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OLG Hamburg Urteil vom 03.06.2010 - 3 U 125/09 - Zur Begrenzung der Widerrufsbelehrung auf Verbraucher

OLG Hamburg v. 03.06.2010: Zur Begrenzung der Widerrufsbelehrung auf Verbraucher


Das OLG Hamburg (Urteil vom 03.06.2010 - 3 U 125/09) hat entschieden:
Wird eine Widerrufsbelehrung, welche der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV entspricht, mit den Worten "Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:" eingeleitet, führt dies nicht dazu, dass die Belehrung unklar oder intransparent würde.




Siehe auch Die Widerrufsbelehrung im Onlinehandel und Stichwörter zum Thema Widerrufsrecht


Gründe:

A.

Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der negativen Feststellungsklage aus Wettbewerbsrecht in Anspruch. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der vom Kläger im Rahmen seines Online-Shops verwendeten Widerrufsbelehrung, um die Kosten für die außergerichtliche Geltendmachung damit verbundener Ansprüche sowie über die Kosten einer Abmahnung, welche der Beklagte im Hinblick auf unzureichende Produktangaben gegenüber dem Kläger hat aussprechen lassen.

Beide Parteien vertreiben über das Internet Elektroartikel, u. a. Waschmaschinen.

Mit Abmahnschreiben vom 12. März 2009 hatte der Kläger den Beklagten wegen unzureichender Produktangaben (Pflichtangaben nach NKV ) abmahnen lassen (Anlage B 1).

Der Kläger betreibt seinen Internetversandhandel unter der Adresse „www. …24.de“. Unter der am rechten Rand der Internetseite befindlichen Rubrik „Informationen“ befand sich u.a. ein mit der Angabe „Widerrufsbelehrung“ bezeichnetes Link, welches zu einer Widerrufsbelehrung des Klägers führte. Die dort abrufbare Widerrufsbelehrung entsprach der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV, wurde jedoch mit den Worten:
„Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:“
eingeleitet. Hinsichtlich der näheren Gestaltung wird auf Anlage K 1 verwiesen.

Der Beklagte ließ den Kläger wegen des zitierten Einleitungssatz es mit Anwaltsschreiben vom 25. März 2009 abmahnen (Anlage K 1). Er ließ ausführen, dass der Verbraucher aufgrund des vorangestellten Satzes im Unklaren darüber gelassen werde, ob er selbst als Verbraucher anzusehen sei. Daher liege keine klare und verständliche Widerrufsbelehrung im Sinne von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB vor. Des Weiteren ließ der Beklagte ausführen, dass das Anwaltsschreiben Kosten in Höhe von € 755,80 ausgelöst habe, welche der Beklagte vom Kläger ersetzt verlangen könne. Hinsichtlich dieses Kostenerstattungsanspruch erklärten die Beklagtenvertreter die Aufrechnung mit dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers in Höhe von € 651,80 aus der vorangegangenen Abmahnung des Klägers vom 12. März 2009 (Anlage B 1). Der Kläger war jedoch nicht bereit, dem Verlangen des Beklagten zu entsprechen (Anlage B 3).

Am 11. April 2009 erhob der Kläger die vorliegende negative Feststellungsklage.

Er hat die Ansicht vertreten, dass die Beanstandung des Beklagten betreffend die Widerrufsbelehrung unbegründet sei. Er, der Kläger, halte sich mit der gewählten Formulierung exakt an die gesetzlichen Vorgaben. Der Verbraucher werde klar und eindeutig über sein Widerrufsrecht belehrt. Der durchschnittliche Kaufinteressent sei mit dem Verständnis der Formulierung „Verbraucher“ nicht überfordert. Der Begriff „Verbraucher“ sei, wie auch sonstige juristische Begriffe wie z.B. Käufer, Eigentümer, Besitzer etc., ein in der Umgangssprache verwendeter und verständlicher Begriff, der von jedermann durch eine Parallelwertung in der Laiensphäre jedenfalls auch in seinem juristischen Kerngehalt nachvollzogen werden könne. Dieser Auffassung sei auch das LG Stuttgart in einem vergleichbaren Fall (Urteil des LG Stuttgart vom 15.7.2008, Az. 32 O 44/08 KfH, Anlage K 2).

Der Verbraucher werde erkennen, wann er als „Verbraucher“ anzusehen sei, zumal der Begriff des „Verbrauchers“ in den AGB des Klägers definiert sei. Die Lektüre und Akzeptanz dieser AGB müsse der Käufer im Verlauf des Bestellvorgangs bestätigen.

Da die Abmahnung des Beklagten vom 25. März 2009 zu Unrecht erfolgt sei, schulde er auch nicht den Ersatz von Abmahnkosten.

Der Kläger hatte zunächst darauf angetragen,
  1. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs bei Internetverkäufen eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, die die nachfolgende oder sinngemäße Formulierung enthält:

    „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht:“;

  2. festzustellen, dass der Beklagte aus der Abmahnung vom 25. März 2009 keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von € 755,80 hat.
In der landgerichtlichen Verhandlung vom 22. Juli 2009 haben die Parteien den Klagantrag zu 1) im Hinblick auf die zwischenzeitlich gestellten Widerklaganträge zu 1) und 2) übereinstimmend für erledigt erklärt.

Nachfolgend hat der Kläger nur noch beantragt,
2) festzustellen, dass der Beklagte aus der Abmahnung vom 25. März 2009 keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von 755,80 EUR hat.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Klage unbegründet sei.

Der Widerklageantrag zu 1) und zu 2) sei hingegen gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 312 c, 355 BGB begründet. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus § 12 UWG.

Durch den „Vorspann“ verstoße die Widerrufsbelehrung gegen das Deutlichkeits- und Transparenzgebot der §§ 312 c Abs. 1 S. 1, 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Wenn der Kläger darauf verweise, dass (nur) Verbrauchern ein Widerrufsrecht zustehe, werde der Verbraucher eben nicht über sein konkretes Widerrufsrecht, sondern nur abstrakt über das gesetzliche Widerrufsrecht belehrt, welches jedem Verbraucher zustehe. Der angesprochene Kunde müsse dann noch selbst feststellen, ob er als Verbraucher anzusehen sei, und ihm deshalb das genannte Widerrufsrecht zustehe.

Es handele sich um einen verwirrenden und deshalb unzulässigen Zusatz zur gesetzlich vorgeschriebenen Belehrung. Der Begriff des „Verbrauchers“ sei mehrdeutig, und zwar sowohl im juristischen, als auch im allgemeinen Sprachgebrauch (Anlagen B 4, B 5 und B 6). Der angesprochene Kunde wisse daher entgegen dem Belehrungsziel nicht, ob er widerrufen könne oder nicht. Dies habe das OLG Stuttgart -auf die Berufung gegen das vom Kläger zitierte Urteil des LG Stuttgart- zu Recht festgehalten (Berufungsurteil des OLG Stuttgart vom 11. Dezember 2008, Az. 2 U 57/08, Anlage K 3).

Die Abmahnung vom 25. März 2009 (Anlage K 1) sei mithin zu Recht erfolgt. Daher seien sowohl der Unterlassungsanspruch, als auch der Kostenerstattungsanspruch in Höhe von € 755,80 begründet gewesen. Gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers für die vorangegangene Abmahnung vom 12. März 2009 in Höhe von € 651,80 (Anlage B 1) habe der Beklagte wirksam die Aufrechnung erklärt, so dass der jetzt noch widerklagend geltend gemachte restliche Zahlungsanspruch in Höhe von € 104,00 nebst Zinsen begründet sei. Dementsprechend sei die Widerklage vollen Umfangs begründet.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt,
  1. dem Kläger zu untersagen, bei Internetverkäufen gegenüber Verbrauchern eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, der der folgende Satz vorangestellt ist:

    „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht:“;
  2. dem Kläger für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR (ersatzweise Ordnungshaft) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen;

  3. den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten € 104,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 6. April 2009 zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Kläger hielt die Widerklage aus den bereits im Rahmen der Klage ausgeführten Umständen für unbegründet.

Mit Urteil vom 6. August 2009, Az. 315 O 152/09, hat das Landgericht Hamburg dem Klagantrag zu 2) stattgegeben und die Widerklage vollen Umfangs abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte frist- und formgerecht Berufung eingelegt und diese auch frist- und formgerecht unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens begründet.

Er führt aus, dass die Annahme des Landgerichts, dass der Begriff des „Verbrauchers“ in seinem juristischen Kerngehalt auch von juristischen Laien zutreffend erfasst werde, falsch sei. Der Verbraucherbegriff sei auch unter Juristen umstritten, wie z.B. das Urteil des BGH vom 30.09.2009, Az. VIII ZR 7/09 (Anlagen B 13 und K 14), zeige. In der gesamten Musterwiderrufsbelehrung werde der Begriff des Verbrauchers nicht verwendet. Dieser finde sich lediglich in den an den Unternehmer gerichteten Gestaltungshinweisen. Zudem sei nicht auf den (wettbewerbsrechtlich relevanten) informierten Verbraucher, sondern auf den besonders schutzwürdigen uninformierten und rechtsunkundigen Verbraucher, an den sich die Belehrung gerade wende, abzustellen.

Der Unternehmer müsse nach dem gesetzgeberischen Willen zunächst prüfen, ob und inwieweit dem Käufer ein Widerrufsrecht zustehe. Im Anschluss daran müsse er den jeweiligen Kunden über das Prüfungsergebnis informieren, nämlich über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts.

Durch den Vorspann werde aus der Widerrufsbelehrung eine lediglich abstrakte Information über die Gesetzeslage. Dem Kunden werde jedoch nicht mitgeteilt, ob diese Regelung auf ihn zutreffe. Der Vorspann weise einen eigenen Inhalt auf, der die eigentliche Belehrung relativiere und beschränke. Das führe dazu, dass der Kunde von der Befassung mit der Widerrufsbelehrung abgelenkt werde. Das verstoße -auch nach Ansicht des OLG Bremen (Anlagen B 10 und B 11)- gegen § 355 BGB.

Es sei auch nicht notwendig darauf hinzuweisen, dass das Widerrufsrecht nur für Verbraucher gelte. Etwaige Unternehmer unter den Kunden des Klägers wüssten dies, so dass ein Hinweis nicht erforderlich sei. Der Unternehmer, der die Widerrufsbelehrung des Klägers lese, sei ja regelmäßig selbst verpflichtet, Verbraucher entsprechend zu belehren. Ihm sei zweifellos klar, dass die Widerrufsbelehrung nur im B2C-Verhältnis, nicht jedoch -auch nicht als vertragliches Rücktrittsrecht- im B2B-Verhältnis gelte. Kein Unternehmer werde auf die abwegige Idee kommen, der Verkäufer habe ihm mit der Widerrufsbelehrung ein vertragliches Rücktrittsrecht einräumen wollen.

Darüber hinaus stützt der Beklagte den widerklagend geltend gemachten Unterlassungsanspruch in der Berufungsinstanz erstmalig auf eine Verletzung von §§ 3, 5 a Abs. 3 Nr. 5 UWG. Dazu führt er aus, dass die Widerrufsbelehrung des Klägers irreführend sei, weil dort eine Widerrufsfrist von (nur) zwei Wochen genannt werde. Aufgrund der wegen des „Zusatzes“ unzureichenden Widerrufsbelehrung werde die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist jedoch nicht in Gang gesetzt, so dass das Widerrufsrecht deutlich länger bestehe. Darüber würden die Verbraucher getäuscht.

Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass mit Erhebung der Widerklage das Rechtsschutzinteresse des Klägers hinsichtlich des Klagantrages zu 2) gänzlich entfallen sei. Er habe mit der unbedingt erklärten Aufrechnung aus dem Schreiben vom 25. März 2009 (Anlage B 2) die Forderung des Klägers vollen Umfangs anerkannt.

Außerdem fehle der Klage schon wegen der Subsidiarität der Feststellungklage das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger könne (und müsse) auf Leistung klagen, nämlich auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von € 651,80.

Die Parteivertreter haben den Klagantrag zu 2) in Höhe einer Feststellung von € 104,00 in der Berufungsverhandlung vom 22. April 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. August 2009, Az. 315 O 152/09, abzuändern und

  1. die Klage abzuweisen sowie

  2. auf die Widerklage

    1. dem Kläger zu untersagen, bei Internetverkäufen gegenüber Verbrauchern eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, die mit dem Satz eingeleitet wird: „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht“

    2. dem Kläger für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft) und Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen;

    3. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte € 104,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 6. April 2009 zu bezahlen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

Er weist erneut darauf hin, dass das gesetzliche Widerrufsrecht nur für Verbraucher gelte. Darauf müsse er hinweisen dürfen. Damit werde die Klarheit und die Unmissverständlichkeit der Widerrufsbelehrung nicht beeinträchtigt.

Auf Hinweis des Senats hat der Kläger in der Berufungsinstanz unbestritten vorgetragen, dass der jeweilige Kaufinteressent nach erfolgter Bestellung -jedoch vor Kaufvertragsschluss- eine E-Mail des Klägers erhalte, mit welcher der Eingang der Bestellung bestätigt werde. Weiter enthalte diese E-Mail die Widerrufsbelehrung und die AGB des Klägers (vgl. Anlage K 4).

Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 22. April 2010 Bezug genommen.


B.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die negative Feststellungsklage ist -soweit jetzt noch über sie zu befinden war- begründet. Die Abmahnung vom 25. März 2009 (Anlage K 1) war unbegründet, denn der damit geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht -entgegen der Ansicht des Beklagten- nicht. Dem Beklagten steht daher ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG aus der Abmahnung vom 25. März 2010 (Anlage K 1) nicht zu.

1. Der vorgerichtlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch stand dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere ergab sich ein solcher Anspruch nicht aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 312 c Abs. 1 S. 1, 312 d Abs. 1 S. 1, 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Die von dem Kläger verwendete Widerrufsbelehrung ist nicht zu beanstanden.

a) Erstinstanzlich stand zwischen den Parteien allein die Frage im Streit, ob der vom Kläger verwendete Vorspann („Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht:“) die im Übrigen der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprechende Widerrufsbelehrung unzureichend werden lässt. Auch die vorgerichtliche Abmahnung vom 25. März 2009 (Anlage K 1), über deren Kosten im Rahmen der negativen Feststellungsklage jetzt noch zu befinden ist, ist allein auf diesen Umstand gestützt worden.

Nicht streitgegenständlich war und ist der Umstand, dass -jedenfalls die im Internet abrufbare- Widerrufsbelehrung des Klägers- nicht der Textform entspricht. Dies hat der Beklagte in der Berufungsinstanz klar gestellt.

Zweitinstanzlich hat der Beklagte erstmalig geltend gemacht, dass die Widerrufsbelehrung des Klägers auch gegen §§ 3, 5 a Abs. 3 Nr. 5 UWG verstoße. Die Widerrufsbelehrung des Klägers sei irreführend, weil dort eine Widerrufsfrist von (nur) zwei Wochen genannt werde. Aufgrund der wegen des „Zusatzes“ unzureichenden Widerrufsbelehrung werde die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist jedoch nicht in Gang gesetzt, so dass das Widerrufsrecht deutlich länger bestehe. Darüber würden die Verbraucher getäuscht.

In dem gestellten Widerklageantrag zu 1) findet diese Klagänderung keinen Ausdruck. Eine entsprechende Änderung oder Ergänzung des gestellten Unterlassungsantrages hat der Beklagte nicht vorgenommen, obwohl dies Gegenstand der mündlichen Erörterungen war. Zudem hat der Kläger dieser Klagänderung nicht zugestimmt. Der Senat sieht sie darüber hinaus auch nicht als sachdienlich an, so dass über diese Klagänderung nicht zu befinden ist.

Da der neu geltend gemachte Irreführungsaspekt im Rahmen der Abmahnung vom 25. März 2009 nicht geltend gemacht worden ist (Anlage K 1), kann er im Rahmen der negativen Feststellungsklage auch nicht zur Beurteilung der Kostenerstattungspflicht des Klägers berücksichtigt werden.

b) Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Klagantrags zu 2) in Höhe einer Feststellung von € 104,00 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat der Kläger im Hinblick auf den Widerklagantrag zu 3) noch ein berechtigtes Interesse daran, das Nichtbestehen des durch den Beklagten geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von € 651,80 feststellen zu lassen.

Dass sich der Beklagte ursprünglich eines entsprechenden Anspruchs in Höhe von € 755,80 berühmt hat (vgl. Anlage K 1), ist unstreitig. Der Beklagte meint, er habe wirksam mit einer Gegenforderung des Klägers in Höhe von € 651,80 (vgl. Anlage B 1) aufgerechnet. In dieser Höhe besteht das Feststellungsinteresse des Klägers fort, denn insoweit verlangt der Widerklageantrag zu 3) keine Entscheidung des Senats, welche in Rechtskraft erwachsen könnte. Eine Entscheidung über diesen Teil des geltend gemachten Anspruchs könnte im Hinblick darauf, dass der Kläger aller Voraussicht nach die Erstattung der Kosten aus der Abmahnung vom 12. März 2009 (Anlage B 1) vom Beklagten verlangen wird, einen weiteren Rechtsstreit vermeiden.

Dem Beklagten kann nicht darin zugestimmt werden, dass er die Forderung des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten mit der unbedingt erklärten Aufrechnung aus dem Schreiben vom 25. März 2009 (Anlage B 2) vollen Umfangs anerkannt habe. Vielmehr heißt es in dem Schreiben u.a. „Die von Ihrer Partei beanspruchten Kosten wird unser Mandant nicht erstatten“. Nachfolgend wird dann die Aufrechnung erklärt (Anlage B 2). Ein vorbehaltloses Anerkenntnis ist darin nicht zu sehen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis nicht schon wegen der Subsidiarität der Feststellungklage. Der Kläger kann sich darauf beschränken, sich gegen die vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche zu verteidigen. Er ist nicht verpflichtet, den Beklagten seinerseits auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von € 651,80 in Anspruch zu nehmen.

Durch den mit dem Widerklagantrag zu 3) geltend gemachten Zahlungsanspruch von € 104,00 nebst Zinsen ist jedoch das Feststellungsinteresse des Klägers in Höhe des widerklagend geltend gemachten Teilbetrages -spätestens mit der erstinstanzlichen Entscheidung- entfallen (vgl. BGH NJW 2006, 515). Eine einseitige Rücknahme des Widerklagantrages zu 3) ist nicht mehr möglich (§ 269 Abs. 1 ZPO), so dass der Senat über den widerklagend geltend gemachten Teilbetrag in Höhe von € 104,00 nebst Zinsen zu entscheiden hätte.

Diesem Umstand haben die Parteien dadurch Rechnung getragen, dass die den Rechtsstreit hinsichtlich des Klagantrags zu 2) in Höhe einer Feststellung von € 104,00 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Eine Entscheidung des Senats ist insoweit nur noch hinsichtlich der diesbezüglichen Kosten zu treffen. Hinsichtlich des überschießenden Betrages von € 651,80 besteht das Feststellungsinteresse jedoch fort. Insoweit ist das Rechtsschutzbegehren des Klägers geeignet, einen neuen Rechtsstreit zu verhindern.

c) Der Kläger ist seinen gesetzlichen Belehrungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen. Ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB liegt nicht vor.

Zu Recht ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass dem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag gemäß § 312 d Abs. 1 S. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht, und dass der Unternehmer gemäß § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB den Verbraucher darüber u.a. „klar und verständlich“ zu belehren hat.

Die Vorschriften der §§ 355 Abs. 2 S. 1, 312c Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 BGB-InfoV erfordern es, dass Verbraucher über das Widerrufsrecht im Fernabsatz klar und verständlich belehrt werden. Dem insbesondere aus der verbraucherschützenden Zielrichtung der Normen zu entnehmenden Deutlichkeits- und Transparenzgebot wird die Gestaltung des Klägers gerecht. Durch die Voranstellung des einleitenden Satzes „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht:“ wird die Belehrung nicht unklar oder intransparent. Die streitgegenständliche Belehrung – bzw. Einleitung für die Belehrung – ist vielmehr unmissverständlich. Verbraucher werden durch die verwendete Formulierung nicht dazu verleitet, den verwendeten Verbraucherbegriff falsch zu interpretieren und deshalb fälschlich davon auszugehen, dass ihnen ein Widerrufsrecht nicht zustehe. Maßstab für das Verständnis ist dabei dasjenige des „Durchschnittsverbrauchers“.

Zwar mag es zweifelhaft sein, ob die angesprochenen Verbraucher in Grenzfällen jeweils juristisch zutreffend erkennen können, ob sie Verbraucher und damit Adressaten der Widerrufsbelehrung sind. Der Kläger beschränkt sich jedoch nicht darauf, die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung per Link auf seiner Homepage abrufbar zu halten (so aber den Anlass der Abmahnung des Beklagten/siehe Anlage zu Anlage K 1).

Vielmehr kommt der Kläger seinen fernabsatzrechtlichen Informationspflichten dadurch nach, dass er jedem Besteller den Eingang der Bestellung per E-Mail mitteilt. Im Rahmen derselben E-Mail werden dem Besteller auch der Text der Widerrufsbelehrung (inkl. Vorspann) und die AGBG des Klägers mitgeteilt. In Ziffer 1 Abs. 2 der AGB wird festgehalten, dass „Verbraucher“ jede natürliche Person sei, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließe, der weder ihrer gewerblichen, noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden könne. „Unternehmer“ sei jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handele (vgl. Anlage K 4).

Mithin erhält der Kunde die möglicherweise erforderlichen Erläuterungen bereits im Rahmen der Bestätigung der Bestellung.

Zudem ist weiter zu berücksichtigen, dass die von dem Beklagten postulierte Prüfungspflicht des Unternehmers nicht besteht.

Das gesetzlich vorgesehene Widerrufsrecht steht nur dem Verbraucher (i.S. von § 13 BGB), nicht jedoch einem Unternehmer (i.S. von § 14 BGB) zu. Wird auch ein Käufer, der Unternehmer im Sinne von § 14 BGB ist, über das Widerrufsrecht belehrt, so hätte dies zur Folge, dass auch dem Unternehmer ein Widerrufsrecht im Sinne eines vertraglichen Rücktrittsrechts zustünde (Palandt-Grünberg, BGB, 69. Auflage, 2010, § 355 Rn. 13, unter Bezugnahme auf BGH NJW 1982, 2313). Das Verlangen des Beklagten, den „Vorspann“ wegzulassen, würde dazu führen, dass der Kläger -über seine gesetzliche Verpflichtung hinaus- jedem Kunden ein Widerrufsrecht zubilligen müsste. Die gegenteilige Rechtsansicht des Beklagten ist nicht überzeugend.

Die in der Sphäre des Kunden liegenden Verbrauchereigenschaften kann der Unternehmer regelmäßig nicht beurteilen. Er weiß nicht, ob ein bestellter Elektroartikel zu privaten oder gewerblichen Zwecken verwendet werden soll, denn dies ist der Bestellung nicht anzusehen. Eine diesbezügliche Sachaufklärungs- bzw. Erkundigungspflicht des Verkäufers sieht das Gesetz nicht vor.

Insofern unterscheidet sich die Sachlage auch deutlich von derjenigen, in der das Merkmal des verbundenen Vertrages zur Beurteilung ansteht. Dieses Merkmal kann auch der Unternehmer einschätzen, denn die maßgeblichen Informationen liegen ihm vor.

Mithin besteht weder eine entsprechende Prüfungspflicht des Unternehmers, noch verstößt die vom Kläger konkret verwendete Widerrufsbelehrung gegen gesetzliche Belehrungspflichten.

Die Abmahnung des Beklagten war zudem bereits deshalb unbegründet, weil sie nicht die tatsächlich im Rahmen des Bestellvorgangs verwendete Widerrufsbelehrung (Anlage K 4), sondern nur die auf der Homepage des Klägers abrufbare Widerrufsbelehrung (Anlage zur Anlage K 1) zum Gegenstand hatte.

Darüber hinaus war sie auch deshalb unbegründet, weil der Vorspann im Rahmen der konkret verwendeten Widerrufsbelehrung klar und unmissverständlich ist.

Der negative Feststellungsantrag zu 2) -in der jetzt noch zu entscheidenden Höhe- ist somit begründet.


II.

Die zulässige Widerklage ist unbegründet.

Wie sich aus den vorstehend zu I. ausgeführten Gründen ergibt, steht dem Beklagten weder ein Unterlassungsanspruch, noch ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch zu.

Mithin ist die Berufung des Beklagten unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 a ZPO. Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.


IV.

Die Revision ist gemäß § 543 ZPO zuzulassen. Die vorliegende Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung dient der Fortbildung des Rechts.










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