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OLG Bamberg Urteil vom 29.07.2009 - 3 U 71/09 - Werbung eines Rechtsanwalts mit Bezeichnung "Rechtsanwalt für Bau- und Architektenrecht"
OLG Bamberg v. 29.07.2009: Zur Werbung eines Rechtsanwalts mit Bezeichnung "Rechtsanwalt für Bau- und Architektenrecht" und zum Abmahnkostenersatz einer Rechtsanwaltskammer
Das OLG Bamberg (Urteil vom 29.07.2009 - 3 U 71/09) hat entschieden:
- Die Werbung als "Rechtsanwalt für Bau- und Architektenrecht" verstößt gegen § 7 Abs. 2 BORA, weil eine Verwechslungsgefahr mit der Fachanwaltschaft besteht. Dabei ist entscheidend, dass es einen „Rechtsanwalt für …“ nicht gibt. Durch die gewählte Bezeichnung wird daher eine Nähe zur Fachanwaltschaft hergestellt, die eine Verwechslungsgefahr begründet. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – der weitere Text mit der Bezeichnung der Fachanwaltschaft gemäß § 43c BRAO übereinstimmt.
- Die Rechtsanwaltskammer kann in Abmahnverfahren keine Erstattung von Anwaltsgebühren verlangen. Wettbewerbsvereine wie auch Fachverbände, deren satzungsmäßige Tätigkeit die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs einschließt, müssen so ausgestattet sein, dass sie durchschnittlich schwierige Abmahnungen auch ohne anwaltliche Hilfe durchführen können. Der Kammer ist ein Aufwendungsersatzanspruch in der Höhe zuzubilligen, wie sie ihn bei eigener Tätigkeit hätte geltend machen können. Der Senat orientiert sich dabei an der Pauschale, die von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs derzeit geltend gemacht wird (195,00 EUR zuzüglich MWSt).
Siehe auch Abmahnkosten - Streitwert - Beauftragung eines Rechtsanwalts und Stichwörter zum Thema Abmahnung
Gründe:
I.
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und hat im Telefonbuch „Das Örtliche“ für 2007/2008 geworben wie folgt (vgl. Anlage K1):
Kanzlei ...
P. ...
Rechtsanw. f. Bau- u. Architektenrecht
Die Anzeige befand sich unter der Spaltenrubrik „Schwerpunkt Bau- und Architektenrecht“.
Die Klägerin ist als zuständige Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß ihrer Satzung gehalten, die wettbewerbrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren.
Sie hat den Beklagten mit Rechtsanwaltsschreiben vom 16.07.2008 (Anlage K2) abgemahnt, weil eine Verwechslungsgefahr mit der Fachanwaltsbezeichnung bestehe.
Der Beklagte hat – ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind nur noch die Kosten der Abmahnung gemäß der Kostenrechnung vom 07.08.2008 (Anlage K4).
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG bestehe nicht, weil die Abmahnung nicht berechtigt gewesen sei. Aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise habe keine Verwechslungsgefahr mit dem Fachanwaltstitel bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer zulässigen Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt:
- Das Urteil des Landgerichts Coburg vom 17. März 2009 – Az. 13 O 667/08 – wird aufgehoben.
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 775,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Oktober 2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist statthaft ( § 511 ZPO ) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ( §§ 517, 519, 520 ZPO ).
Sie hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung des Ersturteils.
1. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts lag eine berechtigte Abmahnung vor. Die Werbung des Beklagten verstieß gegen § 7 Abs. 2 BORA, weil eine Verwechslungsgefahr mit der Fachanwaltschaft bestand.
a) Maßgebend für die Frage der Verwechslungsgefahr ist der Durchschnitt der von einer Wettbewerbsmaßnahme angesprochenen Verkehrskreise (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Unlauterer Wettbewerb-Gesetz, 27. Auflage 2009, § 1 Rdnr. 32), also hier die rechtsuchende Bevölkerung.
Dabei hält es der Senat für letztlich entscheidend, dass es einen „Rechtsanwalt für …“ nicht gibt. Durch die vom Beklagten gewählte Bezeichnung wird daher eine Nähe zur Fachanwaltschaft hergestellt, die eine Verwechslungsgefahr begründet. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – der weitere Text mit der Bezeichnung der Fachanwaltschaft gemäß § 43c BRAO übereinstimmt. Dieser Verwechslungsgefahr soll § 7 Abs. 2 BORA begegnen.
Die Verwechslungsgefahr wird durch die Rubrikenüberschrift nicht ausgeräumt. Aus der vorgelegten Anzeigenseite ergibt sich, dass eine eindeutige Zuordnung zu bestimmten Rubriken nicht durchgehalten wird. So wirbt der Beklagte, der auch Fachanwalt für Erbrecht ist, selbst unter der Rubrik „Schwerpunkt Erbrecht“.
b) Dass der Beklagte bei Veröffentlichung der Anzeige bereits alle Voraussetzungen für die Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung „Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht“ erfüllte, ist ohne Bedeutung. Gemäß § 43a Abs. 1 BRAO muss die Befugnis verliehen werden. Solange dies nicht geschehen ist, darf weder die Bezeichnung „Fachanwalt“ geführt werden noch eine solche, die eine Verwechslungsgefahr begründet.
Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt auch kein Bagatellfall vor.
Dass eine Täuschung beabsichtigt war, setzt § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nicht voraus und nimmt der Senat auch nicht an.
2. Allerdings ist der Anspruch der Klägerin der Höhe nach nur teilweise begründet.
a) Die Klägerin kann keine Erstattung von Anwaltsgebühren verlangen. Es ist anerkannt, dass sowohl Wettbewerbsvereine wie auch Fachverbände, deren satzungsmäßige Tätigkeit die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs einschließt, so ausgestattet sein müssen, dass sie durchschnittlich schwierige Abmahnungen auch ohne anwaltliche Hilfe durchführen können (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 27. Auflage § 12 UWG, Rdnr. 1.97; Harte/Henning, UWG, 2. Auflage, § 12 Rdnr. 86; BGH NJW 2008, 2651-2652).
Dass es sich bei der Klägerin um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Entscheidend ist, dass auch bei ihr das Vorgehen gegen Wettbewerbsverstöße zu den satzungsmäßigen Aufgaben gehört. Hierzu muss sie entsprechend ausgestattet sein. Eine überdurchschnittlich schwierige Abmahnung war hier nicht gegeben. Dabei ist auf den Inhalt der Abmahnung abzustellen und nicht auf die Frage, ob hier ein Wettbewerbsverstoß eindeutig gegeben war.
Auch nach Auffassung des Senats handelt es sich hier um einen Grenzfall, so dass zur Frage der Zulässigkeit der Werbung mit guten Gründen unterschiedliche Ansichten vertreten werden können. Dieser Umstand macht die Abmahnung als solche aber nicht zu einer überdurchschnittlich schwierigen.
b) Der Klägerin ist aber ein Aufwendungsersatzanspruch in der Höhe zuzubilligen, wie sie ihn bei eigener Tätigkeit hätte geltend machen können. Der Senat orientiert sich dabei an der Pauschale, die von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs derzeit geltend gemacht wird (195,00 EUR zuzüglich MWSt. – vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. Rdnr. 1.98) und erachtet daher einen Betrag von 232,00 EUR für sachgerecht und angemessen.
3. Hinsichtlich der Zinsen beruht der Anspruch der Klägerin auf den §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
III.
Nebenentscheidungen:
1. Kosten: § 92 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
3. Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Fall des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.