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OLG Stuttgart Beschluss vom 31.03.2010 - 5 W 62/09 - Zur Beweislage und Zugangsfiktion bei einem Einschreiben mit Rückschein

OLG Stuttgart v. 31.03.2010: Zur Beweislage und Zugangsfiktion bei einem Einschreiben mit Rückschein


Das OLG Stuttgart (Beschluss vom 31.03.2010 - 5 W 62/09) hat entschieden:

  1.  Erreicht das gemäß Art. 14 EuZVO durch Einschreiben mit Rückschein zur Zustellung aufgegebene verfahrenseinleitende Schriftstück i.S.d. § 34 Nr. 2 EuGVO den Empfänger tatsächlich nicht, sondern wird das Schriftstück nach Hinterlegung auf dem Postamt und Nichtabholung durch den Adressaten an das versendende Gericht zurückgesandt, so könnte der Adressat höchstens dann behandelt werden, als hätte er das Schriftstück erhalten, wenn eine treuwidrige Zugangsvereitelung vorliegen würde.

  2.  Beschränkt sich das Verhalten des Adressaten auf die schlichte Nichtabholung der auf dem Postamt hinterlegten Sendung, könnte darin höchstens dann eine treuwidrige Zugangsvereitelung liegen, wenn dem Adressaten erstens eine Benachrichtigung über die Hinterlegung des Schriftstücks auf dem Postamt zugegangen wäre und wenn zweitens die Benachrichtigung einen Art. 14 Abs. 1 Buchst. d EuVTVO entsprechenden Hinweis auf den Inhalt der bei der Post lagernden Sendung enthalten hätte.

Im Verfahren über die Anerkennung einer Entscheidung würde die Beweislast für den Zugang einer solchen Benachrichtigung den Antragsteller treffen.

  3.  Hat der Antragsgegner des Verfahrens über die Anerkennung einer Entscheidung bereits im Urteilsstaat versucht, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung mit der Begründung zu beseitigen, das verfahrenseinleitende Schriftstück sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, so entfaltet die Entscheidung des Gerichts des Urteilsstaates im Verfahren über die Anerkennung der Entscheidung in einem Zweitstaat keine Bindungswirkung.




Siehe auch
Einschreibsendung
und
E-Mail

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Ast.) ist eine italienische Gesellschaft in der Rechtsform der Società a responsabilità limitata (s.r.l.) mit Sitz in Bozen, der Antragsgegner (im Folgenden: Ag.) hat Wohnsitz im Inland in S.. Die Parteien streiten um die Bezahlung von Waren, die die Ast. im Jahr 2007 an den Ag. geliefert haben will.

1. Die Ast. beantragte beim Landesgericht Bozen einen Zahlungsbefehl im Mahnverfahren (ricorso per decreto inguintivo), der unter dem 10.4.2008 erlassen wurde. Auf Antrag der Ast. wurde der Zahlungsbefehl vom zuständigen Gerichtsvollzieher der Post zur Zustellung an die Adresse des Ag. in S. durch Einschreiben mit Rückschein übergeben. Über den weiteren Verlauf ist nur bekannt, dass das Schriftstück in der Folge jedenfalls durch die Deutsche Post nach Italien zurückgesandt wurde, wobei auf dem Umschlag verschiedene Vermerke angebracht waren. Darunter findet sich insbesondere ein Retourenaufkleber, auf dem unter dem Datum 3.7.2008 „Nicht abgeholt“ angekreuzt ist, sowie handschriftlich eine Buchstabenfolge, die der Ast. als „ben“ liest und als „benachrichtigt“ interpretiert, gefolgt von „17/06“ und einem Handzeichen, außerdem - versetzt und gedreht - „2.7.“

Auf Antrag der Ast. hat unter dem 22.11.2008 das Landesgericht Bozen die endgültige Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls verfügt, dem Ag. wurde unter dem 13.2.2009 die entsprechende Leistungsaufforderung (atto di precetto) zugestellt.

Daraufhin versuchte der Ag. beim Landesgericht Bozen die Aussetzung der Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls zu erreichen, da der Zahlungsbefehl nicht zugestellt worden sei. Am 9.7.2009 wies das Landesgericht Bozen diesen Antrag zurück. Die Zustellung erscheine einerseits gemessen an Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (EuZVO) als gültig und der Ag. habe andererseits nicht nachgewiesen, dass er ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig Kenntnis von dem Schriftstück erlangt habe, dass er sich (nicht) hätte verteidigen können.

2. Die Ast. begehrt für den Zahlungsbefehl vom 10.4.2008 Vollstreckbarerklärung und Klauselerteilung für das Inland. Auf ihren entsprechenden Antrag vom 9.10.2009 hat der Vorsitzende der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ulm mit Beschluss vom 29.10.2009 den Zahlungsbefehl unter Zugrundelegung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVO – ABl. EG 2001, Nr. L 12, S. 1) für vollstreckbar erklärt und Klauselerteilung angeordnet.

3. Der Ag. hat gegen den ihm am 17.11.2009 zugestellten Beschluss am 23.11.2009 Beschwerde beim Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt. Er beantragt,

   den Beschluss des Landgerichts Ulm aufzuheben und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu verweigern.

Er behauptet, von der Post nie eine Benachrichtigung über ein Schriftstück erhalten zu haben, daher habe er die wohl hinterlegte Sendung auch nicht abgeholt. Erst viel später habe er vom Verfahren in Bozen Kenntnis erlangt. Auf das Verfahren seien deutsche Zustellungsvorschriften anzuwenden. Diesen habe die gewählte Form der Zustellung nicht genügt, der Zahlungsbefehl sei daher in Deutschland nicht vollstreckbar.



4. Die Ast. verteidigt den angefochtenen Beschluss. Auf die Zustellung sei die EuZVO anzuwenden, nach dieser sei die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein zulässig gewesen.

Dass der Ag. das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht abgeholt habe, müsse als Zustellungsvereitelung gewertet werden.

Das erkennende Gericht sei außerdem durch den Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“ gehindert, die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung zu prüfen, da hierüber bereits im Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckbarkeit vor dem Landesgericht Bozen entschieden worden sei.




II.

Die Beschwerde des Ag. ist zulässig und begründet.

1. Die Beschwerde des Ag. ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus §§ 11 ff. AVAG, die Anwendbarkeit des AVAG folgt aus § 1 Nr. 2 lit. b) AVAG. Die begehrte Vollstreckbarerklärung richtet sich nach der EuGVO, die zeitlich, räumlich und sachlich anwendbar ist.

2. Über die Beschwerde ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch Senatsentscheidung und nicht durch den Einzelrichter zu befinden. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters besteht nicht, da der in erster Instanz entscheidende Vorsitzende der Zivilkammer nicht als Einzelrichter i. S. d. § 568 ZPO, sondern kraft besonderer Zuständigkeitszuweisung entscheidet (vgl. Beschl. d. Senats v. 6.9.2002 – 5 W 25/02 und std. Rspr.).

3. Die Beschwerde der Ag. ist begründet. Einer Anerkennung der zur Vollstreckbarerklärung vorgelegten Entscheidung steht Art. 34 Nr. 2 EuGVO entgegen. Dem Ag., der sich auf das dem zur Vollstreckbarerklärung vorgelegten Titel zugrundeliegende Verfahren in Italien nicht eingelassen hat, wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt, dass er sich verteidigen konnte. Der Ag. muss sich auch nicht behandeln lassen, als wäre die Zustellung so erfolgt und er hat auch nicht die Einlegung eines möglichen Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung versäumt. Der Versagung der Anerkennung steht auch nicht die Entscheidung des Landesgerichts Bozen zur Aufhebung der Vollstreckbarkeit entgegen.

a) Unstreitig hat der Ag. das - nach Art. 14 der hier anwendbaren EuZVO zunächst ordnungsgemäß zur Zustellung aufgegebene - verfahrenseinleitende Schriftstück nicht erhalten. Dieses ist vielmehr - ohne dass der Ag. Kenntnis von seinem Inhalt genommen hätte - nach Italien zurückgelangt. Der Ag. hat damit vom Verfahren nicht so rechtzeitig und in einer Weise Kenntnis erlangt, dass er sich verteidigen konnte.

b) Da nicht vorgetragen oder sonst erkennbar ist, dass der Ag. die Einlegung eines möglichen Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung versäumt hätte, ist damit eine Anerkennung der Entscheidung gemäß Art. 34 Nr. 2 EuGVO ausgeschlossen, es sei denn, es läge ein Fall vor, in dem sich der Ag. ausnahmsweise so behandeln lassen müsste, als hätte er das Schriftstück erhalten. Davon ist jedoch nicht auszugehen.

aa) Insoweit liegt zunächst kein Fall der eigentlichen Annahmeverweigerung vor, die es - etwa entsprechend § 179 ZPO - angebracht erscheinen lassen könnte, den Ag. zu behandeln, als habe er das Schriftstück erhalten. Vielmehr ist dem Ag. - höchstens, da er den Zugang einer solchen Benachrichtigung insgesamt bestreitet - vorzuwerfen, dass er auf eine in seinen Briefkasten eingelegte Benachrichtigung über ein bei der Post zur Abholung bereitliegendes Schreiben nicht reagiert hat.

bb) Es ist umstritten, ob dieser Fall dem der Annahmeverweigerung gleichzustellen ist.



Während teils angenommen wird, bei der Zustellung per Einschreiben mit Rückschein sei stets die Aushändigung der Sendung und deren Bestätigung durch Ausfüllung des Rückscheins bzw. einer vergleichbaren Bestätigung über die Aushändigung erforderlich (so namentlich Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 14 EuZVO Rn. 5), gehen andere davon aus, es sei für die Wirksamkeit der Zustellung unerheblich, wenn die Annahme verweigert oder die Sendung trotz Benachrichtigung nicht abgeholt wird (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Art. 14 EuZVO Rn. 3 unter Berufung auf LG Trier, NJW-RR 2003, 287 = IPRax 2004, 249; offenlassend Heidrich, EuZW 2005, 743).

cc) Nach Auffassung des Senats kann die Nichtabholung eines bei der Post hinterlegten Schriftstücks höchstens dann zu Lasten des Adressaten wirken, wenn erstens feststeht, dass eine Benachrichtigung überhaupt hinterlassen wurde und wenn zweitens feststeht, dass die hinterlassene Benachrichtigung auf den Inhalt der hinterlegten Sendung hingewiesen hat. Da vorliegend jedenfalls letzteres nicht der Fall ist, kann offen bleiben, ob die Nichtabholung einer Benachrichtigung überhaupt zu Lasten des Adressaten gehen könnte.

(1) Zunächst ist kein Grund ersichtlich, warum derjenige Adressat eines gerichtlichen Schriftstücks, den dieses nicht erreicht hat und dem auch keine Benachrichtigung über die Hinterlegung eines solchen Schriftstücks zugegangen ist, behandelt werden sollte, als wäre ihm das Schriftstück zugegangen; es erscheint vielmehr als selbstverständliche Voraussetzung für eine derartige Fiktion, dass der Adressat (zumindest) darüber informiert war, dass ein Schriftstück zur Abholung bereit lag. Fraglich kann daher allein sein, wen die Beweislast trifft, wenn wie vorliegend streitig ist, ob eine Benachrichtigung zugegangen ist.

Dazu ist zu bedenken, dass die EuZVO für das gerichtliche Schriftstück selbst gerade die Dokumentation des Empfangs durch Rückschein fordert. Es erschiene als systematischer Bruch, sollte demgegenüber der Empfänger auf der Vorstufe hierzu als negative Tatsache beweisen müssen, dass er keine Benachrichtigung über die Hinterlegung einer Sendung erhalten hat. Wenn der europäische Gesetzgeber die Vermutung ordnungsgemäßen Ablaufs des Zustellungsvorgangs für den Zugang des zu übersendenden Schriftstücks selbst nicht als tragfähig erachtet - und daher einen dokumentierten Beleg über die körperliche Übergabe des Schriftstücks verlangt -, ist nicht erkennbar, warum eine solche Vermutung für den Zugang einer Benachrichtigung über die Hinterlegung bei der Post gelten sollte, obwohl die Folgen für den Prozess(verlust) in beiden Fällen dieselben wären.

Nach Auffassung des Senats muss daher i. R. d. Art. 34 Nr. 2 EuGVO der Absender, der sich auf die Nichtabholung einer hinterlegten Sendung trotz Benachrichtigung beruft, den Zugang der Benachrichtigung beweisen.

Vorliegend bestreitet der Ag. den Zugang einer Benachrichtigung und die Ast. kann ihre gegenteilige Behauptung allein durch Vorlage des - vielleicht - als „ben“ zu lesenden Vermerks auf dem Briefumschlag und den Vermerk „nicht abgeholt“ belegen. Ob das ohne weitere Anhaltspunkte, etwa entsprechende Angaben des betreffenden Zustellers, zum Beweis einer Benachrichtigung genügen könnte, erscheint zweifelhaft.

Die Frage kann jedoch offenbleiben, weil jedenfalls nicht nachgewiesen ist, dass die Benachrichtigung die erforderliche Qualifikation gehabt hätte.

(2) Anknüpfungspunkt, den Adressaten einer nicht zugegangenen Sendung zu behandeln, als sei ihm die Sendung zugegangen, kann allein die Erwägung sein, dass der Adressat den Zugang treuwidrig verhindert hat; dementsprechend sanktioniert im nationalen Recht § 179 ZPO die unberechtigte Annahmeverweigerung als einen Fall der dolosen Zugangsvereitelung (vgl. nur MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 179 Rn. 1 mit § 178 Rn. 11).




Die schlichte Nichtabholung bei der Post zur Abholung bereitliegender Sendungen stellt jedoch noch keine treuwidrige Zugangsvereitelung dar. Die darin zunächst nur liegende Nachlässigkeit erscheint vielmehr erst bei Hinzutreten weiterer Umstände treuwidrig, etwa dann, wenn aufgrund bestehender Beziehungen mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen ist (vgl. BGH NJW 1998, 976 m. zahlr. Nachw. z. Rspr.). Für derartige Umstände ist hier jedoch nichts vorgetragen oder sonst erkennbar. Allein die vom Ast. behauptete Lieferung von Waren im Jahr 2007 genügt insoweit jedenfalls nicht, nachdem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ag. hieraus konkret im fraglichen Zeitraum mit der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke hätte rechnen müssen.

Liegen sonstige Umstände nicht vor, wäre der Vorwurf treuwidriger Zugangsvereitelung damit nur diskutabel, wenn die im Briefkasten hinterlassene Benachrichtigung einen Hinweis auf den Inhalt der bei der Post lagernden Sendung enthalten hätte. Das ist vom Bundesgerichtshof für den Zugang von Vertragserklärungen entschieden (vgl. wiederum BGH NJW 1998, 976) und insbesondere beruht Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) auf dieser Erwägung. Dieser sieht die Zustellung ohne tatsächlichen Zugang des Schriftstücks ausdrücklich vor (was im Übrigen ein Indiz sein könnte, dass diese Möglichkeit nach der EuZVO gerade überhaupt nicht besteht), lässt jedoch nach Absatz 1 lit. d) die Hinterlegung eines zuzustellenden Schriftstücks beim Postamt unter Hinterlassung einer Benachrichtigung (nur) dann zur Zustellung genügen, wenn in der Benachrichtigung das Schriftstück eindeutig als gerichtliches Schriftstück bezeichnet oder darauf hingewiesen wird, dass die Zustellung durch die Benachrichtigung als erfolgt gilt und damit Fristen zu laufen beginnen; diese Form der Zustellung ist gemäß Art. 14 Abs. 3 lit a) EuVTVO durch die Zustellungsperson zu bescheinigen.

Auch die Systematik und das Gebot widerspruchsfreier Auslegung der verschiedenen europäischen Rechtsakte auf dem Gebiet der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke werden damit ein starkes Argument dafür, dass eine Benachrichtigung mit anschließender Nichtabholung auch im Rahmen des Art. 14 EuZVO - soll sie die persönliche Übergabe unter Unterzeichnung eines Rückscheins überhaupt ersetzen können - jedenfalls nur dann ausreichen kann, wenn sie in der in Art. 14 EuVTVO beschriebenen Weise qualifiziert ist.

Es ist jedoch bereits nicht vorgetragen, dass im vorliegenden Fall – in Abweichung vom üblichen Verfahren der Post – eine diesen Anforderungen genügende qualifizierte Benachrichtigung hinterlassen worden wäre. Dies erscheint überdies ausgeschlossen, da die erforderlichen Informationen dem Äußeren des zuzustellenden Schriftstücks nicht zu entnehmen sind und deshalb dem Zustelldienst nicht bekannt gewesen sein können.

(3) Liegen bereits die jedenfalls zu fordernden Mindestanforderungen an eine Benachrichtigung nicht vor, kann offenbleiben, ob eine diesen Anforderungen genügende Benachrichtigung im Rahmen des Art. 14 EuZVO - der diese Möglichkeit im Gegensatz zu Art. 14 EuVTVO immerhin gerade nicht nennt - überhaupt genügen kann, zu Lasten des Adressaten den Zugang eines Schriftstücks zu fingieren, das er nie erhalten hat und auf dessen Grundlage er u. U. endgültig und ohne weitere Rechtsbehelfe den Prozess verliert oder ob nicht - mit Schlosser (a. a. O.) - verlangt werden muss, dass der Empfänger entsprechend den Vorgaben über eine Zustellung im Wege des Einschreibens mit Rückschein das Schriftstück tatsächlich erhält und dies quittiert.

b) Der Verweigerung der Anerkennung steht nicht entgegen, dass das Landesgericht Bozen im Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckbarkeit der Auffassung war, die Zustellung sei ordnungsgemäß erfolgt. Dessen Entscheidung bindet das erkennende Gericht nicht.



Bei dem in Italien geführten Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckbarkeit und dem hiesigen handelt es sich um verschiedene Verfahren, bei denen eine Entscheidung im einen Verfahren keine Bindungswirkung für das jeweils andere entfaltet. Während das italienische Gericht die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der ergangenen Entscheidung nach nationalem italienischem Recht – gegebenenfalls unter Heranziehung unmittelbar geltender europäischer Rechtsakte – zu prüfen hatte, besteht die vorliegend ausgeübte Prüfungskompetenz der Gerichte des Vollstreckungsstaates nach Art. 34 Nr. 2 EuGVO ausdrücklich neben jener; die Argumentation der Ast., wonach die Entscheidung des Gerichts im Ausgangsverfahren die Gerichte des Vollstreckungsstaates binde, liefe auf einen vollständigen Leerlauf des Art. 34 Nr. 2 EuGVO hinaus, da stets – ausdrücklich oder inzident – die Gerichte im Ausgangsverfahren zu prüfen haben, ob die Zustellung (ordnungsgemäß) erfolgt ist.

Insoweit liegen die Dinge auch in einem entscheidenden Punkt anders als in der vom Senat entschiedenen Konstellation des Art. 46 EuGVO im Beschluss v. 26.2.2010 - 5 W 68/09: Dort war der Senat davon ausgegangen, dass eine vorläufige Entscheidung gerade des ausländischen Berufungsgerichts – das später endgültig über die Begründetheit der Berufung zu entscheiden hat – über die Aussetzung der Vollstreckbarkeit während des laufenden Berufungsverfahrens (keine rechtliche Bindungs-, jedoch) Indizwirkung für die im Rahmen des Art. 46 EuGVO durch die Gerichte des Vollstreckungsstaates gleichfalls zu treffende Prognose über die Erfolgsaussichten des Berufungsverfahrens im Erststaat habe. Darum geht es hier nicht.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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