Webshoprecht.de
Landgericht Stuttgart Urteil vom 26.09.2013 - 17 O 1069/12 - Anspruch auf Übertragung einer .eu-Domain
LG Stuttgart v. 26.09.2013: Zum Anspruch auf Übertragung einer .eu-Domain nach Durchführung eines ADR-Verfahrens
Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 26.09.2013 - 17 O 1069/12) hat entschieden:
Der Berechtigte hat gegen den Inhaber einer .eu-Domain bei unbefugter Namensanmaßung einen Anspruch auf Übertragung der Domain. Diese Möglichkeit sieht Art. 22 Abs. 11 der Verordnung (EG) 874/2004 für das ADR-Schiedsverfahren ausdrücklich vor. Wird gemäß Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004 gegen die Entscheidung des Schiedsgericht bei einem nationalen Gericht Klage erhoben und hat das Schiedsgericht auf Übertragung der Domain entschieden, muss auch im gerichtlichen Verfahren über eine Übertragung der Domain entschieden werden können.
Siehe auch Domainrecht und Die Denic
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Berechtigung an der Domain ... .
Der Kläger ist Inhaber der Domain ... die am 07.04.2006 von der ... zu seinen Gunsten registriert wurde (Anlage K 1).
Die Beklagte firmiert unter dem Namen ... Sie ist Inhaberin der europäischen Marke ... die am 24.05.2012 für die Warenklassen 35, 28 und 42 eingetragen wurde. Sie ist außerdem Inhaberin der deutschen Wort/Bildmarke "...), die am 08.07.2008 für die Warenklassen 35, 38 und 42 eingetragen wurde (Anlage KPW 1).
Nachdem die Beklagte den Kläger erfolglos zur Übertragung der Domain ... aufgefordert hatte, leitete sie am 05.07.2012 ein Alternatives Streitbeilegungsverfahren nach Art. 22 der Verordnung (EG) 874/2004 ("ADR-Verfahren") beim ADR Zentrum zur Beilegung von eu-Domain-bezogenen Streitigkeiten des Tschechischen Schiedsgerichts bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik (im Folgenden: Tschechisches Schiedsgericht) ein (Anlage K 2). Am 31.10.2007 verfügte das Schiedsgericht eine Übertragung der streitgegenständlichen Domain auf die Beklagte (Anlage K 7). Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage.
Neben der Berechtigung an der Domain ..." bestanden zwischen den Parteien weitere Streitigkeiten, die u. a. Gegenstand eines Verfahrens vor dem Landgericht Stuttgart, Az. 31 O 209/09 KfH waren. Parteien dieses Rechtsstreits waren zum einen die ..., vertreten durch den Kläger als ihren Geschäftsführer und zum anderen die Beklagte. In diesem Verfahren schlossen die dortigen Parteien nebst ihren jeweiligen Geschäftsführern sowie zwei Beteiligungsgesellschaften einen Vergleich (notarielle Vergleichsvereinbarung vom 26.09.2011, Notariat Reutlingen, Urkundenrolle Nr. 1075/2011 VII, Anlage K 5), in dem u. a. folgendes geregelt war:
"A. Vorbemerkung
(...)
5. Die ... hat die Gesellschaft (Anm.: die Beklagte) mit Schreiben vom 23.02.2011 dazu aufgefordert, die beiden inzwischen gelöschten Internet Domains
– ... und
– ...
zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft hat mit Schreiben vom 14.07.2011 dazu Stellung genommen. Dieser Sachverhalt ist ausdrücklich nicht generalbereinigt und wird im Anschluss an diese Vergleichsvereinbarung gesondert geklärt.
(...)
7. Mit dieser Vereinbarung sollen sämtliche zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreitigkeiten außergerichtlich beigelegt werden und die Rechtsverhältnisse der Parteien untereinander neu geregelt werden.
(...)
4. Generalbereinigung; Aufhebung Konsortialvereinbarungen
(...)
4.2 Generalbereinigung
Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche (bekannt oder unbekannt) der Parteien im Zusammenhang mit den in dieser Vereinbarung, sowie den entsprechenden Anlagen, dargestellten Sachverhalten vollumfänglich abgegolten, soweit in dieser Vereinbarung nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, und jede Partei verzichtet hiermit unwiderruflich auf etwaige ihr noch aus diesen Sachverhalten zustehenden weiteren Rechte (bekannt oder unbekannt) ("Generalbereinigung"). Ausdrücklich ausgenommen von der Generalbereinigung sind die Ansprüche und Rechte aus dem unter A.5 der Vorbemerkung aufgeführten Sachverhalt.
(...)"
Der Kläger trägt vor, seine Feststellungsklage sei zulässig. Er habe, wie tatsächlich auch erfolgt, bis 06.12.2012 Klage gegen die Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts einreichen können.
Ein Anspruch der Beklagten auf Übertragung des Domainnamens bestehe nicht, da mit dem Vergleich vom 26.09.2011 alle zwischen den Parteien offenen Punkte eine abschließende Regelung erfahren sollten. Außerdem sei ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an der Übertragung der Domain nicht ersichtlich. Vielmehr habe diese die Möglichkeit einer Registrierung der Domain auf sich selbst unterlassen. Die zugunsten der Beklagten eingetragenen Marken seien prioritätsjünger.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Beklagten gegenüber ihm kein Anspruch auf Übertragung des Domainnamens ... an sie zusteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte widerklagend,
den Kläger zu verurteilen, die Internetdomain ..." an sie zu übertragen und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der ... abzugeben.
Der Kläger beantragt,
die Hilfs-Widerklage abzuweisen
und erklärt für den Fall einer Entscheidung über die Widerklage den Klagantrag unter Verwahrung gegen die Kosten für erledigt.
Die Beklagte trägt vor, die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er die Klage innerhalb der 30-Tage Frist nach Zustellung der Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts (Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004) erhoben habe. Die Klage sei auch unbegründet, da ihr an der streitgegenständlichen Domain Rechte aus ihrem Namen, ihrem Unternehmenskennzeichen und ihrer Firma zustünden. Der Vergleich vom 26.09.2011 habe die streitgegenständliche Domain nicht umfasst. Insbesondere habe sie darin nicht auf marken-, kennzeichen- oder namensrechtliche Ansprüche verzichtet.
Hilfsweise für den Fall, dass die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werde, habe sie gegen den Kläger aus § 12 BGB, hilfsweise aus § 15 MarkenG und höchst hilfsweise aus § 14 MarkenG einen Anspruch auf Übertragung der Domain. Die Beklagte bzw. ihre Vorgängerfirmen existierten bereits länger als die streitgegenständliche Domain registriert sei. Ihr stünden daher prioritätsältere Rechte zu. Auch könne sie vom Kläger eine Übertragung der streitgegenständlichen Domain verlangen. Anders als bei .de-Domains existiere bei .eu-Domains kein Dispute-Eintrag, der ihre Rechte sichern könne. Außerdem sehe Art. 22 der Verordnung (EG) 847/2008 gerade die Möglichkeit einer Übertragung der Domain vom Nichtberechtigten auf den Berechtigten vor.
Der Kläger trägt zur Widerklage vor, dass unabhängig von der Berechtigung der Beklagten jedenfalls kein Anspruch auf Übertragung der Domain bestehe. Anderenfalls würden möglicherweise dritte berechtigte Namensträger von der Eintragung der Domain ausgeschlossen.
Die Akte des Landgerichts Stuttgart, AZ. 31 O 209/09 KfH wurde beigezogen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2013 Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 19.03.2013 und vom 30.07.2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht erfolgreich (I. und II.). Die zulässige Widerklage ist dagegen begründet (III.).
I.
Die Klage ist zulässig.
Problematisch ist die Zulässigkeit der Klage im vorliegenden Fall lediglich in Bezug auf die rechtzeitige Klageerhebung. Die Beklagte hat zur Durchsetzung ihres Begehrens auf Übertragung der streitgegenständlichen Domain "..." das Alternative Streitbeilegungsverfahren nach Art. 22 der Verordnung (EG) 874/2004 ("ADR-Verfahren") betrieben und eine für sie positive Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts erwirkt. Nach Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004 ist das Ergebnis der alternativen Streitbeilegung für alle Parteien und das ... verbindlich, wenn nicht eine der Parteien innerhalb von 30 Tagen Kalendertagen nach Zustellung der Entscheidung vor Gericht Klage erhebt. Hätte der Kläger diese Frist versäumt, würde seine Klage auf Feststellung, dass der Beklagten gegenüber ihm kein Anspruch auf Übertragung des Domainnamens ... zusteht, unzulässig sein.
Ob der Kläger mit seiner Klage, die am 06.12.2012 beim Landgericht Stuttgart eingegangen ist, die Frist nach Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004 gewahrt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Insbesondere besteht Uneinigkeit darüber, wann dem Kläger die Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts zugestellt wurde. Der Kläger konnte zwar keinen Zustellungsnachweis des Tschechischen Schiedsgerichts zur Akte reichen. Er hat jedoch verschiedene E-Mails des ... vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass nach dem Erkenntnistand des ... die Klageerhebung am 06.12.2012 rechtzeitig war (Anlagen K 9 und K 11). Die Kammer sieht in Ermangelung einer Zustellungsurkunde keinen Grund, die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung anders zu beurteilen.
Daher ist von einer wirksamen Klageerhebung auszugehen.
II.
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht die begehrte Feststellung nicht zu, da die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Domain hat (1.) und dieser Anspruch nicht durch den notariellen Vergleich vom 26.09.2011 abgegolten wurde (2.).
1. Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Übertragung der Domain ... .
a. Der Beklagten stehen gegen den Kläger namensrechtliche Ansprüche gem. § 12 BGB in Bezug auf die streitgegenständliche Domain ... zu.
Da nach dem Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger die Domain ..." im geschäftlichen Verkehr nutzt, sondern vielmehr auch bereits im ADR-Verfahren vorgetragen worden war, dass die Domain gar nicht benutzt wird (vgl. Anlage K 3, dort Seite 2), kommen vorliegend namensrechtliche Ansprüche nach § 12 BGB neben möglichen kennzeichenrechtlichen Ansprüchen nach §§ 5, 15 MarkenG in Betracht (BGH, GRUR 2012, 304 – Basler Haar Kosmetik; BGHZ 149, 191 – shell.de).
Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (BGH, GRUR 2012, 534 – Landgut Borsig, Tz. 8). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Aus den zur Akte gelangten Handelsregisterauszügen (vor Bl. 146) ergibt sich, dass die Beklagte den Firmennamen ... seit Ende 2004 verwendet. Die auf den Kläger eingetragene Domain "..." ist dagegen erst seit 2006 registriert und damit prioritätsjünger. Eine Gestattung der Namensnutzung durch die Beklagte liegt nicht vor.
Die bloße Registrierung einer Domain stellt nach der Rechtsprechung auch bereits eine unbefugte Namensnutzung dar. Ein erheblicher Teil des Publikums sucht Informationen im Internet in der Weise, dass in die Adresszeile der Name des gesuchten Unternehmens eingegeben wird. Da die mit der Bezeichnung des Unternehmens gebildete Internet-Adresse unter einer Top-Level-Domain, hier ".eu", nur einmal vergeben werden kann, wird das entsprechend namensberechtigte Unternehmen von einer eigenen Nutzung seines Firmennamens ausgeschlossen, selbst wenn der Dritte den Domainnamen nicht zu geschäftlichen Zwecken nutzt. Dabei setzt die den Berechtigten ausschließende Wirkung der Namensanmaßung bereits mit der Domain-Registrierung ein, weshalb bereits darin eine unbefugte Namensanmaßung zu sehen ist (BGHZ 149, 191 – shell.de, Tz. 31).
Die unbefugte Namensnutzung durch den Kläger kann zu einer Zuordnungsverwirrung führen, da das Publikum die Domain ... aufgrund der Namensgleichheit der Beklagten zuordnen wird.
Durch die unbefugte Namensanmaßung des Klägers werden schutzwürdige Interessen der Beklagten verletzt. Zwischen den Parteien ist streitig geblieben, warum es zu einer Registrierung der Domain auf den Namen des Klägers gekommen ist, insbesondere ob der Kläger die Domain abredewidrig auf seinen Namen anstatt auf den Namen der Beklagten hat registrieren lassen. Jedenfalls hat die Beklagte die Domain nicht unmittelbar zu Beginn der Registrierungsmöglichkeit von .eu-Domains auf ihren Namen registrieren lassen und bis ins Jahr 2012 hat sie auch keine rechtlichen Schritte gegen den Kläger eingeleitet, was für die klägerische Position sprechen kann. Die Gesamtabwägung der betroffenen Interessen ergibt jedoch, dass die Registrierung der Domain durch den Kläger schutzwürdige Interessen der Beklagten verletzt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger weder den Namen ... trägt, noch unter diesem Namen geschäftlich tätig ist, also kein unmittelbares Interesse an einer Domainnutzung ersichtlich ist. Aufgrund des bereits ausgeführten Suchverhaltens von Internetnutzern über den Firmennamen eines Unternehmens, besteht dagegen ein erhebliches Interesse der Beklagten, auch Inhaberin der Domain mit ihrem Firmennamen zu sein, um Internetnutzern unschwer Informationen über ihr Unternehmen zur Verfügung stellen zu können.
b. Die Ansprüche der Beklagten nach § 12 BGB führen im vorliegenden Fall zu einem Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Domain.
Bei .de-Domains geht die Rechtsprechung zwar davon aus, dass dem Berechtigten aus § 12 BGB lediglich ein Anspruch auf Verzicht des Dritten auf den Domainnamen zusteht, nicht jedoch auf Übertragung. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Berechtigte, sofern er der erste Prätendent auf den Domainnamen ist, sich seine Rechte mittels eines Dispute-Eintrags bei der ... sichern könne. Habe dagegen bereits eine weitere Person Ansprüche auf den Domainnamen durch einen solchen Dispute-Eintrag angemeldet, so bestehe kein Anlass, dessen Rangposition durch einen Übertragungsanspruch in Frage zu stellen (BGHZ 149, 191 – shell.de, Tz. 53).
Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass es nicht um eine .de-Domain, sondern um eine .eu-Domain geht. Für solche gibt es nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten keinen Dispute-Eintrag, mit dem sie ihre Rechte rangwahrend sichern könnte. Vielmehr besteht in Ermangelung dieser Möglichkeit die Gefahr, dass ein weiterer Nichtberechtigter die Domain auf seinen Namen registrieren lässt und die Beklagte gegen diesen wiederum vorgehen müsste. Hinzu kommt, dass Art. 22 Abs. 11 der Verordnung (EG) 874/2004 für das ADR-Schiedsverfahren gerade die Möglichkeit einer Übertragung der Domain auf den Berechtigten vorsieht. Nach Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004 kann gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts bei einem nationalen Gericht Klage erhoben werden. Wird eine solche Klage erhoben und hat das Schiedsgericht, wie im vorliegenden Fall, auf Übertragung der Domain entschieden, muss auch im gerichtlichen Verfahren über eine Übertragung der Domain entschieden werden können.
2. Der Anspruch der Beklagten auf Übertragung der Domain ... ist nicht durch den notariellen Vergleich vom 26.09.2011 abgegolten worden.
Aus dem Wortlaut des notariellen Vergleichs kann eine Abgeltung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche nicht unmittelbar hergeleitet werden.
In Ziffer A. 7 der Vereinbarung ist zwar geregelt, dass durch den Vergleich "die Rechtsverhältnisse der Parteien untereinander neu geregelt werden" sollen. Mit welchem inhaltlichen Umfang eine solche Neuregelung erfolgen soll, ergibt sich aus diesem Absatz jedoch nicht.
Ziffer 4.2 des Vergleichs enthält sodann eine Abgeltungsklausel, die zwar als "Generalbereinigung" überschrieben ist, was dafür sprechen könnte, dass mit dem Vergleich sämtliche denkbaren Ansprüche der Parteien abgegolten werden sollten. Nach ihrem Wortlaut sollte die Generalbereinigung aber nur die wechselseitigen Ansprüche der Parteien "im Zusammenhang mit den in dieser Vereinbarung, sowie den entsprechenden Anlagen dargestellten Sachverhalten" vollumfänglich abgelten. Da die Frage der Berechtigung an der Domain ... weder in dem Vergleichstext, noch in den Anlagen, noch in dem zugrundeliegenden Rechtsstreits 31 O 209/09 KfH thematisiert ist, kann allein aus dem Wortlaut des Vergleichs keine Abgeltung der Ansprüche bzgl. der Domain ... hergeleitet werden.
Die Kammer ist nach Durchführung der Beweisaufnahme auch nicht mit ausreichender Sicherheit davon überzeugt, dass eine solche Abgeltung trotz des Wortlauts des Vergleichs, dem übereinstimmenden Willen der Parteien entsprach.
Der Zeuge Rechtsanwalt ... Prozessvertreter des Klägers im Verfahren 31 O 209/09 KfH hat zwar angegeben, dass aus seiner Erinnerung der Vergleich dazu führen sollte, dass die Parteien auseinandergehen und nichts mehr zu regeln haben sollten. Auch habe der Vergleich nach seinem Verständnis dazu führen sollen, dass selbst wenn etwas vergessen worden sein sollte in den Vergleichstext aufzunehmen, der Status Quo beibehalten werden sollte. Es habe so viele streitige Punkte gegeben, dass man sich auf die großen Punkte konzentriert habe und Kleinigkeiten unter den Tischen fallen sollten. Unmittelbar nach Vergleichsschluss hätten die Parteien in seinem Beisein über die streitgegenständliche Domain und einen weiteren offenen Punkt betreffend einer Büromiete gesprochen und anschließend per E-Mail kommuniziert.
Warum die streitgegenständliche Domain sowie der weitere Punkt Büromiete nicht in den Vergleich aufgenommen wurden, konnte der Zeuge dagegen nicht mehr näher schildern. Auch auf Frage zur Formulierung konnte der Zeuge nicht näher ausführen, warum diese so gewählt wurde. Er konnte lediglich angeben, dass die Formulierungen das Ergebnis von Verhandlungen gewesen seien und die Einschränkung in der Generalbereinigung wohl dem geschuldet gewesen sei, dass eine Partei dies angeregt habe. Aus seiner Sicht sei es aber das Ziel der Parteien gewesen, auseinander zu gehen und sich dann nicht mehr zu treffen.
Aufgrund dieser Angaben des Zeugen ist die Kammer nicht mit ausreichender Sicherheit davon überzeugt, dass die Parteien mit ihrer Vergleichsvereinbarung auch den streitgegenständlichen Sachverhalt abgelten wollten. Der Zeuge hat zwar mehrfach bekräftigt, dass nach seinem Verständnis der Sinn des Vergleichs darin bestehen sollte, dass die Parteien sämtliche zwischen ihnen denkbaren Ansprüche abgelten. Warum dies in der Formulierung des Vergleichstextes so nicht klar zum Ausdruck kommt, konnte der Zeuge jedoch nicht erklären. Zudem hat er auch ausgeführt, dass die Einschränkung des Vergleichstextes der Tatsache geschuldet gewesen sei, dass eine Partei dies angeregt habe. Dies lässt auch nach den Angaben des Zeugen die Möglichkeit offen, dass eine der Parteien keine allumfassende Generalbereinigung wollte, sondern der Vergleich bewusst nur die unter der "Generalbereinigung" in Ziffer 4.2 aufgeführten Sachverhalte erfassen sollte. Vor diesem Hintergrund steht bei Würdigung der Angaben des Zeugen ... gerade nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass es bei Vergleichsabschluss dem Willen beider Parteien entsprach, eine allumfassende Gesamtabgeltung zu vereinbaren.
Auch die Tatsache, dass die Parteien unmittelbar nach Vergleichsabschluss über eine Übertragung der Domain verhandelt haben, spricht nicht zwingend dafür, dass die Parteien diesen Sachverhalt mit dem Vergleich abgegolten haben, da solche Verhandlungen auch dann Sinn machten, wenn der Sachverhalt vom Vergleich nicht umfasst war.
Schließlich kann auch aus der E-Mail des Herrn ..., Vorstand der Beklagten, vom 26.11.2011 (Anlage K 8) nicht zwingend auf eine Abgeltung des streitgegenständlichen Sachverhalts durch den Vergleich geschlossen werden. Herr ... schreibt zwar in dieser E-Mail an den Zeugen ... dass "sowohl mit der ... als auch der ... und Herrn ... abschließende, abgeltende Vergleiche geschlossen" worden seien.
In der vorangegangenen E-Mail des Zeugen ... ist jedoch nicht von der Übertragung der Domain die Rede, sondern lediglich von dem weiteren noch offenen Punkt der Büromiete. Zudem nahm der Vorstand der Beklagten in der E-Mail vom 26.11.2011 nach seinem einleitenden Satz zum Vergleichsabschluss inhaltlich zu offenen Punkten aus dem Vergleich Stellung. Die Ausführungen zum abschließenden Vergleichsschluss können daher auch nur auf diese inhaltliche Erfüllung des Vergleichs bezogen gewesen sein.
Jedenfalls kann aus dieser E-Mail nicht mit ausreichender Sicherheit geschlossen werden, dass die Beklagte den Vergleich vom 26.09.2011 auch bzgl. der streitgegenständlichen Domain als abschließende und abgeltende Regelung angesehen hat.
III.
Da die Klage nicht als unzulässig abgewiesen wird, war über die hilfsweise gestellte Widerklage zu entscheiden.
Die Widerklage ist zulässig und begründet. Es wird insoweit auf die Ausführungen unter Ziffer II. 1 Bezug genommen.
IV.
Der Kläger hat für den Fall einer Entscheidung über die Widerklage seine eigene Klage wegen Entfallens des Feststellungsinteresses für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
Da die Klage bereits von Beginn an unbegründet war (s. o. Ziffer II.1), kann nicht festgestellt werden, dass sich die Klage in der Hauptsache erledigt hat. Es hat vielmehr auch nach der Erledigungserklärung des Klägers bei einer Abweisung der Klage zu verbleiben.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 45 Abs. 1 Satz 2, 3, 63 Abs. 2 GKG.