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Landgericht Düsseldorf Beschluss vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 - Deutsche Gerichtszuständigkeit nur, wenn die Webseite bestimmungsgemäß an das deutsche Publikum gerichtet ist

LG Düsseldorf v. 09.01.2008: Deutsche Gerichtszuständigkeit nur, wenn die Webseite bestimmungsgemäß an das deutsche Publikum gerichtet ist


Das Landgericht Düsseldorf (Beschluss vom 09.01.2008 - 12 O 393/02) hat entschieden:

   Es besteht Übereinstimmung darin, dass aufgrund der zwangsläufigen, technisch bedingten Gegebenheit des Mediums Internet nicht bereits durch die bloße Abrufbarkeit einer Webseite von Deutschland aus die internationale Tatortzuständigkeit der deutschen Gerichte begründet werden kann. Es muss vielmehr darauf ankommen, ob die Webseite, gegen die der Verletzte vorgehen möchte, in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar ist. Dies ist sie nur dann, wenn sie einen über die bloße Abrufbarkeit der Webseite hinausgehenden hinreichenden Inlandsbezug aufweist.




Siehe auch
Gerichts-Zuständigkeit
und
Internationales Privatrecht


Aus den Entscheidungsgründen:


"... Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der beanstandete Artikel nicht nur in der Printausgabe der … enthalten war, sondern auch über die Internet-Webseite der Beklagten abgerufen werden konnte und abgerufen werden kann. Auch dieser Umstand ist nicht geeignet, die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts zu begründen.

Bereits die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Erfolgsort bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Pressedruckerzeugnisse (BGH, NJW 1977, 1590/1591; BGH, NJW 1996, 1128) machen deutlich, dass der Bundesgerichtshof bei der Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der der ausländischen Gerichte den festzustellenden Verbreitungsort des Presseerzeugnisses beschränkt auf den Ort der bestimmungsgemäßen Verbreitung, also den Bereich, den der Verleger und Herausgeber nach seinen Intentionen auch wirklich erreichen will oder in dem er mit einer Verbreitung rechnen muss. Eine derartige Einschränkung kommt auch in den Entscheidungen zum Ausdruck, die sich mit der Internetwerbung ausländischer Unternehmen beschäftigen (vgl. BGH, WRP 2006, 736-Arzneimittelwerbung im Internet: „Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll.“; OLG Bremen, CR 2000, 770, 771; vgl. auch BGH, GRUR 2005, 431).

Übereinstimmung besteht darin, dass aufgrund der zwangsläufigen, technisch bedingten Gegebenheit des Mediums Internet (vgl. OLG Bremen, a.a.O.) nicht bereits durch die bloße Abrufbarkeit einer Webseite von Deutschland aus die internationale Tatortzuständigkeit der deutschen Gerichte begründet werden kann. Es muss vielmehr darauf ankommen, ob die Webseite, gegen die der Verletzte vorgehen möchte, in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar ist. Dies ist sie nur dann, wenn sie einen über die bloße Abrufbarkeit der Webseite hinausgehenden hinreichenden Inlandsbezug aufweist. Nur in diesem Falle gibt der Verleger des Presseerzeugnisses zu erkennen, dass er beabsichtigt, mit seiner Webseite auch in Deutschland befindliche Internetnutzer anzusprechen. Es muss demnach in jedem Einzelfall ermittelt werden, ob sich die auf einer Webseite präsentierten Informationen bei einer objektiven Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erkennbar bestimmungsgemäß an Nutzer in einem bestimmten Land richten (vgl. Pischler, in Hoeren/Sieber, Handbuch des Multimediarechts, Stand Juni 2006, Rnr. 156; Rnr. 211 ff.; Danckwerts, GRUR 2007, 104, 107, vgl. auch Bettinger, GRUR Int. 1997 402, 416; Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 672). Anhaltspunkte dafür, ob eine Webseite den über die bloße Abrufbarkeit der Webseite hinausgehenden hinreichenden Inlandsbezug aufweist, können der sprachlichen Fassung, der inhaltlichen Gestaltung der Webseite, der Zahl der Zugriffe auf die Webseite durch inländische Internetnutzer, der Art der auf der Webseite angebotenen Produkte (vgl. Bettinger/Thum, a.a.O.) entnommen werden beziehungsweise bei Presseveröffentlichungen dem Inhalt der Veröffentlichung entnommen werden. Dabei bestimmt demgemäss eine Analyse des Inhalts des angeblich verletzenden Artikels, ob der Verbreiter ein bestimmtes Land erreichen will beziehungsweise ob ein Bezug zu diesen Land besteht. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann nicht davon ausgegangen werden, dass der beanstandete Artikel der Beklagten einen „Inlandsbezug“ aufweist beziehungsweise mit ihm der Bezirk des erkennenden Gerichts erreicht werden soll. Der streitgegenständliche Artikel ist maßgeblich auf das amerikanische und insbesondere auf das Publikum im Raum New York abgestimmt. Er ist in der Rubrik „Metropolitan Desk“, also im Lokalteil der … veröffentlicht, also in den im wesentlichen mit Lokalthemen gefüllten, für die Stadt New York bestimmten und dort gelesenen lokalen Seiten. Der Artikel trägt auch im Online-Angebot in der Dachzeile die Angabe „Metropolitan Desk“. Thema des Artikels ist der Verdacht, dass der in New York bekannte Medienunternehmer … mehr als 1 Million US-Dollar Bestechungsgelder an ukrainische Amtsträger gezahlt hat, um in den Besitz einer ukrainischen Fernsehlizenz zu gelangen. Ronald S. Lauder wird in dem Artikel vorgestellt als in New York lebender Spendensammler für den amerikanischen Präsidenten, der gesellschaftlich wichtige und exponierte Funktionen in der Stadt New York und den USA inne hat.



Es wird über staatsanwaltliche Ermittlungen des Jahres 2000 berichtet und darüber, dass sich der Korruptionsverdacht derart erhärtet hat, dass die zuständige Bundesstaatsanwältin in Manhattan im einzelnen beschriebene Maßnahmen durchführte. Der Artikel berichtet über diesen Verdachtsfall und rekonstruiert den ihn zugrundeliegenden Sachverhalt, indem er sich auf amtliche Berichte, Auskünfte amtlicher Quellen sowie Auskünfte und Unterlagen der Betroffenen stützt. In dem umfangreichen Artikel finden die Kläger lediglich in den Bereichen Erwähnung, die sie zum Gegenstand ihrer Unterlassungsklage gemacht haben. Bei Berücksichtigung der gesamten Umstände, wie sie in der Platzierung und dem Inhalt des Artikels zum Ausdruck kommen, kann nicht davon ausgegangen werden, der beanstandete Artikel richte sich an das deutsche Publikum und insbesondere auch an ein Publikum im Landgerichtsbezirk Düsseldorf. Der Artikel ist nicht bestimmungsgemäß auf den deutschen Leser ausgerichtet. ..."

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