Webshoprecht.de
OLG Karlsruhe Urteil vom 12.09.2001 - 6 U 13/01 - Zur Zulässigkeit einer Domainregistrierung zum Zwecke des Verkaufs
Das OLG Karlsruhe v. 12.09.2001: Zur Zulässigkeit einer Domainregistrierung zum Zwecke des Verkaufs
Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 12.09.2001 - 6 U 13/01) hat entschieden:
- Die bloße Registrierung einer Domain ohne Bezug zu einem Produkt oder Gewerbe zum alleinigen Zweck der Freihaltung der Domain für einen Internetauftritt eines Kunden stellt noch keine kennzeichenrechtliche Benutzung dar. Da die Internet-Domain als solche nicht als das verwechslungsfähige Produkt angesehen werden kann, fehlt es an einer markenrechtlich relevanten Produktkollision.
- Eine sittenwidrige Behinderung ist in einem solchen Falle nur dann gegeben, wenn die Reservierung des Domain-Namens ausschließlich in der Absicht erfolgt, die Domain für einen Konkurrenten zu "sperren".
Siehe auch Domainhandel - Domain-Grabbbing - Domain-Parking und Markenrecht
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den bei der DE-NIC zugunsten der Beklagten registrierten Domain-Namen "Dino.de". Die Klägerin verlangt Unterlassung und Löschung der Domain.
Die Klägerin stellt Dienstleistungen im Internet zur Verfügung und betreibt u.a. die Suchmaschine "Dino-online". Die Beklagte bietet ebenfalls Internet-Dienstleistungen, wie Erstellung von Homepages, Online-Dienste für Unternehmen, Web-Hosting an. Sie ist Inhaber der am 26.01.1996 registrierten Internet-Domain , für die eine Homepage bisher nicht existiert.
Die Klägerin sieht in der Registrierung eine Verletzung von Markenrechten ihrer Rechtsvorgängerin, der Firma A. GmbH, die nach ihrer Behauptung auf sie übergegangen seien. Dabei handelt es sich um die deutsche Wortmarke Nr. 39703269 "DINO", die am 27.01.1997 angemeldet wurde und für Telekommunikation, Ausbildung, Unterhaltung und Betrieb eines Internet-Suchsystems geschützt ist; ferner um die am 28.08.1996 angemeldete deutsche Wortmarke Nr. 396 37 479 "DINO-oneline", deren Schutz sich auf "Datenverarbeitung, Internet-Dienstleistungen, nämlich sammeln und liefern von Nachrichten im Internet, technische Beratung, Web-Design, Providing sowie dem Betrieb eines Internet-Suchsystems" erstreckt. Außerdem meint die Klägerin, die Registrierung ihres Klagekennzeichens als Domain stelle in wettbewerbsrechtlicher und bürgerlich-rechtlicher Hinsicht eine unlautere Behinderung dar.
Die Beklagte hat sich gegen die Unterlassungs- und Löschungsklage zur Wehr gesetzt und sich auf den Rechtsstandpunkt gestellt, die bloße Anmeldung und Innehabung der beanstandeten Internet-Domain sei hier weder marken- noch wettbewerbsrechtlich angreifbar, weil sie die Adresse nicht benutze, sondern lediglich für einen potentiellen Kunden bereit halte. Es bestehe daher weder eine Markenverletzung noch sei die Gefahr einer solchen Rechtsverletzung begründet.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung des Gebrauchs und zur Löschung der Internet-Domain verurteilt. Die Begehungsgefahr resultiere aus der Registrierung, die Verwechslungsgefahr ergebe sich aus der Kongruenz der von beiden Zeicheninhabern angebotenen Internet-Dienstleistungen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist gerechtfertigt.
Die Klägerin kann entgegen der Auffassung des Landgerichts von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Unterlassung der Benutzung und Löschung des streitigen Internet-Domain-Namens verlangen.
1. Das Begehren der Klägerin findet im Markenrecht keine Stütze.
a) Die Verwendung des zwischen den Parteien umstrittenen Domain-Namens kann allerdings, wie dem Landgericht im Ausgangspunkt beizutreten ist, markenrechtliche Ansprüche nach § 14 MarkenG auslösen. Die bloße Registrierung einer Domain stellt jedoch, so kann dem Landgericht weiter gefolgt werden, noch keine kennzeichenmäßige Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr dar, weil die Beklagte den Domain-Namen ohne Bezug zu einem Produkt oder Gewerbe hat registrieren lassen und eine Internet-Präsentation unter dieser Domain für einen Kunden der Beklagten vorgesehen ist. Von einer solchen Absicht der Beklagten ist auch gegen das Bestreiten der Klägerin auszugehen, weil anderes nicht festgestellt werden kann.
b) Unter dieser Voraussetzung fehlt es aber auch an einer Erstbegehungsgefahr. Diese ist nur gegeben bei einer konkret drohenden Zeichenverletzung. Als Störung genügt insoweit für die vorbeugende Unterlassungsklage, dass zwar ein Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht noch nicht erfolgt, aber die begründete Besorgnis eines solchen Eingriffs vorliegt. Das setzt die zeichenrechtliche Erheblichkeit des drohenden rechtswidrigen Eingriffs voraus, insbesondere muss das kollidierende Zeichen geeignet sein, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Weitere Anspruchsvoraussetzung neben der Zeichenähnlichkeit oder Zeichenidentität ist daher, dass eine je nach dem Grad der Ähnlichkeit der Zeichen größere oder geringere Übereinstimmung bzw. Berührung der beiderseitigen Waren- oder Dienstleistungen besteht.
aa) Auf diesen markenrechtsrelevanten Verwechslungsschutz kann nicht, wie es das Landgericht tut, verzichtet werden. Das Landgericht hat eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr abstrakt und ohne Rücksicht auf den Inhalt einer unter der Domain eingerichteten Homepage allein deswegen angenommen, weil die Parteien als Dienstleister im weiteren Sinne im Internet auftreten. Dabei soll es offenbar nicht darauf ankommen, ob und mit welchem Inhalt die Beklagte die Internet-Adresse zur Präsentierung einer Homepage nutzt. Daraus folgt, dass die Störereigenschaft - entgegen dem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt des Landgerichts - sich schon aus der markenidentischen Anmeldung und ungeachtet der tatsächlichen Nutzung der Domain ergibt. Denn rechtserheblich soll hiernach allein nur die Ähnlichkeit bzw. Verwechselbarkeit der registrierten Internet-Adresse als solche sein. Dieser Auffassung, wonach die Homepage als das verwechslungsfähige Produkt anzusehen sei, ist in der Rechtsprechung wiederholt vertreten worden (OLG Rostock, NJWE-WettbR. 2000, 161; LG Düsseldorf NJW-RR 1998, 979; LG München I NJW-CoR 1998, 111). Allein der (zu erwartende) gemeinsame Auftritt eines Kunden der Beklagten und der Klägerin im Internet stellt jedoch noch keine relevante Produktverbindung i.S.d. Kennzeichenkollisionsrechts dar. Insoweit muss man die Funktion des Internet als eines offensichtlichen Kommunikationsmediums berücksichtigen (zutreffend Fezer WRP 2000, 669, 674). Der hier zur Beurteilung stehende Lebenssachverhalt liegt also nicht anders als bei Kollision ein und desselben Zeichens etwa in einem Printmedium, in dem die jeweiligen Zeicheninhaber auf ihre Produkte werbend hinweisen. Namensgleichheit löst auch hier nicht schon wegen der Benutzung eines identischen Zeichens markenrechtliche Abwehransprüche zugunsten des älteren Zeichens aus. In jedem Falle kommt es damit auf eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr an. Verwechslungsgefahr zwischen einem Internet-Domain-Namen und einer Marke setzt hiernach zumindest voraus, dass die Domain für eine Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die die Marke nach dem Verzeichnis Schutz bietet. Das bedeutet, dass für eine reservierte, aber nicht verwendete Domain nach dem Markengesetz Abwehransprüche nicht begründet sind, solange ungewiss ist, für welche Marken bzw. Dienstleistungen die Domain verwendet werden soll (OLG München Mitt. 2000, 512; OLG Frankfurt WRP 2000, 645, 646; vgl. auch OLG Frankfurt WRP 2000, 772, 773).
bb) Nach diesen Rechtsgrundsätzen entscheidet sich auch der vorliegende Streitfall. Es steht nicht fest und ist auch nicht abzusehen, für welche Produkte die für die Beklagte reservierte Internet-Adresse benutzt werden soll. Die Gefahr eines markenverletzenden Gebrauchs durch einen Kunden der Beklagten ist nicht ersichtlich. Die Benutzung durch die Beklagte selbst ist nicht wahrscheinlich, da die Beklagte die Domain nunmehr schon über 5 Jahre ungenutzt hält. Damit fehlt es für die geltend gemachten markenrechtlichen Abwehransprüche an einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr.
c) Ein Anspruch aus §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (vgl. Senat WRP 1998, 900 - zwilling.de) wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht gestützt, da es hiernach bereits an einer bekannten Marke fehlt.
Andere Anspruchsgrundlagen aus Markenrecht (§ 15 MarkenG) oder Namensrecht (§ 12 BGB) scheiden nach Sachlage ebenfalls aus.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen der Registrierung des Domain-Namens auch ein Anspruch nach §§ 1 UWG oder §§ 826, 1004 BGB nicht zu.
Ungeachtet der Frage nach dem Vorrang der spezialgesetzlichen Abwehransprüche nach dem Markengesetz vor den allgemeinen delikts- und wettbewerbsrechtlichen Regeln (BGH WRP 1999, 1279, 1283 - SZENE; OLG Frankfurt WRP 2000, 772, 774; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 2 Rdnr. 1) scheiden diese hier schon deshalb aus, weil der Beklagten der Vorwurf der unlauteren bzw. sittenwidrigen Behinderung insbesondere durch "Domain-Grabbing" nicht gemacht werden kann. Das beanstandete Verhalten wäre nur dann missbilligenswert, wenn die Reservierung des Domain-Namens ausschließlich in der Absicht erfolgt wäre, die Domain für einen anderen zu "sperren", um ihn an der Nutzung der Domain zu hindern, insbesondere wenn damit ein finanzieller Vorteil erstrebt wird (Senat WRP 1998, 900, 901-zwilling.de). Eine solche anstößige Behinderungsabsicht fällt der Beklagten hier jedoch nicht zur Last. Sie hat sich die Internet-Adresse bereits vor Eintragung der Klagemarke sichern lassen. Es besteht kein Anhalt dafür, dass sie dabei eine Behinderung der Klägerin beabsichtigte. Die Existenz der (Rechtsvorgängerin der) Klägerin sowie die Klagemarken war der Beklagten seinerzeit ersichtlich nicht bekannt. Sie handelte bei der Anmeldung und Registrierung der Domain erkennbar lediglich im eigenen Geschäftsinteresse, um die vorrätige Internet-Adresse ihren Kunden für deren spezielle Vermarktungsbedürfnisse zur Verfügung zu stellen. Unter diesen Umständen kann weder wegen der Anmeldung der Domain noch wegen ihrer Aufrechterhaltung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten angenommen werden (vgl. BGH WRP 2001, 160, 163 - Classe E - für den Fall einer Markenschöpfung).