Provider - nicht gezielt einzelne rechtsverletzende Inhalte löschen oder entfernen kann, dritte unbeteiligte Personen von der Löschung unmittelbar auch in eigenen Rechten betroffen sein können und die Löschung der Domain praktisch zwingend auch andere, möglicherweise nicht rechtsverletzende Inhalte betrifft, stellen sich die Umstände des Einzelfalls beim Registrar grundlegend anders dar als beim Host Provider. Von ihm kann daher jedenfalls nur weniger verlangt werden als vom Host Provider.
Insoweit ist die Übertragung der Rechtsprechung des BGH zur Haftung der DENIC als Störer vorliegend näher als derjenigen zur Haftung des Host Providers (ebenso OLG Hamburg CR 2011, 54). Dann könnte vom Registrar eine Unterlassung und damit Löschung der Domain - nach entsprechendem Hinweis durch den Verletzten - allenfalls verlangt werden, wenn betreffend des rechtsverletzenden Inhalts ein rechtskräftiger Titel vorliegt oder sich dem Registrar die Rechtsverletzung aufgrund ihrer Offenkundigkeit geradezu aufdrängt (BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; OLG Saarbrücken MMR 2015, 120). Dabei kann vom Registrar allerdings keine nähere Prüfung verlangt werden als sie sich aus dem Maßstab der Offenkundigkeit ergibt. Selbst in solch offenkundigen Fällen kann - aufgrund einer Abwägung im konkreten Einzelfall - eine Löschung möglicherweise nicht verlangt werden, wenn durch die Löschung eine Mehrzahl anderer Kunden betroffen wäre, denen eine Rechtsverletzung nicht vorzuwerfen ist.
f. Diesen Maßstab zu Grunde gelegt, scheidet eine Haftung der Antragsgegnerin vorliegend aus.
Die Antragstellerin begehrt die Unterlassung - und damit Löschung der Domain - hinsichtlich von Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Die Bewertung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen stellt sich in der Regel als schwierig dar. Ausgehend von einer Bewertung unter Berücksichtigung aller Umstände der Äußerung im Gesamtkontext, ob konkrete Aussagen als Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen zu betrachten sind, müsste der Registrar bei Tatsachenbehauptungen die Wahrheit oder Unwahrheit durch Abgleich mit den möglicherweise eidesstattlich versicherten Gegendarstellungen des Verletzten abgleichen. Liegt eine Meinungsäußerung vor, ist zu überprüfen, ob diese sich als beleidigend oder schmähend darstellen. Diese insgesamt komplexe rechtliche Bewertung steht einer "offenkundigen" Rechtsverletzung im Grundsatz entgegen (vgl. zur Bewertung von markenrechtlichen Fragen OLG Hamburg CR 2011, 54, 57). Eine Offenkundigkeit in diesem Sinne kann daher praktisch nur bei eindeutig beleidigenden Inhalten angenommen werden.
Hier musste die Antragsgegnerin keine Maßnahmen ergreifen, insbesondere die Domain nicht löschen. Es war nämlich zu berücksichtigen, dass die angegriffenen Äußerungen in deutscher Sprache verfasst waren, während es sich bei der Antragsgegnerin um ein italienisches Unternehmen handelt. Es kann von der Antragsgegnerin daher nicht erwartet werden, einen deutschen Text auf offenkundige Rechtsverletzungen im Bereich der Beleidigungen zu untersuchen. Insoweit liegt für "den Sachbearbeiter" (vgl. BGH GRUR 2001, 1038 - ambiente.de; BGH GRUR 2012, 651 - regierung-oberfranken.de) bereits aufgrund der Sprachbarriere keine "offenkundige" Rechtsverletzung vor.
Weiter hat die Antragstellerin vorliegend nicht vorgetragen, welche anderen Inhalte sich auf der streitgegenständlichen Domain befinden, die von einer Löschung zwingend ebenfalls betroffen wären.
g. Selbst wenn man jedoch die Rechtsprechung zur Haftung des Host Providers auf den Registrar übertragen wollte, scheidet vorliegend eine Haftung der Antragsgegnerin als Störerin aus. Denn für sie bestand aufgrund der kurzen Frist keine Gelegenheit, zunächst die Abmahnung der Antragstellerin an ihren Kunden weiterzuleiten und dessen Stellungnahme einzuholen. Auch für ein noch weitergehendes Verfahren (so LG Köln, Urt. v. 13.05.2015 - 28 O 11/15) bestand für die Antragsgegnerin keine Gelegenheit. Insoweit hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin sich eines solchen Verfahrens verweigert oder dieses nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hätte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
4. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 3 ZPO.