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OLG Hamm Urteil vom 23.03.2010 - 4 U 159/09 - Zur Irreführung durch niedrige Teppichpreise wegen angeblicher Geschäftsaufgabe
OLG Hamm v. 23.03.2010: Zur Irreführung durch niedrige Teppichpreise wegen angeblicher Geschäftsaufgabe
Das OLG Hamm (Urteil vom 23.03.2010 - 4 U 159/09) hat entschieden:
Sonderveranstaltungen sind grundsätzlich zulässig und finden ihre Grenze allein in dem Irreführungsverbot. Wer im Bereich des Warenhandels im Rahmen des Abschlusses von Kaufverträgen irreführende Angaben macht, verstößt gegen § 5 UWG. Es handelt sich dann um einen Irrtum über die Umstände des Verkaufs. Eine derartige Irreführung liegt insbesondere vor, wenn fälschlicherweise eine Geschäftseröffnung mit dem Ziel des schnellen Verkaufs von Teppichen zu Niedrigpreisen als Geschäftsaufgabe bezeichnet wird.
Siehe auch Preiswerbung und Stichwörter zum Thema Werbung
Gründe:
I.
Die Klägerin betreibt ein Teppichhaus in E. Der Beklagte betreibt in ... einen Teppichhandel. Er kündigte am 16. Januar 2009 in einer Prospektbeilage zu den S-Nachrichten in E. eine Zwangsverwertung wegen totaler Geschäftsaufgabe in der Zeit vom 16. bis zum 20. Januar 2009 im Teppichhaus C. in der N-Straße in E. an.
Die Klägerin hat darin ein wettbewerbswidriges Verhalten gesehen, weil es sich in Wirklichkeit um die Neueröffnung eines Teppichhauses gehandelt habe. Sie hat noch am 16. Januar 2009 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Dortmund erwirkt, ohne den Antragsgegner vorher abzumahnen. In dieser wurde dem Antragsgegner unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
in dem Ladenlokal im Erdgeschoss des I-Straße, 44141 E, einen Sonderverkauf über Teppichwaren anzukündigen und/oder durchzuführen unter Hinweis darauf, dass Teppichware vermeintlich im Rahmen einer „Zwangsverwertung“ wegen „totaler Geschäftsaufgabe“ mit einem Nachlass oder Discount bis zu 75 % abverkauft werde,
sowie
insbesondere die nachstehenden Werbeaussagen zu treffen:
Er habe im I2 ständig ein Orient-Teppichhaus unterhalten, das nunmehr im Rahmen einer „Geschäftsaufgabe“ seine Tätigkeit einstelle.
Es handele sich bei den von ihm angebotenen Teppichwaren um Ware, die erheblich preisreduziert sei, wenn nicht zuvor in einem an einem anderen Ort und an anderer Stelle betriebenen regulären Geschäftsbetrieb über einen längeren Zeitraum tatsächlich ein höherer Preis verlangt worden ist.
Der Beklagte hat gegen die erlassene Verfügung insoweit Widerspruch eingelegt, als ihm mit dem ersten Teil der Verbote untersagt worden ist, in dem beschriebenen Geschäftslokal einen Sonderverkauf durchzuführen. Im Übrigen und im Hinblick auf das im zweiten Teil ausgesprochene Verbot der Werbeaussagen hat er Kostenwiderspruch eingelegt. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung wegen des Verbots der Durchführung des Sonderverkaufs bestätigt. Auf den Kostenwiderspruch des Antragsgegners hat es die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Der Senat hat die Berufung des Beklagten und damaligen Antragsgegners zurückgewiesen durch Urteil vom 17. Dezember 2009 -4 U 154 / 09.
Der Klägerin war auf Antrag des Beklagten aufgegeben worden, im Hinblick auf das Verbot der Durchführung des Sonderverkaufs Klage zur Hauptsache zu erheben. Dieser Auflage ist die Klägerin mit der Erhebung der vorliegenden Klage auf Unterlassung der Ankündigung und Durchführung eines solchen Sonderverkaufs nachgekommen.
Auch im Hauptsacheverfahren hat die Klägerin die Meinung vertreten, sowohl die Ankündigung der Zwangsverwertung wegen totaler Geschäftsaufgabe als auch die Durchführung einer solchen Sonderverkaufsveranstaltung seien irreführend und unzulässig. Da der Beklagte im I2 in E. kein Teppichgeschäft betrieben habe, könne es sich bei dem angekündigten Verkauf auch nicht um einen Sonderverkauf wegen totaler Geschäftsaufgabe gehandelt haben. Außerdem dürfe dann auch nicht mit radikal reduzierten Preisen bis zu 75 % aus diesem Grunde geworben werden. Alleiniger Zweck der Eröffnung des Ladenlokals sei vielmehr die Durchführung der mit unzutreffenden Angaben beworbenen Sonderverkaufsveranstaltung gewesen. Deshalb sei nicht nur die Ankündigung sondern auch die Durchführung der angekündigten Sonderveranstaltung unzulässig. Der Beklagte habe zwar behauptet, das Geschäft im fraglichen Hause geschlossen und die Waren alsbald aus den Räumen entfernt zu haben. Selbst wenn das richtig sei, sei dadurch allerdings die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Diese bestehe vielmehr fort, weil der Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
in dem Ladenlokal, gelegen im Erdgeschoss des I-Straße, 44141 E, einen Sonderverkauf über Teppichwaren anzukündigen und/oder durchzuführen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zunächst die Auffassung vertreten, im Hinblick auf den Klageanspruch, die Ankündigung eines Sonderverkaufs zu unterlassen, fehle bereits das Rechtsschutzinteresse. Insoweit habe er im Verfügungsverfahren lediglich Kostenwiderspruch erhoben. In der Beschränkung auf den Kostenwiderspruch im Verfügungsverfahren liege ein Anerkenntnis des materiellen Anspruchs, weshalb für ein weiteres gerichtliches Verbot kein Raum mehr sei. Der Beklagte hat weiterhin gemeint, das geltende Wettbewerbsrecht kenne nach wie vor kein Verbot der Durchführung von Sonderverkäufen.
Das Landgericht hat die Klage entsprechend dem Klageantrag zugesprochen, also verboten, in dem betreffenden Ladenlokal in E. einen Sonderverkauf über Teppichwaren anzukündigen und/oder durchzuführen. Zur Begründung hat es ausgeführt, auch im Hinblick auf die Ankündigungsklage fehle ungeachtet des im Verfügungsverfahren allein erhobenen Kostenwiderspruchs nicht das Rechtsschutzinteresse. Das im Kostenwiderspruch liegende Anerkenntnis habe nämlich nicht die Qualität einer Abschlusserklärung, die die Wirkung habe, die einstweilige Verfügung einem rechtskräftigen Urteil in der Hauptsache gleichzustellen. Dafür bedürfe es eines Verzichts auf sämtliche Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO, den der Schuldner in Zusammenhang mit der Anerkennung des Verfügungstitels als abschließende Regelung aussprechen müsse. Ein solcher Verzicht sei mit dem bloßen Kostenwiderspruch in Bezug auf die Ankündigung des Sonderverkaufs nicht verbunden gewesen. Das Verbot der Durchführung des Sonderverkaufs hat das Landgericht erneut damit begründet, dass ein entsprechender Unterlassungsanspruch aus §§ 2, 3 und 5 UWG folge. Das UWG 2008 gehe im Unterschied zum UWG 2004 insoweit von einem Verbot sämtlicher unlauterer geschäftlichen Handlungen aus, welche irreführend vorgenommen werden. Damit würden jetzt auch unlautere Geschäftspraktiken zum Nachteil von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern erfasst, die sich auf ein Verhalten bei oder nach Abschluss eines Vertrages bezögen. Damit falle auch ein Durchführungsverbot von irreführend beworbenen Sonderverkäufen unter diese Regelung. Der Senat habe zwar im Beschluss vom 22. Juni 2006 (4 U 26 / 06) entschieden, dass sich ein solches Durchführungsverbot nicht aus den §§ 3, 5 UWG 2004 herleiten lasse, weil die allein maßgebende irreführende Werbung damals nicht auf die beworbene Verkaufsmaßnahme ausgestrahlt habe. Das wäre seit Geltung des UWG 2008 aber anders.
Der Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Er versteht das Verbot nunmehr ausdrücklich so, dass ihm generell verboten werden solle, zukünftig im I2 in E. Sonderverkäufe anzukündigen und Sonderverkäufe durchzuführen. Er meint, dass im Fall des Hauptverfahrens auch der Senat an den Umfang und Inhalt des Klagebegehrens gebunden sei. Für ein so umfassendes generelles Werbeverbot gebe aber es keine Begründung. Das Landgericht nenne insoweit noch nicht einmal eine Anspruchsgrundlage. Es habe auch keine Ausführungen dazu gemacht, ob und inwieweit der Klägerin ein solcher über das Verfügungsverbot hinausgehender Unterlassungsanspruch zustehen könnte. Darauf komme es aber letztlich nicht einmal an, weil dem auf die Ankündigung von Sonderveranstaltungen bezogenen Unterlassungsantrag wegen des Kostenwiderspruchs im Verfügungsverfahren das Rechtsschutzinteresse fehle. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei ein Kostenwiderspruch regelmäßig auch als Anerkenntnis des materiellen Hauptsacheanspruchs zu verstehen und damit als einen Verzicht auf die Rechte aus § 926 ZPO und auf die Erhebung einer negativen Feststellungsklage. Etwas anderes könne nur im Fall eines ausdrücklichen Vorbehalts gelten, der hier nicht erfolgt sei. Auch aus den Umständen des Einzelfalls ergebe sich, dass er mit dem Vortrag, es sei kein Grund ersichtlich, warum er sich einem solchen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Sonderverkaufswerbung im Falle einer Abmahnung nicht gebeugt hätte, ein uneingeschränktes Anerkenntnis ausgesprochen habe, das ihm bei einem Antrag nach § 926 ZPO aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entgegen gehalten worden wäre. Zur Klarstellung bestätigt der Beklagte ausdrücklich, dass der Kostenwiderspruch als Anerkenntnis des Anspruchs und zugleich als Verzicht auf die Rechte gemäß § 926 ZPO und auf eine negative Feststellungsklage zu verstehen sei. Auch das generell und ohne Einschränkung auf die Durchführung von Sonderverkäufen gerichtete Durchführungsverbot sei nicht begründet. Das Landgericht habe zu Unrecht in der Sache offen gelassen, warum die Durchführung von Sonderverkäufen über Teppichwaren nach dem UWG 2008 und den dadurch bedingten Veränderungen im Wettbewerbsrecht unzulässig sein sollte. Einen eigenen Verbotstatbestand gebe es in den gesetzlichen Bestimmungen nicht. Auch wenn nunmehr sämtliche unlauteren geschäftlichen Handlungen verboten seien, folge daraus nicht, dass im vorliegenden Fall die Durchführung des Sonderverkaufs, die gleichfalls den Bereich vor Abschluss eines konkreten Geschäftes betreffe, unlauter und verboten sei. Die Durchführung eines Sonderverkaufs könne insbesondere dann nicht verboten werden, wenn sie keine Irreführung beinhalte, sondern ihren irreführenden Charakter nur durch das erhalten könne, was werbemäßig nach außen dargestellt werde. Entfalle also die irreführende Ankündigung eines Sonderverkaufs, so könne die Durchführung des Sonderverkaufs nicht unzulässig sein. Deshalb reiche auch das bereits ausgesprochene Verbot des Werbeverhaltens aus; es sei kein zusätzliches Durchführungsverbot mehr erforderlich.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass hinter dem Wort durchzuführen eingefügt wird: „unter Hinweis darauf, dass Teppichware vermeintlich im Rahmen einer „Zwangsverwertung“ Wegen „totaler Geschäftsaufgabe“ mit einem Nachlass oder einem Discount bis zu 75 % abverkauft werde“.
Sie meint, dass eine klarstellende Antragskorrektur im Sinne der Übernahme des im Verfügungsverfahren gestellten Antrags ausreiche. Der hier vorliegende Antrag sei nur aufgrund eines redaktionellen Versehens, dass auch dem Landgericht nicht aufgefallen sei, anders formuliert worden. Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff sei aber jedenfalls durch die Klagebegründung klar gewesen, dass auch die in dem vergessenen Zusatz aus dem Verfügungsverfahren enthaltenen Präzisierungen mit den Besonderheiten des beanstandeten Sonderverkaufs Gegenstand des Klageantrages und des auf ihn gestützten Verbotes sein sollten. Ab Seite 4 der Klageschrift sei zur Unzulässigkeit der Werbung mit der Zwangsverwertung, dem Räumungsverkauf und den hohen Rabatten unter Hinweis darauf, dass es an diesem Verkaufsort zuvor keinen Handel mit Teppichen gegeben habe, und somit auf eine tatsächlich auch nicht gegebene Betriebsaufgabe vorgetragen worden. Allein dieses Verhalten sei als wettbewerbswidrig gerügt worden. Es sei ersichtlich zu keiner Zeit um ein generelles Verbot der Ankündigung oder Durchführung von Sonderverkäufen gegangen. Das werde auch daran deutlich, dass das Hauptsacheverfahren auf das auch dem Senat bekannte Verfügungsverfahren 4 U 154 / 09 zurückgehe. Auch in diesem Verfahren sollten nur die Ankündigung und die Durchführung eines ganz bestimmten Sonderverkaufs untersagt werden, bei dem der Beklagte für einen Räumungsverkauf eines soeben erst eröffneten Geschäftes geworben hatte. Auch der Beklagte habe damals in der Sache nur darauf verwiesen, dass man einen Verkauf unabhängig davon, wie man für ihn geworben habe, immer durchführen könne. Tatsächlich sei aber auch die Durchführung des durch die beanstandete Werbung geförderten Verkaufs zu untersagen, weil die unzulässige Werbung bei der Durchführung des so angekündigten Verkaufs fortwirke. Zu den unlauteren geschäftlichen Handlungen gehörten sowohl die Werbung für Verkaufsveranstaltungen als auch deren Durchführung, wenn die Werbung irreführend gewesen sei.
II.
Die Berufung ist nach der klarstellenden Antragskorrektur unbegründet. Der Klägerin steht der Anspruch auf Unterlassung der Ankündigung und Durchführung eines Sonderverkaufs am angegebenen Verkaufsort mit den im Verfügungsverfahren zusätzlich genannten Werbehinweisen gegen den Beklagten zu.
1) Dem Beklagten ist zuzugestehen, dass sich die Klage nach dem Antrag und der darauf gestützten Verurteilung zunächst ohne Einschränkung dagegen gewandt hat, im Ladenlokal im Erdgeschoss des I-Straße in E. einen Sonderverkauf über Teppichwaren anzukündigen und/oder durchzuführen. Bei dem Wortlaut des Antrages konnte man aber im vorliegenden Fall nicht stehen bleiben, wenn man das Klageziel und den Streitgegenstand bestimmen will. Auf der Grundlage des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs kommt insbesondere bei Unterlassungsklagen im Wettbewerbsrecht dem Lebenssachverhalt, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleitet, also dem Klagegrund, besondere Bedeutung zu. In solchen Unterlassungsklagen, die auf Wiederholungsgefahr gestützt sind, ist Klagegrund das mit der Klage als wettbewerbswidrig beanstandete in der Vergangenheit liegende Verhalten, aus dem die vom Antrag widergespiegelte Rechtsfolge abgeleitet ist ( BGH GRUR 2006, 421, 422 -Markenparfümverkäufe; v. Ungern-T, GRUR 2009, 1009, 1016). Die Klägerin wendet sich nach dem so definierten Klagegrund hier im Hauptverfahren zunächst gegen die irreführende Ankündigung eines Sonderverkaufs im genannten Ladenlokal durch den Antragsgegner, wie sie mit dem im Verfügungsverfahren vorgelegten und im Hauptverfahren in Bezug genommenen Werbeprospekt erfolgt ist. In Übernahme des früher bei Sonderveranstaltungen verwendeten Begriffs der „Durchführung“ greift sie ferner auch an, dass der so angekündigte Sonderverkauf tatsächlich vorgenommen wird. Darunter ist zu verstehen, dass an Kaufinteressenten, die von der beanstandeten Werbung angelockt worden sind, unter Fortwirkung oder Erneuerung der Vorstellung, im Hinblick auf die notwendige Zwangsverwertung und die totale Geschäftsaufgabe seien erhebliche Preisvorteile von bis zu 75 % zu erwarten, Teppichware tatsächlich auch verkauft wird.
Dieses Klageziel ist auch im Verfügungsverfahren, zu dem hier Klage zur Hauptsache erhoben worden ist, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat so erörtert worden. Während aber konsequenterweise im Verfügungsverfahren auch Bestandteil des Verbotsantrages war, dass die Ankündigung und/oder Durchführung des Verkaufs der Teppichwaren mit dem Hinweis auf eine Zwangsverwertung und in Zusammenhang mit einer totalen Geschäftsaufgabe mit einem Nachlass bis zu 75 % erfolgen sollte, fand sich das so eingeschränkte Klageziel im hiesigen Verbotsantrag zunächst nicht wieder. Diese Unstimmigkeit zwischen Antragsfassung und Klagegrund hätte aber schon erstinstanzlich einer Erörterung bedurft, weil der Antrag durch diese unklar war. Die Klagebegründung ließ an keiner Stelle erkennen, dass die Klägerin das aus dem einheitlichen Klagegrund hergeleitete Verbot nunmehr abstrahieren und damit erheblich weiter fassen wollte. Klar wurde daraus nur, dass die Klägerin anders als im Verfügungsverfahren auch die Ankündigung des Sonderverkaufs wieder in das Verbot einbeziehen wollte. Nur das hat der Beklagte erstinstanzlich folgerichtig auch nur an der Antragstellung beanstandet. Hätte die erforderliche Erörterung vor dem Landgericht stattgefunden, so hätte die Klägerin schon damals ihren Antrag entsprechend so eingeschränkt, wie sie es nach dem Hinweis des Senats in der Berufungsverhandlung getan hat. Nunmehr spiegelt sich das Klageziel in dem Antrag zutreffend wider. Das Verbot der konkreten Handlung entspricht wieder der konkreten Verletzungsform. Da die Klägerin von Anfang an nur dieses eingeschränkte Klageziel verfolgen wollte und den Antrag nach einem Hinweis auf die Diskrepanz zwischen Klageziel und Antragsfassung auch sofort eingeschränkt hätte, ist in der jetzigen Einschränkung des Antrages weder eine Klageänderung noch eine teilweise Klagerücknahme zu sehen.
2) Im Hinblick auf das Verbot der Ankündigung des Sonderverkaufs mit den beanstandeten Werbeaussagen fehlt es auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis für das Klagebegehren.
a) Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände von Verfügungsverfahren als vorläufiger Regelung und anschließendem Hauptsacheverfahren als abschließender Entscheidung muss sich ein im Verfügungsverfahren erklärtes Anerkenntnis in Form der Beschränkung auf den Kostenwiderspruch nicht ohne weiteres auf den Gegenstand des Hauptverfahrens beziehen. Deshalb darf in dem Kostenwiderspruch auch nicht generell das Anerkenntnis des materiellen Anspruchs gesehen werden (Ahrens/ Scharen, Der Wettbewerbsprozeß, 6. Auflage, Kap. 51 Rdn. 56 ff; Ahrens/Schmukle, a.a.O. Kap. 54 Rdn. 23). Insoweit bedürfte es vielmehr wie bei einem Abschlussschreiben des ausdrücklichen Verzichts auf die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO sowie auf die Erhebung einer negativen Feststellungsklage. Es kann zwar sein, dass die sachgerechte Auslegung der Erklärungen des Schuldners, der den Kostenwiderspruch erhebt, ergibt, dass dieser die Beschlussverfügung als endgültige Regelung hinnehmen will. Das hängt aber von der Art der Erklärung und den Umständen des Einzelfalles ab. Jedenfalls ein Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO ist ohne ausdrückliche Erklärung in dem Kostenwiderspruch in der Regel nicht zu sehen (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage, Kap. 55 Rdn. 12).
b) Angesichts dieser Vorgaben ist im vorliegenden Fall jedenfalls nicht zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Beklagte auch den materiellen Unterlassungsanspruch in der Hauptsache anerkennen wollte. Wenn der Klageantrag in der Hauptsache so verstanden werden könnte, wie es der Beklagte nun tut, wollte er diesen weiten Anspruch auf Unterlassung der Ankündigung eines Sonderverkaufs in den genannten Räumen ohne jede Einschränkung mit Sicherheit nicht anerkennen. Selbst wenn der Antrag richtigerweise nur so zu verstehen ist, dass damit nur der eingeschränkte Verfügungsanspruch in der Hauptsache verfolgt werden soll, war dem Prozessverhalten des Beklagten aus Sicht der Klägerin hier nicht sicher genug zu entnehmen, dass er auch im Hinblick auf diesen eingeschränkten Verbotsanspruch die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung gelten lassen wollte. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, dass er sich im Hinblick auf den Anspruch auf Unterlassung der Ankündigung des so beworbenen Sonderverkaufes unterworfen hätte. Damit zugleich hat er aber erklärt, dass er dem damit verbundenen Anspruch auf Durchführung des Sonderverkaufs widerspreche. Insoweit hatte er sogar seine Rechte aus § 926 Abs. 1 ZPO geltend gemacht und auf Durchführung des Hauptverfahrens bestanden. Da die beiden Ansprüche aus der Sicht der Klägerin auch im Rahmen der Begründung eng miteinander verbunden waren, war ihr nicht klar, wie weit die Wirkung des Kostenwiderspruchs in Bezug auf den Teilanspruch reichte. Nach der Art der Rechtsverteidigung konnte auch zweifelhaft sein, ob der Beklagte nicht auch eine solche Verbundenheit in Frage stellte und die Ansprüche völlig voneinander getrennt behandelt sehen wollte. Wegen dieser Unklarheit hätte sie vom Beklagten zwar im Wege eines Abschlussschreibens eine eindeutige Erklärung verlangen können (vgl. Ahrens/ Scharen, a.a.O. Kap. 51 Rdn. 59). Da die Klägerin aufgrund des vom Beklagten gestellten Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO ohnehin noch ein Hauptverfahren durchführen musste, war ihr es aber hier nicht zuzumuten, ohne eine ausdrücklich klarstellende Erklärung des Beklagten lediglich im Hinblick auf die Durchführung des angekündigten Verkaufes Klage zur Hauptsache zu erheben. Dies gilt umso mehr, als dem Kostenwiderspruch jedenfalls ein Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO nicht zu entnehmen war und ein solcher Verzicht auch bis heute ausdrücklich nicht erklärt worden ist. Die Klägerin hat vielmehr ein Rechtsschutzbedürfnis, die Berechtigung des Gesamtanspruches im Rahmen des ohnehin erforderlichen Hauptsacheverfahrens klären zu lassen.
3) Der insoweit geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin als Mitbewerberin des Beklagten im Bereich des Teppichhandels im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 UWG 2008 zu. In der Ankündigung und Durchführung des Teppichverkaufs unter den angekündigten Bedingungen ist eine unlautere irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 UWG 2008 zu sehen. Es handelt sich um eine Irreführung über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG. Das ist im Hinblick auf die so erfolgte Ankündigung des Sonderverkaufs auch zwischen den Parteien nicht im Streit. Soweit es um die Durchführung des Sonderverkaufs unter den Bedingungen der Bewerbung geht, gilt das, was der Senat bereits im Urteil in der Sache 4 U 154 / 09 ausgeführt hat.
a) Klarzustellen ist zunächst, dass im alten Recht unter dem „Durchführungsverbot“ etwas gänzlich anderes verstanden worden ist. In § 7 Abs. 1 UWG in der Fassung vor 2004 konnte derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen, der unzulässige Sonderveranstaltungen ankündigte oder durchführte. Gegenstand des entsprechenden Verbotes war dann auch die Durchführung der angekündigten Veranstaltung, und zwar unabhängig davon, ob mit der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung eine Irreführung verbunden war. Seit dem UWG 2004 gibt es ein Verbot der Durchführung einer angekündigten Veranstaltung in diesem Sinne nicht mehr.
b) Die seither grundsätzlich zulässigen Sonderveranstaltungen finden ihre Grenze allein in dem Irreführungsverbot. Unter der Geltung des UWG 2004, in dem in § 5 UWG nur das Verbot der irreführenden Werbung geregelt war, ließ sich die irreführend beworbene Verkaufsmaßnahme im Allgemeinen nicht verbieten. Die irreführende Werbung stellte nämlich in erster Linie auf ein Anlocken ab und strahlte nicht in einer solchen Weise auf den nachfolgenden Vertragsschluss aus, dass sie nach §§ 3 oder 4 Nr. 1 UWG als unlauter angesehen werden konnte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22. Juni 2006 – 4 U 26 / 06). Der Begriff der unlauteren geschäftlichen Handlung der Richtlinie 2005/29/EG über unerlaubte Geschäftspraktiken und des § 5 Abs. 1 UWG 2008 umfasst nunmehr auch Verhaltensweisen, die die Ebene der Werbung und Absatzförderung verlassen und im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Kaufvertrages über Waren stehen. Da nach § 5 UWG weiterhin erforderlich ist, dass im geschäftlichen Verkehr irreführende Angaben gemacht werden, verstößt nunmehr auch derjenige gegen § 5 UWG, der im Bereich des Warenhandels im Rahmen des Abschlusses von Kaufverträgen irreführende Angaben macht. Es handelt sich dann um einen Irrtum über die Umstände des Verkaufs.
c) Der Antragsgegner hat in der Zeitungsbeilage vom 16. Januar 2009 eine sofort beginnende „Zwangsverwertung“ von Orient-Teppichen wegen „totaler Geschäftsaufgabe“ innerhalb von fünf Tagen angekündigt. Diese Angaben führten zu einer falschen Vorstellung der angesprochenen Verbraucher, weil es in Wirklichkeit um eine Geschäftseröffnung zum Zwecke einer kurzfristigen Veräußerung von vorhandener oder anderweitig beschaffter Ware ging. Ein soeben erst eröffnetes Geschäft kann mit der Eröffnung nicht zugleich wieder aufgegeben werden. Die Geschäftsaufgabe setzt voraus, dass das Geschäft zumindest eine gewisse Zeit vorher an Ort und Stelle schon bestanden hat. Das war hier unstreitig nicht der Fall. Mit der nur vorgespiegelten Geschäftsaufgabe fehlte es auch an der erwähnten Zwangslage. Das führte zugleich dazu, dass die gerade wegen der angeblich erzwungenen Geschäftsaufgabe versprochenen außergewöhnlichen Preisvorteile von bis zu 75 % keine reale Grundlage hatten. Hier sollten einfach nur kurzfristig Teppiche günstig veräußert werden. Es handelte sich bei den anlockenden Werbeaussagen um irreführende Angaben. Unter diesen Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass es als Folge oder in Wiederholung dieser irreführenden Angaben auch im Rahmen der Durchführung der beworbenen Sonderverkäufe, also in Zusammenhang mit den Teppichverkäufen selbst zu einer Irreführung der Käufer kommt. Insoweit bestand jedenfalls Erstbegehungsgefahr. Ob im Geschäftslokal schon Teppiche verkauft wurden, ist nicht vorgetragen. Das Erscheinen von (weiteren) kaufwilligen Kunden, die durch die irreführende Zeitungswerbung angelockt wurden, stand aber unmittelbar bevor. Diese Verbraucher gingen auch ohne ein weiteres Wort des anwesenden Verkäufers davon aus, dass es sich beim Kauf eines Teppichs um die angekündigte besondere Gelegenheit zum Erwerb von zwangsweise sofort abzusetzender Ware handelte, deren Preise deshalb bis zu 75 % herabgesetzt seien. Die Angaben in der Werbung wirkten solange fort, bis ein klarstellender Hinweis erfolgte. Die Art der Werbung im Rahmen einer Neueröffnung macht auch deutlich, dass mit einem solchen Hinweis nicht zu rechnen war, sondern nachfragenden Kunden die beworbenen Umstände auch noch einmal bestätigt worden wären, um den Kaufanreiz aufrecht zu erhalten. Nur der Kaufinteressent, der sich zufällig in das Geschäft begeben hätte, ohne etwas von der Zeitungswerbung zu wissen, würde möglicherweise nicht irregeführt. Ein solcher Verkauf von Teppichware wäre aber auch nicht vom Verbot erfasst, weil er ohne den Hinweis auf die unwahren Tatsachen erfolgt wäre. In ihm wäre gerade keine „Durchführung“ des angekündigten Sonderverkaufes im Sinne des Antrags zu sehen.
d) Die (fortwirkenden) irreführenden Angaben im Rahmen der Abschlüsse der Kaufverträge über Teppiche im Rahmen der Durchführung der angekündigten Verkaufsveranstaltung sind auch wettbewerbsrechtlich relevant. Sie sind mit Sicherheit geeignet, die Kaufentscheidung der getäuschten Käufer zu beeinflussen. Im Übrigen ist es nach der Ziffer 15 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG stets unzulässig, wenn unwahr angegeben wird, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.