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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil vom 16.07.2008 - AN 11 K 06.03206 - Zulässigkeit einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage
VG Ansbach v. 16.07.2008: Zur Zulässigkeit einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage und zum Begriff des Elektrogeräts
Das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil vom 16.07.2008 - AN 11 K 06.03206) hat entschieden:
- Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger über ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung verfügt und er seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Mit dem Antrag festzustellen, dass die von ihr hergestellten Kapselgehörschutzgeräte mit Mithörfunktion keine registrierungspflichtigen Elektro- oder Elektronikgeräte im Sinne des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG seien, ist ein Feststellungsbegehren bezeichnet, das den Anforderungen des § 43 VwGO genügt.
- Sowohl nach dem ElektroG wie auch der dem Gesetz zugrunde liegenden Richtlinie 2002/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (ABl. L 37, S. 24 ff. – sog. WEEE-Richtlinie) ist der Anwendungsbereich der einschlägigen Regelungen dann eröffnet, wenn ein bestimmtes, von einem Hersteller produziertes Gerät als „Elektrogerät“ bzw. „Elektronikgerät“ qualifiziert werden und in einem weiteren Schritt einer von mehreren, enumerativ und abschließend aufgelisteten Gerätekategorien zugeordnet werden kann.
- Hängt allein die Sekundärfunktion eines Produkts vom Vorhandensein elektrischen Stroms ab, bleibt die Hauptfunktion vom Fehlen elektrischen Stroms hingegen unbeeinflusst, funktioniert das Gerät insgesamt auch ohne Strom richtig und ordnungsgemäß. Ein Gerät ist immer dann kein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG darstellt, wenn allein eine Neben- oder Sekundärfunktion vom Vorhandensein elektrischen Stroms abhängt. Ein Kapselgehörschutz mit zusätzlichem Akkubetrieb stellt kein Elektrogerät dar.
Siehe auch Hörgeräte - Handel und Bewerbung und Elektrogeräte
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage festzustellen, dass bestimmte, von ihr hergestellte sog. Kapselgehörschutzgeräte nicht der Registrierungspflicht nach dem ElektroG unterfallen.
Bei den vorliegend inmitten stehenden Geräten handelt es sich nach klägerischem Vortrag um passive Schallschutzgeräte, die das Gehör vor Außenlärm schützen sollen. Der Gehörschutz werde durch das Aufsetzen des Produkts, d.h. das Anlegen der Kapsel am Ohr gewährleistet. Für die Funktion des passiven Dämmens von Außengeräuschen benötigten die Geräte keinen elektrischen Strom. Die speziell den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Kapselgehörschutzgeräte seien zusätzlich mit einer jederzeit zu- und abschaltbare batteriebetriebenen Zusatzfunktion „Mithören“ ausgestattet, mit deren Hilfe Außengeräusche gefiltert würden, so dass der Träger des Gehörschutzes die Möglichkeit besitze, auch bei aufgesetztem Gehörschutz Gespräche zu führen bzw. Warnsignale wahrzunehmen. Anwendung fänden die Produkte der Klägerin in bestimmten Industriesparten oder beim Schusswaffeneinsatz.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2006 teilte die Klägerin der Beklagten nach Überprüfung ihres Produktportfolios durch die Muttergesellschaft mit, dass sie eine Registrierungspflicht nach dem ElektroG für Kapselgehörschutzprodukte mit eingebauten elektronischen Baugruppen nicht für gegeben erachte, woraufhin die Beklagte mit Email vom 20. März 2006 die Auffassung vertrat, dass es sich entgegen der Auffassung der Klägerin bei den genannten Produkten um registrierungspflichtige Geräte im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Anhang I Nr. 8 a.E., § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG handele. Die Funktionsfähigkeit der eingebauten Mikrofone und Mikroprozessoren erfordere elektrische Ströme. Kapselgehörschutzgeräte stellten ferner ein „Medizinprodukt“ dar und unterfielen dem enumerativen Gerätekategorienkatalog des § 2 ElektroG. Daraufhin wies die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 4. Mai 2006 darauf hin, dass es sich ihrer Auffassung nach beim Kapselgehörschutz nicht um ein Medizinprodukt handele, sondern vielmehr um eine persönliche Schutzvorrichtung für den Einsatz in der Arbeitswelt ohne jedweden medizinischen Bezug. Schon aus diesem Grund könne der Kapselgehörschutz nicht als registrierungspflichtiges Medizinprodukt im Sinne von Ziffer 8 des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG i.V.m. Anhang I angesehen werden. Primärfunktion der streitgegenständlichen Produkte bilde der Gehörschutz, der einen Einsatz elektrischen Stroms nicht erfordere, so dass das Produkt im Ganzen kein Elektro- oder Elektronikgerät sei. Man müsse den Gehörschutz lediglich aufsetzen, um Schall nach der Vorgabe EN 352 dämmen zu können. Auf die batteriebetriebene Sekundärfunktion komme es für eine Einordnung als Elektrogerät nicht an. Ihre Auffassung, dass es sich bei den Kapselgehörschutzgeräten nicht um ein registrierungspflichtiges Elektrogerät handele, vertiefte die Klägerin gegenüber der Beklagten erneut mit Schreiben vom 27. Juni 2006. Für den „ordnungsgemäßen Betrieb“ im Sinne von § 3 Abs. 1 ElektroG sei gerade kein Strom erforderlich. Daraufhin erneuerte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Juli 2006 ihre Auffassung, dass registrierungspflichtige Elektrogeräte vorliegen würden.
Nachdem sich die Klägerin in der Folge an das Umweltbundesamt gewandt und um eine Stellungnahme zur Registrierungspflichtigkeit ihrer Produkte gebeten hatte, teilte das Umweltbundesamt der Klägerin mit Schreiben vom 30. August 2006 mit, dass es keine verbindliche Rechtsauskunft erteilen könne. Die Auffassung der Beklagten halte es grundsätzlich für nachvollziehbar und begründet; dies stelle jedoch nur eine unverbindliche Einschätzung dar.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25. September 2006, bei Gericht am 27. September 2006 eingegangen, ließ die Klägerin daraufhin Klage erheben und beantragen:
Es wird festgestellt, dass die von der Klägerin hergestellten Kapselgehörschutzgeräte mit Mithörfunktion, Modelle …, … und … keine registrierungspflichtigen Elektro- oder Elektronikgeräte im Sinne des § 3 Abs. 1 I.V.m. § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG sind.
Zur Begründung wird ausgeführt, die genannten Produkte der Klägerin, die dem passiven Schallschutz gegen Außenlärm dienten, erfüllten bereits durch Aufsetzen bzw. Anlegen der Kapsel am Ohr ihre Funktion. Für die normgerechte Geräuschdämmung sei kein elektrischer Strom erforderlich. Erst in zweiter Linie verfügten einige der Geräte über eine batteriebetriebene zuschaltbare Zusatzfunktion „Mithören“, mit deren Hilfe Außengeräusche gefiltert und so Gespräche bei aufgesetztem Gehörschutzes mitgehört werden könnten. Da es sich bei der Mithörfunktion lediglich um eine Zusatzfunktion handele und die Kapselgehörschutzfunktion vollständig ohne Strom arbeite, bestehe keine Registrierungspflicht nach dem ElektroG. Da die Beklagte hingegen gegenüber der Klägerin eine Registrierungspflicht bezüglich des streitgegenständlichen Gehörschutzes bejaht habe, bestehe ein rechtliches Interesse an der Klärung der Registrierungspflichtigkeit. Statthafte Klageart bilde insoweit die negative Feststellungsklage. Eine rechtsverbindliche Feststellung, dass die von der Klägerin hergestellten streitgegenständlichen Produkte nicht der Registrierungspflicht unterlägen, könne nicht im Wege einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage getroffen werden. Ein Feststellungsinteresse liege auf Seiten der Klägerin im Hinblick auf das Verkehrsverbot des § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG und die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit bezüglich der Registrierungspflicht vor.
Weiter würden die von der Klägerin hergestellten Kapselhörschutzgeräte weder einer der Kategorien des abschließenden Kategorienkataloges des § 2 ElektroG unterfallen noch Elektrogeräte im Sinne des Wortlautes des § 3 ElektroG darstellen.
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG definiere ein Elektro- oder Elektronikgerät dergestalt, dass dieses zum ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötige. Diese Definition werde nach allgemeiner Ansicht so verstanden, dass elektrischer Strom erforderlich sein müsse, um die Primärfunktion des Gerätes zu ermöglichen (Giesberts/Hilf, ElektroG, § 3 RdNr. 11, Hinweise des BMU zum Anwendungsbereich des ElektroG). Als ausschlaggebend für die Einordnung als Elektrogerät erweise sich danach die Primärfunktion des Gerätes. Ob das Gerät dagegen über strombetreibende Sekundärfunktion verfüge, sei unbeachtlich. Bei Kapselgehörschutzgeräten liege die Primärfunktion in der Schalldämmung von Außengeräuschen; hierfür werde kein Strom benötigt. Die einschlägigen Normwerte erfülle der Kapselgehörschutz indes bei ausgeschalteter Zusatzfunktion. Demgegenüber komme der Zusatzfunktion „Mithören“ nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Geräte, bei denen nur die Unterstützung und Kontrolle von zusätzlichen Gerätefunktionen durch Strom erfolge, seien vom Anwendungsbereich des ElektroG jedoch ausgenommen (Giesberts/Hilf, ElektroG, § 3 RdNr. 11). Da der Kapselgehörschutz seine Primärfunktion, nämlich die Schalldämmung, auch dann erfüllen könne, wenn kein elektrischer Strom vorhanden sei, komme auch eine umgekehrte Prüfung zu dem Ergebnis, dass kein Elektrogerät vorliege.
Ferner würden die Produkte der Klägerin auch nicht den zehn in § 2 Abs. 1 ElektroG aufgezählten Kategorien unterfallen. Die Aufzählung der Kategorien sei abschließend. In Bezug auf Geräte, die keiner der Kategorien zugeordnet werden könnten, erwüchse den Produktverantwortlichen keine Pflichtigkeit nach dem ElektroG. Beim Kapselgehörschutz handele es sich insbesondere nicht um ein Medizinprodukt im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG. Welche Geräte konkret hierzu rechneten, sei im Anhang 1 zu § 2 Abs. 1 ElektroG detaillierter aufgeführt. Nach Auffassung der Beklagten solle insoweit der Auffangtatbestand Nr. 8 a.E. greifen, der „ sonstige Geräte zur Erkennung, Vorbeugung und Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen “ umfasse. Bereits die systematische Auslegung zeige, dass unter „sonstigen Geräten“ nur solche zu verstehen seien, die in der Medizin bzw. Heilkunde eingesetzt würden. Dies sei bei Kapselgehörschutzgeräten nicht der Fall. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum ElektroG habe der Gesetzgeber ferner den Begriff „Medizinprodukt“ deshalb gewählt, um eine einheitliche Terminologie auch im Hinblick auf das Medizinproduktegesetz (MPG) zu gewährleisten (BT-Drs. 15/4234, S. 9). Für das Begriffsverständnis eines Medizinproduktes müsse daher auf die Definition des Medizinproduktegesetzes sowie der Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG abgestellt werden. § 2 Abs. 4 Nr. 6 MPG nehme jedoch sog. persönliche Schutzausrüstung vom Anwendungsbereich des MPG gerade aus; persönliche Schutzausrüstungen könnten daher nicht als Medizinprodukt im Sinne von § 3 MPG angesehen werden (wird weiter ausgeführt). Kapselgehörschutzgeräte müssten indes unter den Begriff der persönlichen Schutzausrüstung subsumiert werden.
Mit Telefax vom 31. Januar 2007 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen
und trug zur Begründung vor, dass die Klage als Feststellungsklage bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet sei.
Klagegegenstand bilde vorliegend nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses bzw. die Frage der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Nach der Konzeption des ElektroG bedürfe nicht ein Gerät bzw. ein Gegenstand der Registrierung, sondern der Hersteller eines bestimmten Produktes im Sinne von § 3 Abs. 11, 12 Satz 2 ElektroG, mithin eine natürliche oder juristische Person für eine Marke und eine Geräteart. Ein Rechtsverhältnis kennzeichne diejenigen rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergäben. Eine Registrierungspflichtigkeit einer Sache sei indes nicht Regelungsgegenstand des ElektroG. Ferner sei nicht ersichtlich, welches Interesse an der Feststellung des zukünftigen Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses die Klägerin haben sollte. Es liege alleine in ihrem Verantwortungsbereich, dass die Frage der Registrierungspflichtigkeit nicht geklärt worden sei, da die Klägerin bislang überhaupt keinen Registrierungsantrag gestellt habe. Die Rolle des angerufenen Verwaltungsgerichts werde unzulässigerweise von der einer Prüfungsinstanz hin zu der einer der Verwaltungstätigkeit vorgelagerten Entscheidungsinstanz verschoben.
Weiter sei die erhobene Feststellungsklage auch unbegründet. Da die Klägerin bislang keinen Registrierungsantrag bei der Beklagten gestellt habe und erst der Registrierungsantrag den Weg zu einer verbindlichen Entscheidung eröffne, fehle es an der Kompetenz der Beklagten, verbindlich zu den von der Klägerin aufgeworfenen Fragestellungen Stellung zu nehmen. Höchst vorsorglich werde zur Frage der Registrierungspflichtigkeit der Klägerin vorgetragen. Bei letzterer handele es sich zunächst um einen Hersteller im Sinne von § 3 Abs. 11 Nr. 1 ElektroG. Die von der Klägerin hergestellten streitgegenständlichen Kapselgehörschutzgeräte würden der Definition des Elektro- und Elektronikgerätes in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG unterfallen. Zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb, nämlich der „Begrenzung und Verstärkung von Umgebungsgeräuschen durch elektronische Geräuschfilterung“ benötigten die Geräte elektrische Ströme. Diese objektiv bestehende und von der Klägerin beworbene Funktion könnten die Kapselgehörschutzgeräte nicht erfüllen, wenn ihnen kein elektrischer Strom zugeführt würde. Dem von der Klägerin verwendeten und in der Schalldämmung von Außengeräuschen gesehenen Begriff der „Primärfunktion“ sei entgegenzuhalten, dass das ElektroG diesen nicht kenne. Ausweislich der Produktbeschreibung der Klägerin wandelten unter Zuhilfenahme von am Gehörschutz angebrachten Mikrofonen eingebaute Mikroprozessoren Umgebungsgeräusche in eine für das Ohr verträgliche Lautstärke um oder verstärkten sie für hörgeschädigte Nutzer. Für die objektiv bestehende Funktion der „Begrenzung und Verstärkung von Umgebungsgeräuschen durch elektronische Geräuschfilterung“, d.h. für die Funktionsfähigkeit der Mikrofone und Mikroprozessoren, würden elektrische Ströme benötigt, mithin für den ordnungsgemäßen Betrieb im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG. Die technische Funktion dieser Geräte bestehe gerade in der mikroprozessorgesteuerten Geräuschmodulation. Die von der Klägerin vorgenommene Unterscheidung zwischen „Schalldämmung von Außengeräuschen“ und „Mithören“ könne nicht nachvollzogen werden und widerspreche der Produktbeschreibung der Geräte auf der Homepage der Klägerin.
Die streitgegenständlichen Kapselgehörschutzgeräte der Klägerin unterfielen ferner der Kategorie 8 nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, Satz 2 ElektroG i.V.m. Anhang 1 Nr. 8 a.E. zum ElektroG. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum ElektroG sollte der Begriff des Medizinproduktes aus dem Medizinproduktegesetz (MPG) Eingang in das ElektroG finden. Er sei daher § 3 Abs. 1 bis 5 MPG zu entnehmen. Die Anwendbarkeit des MPG auf dergestalt legal definierte Medizinprodukte richte sich nach § 2 Abs. 1 MPG. Nach § 2 Abs. 4 Nr. 6 gelte das MPG danach nicht für persönliche Schutzausrüstungen im Sinne der Richtlinie des 89/686/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung von Rechtsvorschriften für persönliche Schutzausrüstungen. Nach § 3 Nr. 1 lit. a MPG rechneten alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate und Vorrichtungen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktion zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt seien, zu Medizinprodukten. Die streitgegenständlichen Kapselhörschutzgeräte stellten Medizinprodukte in diesem Sinne dar. Es handele sich mithin nicht um „Gehörschutzstöpsel im gemeinhin bekannten Sinne“. Im Falle der Kapselgehörschutzgeräte werde die das Gerät tragende Person im Wege einer vorbeugenden medizinischen Maßnahme vor einer Krankheit/Verletzung des Gehörs geschützt. Mit dieser medizinischen Eigenschaft bewerbe die Klägerin ihre Produkte ausdrücklich. Rein vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass - wären die streitgegenständlichen Geräte nicht der Kategorie 8 zuzurechnen - eine Einordnung in die Kategorie 3, Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, in Betracht zu ziehen wäre. Die Kapselgehörschutzgeräte rechneten in diesem Fall zu „sonstigen Geräten zur Erfassung und Verarbeitung von Informationen mit elektronischen Mitteln“.
Die streitgegenständlichen Kapselgehörschutzgeräte bildeten auch nicht Teile eines anderen Gerätes, das nicht dem Anwendungsbereich des ElektroG unterfalle. Vielmehr stellten sie im Ganzen ein Elektro- und Elektronikgerät mit eigenständiger Funktion dar. Die elektronischen Bauteile könnten nicht selbst als Gerät angesehen werden, welches Teil eines anderen Gerätes (Kunststoffummantelung) sei. Für sich allein betrachtet fehle es an einer eigenständigen Funktion der am Gehörschutz angebrachten Mikrofone und der eingebauten Mikroprozessoren.
In ihrer Replik zur Klageerwiderung führten die Bevollmächtigten der Klägerin aus, dass ihrer Ansicht vorliegend die negative Feststellungsklage statthaft sei. Ein rechtlich relevanter Unterschied zwischen registrierungspflichtigem Gerät und registrierungspflichtigem Hersteller sei nicht erkennbar. Wie sich aus der Email der Beklagten vom 20. März 2006 ergebe, treffe diese selbst keine Unterscheidung, indem sie von registrierungspflichtigen Geräten spreche. Weiter beziehe sich die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren auch nicht auf ein zukünftiges Rechtsverhältnis, da aktuell über die Registrierungspflicht Streit bestehe. Der Fall, dass ein Hersteller verbindlich geklärt haben möchte, dass im Sinne eines Negativattests keine Registrierungspflicht bestehe, sei im ElektroG nicht vorgesehen, so dass der Verweis auf die Stellung eines Registrierungsantrags fehl gehe. Gerade aus diesem Grunde liege bei der Klägerin auch ein Feststellungsinteresse vor. Für die Frage, ob es sich bei den streitgegenständlichen Geräten um Elektrogeräte handele, sei auf die Primärfunktion des Gerätes abzustellen. So sei beispielsweise die Primärfunktion eines Laufschuhs mit elektronischem Dämpfungselement die Sportausübung durch Laufen, sodass dieses Produkt nicht als Elektrogerät qualifiziert worden sei, da diese Funktion durch die zusätzliche batteriebetriebene Funktion der Dämpfung nicht beeinflusst werde. Unzweifelhaft stelle die Hauptfunktion eines Gehörschutzes die Geräuschdämmung dar. Diese Funktion werde bei den streitgegenständlichen Geräten ohne Strom erfüllt. Die Geräuschfilterung in den Produkten der Klägerin könne nicht als Hauptfunktion angesehen werden, da sie von der funktionierenden Geräuschdämmung vollständig abhängig sei und jeweils individuell hinzugeschaltet werden könne.
Unzutreffend sei ferner die Auffassung der Beklagten, dass die Kapselgehörschutzprodukte der Klägerin gerade zur medizinischen Anwendung für Menschen bestimmt seien. Sie würden vielmehr im gesamten Bereich des Arbeitslebens verwendet, d.h. gerade nicht in der Medizin, vielmehr auf Schießständen, Fabrikgeländen, etc.. Es handele sich um eine klassische persönliche Schutzausrüstung, die gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 6 vom Anwendungsbereich des MPG ausgenommen werde. Weiter handele es sich auch nicht um Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik, wie dies die Beklagte hilfsweise vorgetragen habe. Eine Vergleichbarkeit zu irgendeinem der Geräte in Anhang 1 Ziffer 3 bestehe nicht.
Mit Telefax vom 8. Juli 2008 ergänzten die Bevollmächtigten der Beklagten die Klageerwiderung und führten aus, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Februar 2008 (7 C 43.07) die ihre Rechtsauffassung bestätigt habe, dass es für die Bestimmung des Elektrogerätebegriffs nicht auf einen dem Gesetz unbekannten Begriff des Primärzwecks ankomme. Maßgeblich gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG sei der „ordnungsgemäße Betrieb“, der neben objektiven Kriterien auch von der Bestimmung durch den Hersteller abhänge. Könne ein von diesem vorgesehener Betriebsablauf mangels Strom nicht erfolgen, dürfte ein ordnungsgemäßer Betrieb ausscheiden. Bei den streitgegenständlichen Kapselgehörschützern handle es sich um einen sog. aktiven Gehörschutz, bei dem der Gehörschutz nicht allein über eine Verdeckung der Ohrmuschel wie beim passiven Gehörschutz, sondern vielmehr auf elektronischem Wege erzielt werde. Bei allen streitgegenständlichen Modellen würden die Umgebungsgeräusche durch Mikrofone aufgenommen und auftretender Lärm elektronisch auf einen unschädlichen Pegel begrenzt. Hinter dieser Begrenzungsfunktion trete der allein durch das Aufsetzen der Gehörschützer eintretende passive Gehörschutz in den Hintergrund. Überdies verfügten sämtliche Geräte über die Möglichkeit, bestimmte Umgebungsgeräusche auch zu verstärken, was ebenfalls ein wesentliches Merkmal darstelle.
Weiter ließen sich die Produkte der Klägerin auch der Gerätekategorie 3 zuordnen. Sie seien in der Lage, Außengeräusche nach bestimmten Kriterien zu selektieren und unterschiedlich zu verarbeiten. Dadurch werde eine Kommunikation mit der Umgebung ermöglicht, die durch einen reinen passiven Gehörschutz in dieser Weise nicht möglich wäre. Das Gerät … verfüge darüber hinaus über eine Bluetooth-Schnittstelle.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende sog. „Originalakte“ der Klägerin, hinsichtlich des Gangs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässig vorbeugend erhobene negative Feststellungsklage (I.) der Klägerin erweist sich materiell als begründet, sodass die beantragte Feststellung, die drei streitgegenständlichen Kapselgehörschutzmodelle mit Mithörfunktion unterfielen nicht der Registrierungspflicht des Herstellers nach §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG, auszusprechen war.
I.
Die – vorbeugend erhobene – negative Feststellungsklage ist zulässig.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann (u.a.) durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger über ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung verfügt und er seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Mit dem vorliegend zur Entscheidung gestellten Antrag festzustellen, dass die von ihr hergestellten Kapselgehörschutzgeräte mit Mithörfunktion keine registrierungspflichtigen Elektro- oder Elektronikgeräte im Sinne des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG seien, bezeichnet die Klägerin ein Feststellungsbegehren, das den Anforderungen des § 43 VwGO genügt. Unabhängig von dem Umstand, dass nach der gesetzlichen Konzeption des ElektroG die Pflicht zur Registrierung bei der Beklagten den Hersteller eines bestimmten Produktes betrifft, knüpft die Pflichtigkeit gleichwohl ausschließlich an dem Umstand an, dass es sich bei dem vom Registrierungspflichtigen hergestellten Produkt um ein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 ElektroG handelt, das den Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 unterfällt und für das keine Ausnahmevorschriften vom Anwendungsbereich des ElektroG greifen. Die von der Klägerin begehrte Feststellung wirkt sich somit unmittelbar auf das Bestehen oder Nichtbestehen ihrer Registrierungspflicht bei der Beklagten aus, stellt mithin ein hinreichend konkretisiertes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Eine Entscheidung wird auch nicht lediglich über eine abstrakte Rechtsfrage begehrt. Die Klägerin hat vielmehr gemäß der vorliegenden „Originalakte“ der Beklagten ihr gesamtes Produktportfolio mit Blick auf die Anwendbarkeit des ElektroG geprüft und ist mit der Beklagten hinsichtlich nicht eindeutig zuordenbarer Geräte in einen Dialog getreten, wobei hinsichtlich verschiedener Produkte Einvernehmen über das Bestehen einer Registrierungspflicht hergestellt werden konnte. Demgegenüber konnte die Frage der Registrierungspflicht der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Kapselgehörschutzgeräte nicht geklärt werden, sodass im Hinblick auf eine genau bezeichnete Fragestellung eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits vorprozessual offen geblieben ist.
Hinsichtlich der Klärung dieser offenen Rechtsfrage kommt der Klägerin auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung zu, auch soweit sie im Wege vorbeugenden Rechtsschutzes – einen Registrierungsantrag bei der Beklagten hat die Klägerin bislang nicht gestellt – eine gerichtliche Entscheidung begehrt. An dem qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis für eine vorbeugende Feststellungsklage würde es dann fehlen, wenn es der Klägerin zuzumuten wäre, die von einer Behörde zu befürchtende Maßnahme abzuwarten und sie demzufolge auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes verwiesen werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.5.1987, NVwZ 1988, 430 f.).Vorliegend gilt es insoweit zu berücksichtigen, dass eine nicht oder nicht rechtzeitig erfolgte Registrierung die Klägerin der Gefahr der Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit wegen Inverkehrbringens unregistrierter Elektro – oder Elektronikgeräte - § 23 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 ElektroG - aussetzen würde. Ohne abschließende und verbindliche Klärung der Anwendbarkeit des ElektroG auf die vorliegend in Rede stehenden Produkte der Klägerin bestünde weiterhin die Gefahr der Einleitung eines Bußgeldverfahrens. Erst die Verhängung eines Bußgeldes abzuwarten, um dagegen Rechtsschutz zu erlangen und im Rahmen eines gerichtlichen Bußgeldverfahrens die Frage der Registrierungspflichtigkeit zu klären, ist der Klägerin indes ebensowenig zumutbar, wie ihr die Verpflichtung aufzuerlegen, zunächst entgegen der eigenen Rechtsüberzeugung einen – kostenpflichtigen – Registrierungsantrag bei der Beklagten in der Erwartung einer Ablehnung der Registrierung zu stellen, der überdies angesichts der Notwendigkeit der Erfüllung weiterer Registrierungsvoraussetzungen im Ergebnis möglicherweise gar nicht zur Klärung der streitgegenständlichen Rechtsfrage führt. Aus Rechtsgründen kommt der Klägerin daher vorliegend das für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche besondere Feststellungsinteresse zu.
Ferner steht der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage auch nicht die Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Das verfolgte Feststellungziel, die Anwendbarkeit des ElektroG auf die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin und damit im Ergebnis ihre Registrierungspflicht klären zu lassen, lässt sich nicht besser mir einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Die Erhebung einer Verpflichtungs- oder Leistungsklage kommt aus Sicht der Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil sie das beabsichtigte Inverkehrbringen des Kapselgehörschutzes ohne vorherige Registrierung bei der Beklagten für erlaubt erachtet und daher eine Registrierung ihrem Willen zuwiderliefe. Auch die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen eine, auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin erfolgende Registrierung wäre nicht weiterführend. Abgesehen davon, dass der Klägerin bei Erhebung einer derartigen Anfechtungsklage aufgrund der vorherigen Antragstellung der Einwand des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses im Sinne eines „volenti non fit iniuria“ entgegengehalten werden könnte, wäre auch der Streitstoff im Anfechtungsprozess unterschiedlich. Prüfungsgegenstand bildete in diesem Fall das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 2 ElektroG einschließlich des Vorliegens einer Herstellergarantie, sodass die Aufhebung der Registrierung auch aus anderen Gründen als denen der grundsätzlichen Unanwendbarkeit des ElektroG in Betracht käme. Die Rechtskraft des Urteils würde in einem derartigen Fall die vorliegend streitgegenständliche Frage der Anwendbarkeit des ElektroG und der Registrierungspflicht der Klägerin für bestimmte Produkte nicht umfassen. Reichen die Rechtskraftwirkungen eines etwaigen Aufhebungsanspruchs aber nicht so weit wie die Feststellungen eines stattgebenden Feststellungsurteils, ist eine (negative) Feststellungsklage als effektiveres und zweckmäßigeres Rechtsmittel zur eindeutigen Klärung eines Registrierungserfordernisses zulässig, zumal mit ihr weitere Prozesse zu einzelnen Herstellerpflichten für die betreffende Marke vermieden werden könnten (vgl. zum Vorstehenden Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22.3.2007, GewArch 2008, 92 f.; hinsichtlich der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.2.2008, NVwZ 2008, 697 f.). Die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht daher dem von der Klägerin gewählten Klageantrag nicht entgegen. Die Klage ist insgesamt zulässig.
II.
Die Klage erweist sich im Übrigen auch materiell als begründet, da der von der Klägerin hergestellte Kapselgehörschutz weder ein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG darstellt (1.) noch unter die Kategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG fällt (2.).
1. a. Sowohl nach dem ElektroG wie auch der dem Gesetz zugrunde liegenden Richtlinie 2002/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (ABl. L 37, S. 24 ff. – sog. WEEE-Richtlinie) ist der Anwendungsbereich der einschlägigen Regelungen dann eröffnet, wenn ein bestimmtes, von einem Hersteller produziertes Gerät als „Elektrogerät“ bzw. „Elektronikgerät“ qualifiziert werden und in einem weiteren Schritt einer von mehreren, enumerativ und abschließend aufgelisteten Gerätekategorien zugeordnet werden kann. Als logisch vorrangig erweist sich dabei die Prüfung der Eigenschaft des zu beurteilenden Gerätes als Elektrogerät im Sinne des ElektroG bzw. der WEEE-Richtlinie, da die Kategorisierung im Rahmen der Bestimmung des Geltungsbereiches nur die Gruppe der Elektro- und Elektronikgeräte erfasst (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG: „Dieses Gesetz gilt für Elektro- und Elektronikgeräte , die unter die folgenden Kategorien fallen, (…)“; Art. 2 Abs. 1 WEEE-Richtlinie: „Diese Richtlinie gilt für Elektro- und Elektronikgeräte , die unter die in Anhang IA ausgeführten Kategorien fallen, (…)“). Ist das von einem Hersteller produzierte Gerät kein Elektrogerät im Sinne des ElektroG bzw. der WEEE-Richtlinie, kommt es für die Frage der Geltung der Bestimmungen des ElektroG auf die Einordnung in die Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG nicht mehr an; der Anwendungsbereich des Gesetzes ist in diesem Fall unabhängig von einer Zuordnung zu Gerätekategorien nicht eröffnet. Diesem gesetzlichen Regelungsmuster folgen die einschlägigen, als Arbeitshilfe, nicht als bindende Normen herausgegebenen Prüfschemata sowohl des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) wie auch der Europäischen Kommission. In den Hinweisen zum Anwendungsbereich des ElektroG des BMU vom 24. Juni 2005 erfolgt in einem ersten Schritt zunächst die Untersuchung der Frage, ob das in Rede stehende Gerät zum Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigt oder es zur Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Ströme und Felder dient. In einem zweiten Prüfschritt soll untersucht werden, ob das Gerät für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1000 V oder Gleichspannung von höchstens 1.500 V ausgelegt ist. Diese Prüfschritte entsprechen den Tatbestandsmerkmalen des § 3 Abs. 1 ElektroG. Erst in einem dritten Schritt erfolgt die Prüfung, ob das Gerät einer der zehn Kategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG zugeordnet werden kann. Das identische Prüfungsschema liegt auch den „Frequently Asked Questions on Directive 2002/95/EC on the restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment (RoHS) and Directive 2002/96/EC on Waste Electrical and Electronic Equipment (WEEE)”, herausgegeben von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission (im Folgenden “FAQs”) zugrunde. Ziffer 1.3 “What ist the criteria for the determination whether a product falls under the WEEE-Directive” listet als vorrangige Prüfungspunkte die Tatbestandsmerkmale von Art. 3 Abs. 1 der WEEE-Richtlinie auf, erst an dritter Stelle erfolgt die Prüfung, ob die jeweiligen Geräte gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie unter die Kategorien des Annex I fallen.
Soweit die Prüfungsreihenfolge bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des ElektroG im Rahmen einer negativen Feststellungsklage Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen ist, ergibt sich kein eindeutiges Bild. So hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 21. Februar 2008 (Az.: 7 C 43.07, NVwZ 2008, 697 f.) die Feststellung, dass ein mit einer elektrischen Fersendämpfung versehener Turnschuh nicht unter den Anwendungsbereich des ElektroG fällt, tragend damit begründet, dass sich der Turnschuh nicht in die Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG einordnen lässt, es sich nämlich dem allgemeinen Sprachgebrauch nach bei einem Turnschuh nicht um ein Sportgerät handelt. Ob der Turnschuh überhaupt ein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG darstellt, hat das BVerwG ausdrücklich offen gelassen, obgleich die Revisionszulassung mit Beschluss vom 9. August 2007 (Az. 7 B 26.07 ) ausdrücklich mit der Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein mit elektronischen oder elektrischen Bauteilen ausgerüstetes Sportgerät ein Elektro- und Elektronikgerät im Sinne des § 3 Abs. 1 ElektroG darstellt, begründet wurde. Ob mit dieser Rechtsprechung entgegen der evidenten Systematik des ElektroG ein Prüfungsvorrang der Kategorisierung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG etabliert werden sollte (hierauf deutet die Entscheidungsanmerkung von RiBVerwG … in jurisPR-BVerwG 14/2008, Anm. 2 [am Ende] hin, nach der die Prüfung, ob ein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG vorliegt, erst in einem „weiteren Schritt“ festgestellt werden muss), kann vorliegend indes offen bleiben, da die streitgegenständlichen Kapselgehörschützer weder den Elektrogerätebegriff erfüllen noch in die Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 ElektroG eingeordnet werden können.
b. Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG sind Geräte im Sinne des ElektroG solche, „die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigen“ und die für den Betrieb mit Wechselspannung bis 1.000 V oder Gleichspannung bis 1.500 V ausgelegt sind. Textidentisch definiert die deutsche Fassung der WEEE-Richtlinie Elektrogeräte als Geräte, „die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigen“. Sowohl die Anwendungshinweis von BMU und Europäischer Kommission wie auch nahezu einhellig das zum ElektroG vorliegende Schrifttum (vgl. insb. Giesberts/Hilf, ElektroG, 2006, § 3 RdNr. 11 ff.; Stabno, Elektrogesetz, 2005, § 3 RdNr. 1 a.; Pschera/Enderle § 3 ElektroG, RdNr. 10 f. in: Fluck (Hg.), Kreislaufwirtschafts-, Abfall und Bodenschutzrecht; Arhold/Ricke, Das ElektroG – Anwendungsbereich und Ausnahmen im Lichte des Gemeinschaftsrechts (WEEE- und RoHS-Richtlinie), EWS 2005, S. 433 ff.; ferner BMU, Hinweise zum Anwendungsbereich des ElektroG, Stand 24. Juni 2005, Ziffer 2.1: „(…) um die Primärfunktion des Gerätes zu erfüllen“; FAQ der Europäischen Kommission sub 1.3.Nr. 1 : „To be ‚dependent‘ means that the equipment needs electricity (e.g. not petrol or gas) as ist primary energy to fulfil ist basic functions. It also means that when the electric current is off duty, the appliance cannot fulfil the basic (primary) function. If electrical energy is used only for support or control functions (e.g.) this type of equipment is to be considered als being not covered by Directice 2002/96/EC.”) legen die genannte Legaldefinition, insb. das Tatbestandsmerkmal „zum ordnungsgemäßen Betrieb“ dahingehend aus, dass elektrischer Strom für die Erfüllung der Primär- oder Basisfunktion eines Geräts im Sinne einer condition sine qua non erforderlich sein muss. Wird – ohne Beeinträchtigung der Primär- oder Basisfunktion – elektrischer Strom lediglich für eine Neben- oder Zusatzfunktion eines Gerätes benötigt, liegt kein Elektrogerät im Sinne der WEEE-Richtlinie bzw. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG vor. Als klassisches Beispiel für das Aussondern eines Gerätes, bei dem nur dessen Nebenfunktion vom elektrischen Strom abhängt, aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes wird sowohl in den Anwendungshinweisen des BMU (dort Ziffer 2.1.3) wie auch in den FAQ der Europäischen Kommission (dort Ziffer 1.3 „Products out of the scope“) der brummende Teddybär genannt, der seine Primärfunktion „Spielen“ auch dann behält, wenn die elektrisch betriebene Sekundärfunktion „Brummen“ nicht verfügbar ist.
Dieser dargestellten allgemeinen Auffassung zur Bestimmung des Begriffs des Elektrogerätes hält das Bundesverwaltungsgericht in der adidas-Entscheidung (Urteil vom 21.2.2008, Az.: 7 C 43.07, NVwZ 2008, 697 f.) im Rahmen eines obiter dictums indes Zweifel entgegen und begründet diese in erster Linie damit, dass hinsichtlich der Bestimmung des Elektrogerätebegriffs nicht auf den dem Gesetz unbekannten Begriff des Primärzwecks abgestellt werden könne (RdNr. 15 des Urteils). § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG hebe vielmehr ohne Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenfunktion auf den „ordnungsgemäßen Betrieb“ ab, den der Hersteller des Produktes bestimme. Könne ein vom Hersteller vorgesehener Betriebsablauf mangels Strom nicht erfolgen, dürfte ein „ordnungsgemäßer Betrieb“ ausscheiden.
Der solcherart angedeuteten, möglichen Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG folgt die Kammer indes nicht. Für die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, der Hersteller des Produkts bestimme mit den möglichen Betriebsabläufen zugleich über die Qualifikation seines Gerätes als Elektrogerät, findet sich weder im ElektroG noch in der WEEE-Richtlinie eine Stütze. Insbesondere wenn man neben der deutschen Fassung der Richtlinie, die auf die Notwendigkeit des Fließens elektrischen Stroms für den „ordnungsgemäßen Betrieb“ abstellt, weitere Sprachfassungen der Richtlinie zur Auslegung des Begriffes des Elektrogerätes heranzieht, ergibt sich, dass die Richtlinie keinen subjektivierten, herstellerabhängigen, sondern einen objektiven Gerätebegriff voraussetzt. Die englische Textfassung von Art. 3 lit. a der WEEE-Richtlinie definiert „electrical and electronical equipment“ als „equipment which is dependent on electric currents or electromagnetic fields in order to work properly”, die französische als “les équipment fonctionnant grâce à des courants électriques” und die spanische Fassung als “todos los aparatos que para funcionar debidamente necesitan corriente eléctrica”. Als besonders charakteristisch erweist sich dabei die französische Textfassung, die allein das „Funktionieren” des Gerätes mit Hilfe elektrischen Stroms in den Mittelpunkt stellt. Die adverbiellen Ergänzungen in der englischen und der spanischen Textfassung „work properly“ bzw. „funcionar debidamente“ stellen auf das jeweils „richtige“ Funktionieren des Geräts mit Hilfe elektrischen Stroms ab. Erforderlich für die Qualifizierung als Elektrogerät ist jedoch stets ein objektives „Funktionieren“ des jeweiligen Geräts mit Hilfe elektrischen Stroms. Für eine subjektive Bestimmung eines Betriebszwecks durch den Hersteller im Sinne eines „bestimmungsgemäßen Betriebs“ lassen die unterschiedlichen Textfassungen der Richtlinie folglich keinen Raum. „Ordnungsgemäßer Betrieb“ nach der deutschen Textfassung der Richtlinie meint daher ein objektiv bestimmbares Funktionieren des Gerätes mit Hilfe elektrischen Stroms. Kommen einem bestimmten Gerät in seiner Gesamtheit unterschiedliche Funktionen zu, etwa dem brummenden Teddybär die „Spielfunktion“ und eine weitere „Geräuschfunktion“, so ist die Differenzierung, wie sie die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur, aber auch das BMU und die EU-Kommission vertreten, zwischen einer primären, im Vordergrund stehenden, und einer sekundären, ergänzenden Funktion für die Subsumtion unter den Gerätebegriff zwingend notwendig, mithin, entgegen der vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten Rechtsansicht, gerade im Normtext selbst angelegt. Hängt allein die Sekundärfunktion vom Vorhandensein elektrischen Stroms ab, bleibt die Hauptfunktion vom Fehlen elektrischen Stroms hingegen unbeeinflusst, funktioniert das Gerät insgesamt auch ohne Strom richtig und ordnungsgemäß. Entgegen der angedeuteten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu auch … in jurisPR-BVerwG 14/2008 Anm. 2 am Ende zum Beispiel des Laufschuhs mit elektronischer Fersendämpfung) hält die Kammer daher an der Auffassung fest, dass ein Gerät immer dann kein Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG darstellt, wenn allein eine Neben- oder Sekundärfunktion vom Vorhandensein elektrischen Stroms abhängt (vgl. hierzu bereits das Urteil des VG Ansbach vom 20.9.2006, AN 11 K 06.01971, UPR 2007, 77 f.), die Haupt- oder Primärfunktion aber auch ohne elektrischen Strom zur Verfügung steht.
c. Ausgehend von der vorstehenden Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG stellt der von der Klägerin hergestellte Kapselgehörschutz kein Elektrogerät dar. Die primäre Funktion eines Gehörschutzes besteht darin, das Gehör von in der Außenwelt bestehendem Lärm, z.B der Turbinen eines Flugzeuges auf einem Flughafen oder eines Presslufthammers beim Straßenbau, abzuschirmen. Diese Primärfunktion erfüllt der von der Klägerin hergestellte Gehörschutz auch ohne das Vorhandensein elektrischen Stroms. Zwar bezeichnet die Klägerin selbst ihr Produkt als „aktiven“ Gehörschutz, woraus die Beklagte den Schluss gezogen hat, die Primärfunktion Geräuschdämpfung hänge ihrerseits vom Vorhandensein elektrischen Stroms ab. Gleichwohl hat die Klägerin wiederholt darauf hingewiesen, dass die von den Kapselgehörschutzgeräten bewirkte Geräuschdämmung allein durch die Ohrkapsel, mithin passiv bewirkt wird, während nur die sog. „Mithörfunktion“ eine mikropozessorgesteuerte Geräuschfilterung und ggf. Verstärkung bestimmter, unschädlicher Geräusche voraussetzt. Ohne rein physische Abschirmung des Gehörs macht die elektrisch gesteuerte „Mithörfunktion“ keinen Sinn. Von dem Umstand, dass auch ohne zugeschaltete Mithörfunktion die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin eine Geräuschdämpfung bewirken, hat sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung anhand der klägerseits vorgelegten Produkte selbst ein Bild gemacht. Wenn daher neben die Geräuschdämpfungsfunktion als solche weitere, je nach Gerätetyp unterschiedliche Zusatzfunktionen treten, die es ermöglichen sollen, ohne den Gehörschutz abzunehmen miteinander zu kommunizieren oder bei aufgesetztem Gehörschutz zu telefonieren, stellen diese Sekundärfunktionen allenfalls eine Ergänzung der Primärfunktion „Gehörschutz“ dar. Auf die Frage, ob in der Werbung der Klägerin spezifisch die Sekundärfunktionen herausgestellt und beworben werden, kommt es hinsichtlich der Bestimmung der Primär- und der Sekundärfunktion nach Auffassung der Kammer nicht an, da diese, wie dargelegt, objektiv bestimmt werden müssen. Auch die gezielte Werbung mit den Zusatzfunktionen des Kapselgehörschutzes ändert an der grundlegenden Funktion der Abschirmung des Gehörs vor Lärm in der Außenwelt nichts. Da damit lediglich die Sekundärfunktionen der streitgegenständlichen Produkte der Klägerin für ihr Funktionieren auf das Vorhandensein elektrischen Stroms angewiesen sind, nicht hingegen die Primärfunktion, sind die Geräte der Klägerin insgesamt nicht als Elektrogeräte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG einzuordnen.
2. a. Unabhängig von ihrer Qualifikation als Elektrogerät im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG lässt sich der streitgegenständliche, von der Klägerin hergestellte Kapselgehörschutz auch nicht einer der Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG zuordnen, sodass auch aus diesem Grund das ElektroG auf die Produkte der Klägerin keine Anwendung findet. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Frage der Zuordnung eines bestimmten Produktes zu einer der zehn Gerätekategorien im insoweit maßgeblichen Urteil vom 21. Februar 2008 (BVerwG, a.a.O.) Folgendes ausgeführt:
„§ 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG beschränkt den Anwendungsbereich des Gesetzes auf die dort in zehn Kategorien benannten Geräte, Produkte und Instrumente. Diese Auflistung ist abschließend (BT-Drs. 15/3930 S. 20) mit der Folge, dass Gegenstände, die sich keiner dieser Kategorien zuordnen lassen, den Herstellerpflichten des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes nicht unterfallen. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 2 ElektroG sich zusätzlich (und „insbesondere“) auf die in Anhang I aufgeführten Elektro- und Elektronikgeräte bezieht, erfahren die einzelnen Kategorien damit keine Ausweitung, sondern werden lediglich durch Einzelbeispiele erläutert. Diese Beispielnennungen sind nicht abschließend, d.h. künftige Neuentwicklungen von Geräten können dem Elektro- und Elektronikgesetz unterfallen, jedoch ist immer vorausgesetzt deren Zuordenbarkeit zu den Oberbegriffen der zehn Kategorien. Daraus folgt aber wiederum auch, dass durch eine weite Auslegung von Beispielsfällen nicht der Inhalt der Oberbegriffe ausdehnend bestimmt werden kann.“
Als dergestalt maßgeblich für die Auslegung der Oberbegriffe verweist das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der konkreten Subsumtion auf den „allgemeinen Sprachgebrauch des im Gesetz verwendeten Begriffs“.
Unter Anlegung dieser Auslegungskriterien lässt sich der streitgegenständliche Kapselgehörschutz vorliegend weder unter die Gerätekategorie 8 „Medizinprodukte mit Ausnahme implantierter und infektiöser Produkte“ noch unter die Kategorie 3 „Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik“ subsumieren.
b. Die Einordnung eines Gerätes als Medizinprodukt setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch seine Verwendung in einem therapeutischen oder diagnostischen Kontext voraus. Wie die Beklagte darauf abzustellen, dass allein die mögliche vorbeugende Wirkung vor Erkrankungen und Gesundheitsschäden ein bestimmtes Gerät zu einem Medizinprodukt macht, überdehnt den Wortsinn des Medizinprodukts und entspricht nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Wollte man den Begriff des Medizinprodukts dergestalt extensiv bestimmen, wären, wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, auch der Winterpulli oder der Schal als Medizinprodukte einzuordnen, da derartigen Kleidungsstücken im Hinblick auf Erkältungserkrankungen eine vorbeugende Wirkung innewohnt. Ein Abstellen allein auf vorbeugenden Gesundheitsschutz führt folglich zu einer Überdehnung des Begriffs des Medizinprodukts und ist vom allgemeinen Sprachgebrauch nicht gedeckt. Bei zwangloser Betrachtung des von der Klägerin hergestellten Kapselgehörschutzes fehlt es indes an jeglichem therapeutischen oder diagnostischen Kontext, worauf die Klägerin zu Recht hinweist. Verwendung findet der Kapselgehörschutz in erster Linie im Arbeitsleben oder im Freizeitbereich. Insoweit hat die Klägerin beispielhaft auf den Einsatz in Schießanlagen hingewiesen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch kommt folglich eine Kategorisierung als „Medizinprodukt“ nicht in Betracht.
Hinzu treten bei den Geräten der Kategorie 8 noch weitere, rechtliche Erwägungen. So ist der Gesetzgeber, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl. BT-Drs. 15/4234, S. 9), bei dieser Gerätekategorie von einer Entsprechung des Begriffs des „Medizinprodukts“ mit den Regelungen und der Legaldefinition des Medizinproduktegesetzes (Gesetz über Medizinprodukte – MPG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.8.2002, BGBl I, S. 3146, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom 14.6.2007, BGBl I, S: 1066) ausgegangen. Auch nach der …, Stand Oktober 2007 zur Geräteart „Medizinprodukte“ bilden Gegenstand dieses Produktbereiches zunächst die Medizinprodukte, die nach dem MPG in Verkehr gebracht werden, ferner medizinische Geräte für die Forschung und Lehre und Geräte, die im sonstigen medizinischen Umfeld (z.B. in Laboren/Dentallaboren) therapeutisch oder diagnostisch zum Einsatz kommen, die aber keine CE-Kennzeichnung nach MPG bzw. MDD/AIMD oder IVD Richtlinie tragen. § 2 Abs. 5 Nr. 6 MPG nimmt indes sog. „persönliche Schutzausrüstungen“ im Sinne der Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für persönliche Schutzausrüstungen (ABl L 399, S. 18) vom Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes ausdrücklich aus. Art. 2 der genannten Richtlinie definiert „persönliche Schutzausrüstung“ als „jede Vorrichtung oder jedes Mittel, das dazu bestimmt ist, von einer Person getragen oder gehalten zu werden, und das diese gegen eines oder mehrere Risiken schützen soll, die ihre Gesundheit oder ihre Sicherheit gefährden können.“ Der vorliegend streitgegenständliche Kapselgehörschutz erfüllt geradezu beispielhaft die Legaldefinition für persönliche Schutzausrüstungen, da er, von einer bestimmten Person getragen, diese Person vor dem Risiko von Gesundheitsschäden durch Lärm schützen soll. Damit unterfällt der Kapselgehörschutz folglich nicht dem MPG, was in weiterer Konsequenz dazu führt, dass auch eine Einordnung unter die Gerätekategorie 8 des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG ausscheidet.
c. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kann der Kapselgehörschutz auch nicht, wie von der Beklagten hilfsweise vorgetragen, unter die Gerätekategorie 3, „Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik“ eingeordnet werden. Gehörschützer dienen, anders als etwa ein sog. Headset, grundsätzlich weder der Verarbeitung noch der Übermittlung von Daten bzw. Informationen; sie dienen ihrem Verwendungszweck nach dem Schutz des menschlichen Gehörs vor Lärm. Insoweit besteht, wie die Klägerin zu Recht betont, auch keine Ähnlichkeit mit einem der beispielhaft im Anhang I zum ElektroG für die Gerätekategorie 3 genannten Beispielgeräte. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf die Auffangposition „Sonstige Produkte und Geräte zur Erfassung, Speicherung, Verarbeitung, Darstellung oder Übermittlung von Informationen mit elektronischen Mitteln“ zurückgreift, ist ihr mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegenzuhalten, dass eine Ausweitung der durch den allgemeinen Sprachgebrauch abgegrenzten Gerätekategorie des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG durch eine erweiternde Fassung der Beispielgeräte im Anhang I des ElektroG regelmäßig ausscheidet. Liegt bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch kein Gerät der Informations- und Telekommunikationstechnik vor, kann eine eventuell mögliche Zuordnung des Gerätes unter die Gruppe der „Sonstigen Geräte“ die Grenze der Gerätekategorie nicht erweitern. Angesichts dessen scheidet eine Einordnung der Geräte der Klägerin unter die Gerätekategorie 3 ersichtlich aus.
Im Ergebnis ist daher sowohl mangels Qualifikation der streitgegenständlichen Kapselgehörschutzgeräte als Elektrogeräte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG als auch infolge fehlender Zuordenbarkeit zu den Gerätekategorien des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG der Anwendungsbereich des ElektroG nicht eröffnet, die Klägerin daher auch nicht als Herstellerin von Elektrogeräten bei der Beklagten registrierungspflichtig.
III.
Da trotz des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2008 der Gerätebegriff des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG nach wie vor nicht höchstrichterlich geklärt ist und von dieser Begriffsbestimmung die Anwendbarkeit des ElektroG wesentlich abhängt, ferner es bislang auch an obergerichtlicher Rechtsprechung zur Reichweite der Gerätekategorien 8 und 3 des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG fehlt, ist aus Sicht der Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegend wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zuzulassen. Die Kostenentscheidung richtet sich vorliegend nach § 154 Abs. 1 VwGO. Als Streitwert nimmt die Kammer, soweit streitgegenständlich die Registrierungspflicht eines Herstellers ist, in ständiger Rechtsprechung 20.000,00 EUR an.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.