Webshoprecht.de
Landgericht Köln Urteil vom 24.06.2014 - 33 O 21/14 - Haftung eines Amazon-Händlers für Werbung mit einem veralteten UVP-Preis
LG Köln v. 24.06.2014: Zur Haftung eines Amazon-Händlers für Werbung mit einem veralteten UVP-Preis
Das Landgericht Köln (Urteil vom 24.06.2014 - 33 O 21/14) hat entschieden:
Ein Amazon-Marketplace-Händler haftet für Rechtsverletzungen, die durch Amazon begangen wurden (hier: Werbung mit einem veralteten UVP-Preis). Er kann sich nicht auf die Haftungsprivilegierung für fremde Inhalte berufen.
Siehe auch UVP - Unverbindliche Preisempfehlung und Amazon
Tatbestand:
Die Parteien bieten im Internet Uhren zum Verkauf an.
Am 14.01.2014 bot die Antragsgegnerin auf der Handelsplattform Amazon die Armbanduhr „Casio Herren-Armbanduhr XL Analog Quarz Edelstahl (...)" zu einem Verkaufspreis von 279,00 € an. Diesem Preis war ein Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung („Unverb. Preisempf.: EUR 330,00") gegenübergestellt. Wegen der Einzelheiten des Angebots wird auf die bildliche Wiedergabe im Tenor der Beschlussverfügung der Kammer vom 03.02.2014 Bezug genommen.
Für das beworbene Modell bestand zu diesem Zeitpunkt - wie aus dem Herstellerkatalog Frühjahr/Sommer 2013 (Anl. HKMW 2 zur Antragsschrift) ersichtlich - lediglich eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers i.H.v. 279,00 €.
Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin werbe danach irreführend bei Amazon mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP), die es nicht gebe. Für Handlungen die in diesem Zusammenhang von dem Plattformbetreiber begangen worden seien, habe die Antragsgegnerin nach § 8 Abs. 2 UWG einzustehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Antragstellerin wird Bezug genommen auf ihren Schriftsatz vom 18.03.2014 (Bl. 73 ff. der Akte).
Die Antragstellerin erwirkte nach erfolgloser vorangegangener Abmahnung am 03.02.3014 die nachfolgend wiedergegebene im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer:
33 0 21/14
Landgericht Köln
Beschluss (einstweilige Verfügung)
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren (...) hat die Antragstellerin die Voraussetzungen für die nachstehende einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht durch Vorlage von Auszügen aus dem Internetangebot der Antragsgegnerin sowie weiterer Unterlagen. Die Schutzschrift O AR 78/14 hat vorgelegen.
Auf Antrag der Antragstellerin wird gemäß §§ 3, 5, 8, 12, 14, UWG 91, 890, 936 ff. ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung folgendes angeordnet:
- Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Bereich des Handels mit Armbanduhren unter Gegenüberstellung des eigenen Verkaufspreises mit unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers zu werben, die zum Zeitpunkt der Werbung nicht in der genannten Höhe bestehen, wie am 14.01.2014 auf der Handelsplattform Amazon im Angebot „4M£ Herren-Armbanduhr XL Analog Quarz Edelstahl (...)" und nachfolgend wiedergegeben geschehen:
[es folgt eine Abbildung einer Amazon-Webseite]
- Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Streitwert: 20.000,00 Euro.
Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin, - wie erkannt -.
Die Antragsgegnerin beantragt, die einstweilige Verfügung vom 03.02.2014 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin meint, sie hafte nicht für die beanstandete Preiswerbung, da die UVP-Angabe ohne ihr Zutun in ihrem Angebot erschienen sei. Sie habe nur ein von dem Plattformbetreiber zur Verfügung gestelltes System benutzt. Dabei habe sie grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die Plattformbetreiberin nicht rechtswidrig handele. Eine Prüfpflicht habe sie jedenfalls nicht vor einem Hinweis auf eine Rechtsverletzung getroffen.
Die Antragsgegnerin ist ferner der Auffassung, die Antragstellerin handle gemäß § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich. Die Abmahntätigkeit der Antragstellerin stehe im deutlichen Gegensatz zu ihrer geschäftlichen Tätigkeit, da die Antragstellerin von Januar bis März 2014 nur 56 Uhren über die Handelsplattform Ebay verkauft habe.
Auch verfüge die Antragstellerin unter der von ihr angegebenen Geschäftsadresse über keinen Geschäftsbetrieb.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Antragsgegnerin wird Bezug genommen auf die Widerspruchsbegründung (Bl. 58-61 der Akte) sowie ihren Schriftsatz vom 01.04.2014 (BL 82 ff. der Akte).
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten nicht nachgelassenen Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 19.05.2014 und 10.06.2014 haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil ihr Erlass auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien gerechtfertigt war.
Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 28.05.2014 - 6 U 178/13 - zu einem weitgehend parallel gelagerten Rechtsstreit der Antragstellerin mit einer weiteren Wettbewerberin Folgendes ausgeführt:
„Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.
a. Mit ihrem erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Einwand, bei der im Rubrum angegebenen Adresse „E(...)gasse (...) in B(...)" handele es sich um eine Scheinadresse, die zur Unzulässigkeit des Antrags führe, dringt die Antragsgegnerin nicht durch. § 253 ZPO schreibt die Angabe der Anschriften nicht ausdrücklich vor (vgl. Zöller-Greger. ZPO, 30. Auflage, § 253 Rdnr. 8).
Zweifel an der Person oder Identität der Antragstellerin bestehen nicht und werden auch durch den Vortrag der Antragsgegnerin nicht geweckt. Abgesehen davon, dass ein Herr (...) auf dem Türschild verzeichnet und die Adressangabe der namensgleichen Antragstellerin schon im Hinblick darauf nicht erkennbar falsch ist, hat sie zuletzt mit Schriftsatz vom 06.05.2014 eine Ablichtung ihres Personalausweises vorgelegt, nach dem sie unter der angegebenen Anschrift ordnungsgemäß gemeldet ist.
b. Der Antrag ist auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG.
Auch wenn die Antragsstellerin dem Senat aus anderen Berufungs- und Beschwerdeverfahren bekannt ist, in denen sie gegen Mitbewerber wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht vorgegangen ist, ist die Schwelle zum Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Antragsgegnerin nicht überschritten.
§ 8 Abs. 4 UWG greift ein, wenn der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht wird, insbesondere wenn sachfremde Ziele - wie das Interesse, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten - als das eigentliche Motiv des Verfahrens erscheinen (vgl. BGH, GRUR 2000, 1089, 1090 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung).
Davon ist auszugehen, wenn der Gläubiger kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann.
Maßgebend ist dabei die Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers (BGH, GRUR 2001, 260, 261 - Vielfachabmahner; Senat, GRUR-RR 2013, 466, 467 -Bach-Blüten). Da das missbräuchliche Ausnutzen der Antragsberechtigung das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung zur Folge hat, ist das Vorliegen dieses Missbrauchs von Amts wegen zu prüfen. Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Anspruchsgegner (Senat, GRUR 1993, 571 - Missbrauch der Antragsbefugnis; GRUR-RR 2013 466 467 - Bach-Blüten; KG, GRUR-RR 2010, 22, 23 - JACKPOT!).
Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Umstände rechtfertigen im vorliegenden Fall weder einzeln noch in ihrer Gesamtschau derzeit die Annahme, dass die Vorgehensweise der Antragstellerin rechtsmissbräuchlich ist.
Dass die Antragstellerin kein Ladengeschäft betreibt, sondern nur als Onlinehändlerin tätig ist, steht der Annahme einer Mitbewerbereigenschaft und einem ernsthaften Gewinnerzielungsinteresse nicht entgegen, ebenso nicht der Umstand, dass sie - was sie selbst bestreitet, sich aber hilfsweise zu eigen macht - im Juli 2013 40 Uhren verkauft hat.
Dass und warum sie die Uhren der Marke Casio zur Zeit nicht mehr mit Produktbildern bewirbt, begründet sie auf Seite 2 f ihres Schriftsatzes vom 29.08.2013 sowie im Schriftsatz vom 06.05.2014 nachvollziehbar und zumindest nicht widerleglich mit ungeklärten Rechten an den bisher verwendeten Bildern.
Ob ihr schließlich selbst wegen einer Werbung mit Selbstverständlichkeiten der Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemacht werden kann, kann dahinstehen, da auch dieser Umstand jedenfalls nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit des eigenen Vorgehens führen würde.
Dass sie „offensichtlich als Vielfachabnehmerin" in Erscheinung tritt, hat die Antragsgegnerin in erster Instanz zwar pauschal eingewandt, aber weder konkret vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Nach zwischenzeitlichen Recherchen macht sie nunmehr geltend, einer nur marginalen Geschäftstätigkeit der Antragstellerin stehe eine rege und unverhältnismäßige Abmahntätigkeit von nachweisbar 30 Fällen gegenüber.
Der Vortrag der Antragsgegnerin ist jedoch weiterhin unzureichend und im Übrigen nicht glaubhaft gemacht Der anhand von Bewertungsseiten bei eBay dargelegte Bruttoumsatz von 2.229,04 EUR/Monat mag nicht außerordentlich sein, er erscheint jedoch auch nicht völlig marginal und unbedeutend. Die Antragstellerin hat zudem dargelegt und durch Vorlage von Internetauszügen glaubhaft gemacht, dass sie bis Juli 2013 bei eBay 2.836 Bewertungen unterschiedlicher Kunden erhalten hatte, zu denen bis heute 300 Bewertungen hinzugekommen sind.
Soweit die Antragsgegnerin behauptet, die Antragstellerin erwirtschafte keinen Gewinn, handelt es sich um Mutmaßungen, die mangels Einsicht in die Bezugsquellen und Abnahmepreise der Antragstellerin zur hinreichenden Darlegung einer mangelnden Gewinnerzielungsabsicht der Antragstellerin jedenfalls nach derzeitigem Verfahrensstand nicht ausreichend, jedenfalls nicht glaubhaft gemacht sind.
Der Vortrag auf S. 4-6 des Schriftsatzes vom 14.04.2014 zur Abmahntätigkeit der Antragstellerin ist schon im Hinblick darauf nicht glaubhaft gemacht, dass die als Mittel zur Glaubhaftmachung angekündigten Anlagen (Abmahnungen, E-Mails und Internetmeldungen) dem Schriftsatz nicht beigefügt sind. Die reine Angabe von „nachweisbar 30 Fällen", in denen Uhrenhändler abgemahnt worden sein sollen, reicht ohne Angabe von Einzelheiten zu den einzelnen Fällen zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs jedenfalls nicht aus, denn eine Vielzahl von Klagen oder Verfügungsanträgen gegen Mitbewerber, die sich auf Umstände des Einzelfalles stützen und nicht auf unproblematische Fälle beschränkt sind, sind kein Indiz für ein Gebührenerzielungsinteresse (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 8 Rdnr. 4.12b).
Verhalten sich viele Mitbewerber wettbewerbswidrig, so muss es dem betroffenen Unternehmen auch möglich sein, gegen sie alle vorzugehen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., m.w.N.). Auch ein selektives Vorgehen nur gegen 6 von 14 Händlern führt grundsätzlich nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 4.21).
Schließlich erscheint auch ein von der Antragstellerin angegebener Gegenstandswert von bis zu 30.000,- € für die jeweiligen Verfahren, die Angebote u.a. bei Amazon zum Gegenstand haben, jedenfalls nicht von vornherein überzogen.
Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass die Wettbewerbsverstöße nicht von der Antragstellerin selbst recherchiert werden, kann es zwar Indiz für einen Missbrauch sein, wenn der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft "in eigener Regie" betreibt (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 4.12b). Dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in dieser Weise verfährt, ist jedoch ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, sondern von der Antragsgegnerin allenfalls vermutet und auch anhand der vorgelegten anwaltlichen Dokumentationen (Screenshots u.a.) nicht hinreichend belegt.
Die Antragstellerin hat demgegenüber dargelegt, dass der von ihr bevollmächtigte Rechtsanwalt die von ihr selbst festgestellten und Wettbewerbsverstöße begründenden Tatsachen selbständig dokumentiere, nachdem sie selbst ein entsprechendes Mandat zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche erteilt habe.
Schließlich stellen die Ausführungen zu den Verbindungen zwischen der Antragstellerin und Frau (...) bzw. zwischen dem (...)-Shop und der Fa. (...) im Schriftsatz vom 14.04.2014 lediglich Mutmaßungen dar, die nicht geeignet sind, eine eigene Geschäftstätigkeit der Antragstellerin ernsthaft in Frage zu stellen oder eine Verbrauchertäuschung zu begründen.
Auch die Zusammenschau der genannten Umstände lässt noch nicht den Schluss zu, dass die Antragstellerin mit ihrer Vorgehensweise vorwiegend wettbewerbswidrige Zwecke verfolgt.
c. Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet und von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten.
3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet. Die Antragstellerin hat einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5, 8 UWG glaubhaft gemacht.
a. Der Antrag, den das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen hat, dem Vorbringen der Antragstellerin könne in beiden Alternativen - Nichtbestehen einer entsprechenden UVP und/oder Nichtbestehen eines entsprechenden Verbraucherpreises - nicht gefolgt werden, ist - wie die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt hat - so zu verstehen, dass sie die konkrete Verletzungsform unter zwei Gesichtspunkten beanstandet und diese beiden Beanstandungen alternativ geltend macht.
Danach hat das Gericht jedoch nicht beide Gesichtspunkte auf jeden Fall zu prüfen, vielmehr wird das Verbot bereits dann erstrebt, wenn nur eine Bedingung erfüllt ist. Demnach hätte der Antrag bereits dann Erfolg , wenn nur eine der beiden Voraussetzungen vorliegt (vgl, dazu BGH, GRUR 2013, 401 Tz. 24 -Biomineralwasser; Senat, GRUR-RR 2013, 439, 440-Die amtliche E-Mail; Senat, Urteil v. 14.02.2014-6U 120/13-De-Mail).
b. Das Werbeangebot ist irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG, weil die Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die durchgestrichene UVP in Höhe von 39,90 € tatsächlich am 02.07.2013 nicht (mehr) bestand.
Die Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist unter anderem als irreführend anzusehen, wenn diese im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr gültig ist, weil sie keinen Bestand mehr hat und der Werbende auf diesen Umstand nicht hinweist (vgl. zur Werbung mit einer ehemaligen unverbindlichen Preisempfehlung: BGH GRUR 2000, 436, 437 f. = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; BGH GRUR 2004, 437 ff - Fortfall einer Herstellerpreisempfehlung, zitiert nach juris, dort Rn. 16 ff).
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt eine zulässige unverbindliche Preisempfehlung voraus, dass sie in der Erwartung ausgesprochen wird, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Einer Preisempfehlung wohnt im Unterschied zu einer bloßen Meinungsäußerung oder tatsächlichen Mitteilung das Bestreben inne, den Willen derjenigen, an die sie gerichtet ist, in einem bestimmten Sinn zu beeinflussen (BGHZ 39, 370, 373 - Osco-Parat; Immenga/Mestmäcker/Sauter, GWB, 3. Aufl., § 23 Rdn. 14).
Von der Fortgeltung einer Preisempfehlung kann daher - jedenfalls nach einer kurzen Übergangsfrist - regelmäßig nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Hersteller diese nicht mehr allgemein, etwa in seinen aktuellen Preislisten, anführt (vgl. BGH a.a.O. - Fortfall einer Herstellerpreisempfehlung, juris Rn. 19). Denn es fehlt danach an dem Willen des Herstellers, noch Einfluss auf die Preisbildung des Handels zu nehmen.
Davon ist vorliegend - wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt - auszugehen. Die Antragstellerin hat dargelegt und durch Vorlage von Screenshots und Auszügen aus den Fachhandelspreislisten der Fa. (...) Gültigkeit ab April 2012 glaubhaft gemacht, dass das angebotene Uhrenmodell „Casio Collection Herren-Armbanduhr Solar-Kollektion Digital Quarz (...)" im Juli 2013 weder in den Fachhandels- und Endkundenportalen angeboten worden ist noch in den geltenden Fachhandelspreislisten gelistet war.
Das Vorbringen der Antragsgegnerin ist nicht geeignet, das Vorbringen der Antragstellerin zu widerlegen und die durch Vorlage der Unterlagen erfolgte Glaubhaftmachung zu entkräften: Soweit die Antragsgegnerin pauschal und ohne konkrete Anhaltspunkte die Vollständigkeit der Kataloge bestreitet, legt sie keinen Beleg dafür vor, dass das in Streit stehende Uhrenmodell aktuell noch gelistet war bzw. ist.
Die Bestätigung der Firma Amazon vom 25.07.2013, der gegenüber Firma (...) am 22.07.2013 auf Nachfrage bestätigt habe, dass der angegebene UVP richtig ist, ist als Bestätigung vom Hörensagen ebenso wenig aussagekräftig wie der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts (...) vom 31.07.2013, die lediglich den Inhalt eines Telefonats mit einem Außendienstmitarbeiter der Fa. (...) wiedergibt.
Vor allem aber belegt das von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der Fa. (...) vom 13.09.2013 selbst nicht hinreichend, dass die angegebene UVP tatsächlich im Juli 2013 - im Sinne der aufgezeigten Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - noch Bestand hatte.
Soweit es dort unter Nr. 2. und 4. heißt, das streitgegenständliche Modell gehöre nicht zum „aktiven Sortiment", sei und bleibe aber verfügbarer Bestandteil des Gesamtsortiments", kann dies zwar dahingehend verstanden werden, dass das Modell noch lieferbar ist, gleichwohl aber kann nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Fall auch die UVP weiterhin "beachtlich" ist und besteht.
Aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ergibt sich im Gegenteil, dass von einer fortbestehenden UVP nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn der Hersteller das Modell nicht allgemein, etwa in seinen aktuellen Preislisten, anführt. Der Bundesgerichtshof führt ausdrücklich aus, dass daran auch der Umstand nichts ändere, dass die dortige Beklagte sich von den Herstellern durch Einzelabfragen die unverbindlichen Preisempfehlungen für den Zeitpunkt der Werbung habe bestätigen lassen (so auch OLG Stuttgart, Urteil v. 04.11.2004, 2 U 129/04, zitiert nach juris, dort Rn. 23 ff, 26).
Das gilt auch für die vorliegende Einzelauskunft der Fa. (...), die das Modell jedenfalls „aktiv", d.h. von sich aus, nicht mehr anbietet und in ihren Preislisten führt. Dass die Uhr - ggf. auf Nachfrage oder als Auslaufmodeil - noch lieferbar sein mag, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass andere Händler sie dem Endkunden noch anbieten.
c. Demgegenüber halten die Feststellungen des Landgerichts zu der weiteren Alternative - Nichtbestehen eines entsprechenden Verbraucherpreises - den Angriffen der Berufung stand. Da es darauf nach den Ausführungen unter Ziffer 3.a. zur Antragsauslegung nicht mehr ankommt, bedarf dies keiner weiteren Ausführungen.
d. Soweit die Antragsgegnerin vorprozessual und in erster Instanz ihre mangelnde Verantwortlichkeit im Hinblick darauf eingewandt hat, dass es der Fa. Amazon - was diese bestätigt, vgl. Anlage AG 8 - vorbehalten sei, den Preisen der Händler UVP-Angaben gegenüberzustellen und sie selbst darauf keinen Einfluss habe, steht dies ihrer Haftung im Rahmen der verschuldensunabhängigen Haftung für ihr eigenes Angebot im Rahmen des Unterlassungsanspruchs nicht entgegen.
Das Landgericht hat bereits in seiner einstweiligen Verfügung darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin nicht auf die Praxis bei Amazon verweisen könne, sondern zur Vermeidung einer Inanspruchnahme entweder die beanstandete Werbung einstellen oder bei Amazon auf eine Änderung der Angaben hinwirken müsse.
Dem stimmt der Senat auch in Ansehung der ergänzenden und vertiefenden Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 14.04.2014 zu. Maßgeblich ist, dass sich die Anbieter, die ihre Angebote bei Amazon eingepflegt haben, die dortigen Angaben für das von ihnen als Verkäufer angebotene und beworbene Produkt zu eigen machen, als eigene Angaben zurechnen lassen und unabhängig von der Anzahl und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit in Bezug auf Wettbewerbsverstöße kontrollieren müssen."
Diese Ausführungen des OLG Köln, die sich im Übrigen mit weitaus umfangreicheren und detaillierten Einwendungen der dortigen Antragsgegnerin zu befassen hatten, decken sich mit der Rechtsauffassung der Kammer, die diese den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2014 im Einzelnen dargelegt hat.
Die Kammer nimmt daher auf diese Ausführungen Bezug. Eine weitergehende Begründung ist nicht veranlasst, zumal die Rechtsverteidigung der hiesigen Antragsgegnerin nach Art und Umfang jedenfalls bis zum maßgeblichen Schluss der mündlichen Verhandlung hinter den vom OLG Köln in seinem Urteil behandelten Einwendungen der dortigen Antragsgegnerin deutlich zurückblieb.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten nicht nachgelassenen Schriftsätze der Antragsgegnerin haben vorgelegen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus Sinn und Zweck der einstweiligen Verfügung.