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Amtsgericht Wittmund Urteil vom 27.03.2008 - 4 C 661/07 - Zur Zulässigkeit eines Teilwiderrufs im Internethandel

AG Wittmund v. 27.03.2008: Zur Zulässigkeit eines Teilwiderrufs im Internethandel


Das Amtsgericht Wittmund (Urteil vom 27.03.2008 - 4 C 661/07) hat entschieden:

   Bei Verträgen über eine aus objektiver Sicht teilbaren Leistung steht dem Verbraucher das Recht zu, im Wege des Teilwiderrufs seine Willenserklärung auf Teile der von ihm bestellten Lieferung oder Leistung zu beschränken. Aufgrund des mit dem Widerrufsrecht verfolgten Verbraucherschutzzwecks sind die gesetzlichen Bestimmungen so auszulegen, dass ein möglichst umfassender Verbraucherschutz gewährt wird. Bei der häufig im Fernabsatz vorkommenden Sammelbestellung mehrerer Personen oder der gleichze

en Bestellung mehrerer Vertragsgegenstände wäre das Widerrufsrecht erheblich eingeschränkt, würde man den Widerruf nur im Hinblick auf den Vertrag im Ganzen zulassen.

Siehe auch
Widerrufsrecht
und
Vertragsschluss


Tatbestand:


Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist bis auf einen Teil der Nebenforderungen begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 329 € nach rechtzeitigem Widerruf gem. §§ 312 d Abs. 1, 312 b Abs. 1, 355 Abs. 1, 357, 346 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu.

Durch den unstreitig rechtzeitigen Teilwiderruf des Kaufvertrags bezüglich der am 21.05.07 gelieferten Einbau-Spülmittelspender ist der Vertrag hinsichtlich der Kaufgegenstände „H. Lotionsspender“ und „D. Spülmittelspender“ in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt worden. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung an, dass bei Verträgen über eine aus objektiver Sicht teilbaren Leistung dem Verbraucher das Recht zusteht, im Wege des Teilwiderrufs seine Willenserklärung auf Teile der von ihm bestellten Lieferung oder Leistung zu beschränken (Ulmer-Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 355 Rdnr. 21; Wildemann-jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 355 BGB Rdnr. 20). Aufgrund des mit dem Widerrufsrecht verfolgten Verbraucherschutzzwecks sind die gesetzlichen Bestimmungen so auszulegen, dass ein möglichst umfassender Verbraucherschutz gewährt wird. Bei der häufig im Fernabsatz vorkommenden Sammelbestellung mehrerer Personen oder der gleichzeitigen Bestellung mehrerer Vertragsgegenstände wäre das Widerrufsrecht erheblich eingeschränkt, würde man den Widerruf nur im Hinblick auf den Vertrag im Ganzen zulassen. Für diese Auslegung spricht die Absicht des Gesetzgebers, dem Verbraucher ein uneingeschränktes Dispositionsrecht über die Ausübung des Widerrufsrechts zu geben und das Widerrufsrecht nicht von besonderen, für den Verbraucher erschwerenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Auch die Tatsache, dass in § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB die Kostentragungspflicht der Rücksendung von dem „Preis der zurückzusendenden Sache“ abhängig ist und nicht von dem Vertragswert spricht dafür, dass der Gesetzgeber von der Zulässigkeit eines Teilswiderrufs ausgeht. Darüber hinaus wird der Verbraucher aufgrund des im Versandhandel beliebten und nach § 356 BGB möglichen Rückgaberechts davon ausgehen, dass auch einzelne der bestellten Artikel zurückgesendet werden können, ohne den Bestand des Vertrages in Frage zu stellen.




Aufgrund des rechtzeitigen Widerrufs ist das Vertragsverhältnis hinsichtlich der Vertragsgegenstände H. Lotionsspender und D. Spülmittelspender in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt worden, so dass die Beklagte gem. § 346 Abs. 1 BGB den auf die beiden vorgenannten Kaufgegenstände entfallenden bereits gezahlten Kaufpreis in Höhe von 319 € zurückzuzahlen hat.

Darüber hinaus stehen dem Kläger die verauslagten Versandkosten in Höhe von 10 € für Porto und Verpackung gem. § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen die Beklagte zu.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Beratungskosten in Höhe von 15 € (Verbraucherzentrale) stehen dem Kläger als Verzugsschaden gem. § 286 Abs. 1 BGB zu.



Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Wegen des weitergehend geltend gemachten Verzugsschadens war die Klage abzuweisen.

Die geltend gemachten eigenen Mahnkosten sind nicht schlüssig dargelegt. Die Kosten für ein verzugsauslösendes Mahnschreiben sind nicht erstattungsfähig, da sie keine Folge des Verzugs sind. Eine eigene Mahnung nach Verzugseintritt hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Insoweit war die Klage abzuweisen.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren stehen dem Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Grundsätzlich sind Kosten der Rechtsverfolgung als Verzugsschaden nur dann erstattungsfähig, wenn es sich um eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung handelt. Vor Beauftragung des Rechtsanwalts hatte der Kläger bereits die Verbraucherzentrale beauftragt, welche umfassend mit der Beklagten ihre jeweilige Rechtsauffassung ausgetauscht hatte. Nach eigenen Mahnungen des Klägers und der Einschaltung der Verbraucherzentrale war die Einschaltung des Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Tätigkeit nicht mehr erfolgsversprechend, nachdem der Beklagte zum Ausdruck gebracht hatte, dass er eine gerichtliche Entscheidung erstrebe. Aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) stehen dem Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten deshalb nicht zu. Insoweit war die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.

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