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Finanzgericht Köln Urteil vom 20.04.2010 - 8 K 3038/08 - Zur Umsatzbesteuerung bei einem Domainkauf
FG Köln v. 20.04.2010: Zur Umsatzbesteuerung bei einem Domainkauf
Das Finanzgericht Köln (Urteil vom 20.04.2010 - 8 K 3038/08) hat entschieden:
Bei dem Verkauf eines Domain-Namens handelt es sich um einen Veräußerungsvorgang und nicht um eine Leistung im Tätigkeitsbereich oder im Bereich der Nutzung des Vermögens. Der Erlös aus dem Verkauf einer Internet-Domain stellt keine gemäß § 22 Nr. 3 EStG steuerbare sonstige Leistung dar. Eine sonstige Leistung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die Domain aus einem eigenen Recht fortlaufend überlässt. Bedarf nach den Vertragsbedingungen der DENIC die Übertragung einer Domain der Kündigung des Registrierungsvertrags, hat der Steuerpflichtige sein Recht an der Domain endgültig aufgegeben.
Siehe auch Domainhandel - Domain-Grabbbing - Domain-Parking und Markenrecht
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte den Erlös des Klägers aus dem Verkauf einer Internet-Domain zu Recht als sonstige Einkünfte bei der Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr – 2001 – berücksichtigt hat.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbetrieb, der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Das seinerzeit für die Kläger zuständige Finanzamt K erhielt am 13. September 2007 eine Kontrollmitteilung des Finanzamts R nebst Anlagen; aus diesen Unterlagen ergab sich, dass der Kläger von der Firma T GmbH in S im Februar 2001 einen Betrag in Höhe von 15.000 DM für die Überlassung der Internet-Domain „E“ erhalten hatte.
Aus der Historie zu dieser Internet-Domain ergibt sich, dass der Kläger seit dem 00.00.1999 deren Inhaber war. Seit dem 00.00.2001 ist in dieser Historie die Firma T GmbH aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Historie Bezug genommen.
Der inzwischen zuständig gewordene Beklagte änderte hierauf die bis dahin bestehende Einkommensteuerfestsetzung für die Kläger mit gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 2. Januar 2008 und berücksichtigte, soweit hier von Belang, zusätzlich als sonstige Einkünfte solche aus Leistungen in Höhe von 15.000 DM. Im Erläuterungsteil führte er hierzu aus, die Änderung sei aufgrund der vorliegenden Kontrollmitteilung bezüglich der Einnahmen aus der Freigabe der Internet-Domain „E“ erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
Hiergegen legten die Kläger am 4. Januar 2008 Einspruch ein, mit dem sie geltend machten, es sei noch offen, ob es sich beim Verkauf der Domain, wie vom Beklagten dargestellt, um ein Patent handele und somit Einkünfte gemäß § 22 EStG vorlägen, oder ob es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut handele und somit um steuerfreie Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Mit Einspruchsentscheidung vom 31.7.2008 (Bl. 23 d.A.) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus, er habe zutreffend die Einkünfte aus der Veräußerung der Internet-Domain als solche i.S. des § 22 Nr. 3 EStG erfasst. Eine Berücksichtigung des Vorgangs als privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil Voraussetzung hierfür eine Anschaffung sei, die im Streitfall nicht vorliege. Die Sicherung einer Domain bei der DENIC eG sei nämlich nicht mit Kosten verbunden. Der Tatbestand der Anschaffung setze aber den entgeltlichen Erwerb eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts von einem Dritten voraus. Ein vom Kläger selbst geschaffenes Wirtschaftsgut, wie der Domain-Name, sei nicht unter den Begriff „Anschaffung“ zu subsumieren.
Bei der Domain handele es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut; der Domain-Name sei zwar kein geschütztes Recht, wie ein Patent, aber einem solchen Recht vergleichbar, da er nur einmal vergeben werde und dem Inhaber im weiteren Verlauf nicht wieder entzogen werden könne. Hier habe der Kläger durch den abgeschlossenen Registrierungsvertrag mit der DENIC einen schuldrechtlichen Anspruch auf Bereitstellung und Erreichbarkeit der Internetadresse auf unbestimmte Zeit. Es handele sich um ein Dauerschuldverhältnis, das sich auf die Gebrauchsüberlassung und Nutzung des Domain-Namens beziehe. Der neue Inhaber sei durch die Übertragung des Registrierungsvertrages nun anstelle des Klägers in dieses Nutzungsverhältnis eingetreten. Eine wirtschaftlich relevante Leistung in Form eines Unterlassens liege dabei im Verzicht des Klägers auf die Nutzungsmöglichkeit der Domain gegen Entgelt.
Dass der Kläger geltend macht, er habe ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, sei nach der Rechtsprechung des BFH irrelevant. Es sei nicht entscheidend, ob der Kläger ein Entgelt für die Übertragung erwartet, sondern dass er das vereinbarte Entgelt als Gegenleistung angenommen habe.
Die Kläger haben am 2. September 2008 die vorliegende Klage erhoben.
Sie machen geltend, der Kläger habe die übertragene Domainadresse ausschließlich privat genutzt, so dass zu keinem Zeitpunkt eine Gewinnerzielungsabsicht bestanden habe.
Zudem gelte, dass die Veräußerung eines Patents unter § 22 Nr. 3 EStG subsumiert werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten entspreche die Domain nicht dem Begriff des Patents oder eines ähnlichen Schutzrechtes. Die Veräußerung unterliege daher nicht der Besteuerung gemäß § 22 EStG.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 2. Januar 2008 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung von sonstigen Einkünften neu festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündlichen Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
2. Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 2. Januar 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit der Beklagte den Veräußerungserlös aus der Überlassung der Internet-Domain „E“ als sonstige Einkünfte der Besteuerung unterworfen hat (vergl. § 100 Abs.1 Satz 1 FGO).
a. Gemäß § 22 Nr. 3 i.V.m § 2 Abs. 1 Nr. 7 des im Streitjahr geltenden Einkommensteuergesetzes - EStG - unterliegen Einkünfte aus Leistungen der Einkommensteuer, soweit sie weder zu den anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 - 6 EStG) noch zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 des § 22 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus der gelegentlichen Vermittlung und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände.
Eine (sonstige) Leistung i.S. dieser Vorschrift ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Ausreichend ist dabei, dass der Steuerpflichtige eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche annimmt (BFH-Urteil vom 21. September 2004 IX R 13/02, BStBl II 2005, 44).
Unter § 22 Nr. 3 EStG fallen nur bestimmte Leistungen entweder im Tätigkeitsbereich oder im Bereich der Nutzung des Vermögens. Leistungen, die den Vermögensbereich berühren, sind ausgeschlossen (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Auflage § 22 Rz. 132). Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, die nicht den Tatbestand des § 23 EStG erfüllen, sind auch nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar; Veräußerungsvorgänge fallen nicht unter den Leistungsbegriff (BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 26/02, BStBl II 2004 , 218 m.w.N., dort ein Veräußerungsvorgang beim Kauf eines Patents betreffend eine sog. „Zufallserfindung“ bejaht). Ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 22 Nr. 3 EStG sind Veräußerungsvorgänge und veräußerungsähnliche Vorgänge, bei denen ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird (BFH- Urteil vom 14.September 1999 IX R 89/95, BFH/NV 2000, 438: Dort eine Leistung verneint für die vorzeitige Aufgabe der Mieterrechte gegen Entgelt).
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Verkauf eines Domain-Namens um einen Veräußerungsvorgang und nicht um eine Leistung im Tätigkeitsbereich oder im Bereich der Nutzung des Vermögens.
Nach der vom Senat für zutreffend gehaltenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - handelt es sich bei einem Domain-Namen um ein immaterielles Wirtschaftsgut, das - weil dessen Inhaber kein absolutes Recht an dem Namen erwirbt - zwar kein gewerbliches Schutzrecht darstellt, aber einem gewerblichen Schutzrecht inhaltlich vergleichbar ist (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2006 III R 66/05, BStBl II 2007, 301).
Nach § 1 der Domainbedingungen (die vergleichbar auch im Streitjahr galten – vergl. zu den im Jahr 2000 geltenden Domainbedingungen: BFH-Urteil vom 19. Oktober 2006 III R 66/05, BStBl II 2007, 301) übermittelt der künftige Domaininhaber DENIC den Domainauftrag über ein DENIC-Mitglied oder unmittelbar. Gemäß § 2 Abs. 1 der Bedingungen nimmt DENIC die Domain und ihre technischen Daten in die Namensserver für die Top Level Domain.de auf (Konnektierung). Gemäß § 4 der Bedingungen ist der Domaininhaber - wenn er der DENIC den Domainauftrag unmittelbar übermittelt - zur Zahlung der Domainentgelte entsprechend der aktuellen DENIC-Preisliste verpflichtet. Wird die Domain durch ein Domain-Mitglied verwaltet, ruht diese Entgeltspflicht.
Der so zustandekommende Registrierungsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Eine Domain ist auch verkehrsfähig, weil der Rechtsverkehr Möglichkeiten entwickelt hat, eine Domain wirtschaftlich zu übertragen und damit seine abstrakte Veräußerbarkeit gegeben ist (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2006 III R 66/05, BStBl II 2007, 301).
Soweit der Beklagte in diesem Veräußerungsvorgang eine sonstige Leistung in Form eines Unterlassens erblickt, weil der Inhaber gegen die Zahlung des Entgelts auf die Nutzungsmöglichkeit der Domain verzichtet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Mit der Übertragung überlässt der bisherige Domainnamen-Inhaber nämlich nicht etwa sein Vermögen zur Nutzung durch den Erwerber. Eine solche Sicht der Dinge wäre nur zutreffend, wenn der Domainnamen-Inhaber tatsächlich weiter seine Rechtsposition behielte und der Erwerber seine Rechte an der Domain nur über den mit dem Domainnameninhaber geschlossenen Nutzungsüberlassungsvertrag herleiten könnte. In dieser Form ist die Übertragung der Domain nach den Nutzungsbedingungen der DENIC aber gerade nicht ausgestaltet. Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 der Bedingungen ist die Domain, - sofern, wofür im Streitfall auch keine Anhaltspunkte vorliegen, kein sog. Dispute-Eintrag vorliegt - übertragbar; DENIC registriert die Domain für den künftigen Domaininhaber, wenn der Domaininhaber den Vertrag kündigt und der künftige Domaininhaber unter Vorlage der ihn als solchen ausweisenden Unterlagen einen Domainauftrag erteilt. Die Tatsache, dass der bisherige Domaininhaber den Registrierungsvertrag kündigen muss, erhellt, dass er seine bisherigen Rechte an der Domain endgültig aufgeben muss und sich damit des bis dahin ihm zustehenden immateriellen Wirtschaftsguts entäußert. Wenn der Beklagte demgegenüber den Schwerpunkt auf den Verzicht der Nutzungsmöglichkeit legt und insoweit eine Leistung durch Unterlassen annimmt, übersieht er, dass die Veräußerung eines Wirtschaftsguts grundsätzlich den zukünftigen Verzicht auf dessen Nutzung beinhaltet und deswegen nicht die tragende Begründung für die Annahme einer Leistung sein kann. Der Verkauf einer Domain ist nach Auffassung des Senats daher nicht anders zu behandeln, als der Verkauf eines Patents oder der Verzicht auf die Mieterrechte bei vorzeitiger Auflösung eines Mietvertrags gegen Entgelt. Er ist deshalb nicht steuerbar, wenn der Vorgang nicht unter § 23 EStG oder unter die sonstigen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes subsumiert werden kann (vergl. dazu Finanzgericht Rheinland Pfalz vom 31. Oktober 2007 1 K 1941/05, DStRE 2008, 562).
b. Eine Besteuerung der Einnahmen aus dem Verkauf der Domain kommt auch nicht gemäß § 22 Nr. 2, § 23 EStG in Betracht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG – der hier alleine in Betracht kommenden Alternative der Vorschrift – sind private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) Veräußerungsgeschäfte bei anderen als in Nr.1 der Vorschrift genannten Wirtschaftgütern, insbesondere bei Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Eine Anschaffung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt einen entgeltlichen Erwerb eines Wirtschaftsguts von einem Dritten voraus (BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 26/02, BStBl II 2004, 218 m.w.N).
Grundsätzlich kommt zwar die Besteuerung eines Domainnamenverkaufs in Betracht, weil § 4 der Nutzungsbedingungen der DENIC eine Vergütungspflicht des Domaininhabers vorsieht, die allerdings dann ruht, wenn der Domainauftrag durch ein DENIC erfolgt (der dann aber wiederum den Domaininhaber die Registrierungsgebühren in Rechnung stellen wird). Kann damit nicht davon die Rede sein, dass - wovon der Beklagte in der Einspruchsentscheidung ausgeht – „die Sicherung der Domain bei der DENIC nicht mit Kosten verbunden“ sei, scheitert eine Besteuerung hier daran, dass zwischen der Anschaffung und der Veräußerung der Domain mehr als ein Jahr lag.
Aber selbst wenn man die Sicherung der Domain mangels entgeltlichen Erwerbs von einem Dritten nicht als Anschaffung ansähe, ergäbe sich nichts anderes. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG käme dann ohnehin nicht zur Anwendung.
c. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger mit der Veräußerung der Domain Einkünfte innerhalb der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG erzielt hätte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Verkauf in irgendeiner Form mit gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften des Klägers in Zusammenhang stehen könnte. Denn der Kläger hat im Streitjahr – anders als die Klägerin – lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zur Klärung der Rechtsfrage zuzulassen, ob der Verkauf einer Domain als sonstige Leistung steuerbar sein kann.