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Landgericht München Urteil vom 29.05.2009 - 11 HK 5959/09 - Keine Netto-Preisangabe auf Online-Reservierungsportal
LG München v. 29.05.2009: Kein Netto-Preisangabe auf Online-Reservierungsportal
Das Landgericht München (Urteil vom 29.05.2009 - 11 HK 5959/09) hat entschieden:
Richtet sich ein Angebot auf einem Internet-Hotelreservierungsportal bestimmungsgemäß an Endverbraucher in Deutschland, so umfasst die Pflicht zur Preisangabe die Nennung des Brutto-Endpreises. Die Nennung bloßer Nettopreise, welche keine Angaben zur Steuer enthalten, ist unzureichend.
Siehe auch Reiseveranstalter - Reisevermittler - Ferienwohnungen - Ferienhäuser - Hotelbuchungen und Stichwörter zum Thema Preisangaben im Onlinehandel
Tatbestand:
Der Verfügungskläger (in Folgenden: Kläger) als Wettbewerbsverband nimmt die Verfügungsbeklagten (in Folgenden: Beklagte) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung auf Unterlassung in Anspruch.
Die Beklagte betreibt unter anderem auf der Internetseite www.b ...com ein Hotelreservierungsportal. Es können über 60.000 Hotels in mehr als 71 Ländern gebucht werden. Dabei tritt die Beklagte lediglich als Vermittlerin auf; der Vertragsschluss erfolgt direkt zwischen dem Hotel und dem Reisenden. Der Zimmerpreis wird vom Gast nach seinem Aufenthalt direkt an das Hotel bezahlt. Eine Buchungsgebühr an die Beklagte muss er nicht entrichten. Die auf der Internetseite enthaltenen Informationen zu den Hotels, insbesondere zur Verfügbarkeit und zum Preis, stammen von den Betreibern der Hotels. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen AG 1 bis AG 3 Bezug genommen.
Bei den meisten Hotels sind die auf der Trefferliste angezeigten Preise Endpreise inklusive Steuer. Lediglich in einigen Regionen, insbesondere in den USA und Brasilien, werden entsprechend der dortigen Marktpraxis "Nettopreise" angegeben.
Die Beklagte war bereits im August 2008 von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (im Folgenden: Wettbewerbszentrale) wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung angemahnt worden. Dies führte zu einem Schriftwechsel, der teilweise als Anlagen AG9 bis AG 12 vorliegt. Schlussendlich gab die Beklagte am 20.03.2009 gegenüber der Wettbewerbszentrale eine Erklärung nach Hamburger Brauch wie folgt ab:
"verpflichtet sich,
im Wettbewerb handelnd,
ab dem 30.06.2009
im Rahmen der Internetseite www.b ... de dem Kunden im Rahmen des Buchungsprozesses den Endpreis für Hotelübernachtungen anzuzeigen - unter Berücksichtigung aller bekannten obligatorischen Preisbestandteile (insbesondere Mehrwertsteuer) und soweit eine solche Angabe in den ersten Buchungsschritten noch nicht möglich sein sollte, den Kunden ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich der zunächst angezeigte Preis exklusive bestimmter Preisbestandteile versteht."
Bei einem am 10.03.2009 auf der Internetseite www.b ... com durchgeführten Suche für ein Hotel in New York für die Nacht vom 18. zum 19.05.2009 lieferte das System die als Anlage A2 vorliegende Trefferliste. Dort war unter anderem das Hotel W ... S ... Inn wie folgt aufgeführt:
[folgt das betreffende Suchresultat]
Folgte man der Verbindung zu diesem Hotel, öffnete sich die als Anlage AG3 vorliegende Seite wie folgt:
[folgt eine Abbildung]
Bei der ausgewiesenen Steuer handelt es sich nicht um eine Mehrwertsteuer, sondern um eine "Salestax" sowie eine "Hotel Room Occupancy Tax".
Ein diesem Buchungsstadium entsprechender Ausdruck für das W... Hotel liegt auch als Anlage AG7 vor.
Mit Schreiben vom 17.03.2009 (Anlage A4) mahnte die Klägerin die Beklagte wegen eines in diesem Angebot liegenden Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung ab.
Der weitere Schriftwechsel (Anlagen A5 bis A7) führte nicht zur Abgabe einer Unterlassungserklärung.
Auf Antrag der Klägerin vom 31.03.2009 erließ das Landgericht München I am 03.04.2009 folgende einstweilige Verfügung:
- Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von Euro 5,00 bis zu Euro 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935ff, 890 ZPO verboten,
im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern Hotelzimmern mit Nettopreisen zu bewerben, bei denen die Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer nicht inkludiert ist.
- Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- Der Streitwert wird auf Euro 50.000,00 festgesetzt.
Der Kläger beantragt :
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 03.04.2009 wird in folgender Fassung aufrecht erhalten:
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeldes bis Euro 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, zu vollziehen am Geschäftsführer, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr, soweit sich das Angebot bestimmungsgemäß an die Letztverbraucher in der BRD richtet, Hotelzimmer mit Nettopreisen zu bewerben, bei denen die Steuer nicht inkludiert ist, soweit dies geschieht in Anlagen A2 und A3.
Die Beklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 03.04.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung des BGH in der Entscheidung Internetreservierungssysteme (GRUR 2003, 889 ff), wonach eine fehlende Endpreisabgabe bei der erstmaligen Anzeige eines Preises keinen Verstoß gegen § 1 PAngV darstelle.
Sie ist der Auffassung, die Angabe von Endpreisen für Hotels in den USA sei ihr nicht zumutbar, da auch die Wettbewerber und die Hotelbetreiber selbst auf ihren Internetseiten die Steuern bei der ersten Preisangabe nicht ausweisen. Jedenfalls müsse ihr eine Übergangsfrist eingeräumt werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Überprüfung der einstweiligen Verfügung auf Grund des Widerspruchs der Beklagten führte zu ihrer Bestätigung. Es wurden lediglich zwei klarstellende Zusätze eingefügt.
A.
Der Antrag ist zulässig , insbesondere ist das Landgericht München I nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO, § 14 Abs. 2 UWG international und örtlich zuständig. Bei dem streitgegenständlichen Buchungssystem kann unter anderem die Sprache deutsch gewählt werden.
B.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 8, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 PAngV.
I. § 1 Abs. 1 der PAngV ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG, 27. Auflage 2009 Rndz. 11.142 zu § 4 UWG).
II. Die Beklagte hat durch das Angebot des Hotels W ... S ... Inn gemäß Anlagen A2 und A3 gegen § 1 der PAngV verstoßen.
1. In der Vermittlungstätigkeit der Beklagten liegt ein Angebot von Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rndz. 2 zu § 1 PAngV für Makler).
2. Weder auf der Trefferliste (Anlage A2), noch bei der sich bei Wahl des Hotels W S Inn öffnenden weiteren Seite (Anlage A 3, im folgendem: Hotelseite) sind Endpreise angegeben.
39Auf der Trefferliste ist der Preis für ein Standardzimmer mit Euro 61,68 genannt. Ein Hinweis darauf, dass hierzu noch Steuer und Fremdenverkehrsabgabe kommen, ist nicht vorhanden. Auf der Hotelseite (Anlage AS3) ist der Standardzimmerpreis erneut mit Euro 61,68 angegeben. Allerdings findet sich dort der Zusatz: "Steuern: 14,25 % Steuer ist nicht inbegriffen. USD 3,50 Fremdenverkehrsabgaben pro Zimmer pro Nacht ist nicht inbegriffen)". Der Endpreis ist aber auch dort nicht ausgeworfen.
403. Jedenfalls die Steuer als weiterer Preisbestandteil muss gemäß § 1 Abs. I,1 PAngV in den Endpreis eingerechnet werden.
Auf die BGH-Entscheidung Internet-Reservierungssystem, GRUR 2003, Seite 889, kann die Beklagte sich nicht berufen. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet:
"Der Anbieter eines Reservierungssystems für Linienflüge im Internet verstößt nicht deshalb gegen § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV, weil das System bei der erstmaligen Bezeichnung von Preisen nicht bereits den Endpreis angibt, sofern dieser erst bei der fortlaufenden Eingabe in das Reservierungssystem ermittelt wird, wenn der Nutzer hierauf zuvor klar und unmissverständlich hingewiesen wird."
Die Beklagte weist ihre Kunden auf der Trefferliste (Anlage AS2) nicht darauf hin, dass zu den dort angegeben Preisen weitere Kosten hinzukommen. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht dargetan, dass der Endpreis bei Fortsetzung des Buchungsvorganges angegeben wird. Jedenfalls der Endpreis auch auf der Hotelseite der Anlage A3 gerade nicht angegeben.
III. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin erstreckt sich auf alle kerngleichen Handlungen, also auf alle Hotelangebote der Beklagten, nicht lediglich auf solche in einer bestimmten Region oder über ein bestimmtes Internetportal. Die Aufnahme der Anlagen A2 und A3 in den Tenor dient lediglich der Konkretisierung des begangenen Verstoßes.
IV. Die Wiederholungsgefahr ist nicht durch die gegenüber der Wettbewerbszentrale am 20.03.09 abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage AG12) beseitigt. Dies folgt bereits daraus, dass diese Unterlassungserklärung erst ab dem 30.06.2009 gilt und auf die Internetseite www.b ...de beschränkt ist. Die Konsequenzen des in der Unterlassungserklärung enthaltenen weiteren Vorbehalts ("soweit eine solche Angabe in den ersten Buchungsschritten noch nicht möglich sei sollte, den Kunden ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich der zunächst angezeigte Preis exklusive bestimmter Preisbestandteile versteht") müssen an dieser Stelle nicht erörtert werden.
C.
Eine Übergangsfrist nach § 242 kann der Beklagten nicht eingeräumt werden. Auch wenn die Hotelpreise direkt von den angeschlossenen Hotels in das System der Beklagten eingegeben werden, ist es ihr zumutbar, sich sofort wettbewerbskonform zu verhalten, in dem sie diejenigen Hotels, die Nettopreise einspeisen zunächst aus ihrem System herausnimmt oder die Angaben händisch ändert.
D.
Nebenentscheidungen :
Kosten: § 91 ZPO.
Streitwert: Euro 50.000,00.