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Oberlandesgericht Dresden Urteil vom 17.07.2020 - I-15 U 76/19 - Irreführende Aufklärung von Google-Ads-Anzeigen auf der Landing-Page

OLG Dresden v. 17.07.2020: Irreführende Aufklärung von Google-Ads-Anzeigen auf der Landing-Page


Das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 17.07.2020 - I-15 U 76/19) hat entschieden:

  
Da der bei Google-Ads-Anzeigen zur Verfügung stehende Raum begrenzt ist, darf eine für das Verständnis des umworbenen Produkts nötige Erläuterung auf der landing-page platziert werden; dort muss sie allerdings dann auch vollständig und zutreffend sein.

Siehe auch
Affiliate-Werbung - Werbung auf Anzeigenseiten
und
Stichwörter zum Thema Werbung

Gründe:


I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen irreführender Werbeaussagen auf Unterlassung, Auskunft und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch.

Die Beklagte bietet Inkassodienstleistungen für Endverbraucher bei der Durchsetzung von Fluggastrechten an. Ihre Dienstleistungen bewarb sie am 14.02.2018 auf ihrer Website u.a. mit einem Bild, auf dem sich der Text

   "250,00 € bis 600,00 € Entschädigung pro Person" und "... machen wir bis zu 600,00 €"

fand. Auf ihrer Facebook-Seite hieß es unter "Info":

   "Mit A. bis zu 600 € Entschädigung sichern!"

und in verschiedenen Google-Adwords Anzeigen der Beklagten war angegeben:

   "bis zu 600 € Entschädigung für Sie."

Erstinstanzlich hat die Klägerin behauptet, sie sei Mitbewerberin der Beklagten. Sie hat zudem die Ansicht vertreten, diese Werbeaussagen seien irreführend. Der angesprochene Verkehrskreis verstehe die Werbung dahingehend, dass jedenfalls in einem extremen Fall einer Verspätung und/oder Annullierung eines Fluges der Fluggast 600,00 € Entschädigung ausbezahlt bekomme. Dies entspreche jedoch nicht der Wahrheit, da die Beklagte - insoweit unstreitig - für ihre Dienstleistungen eine Provision in Höhe von 20 - 30 % zuzüglich Mehrwertsteuer verlangt, welche von dem Entschädigungsbetrag einbehalten wiinwand des Rechtsmissbrauchs erhoben. Die Klägerin sei nur ein "Vehikel" des Unternehmens B. GmbH. Zudem stünden die geringe Höhe der Werbeausgaben sowie die wenigen wirtschaftlichen Aktivitäten der Klägerin in einem krassen Missverhältnis zu den ca. fünftstelligen Rechtsverfolgungskosten, die aufgrund der von der Klägerin ausgesprochenen Abmahnungen entstanden seien. Eine Irreführung der Verbraucher hat sie in Abrede gestellt, da - insoweit unstreitig - auf ihrer Website unterhalb des Bildes eine Grafik vorhanden ist, die auf die Provisionspflicht vollständig hinweise. Gleiches gelte für die Facebook-Seite, bei der sich die Aufklärung einige Zeilen unter dem beanstandeten Satz fände. Bei einem Klick auf die Adwords-Anzeige werde der Internetnutzer - unstreitig - unmittelbar auf eine Landing-Page der Beklagten geleitet, auf welcher ebenfalls auf die Provision hingewiesen werde. Abgesehen davon könnten auch tatsächlich 600,00 € ausgezahlt werden, weil die Fluggesellschaft C. in einer signifikant hohen Zahl der Fälle Doppelleistungen erbringe.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 02.07.2019, Az. 22 O 46/18 (Bd. II, Bl. 331 ff. GA), Bezug genommen, § 540 ZPO.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hinsichtlich der Begründung wird auf das Urteil vom 02.07.2019, Az. 22 O 46/18 (Bd. II, Bl. 331 ff. GA), verwiesen.

Mit der Berufung gegen dieses Urteil begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend weist sie insbesondere darauf hin, dass die Klägerin - insoweit unstreitig - zur Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils 35.000 € in bar als Sicherheitsleistung gezahlt hat. In ihre angeblich gewerbliche Tätigkeit habe sie demgegenüber bloß einen Bruchteil davon investiert. Dass die Klägerin niemals ernsthaft wirtschaftlich tätig gewesen sei, zeige sich ferner daran, dass sie, obwohl seit Markenanmeldung immerhin 18 Monate vergangen sind, - unstreitig - keine öffentliche Kundenbewertung bei Google hat. Derartige Bewertungen seien jedoch branchenüblich. Das bloße Vorhandensein einer Website genüge als Beleg für eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht, zumal - insoweit unstreitig - auf der Website keine Daten der Klägerin offengelegt werden und keine Eingabemaske vorhanden ist. Der Kunde wird nur aufgefordert, eine Mail zu schreiben. Die Fremdbeherrschung der Klägerin durch die B. GmbH werde weiter belegt durch den Umstand, dass die B. GmbH, wie deren abgegebene Unterlassungserklärung Anlage BK 2 zu erkennen gebe, wettbewerbswidrig gehandelt habe, von der Klägerin aber gerade als einzige nicht abgemahnt worden sei. Darüber hinaus sei selbst nach dem - im Einzelnen bestrittenen - Vorbringen der Klägerin zu den Abmahnungen und ihrer angeblichen finanziellen Ausstattung davon auszugehen, dass ihre Abmahntätigkeit im Februar bis April 2018 in keinem wirtschaftlichen Verhältnis mehr zu ihrer gewerblichen Tätigkeit gestanden habe. Ihre Jahresbilanz 2018, die längst hätte fertig gestellt sein müssen, lege die Klägerin wohlweislich nicht vor, da aus dieser der Kostenapparat der Klägerin erkennbar sei. Die Existenz des von der Klägerin behaupteten Darlehensvertrages vom 01.10.2017 zu dem genannten Zeitpunkt werde bestritten. Die Urkunde sei nachträglich gefertigt und rückdatiert worden. Dies gehe aus Ziffer 2 des Vertrages hervor, wonach keine Zinsen berechnet werden, da "zurzeit bei der Hausbank sogar Negativzinsen verlangt" würden. Im Herbst 2017 seien jedoch Negativzinsen für Privatkunden absolut unüblich gewesen. Diese hätte nur als Gedankenüberlegungen der Banken im Raum gestanden, seien allerdings in aller Regel nicht praktiziert worden. Selbst bei theoretischer Zugrundelegung des Darlehensvertrages zu den genannten Konditionen und den von der Klägerin selbst vorgetragenen Ausgaben für ein vermeintliches Firmenfahrzeug habe der Klägerin im Zeitpunkt der Abmahnungen allenfalls ein vermeintlicher Kreditbetrag von ca. 75.000 € zur Verfügung gestanden. Abgesehen davon habe die Klägerin selbst behauptet, sie hätte noch weitere - von ihr bestrittene - Aufwendungen mit dem Kredit finanziert. Hierzu fehlten jedoch konkrete Angaben, so dass die Angaben zu den Ausgaben weiterhin diffus seien. Unklar sei vor allem auch, welche Rechtsanwaltskosten abgerechnet und erstattet worden seien. Ebenso unklar sei die Einnahmenseite, die von der Klägerin nicht vernünftig dargelegt worden sei. Es könne insoweit allenfalls ein Betrag von ca. 2.000 € aus zwei Forderungskäufen angenommen werden. Die Einnahmen stünden in krassem Missverhältnis zu dem im Zeitpunkt der Abmahnung vorhandenen Prozesskostenrisiko, welches durch die in zeitlicher Nähe zueinander ausgesprochenen mindestens 16 Abmahnungen entstanden sei und schon für die erste Instanz ca. 96.000 € betragen habe.

Die Beklagte beantragt,

   das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 02.07.2019, Az. 22 O 46/18 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Die Anlage BK 2 rügt sie als verspätet.

Mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche verfolge sie keinerlei sachfremde Motive. Ihr beherrschendes Motiv sei gewesen, dass sie sich als junges Unternehmen in einem Markt, im dem sie online Marketing als wesentliche - und kurz nach Gründung womöglich einzige - Quelle für Kundengewinnung ausgemacht habe, sich der unzulässigen Werbung mancher etablierter Unternehmen gegenüber gesehen habe.

Sie habe sich im Januar/Februar 2018 nacheinander bei zwei verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien beraten lassen, ob bestimmte Werbearten und unterlassene Hinweise auf Provisionen von Anbietern von Fluggastentschädigungsdienstleistungen wettbewerbskonform seien. Beide Kanzleien seien unabhängig voneinander zu der Einschätzung gelangt, dass Wettbewerbsverstöße vorlägen. Die Kanzlei D. habe am 14.02.2018 und 15.02.2018 insgesamt vier der 35 Wettbewerber abgemahnt. Zwei der vier Abgemahnten hätten am 21./22.02.2018 außergerichtliche Unterlassungserklärungen abgegeben. In einem Fall sei am 05.03.2018 eine einstweilige Verfügung erstritten worden, auf die vom Antragsgegner eine Abschlusserklärung abgegeben worden sei. In einer Sache habe es nach Widerspruch der gerichtlichen Feststellung bedurft, dass die Klägerin im Recht gewesen sei. Aufgrund dieser Reaktionen bzw. der positiven Bestätigungen ihrer Rechtsauffassung habe der sodann beauftragte hiesige Klägervertreter weitere Google-Werbungen und Websites geprüft und im März 2018 weitere zwölf Anbieter abgemahnt, und zwar am 06.03.2018, 09.03.2018, 14.03.2018, 16.03.2018, 19.03.2018 und 26.03.2018. Die zeitlich nächste und damit fünfte Abmahnung sei die der Beklagten gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe das Prozesskostenrisiko bloß in dem Verlust des zuvor genannten Gerichtsverfahrens in Folge des Widerspruchs sowie in dem Verfahren gegen die Beklagte selbst bestanden. Von den zwölf Abgemahnten hätten acht außergerichtlich eine Unterlassungserklärung abgegeben und die Anwaltskosten erstattet. Abgesehen davon, dass (nur) 16 Abmahnungen mit einer sog. Massenabmahnung nichts zu tun hätten, reiche eine solche gestufte und nicht in engem zeitlichen Kontext stehende Abmahntätigkeit auch gar nicht aus, um eine Sittenwidrigkeit festzustellen. Bei den Abmahnungen durch den Klägervertreter seien zudem jeweils 25.000 € Gegenstandswert angesetzt worden. Bei den verschiedenen Abmahnungen sei es nicht um gleichartige Rechtsverstöße gegangen, sondern in jedem Fall sei anhand der Einzelfallwerbung des Wettbewerbers geprüft worden, ob eine Abmahnung angezeigt sei oder nicht. Grundlage für die Beurteilung der jeweiligen online-Werbung sei stets die Stellungnahme der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 gewesen. Materiell habe die Klägerin stets obsiegt. In drei Fällen hätten die Abgemahnten um Herabsetzung des Streitwerts gebeten, worauf hin die Klägerin eine Kürzung der entstandenen außergerichtlichen Abmahnkosten akzeptiert habe. Bisher habe sie, die Klägerin, auch nur in einem Verfahren die Verwirkung einer Vertragsstrafe geltend gemacht. Sofern der Klägervertreter bei der Inanspruchnahme eines Wettbewerbers oder der Zustellung eines gerichtlichen Titels einen Fehler gemacht habe, sei dies der Klägerin nicht in Rechnung gestellt worden.

Ihre finanzielle Ausstattung im Zeitpunkt der Abmahnungen sei über ein Gründungsdarlehen ihrer alleinigen Geschäftsführerin gewährleistet gewesen. Mit Darlehensvertrag vom 01.10.2017 sei ihr eine zeitlich unbefristete Kreditlinie gewährt worden, bis sie aus eigener Kraft ausreichende Liquidität für den Ausbau der Geschäftsaktivitäten habe. Dass dieser Zustand noch nicht nach wenigen Monaten und vor allem nicht am 06.03.2018, dem Tag der Abmahnung der Beklagten, eingetreten sein konnte, sei unstreitig. Ohnehin sei es für das Start-Up weder geplant noch realistisch gewesen, im Gründungsjahr die Gewinnschwelle zu erreichen. Mit der zur Verfügung gestellten Kreditlinie seien beispielsweise Aufwendungen für Vertriebs- und Marketingmaßnahmen, Entschädigungszahlungen an Flugreisende, die Entwicklung eines Kundenmanagementsystems in Asien, online Werbungen und der Kauf eines Firmenfahrzeuges getätigt worden. Im Zeitpunkt der Abmahnung der Beklagten habe aus dieser Kreditlinie noch ein Betrag von ca. 70.000 € zur Verfügung gestanden. Zudem wäre die Kreditlinie, wenn es erforderlich gewesen wäre, auch wieder aufgeladen worden, auch über die im Darlehensvertrag genannten 100.000 € hinaus.

Überdies sei die Beklagte nicht schutzwürdig. Bei ihr handele es sich um einen intransparenten Anbieter, der trotz Verurteilung auch zwei Jahre nach der Abmahnung weiterhin wettbewerbswidrige Werbung schalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2020 verwiesen.




II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin gegen die Beklagte wegen irreführender Werbung einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 2 UWG, einen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB sowie einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gem. § 9 UWG zugestanden und die Schadenersatzpflicht der Beklagten festgestellt.

1) Die Klage ist zulässig. Der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG greift nicht durch. Der Senat kann nicht feststellen, dass das beherrschende Motiv der Klägerin bei der Geltendmachung der Ansprüche sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind.

Anhand welcher Indizien ein solches sachfremdes Motiv bei eingehender Prüfung und Abwägung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls angenommen werden kann, hat der Senat im Einzelnen im Hinweisbeschluss vom 14.04.2020 ausgeführt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Erläuterungen Bezug genommen. Unter Berücksichtigung der dort dargestellten Grundsätze kann der Senat weder unter dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit der Abmahntätigkeit im Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit noch unter dem Gesichtspunkte der Geltendmachung des Anspruchs als "Strohmann" ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin feststellen.

a) Bei der gebotenen Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände lässt sich nicht feststellen, dass die Abmahntätigkeit der Klägerin in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu ihrer gewerblichen Tätigkeit stand. Diesbezüglich war zwar zwischenzeitlich die Vermutung der Prozessführungsbefugnis erschüttert worden. Die Klägerin hat jedoch nach dem Hinweisbeschluss des Senats vom 14.04.2020 letztlich substantiiert Gründe dargetan, die gegen einen Missbrauch sprechen, und damit ihrer sekundären Darlegungslast Genüge getan. Der Beklagte hätte es deshalb oblegen, (weitere) Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich ein Rechtsmissbrauch ergibt. Dies ist indes nicht geschehen.

aa) Die Klägerin hat zwar bereits ca. fünf Monate nach ihrer Eintragung als UG im Oktober 2017 bzw. ca. drei Monate nach ihrer Umfirmierung als GmbH im Januar 2018 und ca. einen Monat nach Aufnahme ihrer geschäftlichen Aktivitäten die Onlinewerbung von 35 Wettbewerbern aktiv ohne einen spezifischen Anlass auf Konformität mit wettbewerbsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Bekanntmachung der Kommission vom 09.03.2017 (Anlage K 9) überprüft bzw. überprüfen lassen und jedenfalls 16 von ihnen in einem Zeitraum von (maximal) sechseinhalb Wochen (Februar/März 2018) abmahnen lassen. Die Abmahnung etwas weniger als der Hälfte der bekannten Marktteilnehmer erfolgte mithin in einer Phase, in welcher die Klägerin nach eigenem Vorbringen aus eigener Kraft noch nicht über eine ausreichende Liquidität für den Ausbau der Geschäftsaktivitäten verfügte. Dies mutet auf den ersten Blick merkwürdig an. Auch wenn es einem Start-Up bzw. einem neu in den Markt eintretenden Unternehmen nicht verwehrt ist, (etablierte) Mitbewerber wegen Verstößen gegen das UWG abzumahnen, und zudem das Vorhandensein eigenen Vermögens in einer bestimmten Größenordnung nicht per se eine Voraussetzung für die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs ist, so gebietet es die wirtschaftliche Vernunft doch in der Regel, in der Anfangsphase eines Unternehmens den Schwerpunkt der eigenen Bemühungen nicht auf die kostenverursachende Verfolgung etwaiger fremder Rechtsverstöße, sondern auf die eigene geschäftliche Tätigkeit zu legen. Vor allem dann, wenn für das Unternehmen, wie die Klägerin selbst vorträgt, weder geplant noch realistisch war, im Gründungsjahr die Gewinnschwelle zu erreichen, und darüber hinaus, wie im Hinweisbeschluss des Senats vom 14.04.2020 ausgeführt, für die ersten vier Monate des Jahres 2018 aus Forderungskaufverträgen allenfalls ein Betrag von 2.300 € für die Klägerin verblieb. Einen darüber hinaus gehenden Gewinn hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Sie hat überdies ausdrücklich abgelehnt, die Jahresbilanz 2018 zur Akte zu reichen, wobei sie insoweit – da dies eine Tatsache in/aus ihrer eigenen Sphäre ist – prozessual unzulässig mit dem Zusatz „sollte sie denn vorliegen“ offen ließ, ob/dass sie über diese Jahresbilanz verfügt.

bb) Diesen Bedenken steht indes zunächst ein nennenswertes wirtschaftliches Interesse der Klägerin an der Rechtsverfolgung gegenüber. Obgleich die Klägerin lediglich vorbringt, als Neueinsteigerin geradezu ein Recht auf ein wettbewerbskonformes Verhalten der etablierten Unternehmen zu haben, ohne konkret darzutun, aufgrund welcher Umstände davon auszugehen ist, dass sie Kunden hätte gewinnen können, wenn die Abgemahnten die ihnen vorgeworfenen Handlungen nicht begangen hätten, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass dies nicht außerhalb der Lebenserfahrung liegt. (Potentielle) Kunden, die online auf der Suche nach einem Dienstleister sind, der ihnen bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach der Fluggastrechte-VO behilflich sein soll, können sich einem Unternehmen zuwenden, welches in irreführender Weise mit einem höheren Auszahlungsbetrag wirbt. Der Absatz der (online werbenden) Klägerin kann dadurch behindert werden und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin diese Kunden bzw. einen Teil davon gewinnen könnte, wenn die Wettbewerber ohne den genannten Verstoß (online) werben und den Kunden mitgeteilt wird, dass sie eine Provision (in einer bestimmten Höhe) verlangen, welche von dem möglichen Entschädigungsbeitrag abgezogen wird, so dass sich der Auszahlungsbetrag an die Kunden im Vergleich zum möglichen Entschädigungsbetrag auf jeden Fall verringert.

cc) Auch wenn der Verweis der Klägerin auf die (vermeintlich) geringe Gesamtanzahl von Abmahnungen nicht verfängt, da es keine "Mindestanzahl" von Abmahnungen gibt, die erreicht werden müsste, bevor überhaupt in die Prüfung einer rechtsmissbräuchlichen Abmahntätigkeit eingetreten werden könnte, sondern es stets auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, und insoweit auch nicht aus dem Blick verloren werden darf, dass bei einer Gesamtanzahl von 35 Wettbewerbern maximal diese Anzahl abgemahnt werden kann, so spricht für ein wirtschaftlich vernünftiges Verhalten nach den genannten Maßstäben auch das von der Klägerin vorgetragene gestufte Vorgehen.

Die Klägerin hat unter Vorlage der Anlagen BB 7 - BB 17 substantiiert vorgetragen, dass sie zwei voneinander unabhängige Rechtsanwaltskanzleien mit der Abmahnung der verschiedenen Wettbewerber beauftragt hat. Während die Anlagen BB 7 - BB 9 von der Kanzlei D. stammen, handelt es sich bei den übrigen Anlagen um Schreiben der Kanzlei des hiesigen Klägervertreters.

Die Abmahnungen sind überdies zeitlich gestaffelt in den Monaten Februar und März 2018 ausgesprochen worden. Die Klägerin hat konkrete Daten (15.02.2018, 20.02.2018, 06.03.2018, 09.03.2018, 14.03.2018, 16.03.2018, 19.03.2018 und 26.03.2018) genannt, an denen sie die verschiedenen Wettbewerber abgemahnt hat. Auch wenn sie diese - von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen - Daten schriftsätzlich nicht näher spezifiziert und insbesondere keine Zuordnung der Abgemahnten zu den angegebenen Daten vorgenommen hat, so lässt sich den zur Akte gereichten Anlagen BB 7 - BB 9 entnehmen, dass die Kanzlei D. die "E. GmbH" am 15.02.2018, die "F. GmbH" vor dem 20.02.2018 und die "G. GmbH" vor dem 05.03.2018 abgemahnt hat. Die Abmahnung der Beklagten durch den hiesigen Klägervertreter erfolgte - unstreitig - am 06.03.2018. Aus den Anlagen BB 10 - BB 17 ergibt sich immerhin, dass die damit belegten Unterlassungserklärungen dieser abgemahnten Wettbewerber allesamt zu Zeitpunkten abgegeben worden (19.03.2020, 20.03.2020, 27.03.2020, 29.03.2020, 05.04.2018) sind, die mit den Angaben zu den - überwiegend davor liegenden - Abmahndaten korrespondieren.



Die Abmahnung der Beklagten ist ausweislich der Anlagen BB 7 - BB 9 überdies erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die "E. GmbH" und die "F. GmbH" jeweils bereits Unterlassungsverpflichtungserklärungen nebst Kostenübernahme abgegeben hatten und gegenüber der "G. GmbH" bereits eine einstweilige Verfügung (Landgericht Duisburg, Az. 22 O 16/18) erwirkt worden war. Die Klägerin hatte gegenüber diesen Wettbewerbern mithin ihre Ansprüche bereits erfolgreich geltend gemacht und war in ihrer Rechtsauffassung bestätigt worden.

dd) Dass die Klägerin mit Abmahnungen ein Kostenrisiko erzeugte, welches wirtschaftlich in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrer finanziellen Ausstattung stand und/oder existenzbedrohend für sie gewesen wäre, lässt sich letztlich nicht feststellen.

Die für die missbräuchliche Geltendmachung der Ansprüche darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass im Falle von 16 Abmahnungen innerhalb eines Monats ein Prozesskostenrisiko in Höhe von ca. (jedenfalls) 90.000 € entsteht, welches in einem krassen Missverhältnis zu dem Betrag von ca. 2.300 € steht, den die Klägerin in den ersten vier Monaten des Jahres 2018 aus Forderungskaufverträgen nachweislich maximal erlangt haben kann. Die insoweit sekundär darlegungsbelastete Klägerin hat nach dem Hinweisbeschluss des Senats vom 14.04.2020 jedoch substantiiert dargetan, dass im maßgeblichen Zeitpunkt das Prozesskostenrisiko geringer war und zudem eine finanzielle Absicherung der Klägerin aufgrund des mit ihrer Geschäftsführerin geschlossenen Darlehensvertrags vom 01.10.2017 (Anlage BB 3) vorhanden war.

aaa) Am Tag der Abmahnung der Beklagten, dem 06.03.2018, bestand jedenfalls hinsichtlich der Abmahnungen der "E. GmbH", der "F. GmbH" und der "G. GmbH" kein zu berücksichtigendes Prozesskostenrisiko mehr. Wie die Klägerin unter Vorlage der Anlagen BB 7 - BB 9 vorgetragen hat, hatten am 06.03.2018 die "E. GmbH" und die "F. GmbH" bereits eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben und gegen die "G. GmbH" war bereits eine einstweilige Verfügung erwirkt worden. Greifbare Anhaltspunkte insbesondere dafür, dass wegen eines (zukünftigen) Verstoßes gegen die Unterlassungserklärungen die Verwirkung einer Vertragsstrafe außergerichtlich und/oder gerichtlich geltend gemacht werden müsste, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

Da ebenso wenig Tatsachen dargetan oder sonst wie zu erkennen sind, aus denen hervorgehen könnte, dass die Klägerin mehr als die von ihr genannte Anzahl (16) Abmahnungen ausgesprochen hat, sind nach Abzug der drei genannten Abmahnvorgänge maximal 13 Abmahnungen noch für die Bestimmung des Prozesskostenrisikos relevant. Ob sich die zu berücksichtigende Anzahl, wie die Klägerin behauptet, auf zwei reduziert, weil es sich bei der Abmahnung der Beklagten nach ihrem Vorbringen um die fünfte Abmahnung gehandelt hat und die übrigen Abmahnungen erst danach ausgesprochen worden sind, oder ob aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs der Abmahnungen sämtliche Abmahnungen in die Betrachtung einzustellen sind, kann letztlich dahinstehen. Selbst dann, wenn die maximale Anzahl von 13 Abmahnungen zugrunde zu legen ist, kann nicht festgestellt werden, dass mit dieser Anzahl ein im Verhältnis zur finanziellen Ausstattung der Klägerin existenzbedrohender Verfolgungsaufwand verbunden ist.

bbb) Bezüglich jeder Abmahnung ist von einem Gegenstandswert von 25.000 € auszugehen. Die Klägerin hat diesen Wert (als Maximum) vorgetragen; die Beklagte hat keine Tatsachen dargetan, die dafür streiten, dass von einem höheren Gegenstandswert auszugehen wäre. Bezogen auf ein erstinstanzliches Verfahren bestand bei 13 Abmahnungen mithin ein Prozesskostenrisiko in Höhe von ca. 76.600 €. Dass dieses Risiko in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zur finanziellen Ausstattung der Klägerin stand, lässt sich nicht feststellen.

Zwar lässt sich, wie bereits ausgeführt, aus dem Vorbringen der Klägerin zu ihrem Gewinn mit ihrer gewerblichen Tätigkeit kein Betrag entnehmen, der im Ansatz die Summe dieses Prozesskostenrisikos decken würde. Die Klägerin hat hierzu nicht mal eine konkrete Zahl genannt und auch keine Urkunden vorgelegt, aus denen sich mehr als der im Hinweisbeschluss vom 14.04.2020 genannte Betrag ergibt bzw. ergeben könnte. Der Jahresabschluss 2017 ist augenscheinlich nicht aussagekräftig für einen etwaigen Gewinn im Jahr 2018; der Jahresabschluss 2018 wurde nicht vorgelegt. Die Klägerin hat aber unter Vorlage des Darlehensvertrages vom 01.10.2017 (Kopie als Anlage BB3 zur Akte gereicht) substantiiert dargetan, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt nicht entgegen eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers Rechtsverfolgungskosten auf sich genommen hat, die ihre wirtschaftliche Existenz bedrohten.

Dem Vortrag der Klägerin zufolge, der durch die vorgelegte Darlehensvertragsurkunde gestützt wird, gewährte ihre alleinige Geschäftsführerin ihr am 01.10.2017 ein Darlehen zur Anlauffinanzierung, indem sie fortlaufend liquide Mittel zur Verfügung stellte, damit eine Zahlungsunfähigkeit vermieden wird (Ziffer 1 des Darlehensvertrages), wobei das Darlehen auf Anforderung zur Verfügung gestellt wird (Ziffer 3 des Darlehensvertrages) und die voraussichtliche Darlehenssumme auf 100.000 € beschränkt ist (Ziffer 4 des Darlehensvertrages).

Dieses Darlehen umfasste auch - wenn auch nicht vorrangig - die Bereitstellung von liquiden Mitteln zwecks Begleichung von Rechtsverfolgungskosten, die zur Absicherung der geschäftlichen Tätigkeit entstanden. Dies greift auch die Beklagte nicht an; sie meint lediglich, die Abmahnungen fielen "nicht zwingend" unter die geschäftliche Tätigkeit. Überdies hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass mit Hilfe dieses Darlehens die Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 € für das angefochtene Urteil gezahlt worden ist.

Die im Darlehensvertrag genannte Summe von 100.000 € stand der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen im März 2018 allerdings nicht (mehr) zur Verfügung. Wie die Beklagte zu Recht hervorhebt, behauptet die Klägerin selbst, bereits im Dezember 2017 mittels des Darlehens einen Firmenwagen erworben zu haben. Der Darlehensbetrag hierfür beläuft sich ausweislich des Jahresabschlusses 2017 (Anlage BB 4, S. 6) auf ca. 19.500 €. Die Kreditlinie hat sich des Weiteren dem Vortrag der Klägerin zufolge aufgrund der behaupteten Aufwendungen für Vertriebs- und Marketingmaßnahmen, Entschädigungszahlungen für Flugreisende, Entwicklung eines Kundenmanagementsystems in Asien und online Werbung weiter reduziert, und zwar auf einen Betrag in Höhe von ca. 70.000 €. Soweit der Klägerinnenvertreter in der mündlichen Verhandlung zunächst einen Betrag von ca. 40.000 € nannte, lag dem ein Fehlverständnis des Begriffs "Passiva" im Jahresabschluss 2017 zugrunde. Nach Rücksprache mit der Klägerin folgte die nachvollziehbare Erklärung, dass nach Abzug der Aufwendungen noch eine Kreditlinie in Höhe von ca. 70.000 € zur Verfügung stand. Tatsachen, die für eine deutlich geringe Kreditlinie sprechen, sind jedenfalls nicht dargetan oder sonst wie ersichtlich.

Angesichts dieses Darlehens und der gewährten Kreditlinie kann - auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Darlehen zu Schulden führt, die letztlich zurückgezahlt werden müssen sowie des Umstandes, dass das errechnete Prozesskostenrisiko insgesamt um einige tausend Euro höher als die noch zur Verfügung stehende Linie liegt - nicht von dem Schaffen einer existenzbedrohenden Situation infolge der Abmahntätigkeit ausgegangen werden. Das Darlehen sicherte auch die Rechtsverfolgungskosten ab. Diese sind bzw. wären zudem nicht zur Gänze zu einem gemeinsamen Zeitpunkt angefallen und zu begleichen gewesen. Das Darlehen wurde fürderhin unbefristet gewährt; die Rückzahlungskonditionen sind - mit Ausnahme der Zinslosigkeit - im Darlehensvertrag nicht vereinbart worden. Dafür, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Abmahnung davon ausgehen musste, dass sie die (eventuelle) errechnete Differenz von ca. 6.000 € zu gegebener Zeit nicht aufbringen kann, gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte. Demzufolge kann auch dahin stehen, ob die Geschäftsführerin, wie die Klägerin meint, bei Bedarf weiter und ggfs. über 100.000 € "aufgeladen" hätte, oder ob letzteres der Ziffer 4 des Darlehensvertrages widerspricht wie die Beklagte meint, welche jedoch außer Acht lässt, dass sich in dieser Ziffer 4 nicht nur die Formulierung "auf 100.000,00 € beschränkt" findet, sondern auch die Rede von der "voraussichtlichen" Darlehenssumme ist.

Soweit die Beklagte die Existenz des Darlehensvertrags am 01.10.2017 bestreitet und behauptet, er sei rückdatiert, bleibt dies ohne Erfolg.

Zur Begründung beruft sich die Beklagte (allein) auf Ziffer 2 des Darlehensvertrages, in welcher als Grund der zinslosen Darlehensgewährung ausgeführt wird, dass "zurzeit bei der Hausbank sogar Negativzinsen verlangt werden". Diese Formulierung wertet die Beklagte als Indiz für eine Rückdatierung, da Banken im Herbst 2017 über Negativzinsen überhaupt erstmal nachgedacht hätten, die Erhebung von Negativzinsen bei Privatkunden in jenem Zeitpunkt aber absolut unüblich gewesen sei. Soweit ersichtlich habe es außer einer süddeutschen Volksbank überhaupt keine Fälle gegeben, bei denen Banken und Sparkassen negative Zinsen verlangt hätten. Dies steht indes nicht zur Überzeugung des Senats fest. Die Beklagte hat zwar zwei Onlineberichte aus Juni bzw. September 2017 (Anlage BK 4) vorgelegt. Aus diesen folgt indes nur, dass es zu dem damaligen Zeitpunkt "noch keine Übung" gegeben haben soll bzw. dass "in der Regel" keine Negativzinsen verlangt worden sein sollen. Dass außer der süddeutschen Volksbank keine weitere Bank und/oder Sparkasse Negativzinsen von Privatkunden im Herbst 2017 verlangt hat, ist diesen Berichten demgegenüber nicht zu entnehmen. Darüber hinaus hat die Klägerin mehrere Onlineberichterstattungen aus Juni 2017 dargetan, denen zufolge bereits mehrere Banken und Geldinstitute von Privatkunden (unter bestimmten Voraussetzungen) Negativzinsen verlangt haben sollen. Diese Berichterstattung entkräftet mithin die von der Beklagten vorgelegten Anlagen. Des Weiteren kann auch nicht festgestellt werden, dass die Hausbank der Klägerin, nach deren Vorbringen die ... H., zu der Gruppe gehörte, die keine Negativzinsen von Privatkunden verlangten und/oder diese in Erwägung zogen. Die Beklagte hat hierzu nichts Konkretes vorgetragen. Und selbst wenn festzustellen wäre, dass im Herbst 2017 keine Bank bzw. Sparkasse (auch nicht die Hausbank der Geschäftsführerin) tatsächlich Negativzinsen von Privatkunden bereits verlangt hat, so wäre aus der Formulierung in Ziffer 2 nicht zwingend der von der Beklagten gezogene Schluss zu ziehen. Auch eine mehrfache Berichterstattung über die mögliche Erhebung von Negativzinsen durch verschiedene Geldinstitute kann dazu führen, dass eine Geschäftsführerin "ihrem" Unternehmen ein Darlehen gewährt, ohne hierfür Zinsen zu verlangen. Hinzu tritt, dass aus alledem nicht ersichtlich wäre, zu welchen Zeitpunkt denn stattdessen der Darlehensvertrag erstellt worden sein soll. Die Beklagte benennt hierfür keinen anderen - nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt liegenden - Zeitpunkt.

Gegen eine Rückdatierung spricht im Übrigen der von der Klägerin vorgelegte Jahresabschluss 2017 (Anlage BB4). Dieser weist in der Bilanz zum 31.12.2017 als "sonstige Verbindlichkeit" ein "Darlehen PKW (BMW) J." aus. Dieses basiert auf dem hier in Rede stehenden Darlehensvertrag, wie auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat.

ee) Da die Klägerin nach alledem ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, hätte es der Beklagten oblegen, (weitere) Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs wegen des genannten Gesichtspunkts darzulegen und dafür Beweis anzubieten. Die sekundäre Darlegungslast führt nämlich weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung der nicht beweisbelasteten Partei, dem Gegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Es wird "nur" im Rahmen des Zumutbaren das substanziierte Bestreiten der behaupteten Tatsachen unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt (BGH NJW 2020, 755; BGH GRUR 2014, 657 - BearShare; BGH NJW 2008, 982). Entspricht der Nichtbeweisbelastete seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der beweisbelasteten Partei, die von ihr behaupteten Tatsachen darzulegen und zu beweisen (BGH GRUR-RR 2017, 484 - Ego-Shooter; BGH GRUR 2017, 386 - Afterlife; BGH GRUR 2014, 657 - BearShare).

Letzteres ist indes nicht geschehen. Weitere Tatsachen sind seitens der Beklagten nicht vorgebacht worden. Sie hat sich auf ein Bestreiten der von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen (mit Nichtwissen) beschränkt und ferner auch keinen Beweis angeboten.

b) Bei der gebotenen Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände lässt sich ebenso wenig feststellen, dass die Klägerin nur ein "Vehikel" der B. GmbH ist und lediglich als "Strohmann" dieser die Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht. Die Feststellungen des Landgerichts hierzu sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.

aa) Unerheblich ist entgegen der Ansicht der Klägerin allerdings, dass der in dem Verfahren vor dem OLG Köln 6 U 139/18 von der dortigen Beklagten erhobene Rechtsmissbrauchseinwand ohne Erfolg geblieben ist. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung in dem dortigen Verfahren ist nur zu entnehmen, dass die dortige Beklagte "kürzlich in Erfahrung gebracht [habe], dass die Klägerin ihre Geschäfte über die Firma B. durchführen lasse." (Anlage BB 2, Bd. III, Bl. 537 GA). In dieser Protokollierung findet sich schon kein ausreichender Tatsachenvortrag, so dass nicht erkennbar ist, was im Einzelnen von der dortigen Beklagten vorgetragen worden sein soll, so dass allein das Protokoll keinen tragfähigen Schluss dazu zulässt, weshalb das OLG Köln dem Einwand den Erfolg versagt hat und ob dessen Gründe auf das hiesige Verfahren in irgendeiner Weise übertragbar sein könnten. Abgesehen davon deckt sich der dort protokollierte Einwand nicht mit dem Ansatz der hiesigen Beklagten. Während sie behauptet, die B. GmbH steuere und beherrsche die Klägerin, wurde in dem Verfahren vor dem OLG Köln ausweislich der Protokollierung behauptet, die Klägerin führe ihre Geschäfte über die B. GmbH.

bb) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die behauptete weitgehende Identität der Markenanmeldung, der AGB sowie der Satzungen der Klägerin und der B. nicht genügt. Beide Unternehmen sind auf demselben Markt tätig, so dass eine Anlehnung an oder auch die Übernahme von wesentlichen Teilen einer Markenanmeldung, der AGB und/oder der Satzung des anderen Unternehmens nachvollziehbar und als solches unverfänglich ist.

cc) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Vortrag der Beklagten zu Herrn K. für unerheblich gehalten.

Es bedurfte zwar keiner Unterstellung als wahr, weil die Klägerin die Behauptung, dass Herr K. sowohl Webadministrator der Klägerin als auch "Chief Operating Officer" der B. GmbH ist, nicht bestritten hat, § 138 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat nämlich lediglich die (vermeintlich unzutreffende) Ermittlung dieser Person sowie die Unleserlichkeit der (tatsächlich lesbaren) Anlage BK 12 eingewendet, eine Erklärung ihres Prozessbevollmächtigten zu dessen eigener persönlichen Unkenntnis vorgebracht und ausgeführt, es sei nicht ihre Aufgabe zu erklären, was ein "Chief Operation Officer" von B. (was auch immer das sein möge) in der Web-Administration der Klägerin mache. All dies ist kein Bestreiten der vorgebrachten Tatsachen.

Desgleichen mag auch der Ansatz des Landgerichts, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein "Chief Operating Officer" einer Firma daneben auch bei einer anderen Firma als Webadministrator tätig sei, für sich genommen zu kurz greifen. Denn die Tätigkeit des Herrn K. für beide Unternehmen führt zu einer Verbindung dieser beiden Unternehmen, was gerade deswegen seltsam anmutet, weil Herr K. nicht bei beiden Unternehmen die gleiche oder eine ähnliche Tätigkeit ausführt, sondern bei der B. GmbH als "Chief Operating Officer" und damit als leitender Manager tätig ist. Weshalb eine Person mit dieser Leitungsverantwortung zugleich Webadministrator eines anderen Unternehmens ist, welches ferner ein konkurrierender Wettbewerber ist, erschließt sich nicht ohne weiteres und ist auch nicht dargetan.

Trotzdem verfängt dieser Aspekt letztlich nicht. Von einem "Strohmann" kann nur dann gesprochen werden, wenn ein Anspruchsteller faktisch für einen Dritten bzw. an Stelle eines Dritten vorgeht, der das Verfahren im eigenen Interesse betreibt und maßgeblichen Einfluss auf es ausübt. Die schlichte Unterstützung durch einen Dritten genügt hierfür nicht. Erforderlich sind vielmehr weitere Umstände, die dafürsprechen, dass die Rechtsverfolgung nicht im Eigeninteresse, sondern (vorwiegend) im Fremdinteresse liegt. Eine derartige Fremdbeherrschung der Klägerin und eine von der B. GmbH nach ihren Interessen gesteuerte Rechtsverfolgung ergeben sich jedoch nicht aus der genannten Verbindung. Ein Webadministrator bestimmt nicht das geschäftliche Handeln eines Unternehmens. Bei der Klägerin und der B. GmbH handelt es sich überdies um rechtlich selbständige Unternehmen, deren geschäftsführende Organe nicht identisch sind.

dd) Aus der letztgenannten Überlegung folgt zugleich, dass auch die Behauptung der Beklagten, ein Journalist habe am 07.12.2018 den Geschäftsführer der B. GmbH, Herrn L., nach einer Verbindung zur Klägerin befragt, worauf es zu einer Abschaltung und Änderung der Website der Klägerin gekommen sei, nicht durchgreift. Selbst wenn die Website der Klägerin aus diesem Grunde abgeschaltet worden sein sollte, was die Klägerin bestreitet, und sodann später keine Nutzerdaten mehr betreffend Herrn K. (oder Herrn M.) auf der Website vorhanden waren, wäre damit zwar nicht mehr die Verbindung bzgl. der Webadministration sichtbar. Eine Fremdbeherrschung in der Weise, dass eigentlich die B. GmbH die Klägerin betreibt und maßgeblichen Einfluss auf sie ausübt, folgt daraus indes nicht. Abgesehen davon hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass und wann die Website wegen eines Updates von N. am 07.12.2018 bis zum 10.12.2018 sowie am 13.12.2018 und 20.12.2018 vorübergehend deaktiviert war. Deshalb hätte es nunmehr der Beklagten oblegen, Beweis für den von ihr behaupteten Grund der Abschaltung zu erbringen. Ihr Beweisangebot betrifft jedoch nur die Anfrage des Journalisten an Herrn L..

ee) Beizutreten ist dem Landgericht auch in der Überzeugung, dass kein nachvollziehbarer Grund dargetan oder ersichtlich ist, weshalb die B. GmbH sich der Klägerin bedienen sollte, um Mitbewerber abzumahnen, anstatt dies selbst zu tun. Soweit die Beklagte darauf hinweist, die B. GmbH wolle sich nicht die "Hände schmutzig machen", es gäbe zudem eine Zurückhaltung in der Branche bei Abmahnungen und die B. GmbH wolle verhindern, dass sie von anderen genau überprüft wird, um sich so im kollusiven Zusammenwirken mit der Klägerin einen eigenen Vorteil durch (weiterhin) unzulässige Werbung zu verschaffen, verfängt dies nicht. Diese Behauptungen sind allgemein gehalten; ein konkreter Tatsachenvortrag fehlt. Weder die behauptete Zurückhaltung noch der Umstand, dass (nur) eine Abmahnung (regelmäßig) eine Gegenabmahnung hervorruft, ist durch Tatsachen unterfüttert. Für letzteres streitet auch keine Vermutung. Dagegen spricht im Übrigen die von der Beklagten vorgelegte Anlage BK 2, aus der hervorgeht, dass die B. GmbH von einer Mitbewerberin abgemahnt worden ist. Von einer vorherigen Abmahnung seitens der B. GmbH ist dem Schreiben Anlage BK 2 nichts zu entnehmen. Von einem "Hände schmutzig machen" kann ferner bei der Verfolgung von Wettbewerbsrechtsverstößen keine Rede sein.

ff) Soweit die Beklagte zur Begründung ihres Einwandes behauptet, die fehlende Abmahnung der B. GmbH belege das kollusive Zusammenwirken der Klägerin mit der B. GmbH, überzeugt auch dies nicht.

Zunächst ist zwar zutreffend, dass die Klägerin die B. GmbH nicht abgemahnt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist jedoch nicht unstreitig, dass es sich bei der B. GmbH um das einzige Unternehmen gehandelt hat, dass - trotz Wettbewerbsverstoßes - von der Klägerin nicht abgemahnt worden ist. Dem Vortrag der Klägerin ist vielmehr zu entnehmen, dass sie von den sechs sogenannten "Sofortentschädigern" vier abgemahnt hat; mithin neben der B. GmbH noch eine weitere nicht.

Darüber hinaus kann aus dieser fehlenden Abmahnung der von der Beklagten gezogene Schluss nicht geteilt werden. Selbst wenn unstreitig wäre, dass die B. GmbH wettbewerbswidrig gehandelt hätte, oder wenn dies aus der - als solchen unstreitigen und damit nicht verspäteten - Anlage BK 2 folgen würde, die indes nur eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht enthält, müsste weiter festzustellen sein, dass der Klägerin im März 2018 ein Wettbewerbsverstoß vergleichbarer Art bekannt war. Dies ist zwischen den Parteien jedoch streitig. Die Anlage BK 2 bringt keinen Beweis für eine (positive) Kenntnis. Schon deshalb nicht, weil die Klägerin daran nicht beteiligt war und dieses Schreiben Verstöße aus Dezember 2018 zum Gegenstand hat. Konkrete Anhaltspunkte für eine Kenntnis (zu welchem Zeitpunkt) benennt die Beklagte nicht, Formulierungen wie "nur die Klägerin will davon nichts mitbekommen haben" helfen nicht. Es gibt keine Marktbeobachtungspflicht und es steht einem Wettbewerber grundsätzlich frei, wen er in Anspruch nehmen will.

gg) Das Landgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass auch die Gesamtschau der vorgetragenen Indizien nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung und damit zur Klage führen. Insbesondere zu der Frage des "beherrschenden, maßgeblichen" Einflusses der B. GmbH auf die Klägerin fehlt es an Tatsachen, die auch aus einer Gesamtschau nicht erwachsen.

2) Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG als Mitbewerberin aktivlegitimiert.

a) "Mitbewerber" ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.

"Unternehmer" ist entsprechend der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt. Entscheidend ist insoweit die tatsächliche Stellung im Wettbewerb. Erforderlich ist eine auf Dauer angelegte, selbstständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gewinnbringend zu vertreiben (BGH GRUR 1995, 697 - FUNNY PAPER), wobei die entsprechende unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und im Zeitpunkt der letzten Verhandlung noch nicht aufgegeben worden sein darf (BGH GRUR 2016, 1187 - Stirnlampen; BGH GRUR 1995, 697 - FUNNY PAPER).

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH GRUR 2017, 918 - Wettbewerbsbezug; BGH GRUR 2016, 828 - Kundenbewertung im Internet; BGH GRUR 2014, 1114 - nickelfrei).

b) Diese Voraussetzungen sind, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, erfüllt.

Die Klägerin versucht ebenso wie die Beklagte, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgleichsansprüchen von Fluggästen gegen Fluggesellschaften wegen Flugverspätung oder wegen Annullierung eines Fluges zu erbringen. Auch wenn die Klägerin hierbei den Fluggästen anbietet, die ihnen zustehenden Ausgleichsansprüche abzukaufen und die Beklagten für die Geltendmachung der den Fluggästen zustehenden Ansprüche eine Provision als Vergütung verlangt, kann der Absatz der einen den Absatz der anderen - wie bereits ausgeführt - stören bzw. behindern.

Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch als Unternehmerin anzusehen.




Die Klägerin betreibt unstreitig eine Website (Bd. III, Bl. 588 GA), verfügt über einen Flyer (Anlage K 1) und hat ebenso unstreitig am 18.02.2018 eine Marke angemeldet (Anlage K 3). Ihre Dienstleistungen bewirbt sie zudem mittels Google Adwords-Anzeigen (Anlagen K 2, K 16, Bd. II, Bl. 268 GA). Der von ihr behauptete und von der Beklagten bestrittene Betrag für diese Werbung in Höhe von 1.500 € ergibt sich jedenfalls bereits aus den Anlagen K 3, K 13 und K 16 (K 3: 290,00 €; K 13: 1.197,56 €; K 16: 349,00 €), so dass unerheblich ist, dass die Kosten für den Flyer nicht belegt sind (Bei der Anlage K 14 handelt es sich lediglich um ein Angebot, das sich zudem aufgrund der dort genannten Größen nicht auf den Flyer beziehen kann). Dass die Klägerin darüber hinaus auch tatsächlich Dienstleistungen für Fluggastrechte erbringt, belegen die von ihr vorgelegten Forderungskaufverträge vom 16.03.2018 und 26.04.2018 (Anlage K 10). All dies lässt die Feststellung zu, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Verletzungshandlung und auch heute noch in der Absicht geschäftlich tätig ist, ihre Dienstleistungen gewinnbringend anzubieten.

Hiergegen spricht letztlich weder, dass es sich bei dem Werbebudget der Klägerin nach Ansicht der Beklagten um einen "lächerlichen" Betrag handelt, der gegen einen nachhaltigen Eintritt in den Markt spreche, noch, dass die Klägerin nur eine geringe Anzahl an Forderungskaufverträgen vorgelegt hat. Letzteres ist zwar zutreffend. Eine "fortlaufende" Dokumentation tatsächlich erbrachter Dienstleistungen ist jedoch nicht notwendig, so lange es - wie vorliegend - keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Klägerin zwischenzeitlich ihre wirtschaftliche Betätigung endgültig eingestellt hätte oder aufgelöst worden ist (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf GRUR-RS 2019, 15512, wonach das Wettbewerbsverhältnis selbst bei Liquidation nicht ohne Weiteres erlischt).

Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin halte ihre Website nur noch für dieses Verfahren am Leben, ist nicht durch Tatsachen gestützt. Auch wenn die Website der Klägerin unstreitig keine Eingabemaske bereithält, sondern eine Kontaktaufnahme per Mail erforderlich ist, mag daraus abzuleiten sein, dass die Kontaktaufnahme mit der Klägerin schwieriger ist als mit anderen Anbietern. Es mag auch sein, dass der Durchschnittsverbraucher eher Online-Dienstleister auswählt, die ihm die Möglichkeit gewähren, etwaige eigene Ansprüche selbst zu ermitteln. Es ist jedoch weder dargetan noch sonst wie ersichtlich, dass aufgrund der notwendigen Kontaktaufnahme per Mail die Akquise von Kunden ausgeschlossen ist. Eine Einstellung der Tätigkeit und/oder die Auflösung der Klägerin lassen sich daraus schon gar nicht ableiten.

Dass die vorgelegten Anlagen nur einen geringen wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin beweisen, ist gleichfalls ohne Belang. Auch wirtschaftlich nicht erfolgreiche und/oder junge Mitbewerber können auf Dauer angelegte geschäftliche Handlungen im genannten Sinne vornehmen in der Absicht, dass sie Gewinn bringen. Ob sich die mit den ergriffenen Maßnahmen verbundenen wirtschaftlichen Erwartungen tatsächlich erfüllen und welches wirtschaftliche Geschick ein Unternehmer aufbringt, sind andere Fragen.

Der Beklagten kann ferner nicht in ihrer Einschätzung gefolgt werden, der aufgewendete Betrag für die Werbemaßnahmen sei "lächerlich" und belege, dass die Klägerin letztlich nicht an einem Markteintritt nachhaltig interessiert sei. Den weitaus überwiegenden Teil des Werbebudgets hat die Klägerin ausweislich der vorgelegten Anlagen binnen eines Monats aufgewendet. Sie hat darüber hinaus einen Flyer drucken lassen und eine Website erstellt, die auch heute noch online ist. Weitergehende tatsächliche Umstände, aus denen sich folgern ließe, dass der konkrete Betrag nicht ausreicht, um das Geschäft der Klägerin aufrechtzuhalten, sind nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Die Beklagte beziffert insbesondere nicht, welcher Betrag ihrer Ansicht nach denn überhaupt erforderlich ist, um sich "nachhaltig" am Markt zu etablieren. Abgesehen davon ist eine "nachhaltige Etablierung" nicht zwingend mit einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Betätigung gleichzusetzen.

Ohne Aussagekraft ist, dass die Klägerin keine (vermeintlich branchenüblichen) öffentlichen Kundenbewertungen bei Google erhalten hat, obwohl seit der Markenanmeldung mehr als 18 Monate vergangen sind. Derartige Kundenbewertungen sind unstreitig nur möglich, wenn ein Unternehmer bei Google ein "myBusiness Konto" eröffnet, was die Klägerin ebenso unwidersprochen nicht getan hat. Unabhängig davon hat die Klägerin unbestritten dargetan, dass selbst etablierte Unternehmen über Jahre hinweg nur eine, acht oder 28 Bewertungen bekommen haben (Anlagen BB 1 und BB 2).

3) Die drei streitgegenständlichen Werbungen der Beklagten - 1. Werbung auf der Website der Beklagten (Tenor Ziffer 1 a) des angefochtenen Urteils), 2. Werbung auf der Facebook-Seite der Beklagten (Tenor Ziffer 1b) des angefochtenen Urteils) und 3. Adwords-Anzeigen der Beklagten bei Google (Ziffer 1 c) des angefochtenen Urteils) - sind, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG.

a) Nach § 5 Abs. 1 S. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Mögliche Bezugspunkte der Irreführung sind nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG u.a. Angaben über die Art und Weise oder die Bedingungen, unter denen eine Dienstleistung erbracht wird.

Ob die geschäftliche Handlung unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält, richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglieds des angesprochenen Verkehrskreises (BGH GRUR 2004, 244 - Marktführerschaft), wobei maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht (BGH GRUR 2018, 320 - Festzins Plus; BGH GRUR 2015, 698 - Schlafzimmer komplett; BGH GRUR 2010, 352 - Hier spiegelt sich Erfahrung; BGH GRUR 2003, 361 - Sparvorwahl; BGH GRUR 2002, 976 - Kopplungsangebot I). Da es maßgeblich auf den Gesamteindruck einer Werbung ankommt, verbietet sich eine zergliedernde Betrachtungsweise, die einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung aus ihrem Zusammenhang reißt (BGH GRUR 2015, 698 - Schlafzimmer komplett; BGH GRUR 2003, 800 - Schachcomputerkatalog; BGH GRUR 1996, 367 - Umweltfreundliches Bauen; BGH WRP 1996, 1097 - Preistest). Vermittelt die Werbung insgesamt einen zutreffenden Eindruck, ist sie folglich wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, weil einzelne Stellen isoliert betrachtet täuschend wirken könnten (Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5 UWG Rn. 128 m. w. N.).

Mit Blick auf den Streit der Parteien verdienen die folgenden Konstellationen einer tiefergehenden Betrachtung:

aa) Liegt eine Blickfangwerbung vor, bei der im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben bildlich, farblich, graphisch oder sonst drucktechnisch besonders herausgestellt sind, um durch ihre Betonung die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs auf sich zu ziehen (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 5 UWG Rn. 1.85; Büscher, UWG 2019, § 5 Rn. 227; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5 UWG Rn. 133 m. w. N.), ist - abweichend vom oben genannten Grundsatz - eine isolierte Betrachtung geboten. Die Blickfangwerbung, die nach der konkreten Gestaltung der Werbung beim Verbraucher den Eindruck erwecken kann, dass sie das Angebot verlässlich beschreibt und alles Wesentliche damit gesagt ist, muss grundsätzlich bereits als solche wahr sein, weil sie vom sonstigen Inhalt der Werbung losgelöst wahrgenommen werden und damit eine Anlockwirkung ausüben kann, die allein schon den Leser veranlasst, dem Angebot näher zu treten.

Sie ist daher per se unzulässig, wenn sie für sich genommen schlichtweg falsch bzw. objektiv unrichtig ist (BGH GRUR 2012, 81 - Innerhalb 24 Stunden, "dreiste Lüge"; BGH GRUR 2009, 888 - Thermoroll; BGH GRUR 2002, 715 - Scanner-Werbung); ihre Korrektur durch einen aufklärenden Hinweis scheidet aus (BGH GRUR 2001, 78 - Falsche Herstellerpreisangabe; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020, § 5 UWG Rn. 1.89; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5 UWG Rn. 133).

Ist der Blickfang hingegen nicht grob falsch, sondern enthält er nur nicht alle Angaben, die für eine irrtumsfreie Erfassung durch den angesprochenen Verkehr erforderlich sind, kann der durch den Blickfang veranlasste Irrtum regelmäßig (nur) durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH GRUR 2018, 320 - Festzins Plus; BGH GRUR 2009, 1180 - 0,00 Grundgebühr; BGH GRUR 2003, 249 - Preis ohne Monitor). Hierfür sind nicht in jedem Fall ein Sternchenhinweis oder ein anderer klarstellender Hinweis an den isoliert irreführenden Angaben in der Werbung erforderlich. Genügen kann vielmehr ausnahmsweise eine andere korrigierende Aussage in der Werbung, wenn es sich um eine Werbung - etwa für langlebige und kostspielige Güter - handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nimmt (BGH GRUR 2018, 320 - Festzins Plus; BGH GRUR 2016, 207 - All Net Flet; BGH GRUR 2015, 698 - Schlafzimmer komplett). "Kurz und übersichtlich" gestaltet ist eine Werbung nur dann, wenn der Zusammenhang zwischen unrichtiger Blickfangangabe und aufklärendem Hinweis gewissermaßen "auf einen Blick" erkannt werden kann, weil beide Bestandteile in räumlicher Nähe stehen und die aufklärenden Informationen nicht in unübersichtlichem Text "versteckt" wird (BGH GRUR 2018, 320 - Festzins Plus; BGH GRUR 2016, 207 - All Net Flet; BGH GRUR 2015, 698 - Schlafzimmer komplett).

bb) Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Adwords-Anzeige irreführend ist, gilt es zu berücksichtigen, dass dem Werbenden für seine Werbeaussage nur ein ganz beschränkter Platz zur Verfügung steht. In Anbetracht dessen kann, wenn es sich nicht um eine objektiv unrichtige bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Angabe für die kein vernünftiger Anlass besteht ("dreiste Lüge") handelt, sondern es sich bei der beanstandeten Werbeaussage um eine erkennbar unvollständige Kurzangabe handelt, die ähnlich einer Überschrift dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, die irrtumsausschließenden Angaben mit Hilfe eines auf eine Internetseite verweisenden Links erfolgen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Angaben auf der sich öffnenden Internetseite vollständig und unmissverständlich sind (BGH GRUR 2012, 81 Rn. 14 f. - Innerhalb 24 Stunden; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 2.152).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen stellen sich die Werbungen der Beklagten auf ihrer Webseiten, auf ihrer Facebook-Seite und in ihren Adwords-Anzeigen auch bei einer gebotenen differenzierten Betrachtung allesamt als irreführend im genannten Sinne dar.

aa) Die drei streitgegenständlichen Werbungen ricchten sich an potentielle Kunden, die aufgrund einer Flugverspätung oder eines Flugausfalls daraus resultierende Entschädigungsansprüche gegen eine Fluggesellschaft geltend machen wollen. Die Erwartungen dieses Verkehrskreises, der aufgrund der weit verbreiteten Inanspruchnahme solcher Leitungen dem allgemeine Publikum entspricht, kann der Senat ohne weiteres selbst beurteilen.

bb) Die Werbeaussagen der Beklagten auf ihrer Webseite "250,00 € bis 600,00 € pro Person" und "... machen wir bis zu 600 €" sind irreführend.

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landdgerichts (Bd. II Bl. 340 GA) enthielt der Internetauftritt der Beklagten am 14.02.2018 u.a. die Angaben "250,00 € bis 600,00 € pro Person" sowie "... machen wir bis zu 600 €" und sah wie folgt aus:

[folgt eine Abbildung]

Nach den gleichfalls unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts (Bd. II, Bl. 340 GA) fand sich unter diesem Bild unter der Überschrift

   "So funktioniert`s"

in der rechten Spalte mit der Überschrift

   "Sie erhalten ihre Entschädigung"

der Text:

   "Ihr Geld ist da. Wir leiten ihre Entschädigung umgehend an sie weiter und behalten eine Erfolgsprovision von 20 bis 30 % zuzüglich Mehrwertsteuer ein. Haben wir keinen Erfolg, entstehen ihnen keine Kosten."

aaa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben

   "250,00 € bis 600,00 € Entschädigung pro Person"

und

   "... machen wir bis zu 600 €"

beim angesprochenen Verkehrskreis die Vorstellung hervorrufen, dass bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Beklagten bei Flugannullierungen und/oder Verspätungen eine Entschädigung bis zu 600,00 € pro Person ausgezahlt werden könne. Dies schließt die Vorstellung ein, dass jedenfalls in einem extremen Fall einer Flugverspätung oder einer Annullierung des Fluges die Auszahlung einer Entschädigung in Höhe von 600,00 € an den jeweiligen Fluggast erfolgen kann. Dafür, dass mit der Angabe von "250,00 € bis 600,00 €" bzw. "... bis zu 600 €" nur die Beträge angeführt werden (sollen), die eine Fluggesellschaft gegebenenfalls zahlt, nicht hingegen die Beträge, die der Fluggast tatsächlich erhält, bieten die Werbeaussagen keinen Anhalt.



Ebenso beizupflichten ist dem Landgericht darin, dass der angesprochene Verkehrskreis die streitgegenständliche Werbeaussage nicht als Hinweis auf die Entschädigungsregelungen der Verordnung EG 261/2004 (Fluggastrechte-VO) versteht. In der Werbung wird diese Verordnung nicht erwähnt; es findet sich auch keine irgendwie geartete Bezugnahme auf sie. Der Inhalt dieser Fluggastrechte-VO ist einem durchschnittlich informierten und verständigen Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises nicht bekannt. Er weiß deshalb auch nicht, dass die in der Werbung genannte Höchstsumme von 600,00 € die nach Art. 7 der Fluggastrechte-VO maximale Ausgleichssumme bei Nichtbeförderung und Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges ist.

Gleichfalls nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Landgerichts, dass das Verständnis des angesprochenen Verkehrs nicht mit den Tatsachen übereinstimmt. Dem Fluggast werden nämlich bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Beklagten tatsächlich nicht 600,00 € ausgezahlt, auch nicht in einem extremen Fall. Die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechte-VO ist auf maximal 600,00 € beschränkt. Für ihre Dienstleistungen zieht die Beklagte unstreitig im Erfolgsfall eine Provision in Höhe von 20 - 30 % zuzüglich Mehrwertsteuer von der Entschädigung ab, so dass bei Leistung einer Entschädigung seitens der Fluggesellschaft in Höhe von 600,00 € an den Fluggast höchstens 456,00 € ausgezahlt werden. Die streitgegenständlichen Werbeaussagen sind demnach objektiv unzutreffend bzw. schlichtweg falsch.

Dem steht der Einwand der Beklagten, der angesprochene Verkehrskreis wisse, dass die Beklagte nicht unentgeltlich tätig werde, ebenso sei ihm bekannt, dass alle Anbieter Provisionen verlangen würden, nicht entgegen. Selbst wenn beides zugunsten der Beklagten angenommen würde, würde dies nicht die Feststellung erlauben, dass die konkret beanstandete Werbeaussage so verstanden wird, dass sie mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Angesichts der Aussagen "250,00 € bis 600,00 € Entschädigung pro Person" und "... machen wir bis zu 600,00 €" führt das grundsätzliche Wissen um eine Vergütung der Beklagten den angesprochenen Verkehrskreis - der im Übrigen keine Kenntnis von der konkreten Höhe der Provisionen der Beklagten hat - nur zu dem Verständnis, dass auch im Erfolgsfall bei einem extremen Fall von Flugverspätung und/oder Flugannullierung nach Abzug einer Vergütung der Beklagten an den Fluggast letztlich 600,00 € ausgezahlt werden. Er geht davon aus, dass die Beklagte eine ihr - bei berechtigter Geltendmachung einer Forderung - zustehende Provision bei der Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft "einpreist", in dem gegenüber dieser eine Forderung in Höhe von 600,00 € plus Provision geltend gemacht wird, so dass für den Fluggast selbst letztlich 600,00 € "übrig bleiben". Dass der Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruch infolge der Fluggastrechte-VO auf maximal 600,00 € begrenzt ist, ist, wie ausgeführt, nicht bekannt (Ähnlich: OLG Köln, Beschluss v. 03.06.2019, 6 U 80/19, Bd. III, Bl. 554 GA).

Schließlich ändert auch - wie das Landgericht ebenso zutreffend angenommen hat - der Umstand, dass die Fluggesellschaft C. nach dem Vortrag der Beklagten Doppelzahlungen leistet, nichts an der konstatierten Irreführung. Selbst wenn die Fälle von C. wie vorgetragen fast 20 % des Gesamtgeschäftes der Beklagten ausmachen würden, verblieben noch 80 %, in denen auch nach dem Vortrag der Beklagten keine Chance auf eine Doppelzahlung und damit auf einen tatsächlichen Auszahlungsbetrag von 600,00 € bestünde. Einen Hinweis auf eine etwaige unterschiedliche Behandlung der Fälle ist der streitgegenständlichen Werbung nicht zu entnehmen. Darüber hinaus - und dies ist entscheidend - beruhen die Doppelzahlungen auf einem atypischen Regulierungsverhalten der Fluggesellschaft. Sie entsprechen nicht Art. 7 Fluggastrechte-VO. Ihr Grund liegt nach dem Vortrag der Beklagten vielmehr darin, dass die AGB der Fluggesellschaft C. mit Blick auf Verbotsklauseln für Abtretungen von Ansprüchen unzutreffend waren. Dass es hierauf für die - ohne jede Einschränkung - angepriesene Entschädigung "bis zu 600,00 €" ankommt, ist der streitgegenständlichen Werbung nicht zu entnehmen.

bbb) Die Werbeaussagen sind blickfangmäßig herausgestellt.

Das oben eingeblendete Bild ist das zentrale Element der Website der Beklagten. Auf diesem Bild findet sich auf der rechten Seite neben der Frau ein Rechteck, das an eine Sprechblase erinnert. Die Hintergrundfarbe dieses Rechtecks ist ein kräftiges blau, wodurch es sich vom Bild und auch dem auf der linken Seite befindlichen überwiegend in grün gehaltenen Block deutlich absetzt. Die Aufmerksamkeit des Internetnutzers wird hierdurch umgehend auf das blaue Rechteck gelenkt, in dem in weißer, gut lesbarer Schrift die angegriffene Werbeaussage"... machen wir bis zu 600,00 €" steht. Dieser Text ist kurz und springt aufgrund seines farblichen Kontrastes zum Hintergrund dem Nutzer direkt ins Auge. Der Blick des Internetnutzers wird zudem auf den überwiegend in grün gehaltenen Block gelenkt, der einen wesentlichen Teil der linken Seite des Bildes überdeckt. Das Grün ist kräftig und der darin befindliche Text sticht aufgrund der weißen Schriftfarbe hervor. Auch wenn in dem Block der Satz "Mit dem Marktführer zur Entschädigung" die größte Schriftgröße aufweist, nimmt der Betrachter ohne Weiteres auch die darunter stehende Aufzählung zur Kenntnis. Es werden lediglich drei Stichpunkte aufgezählt, wobei die Aussage "250,00 € bis 600,00 € Entschädigung pro Person" im ersten Punkt steht. Die Schriftgröße ist so gewählt, dass der Text ohne Schwierigkeiten zu lesen ist. Erhöht wird die Aufmerksamkeit durch die am Anfang der Stichpunkte befindlichen Haken (...), die an eine "Checkliste" erinnern.

Dem Parteivorbringen ist zudem zu entnehmen, dass bei einem Aufruf der Internetseite der Beklagten am 14.02.2018 zunächst nur das Bild auf der Startseite zu sehen ist, nicht aber die darunter stehende Grafik mit dem oben erwähnten Hinweis zur Provision. Diese konnte der Internetnutzer erst beim Runterscrollen zur Kenntnis nehmen.

ccc) Die blickfangmäßig gestalteten Aussagen sind, wie ausgeführt, objektiv unzutreffend. Es handelt sich nach den oben dargestellten Grundsätzen auch um eine "dreiste Lüge". Die eindeutig falsche Angabe ist leicht zu vermeiden. Ein vernünftiger Anlass für die schlichtweg unzutreffende Angabe ist nicht zu erkennen. Er ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte den angesprochenen Verkehrskreis erst mal über nach der Fluggastrechte-VO bestehende Ansprüche informieren möchte. Selbst wenn eine derartige Information seitens der Beklagten zu wünschen oder gar zwingend vorzunehmen wäre, bestünde keine Notwendigkeit, diese Information in irreführender Weise vorzunehmen. Es bedarf für eine dahingehende Information insbesondere nicht der streitgegenständlichen Aussagen, die der angesprochene Verkehrskreis im Übrigen, wie bereits ausgeführt, gar nicht als Information über die Fluggastrechte entsprechend der Verordnung versteht.

Aus dem Gesagten erschließt sich ferner, dass es sich bei den beanstandeten Werbeaussagen nicht (nur) um erkennbar unvollständige Kurzangaben handelt. Die Frage, ob der mit ihnen veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden kann, der im Übrigen selbst in irgendeiner Form am Blickfang hätte teilhaben müssen, stellt sich demnach nicht.

cc) Die Werbeaussage auf der Facebook-Seite der Beklagten "Mit A. bis zu 600 € Entschädigung sichern!" ist ebenfalls irreführend.

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts (Bd. II, Bl. 340 GA) ist die Facebook-Seite der Beklagten wie folgt gestaltet:

[folgt eine Abbildung]

Die Seite setzt sich wie folgt fort:

[folgt eine Abbildung]

aaa) Bei der unter dem Reiter "Info" stehenden Angabe "mit A. bis zu 600 € Entschäddigung sichern!" handelt es sich um eiine Werbeaussage, die objektiv unzutreffend ist. Denn auch dieser Satz ruft bei dem angesprochenen Verkehr die Vorstellung hervor, dass an den Fluggast selbst jedenfalls in einem extremen Fall von Flugverspätung oder Annulierung 600,00 € ausgezahl werden können. Dies entspricht, wie bereits ausgeführt, nicht den Tatsachen.




bbb) Es handelt sich allerdings nicht um eine Blickfangwerbung. Die beanstandete Aussage ist nicht herausgehoben. Der Satz ist unstreitig in derselben Schriftgröße wie der übrige Text auf der rechten Seite der Facebppk-Seite und insbesondere wie der Text unter "Info" gehalten (Die Unterschiede bei den obigen Einblendungen sind auf den Scan der Anlage zurückzuführen). Die Schriftfarbe ist schwarz und damit in derselben Farbei wie der übrige Text. Nur die Mailadresse und die Adresse der Webseite sind in blauer Farbe gehalten, so dass diese Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nicht aber der Text in schwarzer Farbe, der ferner in der Schriftart mit dem übrigen Text übereinstimmt. Auf der Facebook-Seite befindet sich auch nicht nur die beanstandete Werbeaussage, sondern sowohl Angaben zu den "Aufgaben" und auch zum "Impressum". Auf der linken Seite der Facebook-Seite sind zudem grau hinterlegt weitere Reiter, die eine größere Schriftgröße aufweisen, zu erkennen. Angesichts dessen fehlt es an einer farblichen, graphischen, bildlichen oder sonst wie hervorgehobener Stellung der Werbeaussage. Sie vermittelt folglich auch nicht den Eindruck, mit ihr sei "alles Wesentliche gesagt".

ccc) Der angesichts dessen maßgebliche Gesamteindruck der angesprochenen Werbung führt jedoch zur Feststellung einer Irreführung.

Zwar wird der durchschnittliche Internetnutzer, der es u.a. gewöhnt ist, auf einer Facebook-Seite zu scrollen, zur Kenntnis nehmen, dass es zum einen unter der Überschrift "Auszeichnungen" 18 Zeilen später heißt: "A. erhält nur bei erfolgreicher Durchsetzung des Falles eine Erfolgsprovision". Zum anderen liest er unter der Überschrift "Unternehmensübersicht" den Satz "Nur wenn A. erfolgreich ist, zahlst Du eine Provision." Beides führt jedoch nicht zu einem Verkehrsverständnis, das mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Der Irrtum, der durch den beanstandeten Satz "Mit A. bis zu 600 € Entschädigung sichern!" hervorgerufen wird, wird hierdurch nämlich nicht in der gebotenen Weise korrigiert oder aufgeklärt. Der Hinweis auf die Provision unter "Auszeichnungen" macht nicht deutlich, dass die Erfolgsprovision eine Auswirkung auf den Auszahlungsbetrag an den Fluggast hat und dass diese Provision von den angepriesenen 600,00 € abgezogen wird. Letzteres kann allerdings der Erläuterung unter "Unternehmensübersicht" entnommen werden, denn die Aussage "zahlst Du" verdeutlicht, wer die Provision zu zahlen hat. Der verständige Durchschnittsverbraucher wird daraus den Schluss ziehen, dass der Fluggast provisionspflichtig ist und folglich die Provision von "seinem" Entschädigungsbetrag einbehalten wird. Er ist jedoch im Unklaren über die Höhe der Provision der Beklagten und kennt überdies nicht die Anspruchsbegrenzung nach Art. 7 Fluggastrechte-VO. Er versteht deshalb auch mit den allgemeinen Hinweisen auf eine Erfolgsprovision der Beklagten die beanstandete Werbung nicht dahingehend, dass an den Fluggast maximal eine Entschädigung in Höhe von 456,00 € ausgezahlt wird.

dd) Die Google-Adwords-Anzeigen der Beklagten (Bd. i, Bl. 3 GA), von denen nachsthend eine beispielhaft eingeblendet wird, sind ebenfalls irreführend.

[folgt eine Abbildung]

Die Werbeaussage "Bis zu 600 € Entschädigung für Śie" bzw. "250 €-600 € für Sie" ist - wie bereits ausgefǘhrt - schlichtweg falsch. wobei das erläuterte Verständnis deś angsprochenen Verkehrs hier von dem ZUsatz "für Sie" noch verstärkt wird.

Dass der angesprochene Verkehr beim Klick auf die in den Adwords-Anzeigen den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts zufolge sofort auf eine "Landing-Page" der Beklagten gelangt, auf der eine Erfolgsprovision von 20 - 30% zuzüglich Mehrwertsteuern erwähnt wird, führt nicht zu einem Irrtumsausschluss.

Dies schon deshalb nicht, weil es sich bei der beanstandeten Werbeaussage um eine "dreiste Lüge" handelt. Es ist eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Angabe, für die kein vernünftiger Anlass besteht. Es hadnelt sich auch nicht um eine unvollständige Kúrzaussage. Trotz des nur begrenzt zur Verfügung stehenden Platzes in den Anzeigen finden sich dort weitere Angaben,mal zum Entschädigungsrechner, mal zur Erfolgsquote vor Gericht und/oder zur Anspruchsfrist oder zu Fallbeispielen oder auch der Hinweis "Bezahlung nur bei Erfolg". Der angsprochene Verkehrskreis erhält folglich schon in den Anzeigen weitere Informationen zu der angebotenen Dienstleistung der Beklagten. Weshalb gleichwohl (aus Platzgründen) darauf verzichtet wurde,p die konkrete Provisionszahlung und ihren Ábzug von dem an den Fluggast auszuzahlenden Höchstbetrag zu benennen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorbringt, es gehe nicht um das, was rechtlich möglich ist, sondern um die rechtliche Pflicht, ist ihr im Ansatz zuzustimmen; ihre rechtliche Pflicht ist eine wettbewerbsrechtskonforme, nicht irreführende Werbung.



c) Die Ausführungen der Klägerin zum Screenshot vom 25.10.2019 und zum Geschäftsführer der Beklagten, Herrn O., sind unerheblich. Sie betreffen nicht den Streitgegenstand.

d) Hinsichtlich der aus den Wettbewerbsverstößen folgenden rechtlichen Konsequenzen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, die von der Beklagten auch nicht gesondert angegriffen werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richten sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

Streitwert: 25.000,00 €

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