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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 12.12.2019 - 13 ME 320/19 - Sicherstellung von Lebensmitteln, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten

OVG Lüneburg v. 12.12.2019: Sicherstellung von Lebensmitteln, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten


Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Beschluss vom 12.12.2019 - 13 ME 320/19) hat entschieden:

   Lebensmittel, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, sind "neuartig" im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2283 (sog. Novel Food-Verordnung). Ein neuartiges Lebensmittel wird auch dadurch in Verkehr gebracht im Sinne des Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 2 und 3 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2283 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 8 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, dass ein (Lohn-)Hersteller die nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse an seinen Auftraggeber abgibt.




Siehe auch
CBD - cannabinoidhaltige Extrakte - Hanföl
und
Nahrungsergänzungsmittel - Lebensmittelsupplemente - Aufbaumittel


Gründe:


I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Sicherstellung von Behältern mit Hanföl und die Verpflichtung zur Herausgabe von Informationen.

Die Antragstellerin unterhält seit 2013 im niedersächsischen A-Stadt eine unselbständige Zweigstelle und betreibt dort "Handel und Produktion von nicht genehmigungspflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln". Nach den Angaben auf ihrer Internetseite www. C. de ist sie "der deutsche Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller für Kapseln, Tabletten, Blister und Dienstleister für andere Lohnhersteller sowie den Direkt- und TV Vertrieb". Unter anderem stellt sie Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel im Auftrag anderer Unternehmen her. Dazu kauft sie die erforderlichen Rohstoffe für die Herstellung der Endprodukte ein und erwirbt daran Eigentum. Die Herstellung der Endprodukte erfolgt nach Spezifikationen des Auftraggebers. Anschließend füllt die Antragstellerin die Enderzeugnisse ab und verpackt sie. Der Auftraggeber vermarktet das Enderzeugnis unter eigener Marke und mit eigener Kennzeichnung. Nach diesem Prozedere stellt die Antragstellerin unter anderem im Auftrag anderer Unternehmen Cannabidiol-Öl-haltige Enderzeugnisse her. Eine Kundin dieser Enderzeugnisse ist die D. E. F. mit Sitz im niederländischen G..

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe stellte in seinem Gutachten vom 30. November 2018 fest, dass Proben der Produkte "D. E. 10% Reines CBD Cannabis Öl" und "D. E. Reines CBD Cannabis Öl" auffällig seien. Für das Produkt "D. E. 10% Reines CBD Cannabis Öl" wurde ein Δ9-Tetrahydrocannabinol-Gehalt (Δ9-THC-Gehalt) von 960 (+/- 80) mg/kg festgestellt. Ausgehend von den Festlegungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liege die akute Referenzdosis (ARfD), die pro Kilogramm Körpergewicht über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares Risiko aufgenommen werden könne, bei 1 μg Δ9-THC. Bei der für das untersuchte Produkt angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein Δ9-THC-Gehalt von 230 μg. Bei einem Körpergewicht von 70 kg würde danach bereits bei einer Tagesdosis von nur 5 Tropfen die ARfD um das Doppelte (2 μg Δ9-THC/kg) und bei einem Körpergewicht von 7 kg, etwa bei Babys, würde bereits bei einer Tagesdosis von nur einem Tropfen die ARfD um das Vierfache (4 μg Δ9-THC/kg) überschritten. Für das Produkt "D. E. Reines CBD Cannabis Öl" wurde ein Δ9-THC-Gehalt von 790 (+/- 60) mg/kg festgestellt. Bei der für das untersuchte Produkt angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein Δ9-THC-Gehalt von 190 μg. Bei einem Körpergewicht von 70 kg würde danach bereits bei einer Tagesdosis von nur 6 Tropfen die ARfD um das Doppelte (2 μg Δ9-THC/kg) und bei einem Körpergewicht von 7 kg würde bereits bei einer Tagesdosis von nur einem Tropfen die ARfD um mehr als das Dreifache (3,4 μg Δ9-THC/kg) überschritten. Das Lebensmittel sei aufgrund des Δ9-THC-Gehalts für den Verzehr durch Menschen ungeeignet. Ein solches Lebensmittel sei als nicht sicher zu beurteilen. Auch wenn aus der Überschreitung der ARfD nicht zwangsläufig eine konkrete Gesundheitsgefahr resultiere, könne ein mögliches Risiko mit der geforderten Sicherheit nicht mehr ausgeschlossen werden.

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper aus Krefeld stellte in seinen Prüfberichten vom 15. März 2019 ebenfalls fest, dass Proben der Produkte "D. E. 5% Reines CBD Cannabis Öl" und "D. E. 10% Reines CBD Cannabis Öl" auffällig seien. In den Proben wurde ein THC-Gehalt jeweils von 0,05 (+/- 0,01) g/100g und ein Cannabidiol-Gehalt von 3,27 (+/- 0,33) g/100g bzw. 7,31 (+/- 0,73) g/100g festgestellt. Bei der angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein Δ9-THC-Gehalt von 120 μg, was bei einem Erwachsenen mit 70 kg Körpergewicht eine ARfD von 70 μg bedeute. Die ARfD werde damit um das 1,5fache ausgeschöpft und erhöhe sich insbesondere bei Kindern wegen des geringeren Körpergewichts noch. Aus der Überschreitung der ARfD resultiere zwar nicht zwangsläufig eine konkrete Gesundheitsgefahr, ein mögliches Risiko könne aber nicht mehr mit der geforderten Sicherheit ausgeschlossen werden.

Nach dem Prüfbericht des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 8. April 2019 ergab eine Überprüfung des von der Antragstellerin hergestellten Produktes "Nahrungsergänzungsmittel mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 10%" einen Gesamt-Δ9-THC-Gehalt von 1640 (+/- 58 erweiterte Messunsicherheit) mg/kg, einen Cannabidiol-CBD-Gehalt von 185.000 mg/kg und einen Cannabinol-CBN-Gehalt von 334 mg/kg. Laut Angaben der Kennzeichnung sollen maximal acht Tropfen täglich eingenommen werden, was einer Menge an Cannabisöl von 240 mg und einem Gesamt-Δ9-THC-Gehalt von 394 μg entspreche (= 5,6 μg THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht). Dieser Wert übersteige die ARfD deutlich. Daher werde das vorgelegte Nahrungsergänzungsmittel als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt, weshalb es nicht in den Verkehr gebracht werden dürfe. Die Überprüfung des weiteren von der Antragstellerin hergestellten Produktes "Nahrungsergänzungsmittel mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 5%" am selben Tag ergab einen Gesamt-Δ9-THC-Gehalt von 1430 (+/- 205 erweiterte Messunsicherheit) mg/kg, einen Cannabidiol-CBD-Gehalt von 37.300 mg/kg und einen Cannabinol-CBN-Gehalt von 310 mg/kg. Die Einnahme von höchstens 8 Tropfen pro Tag entspreche einer Menge an Cannabisöl von 240 mg und einem Gesamt-Δ9-THC-Gehalt von 343 μg (= 4,9 μg THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht). Auch dieser Wert übersteige die ARfD ebenfalls deutlich. Daher werde auch dieses Nahrungsergänzungsmittel als nicht sicher eingestuft und dürfe nicht in den Verkehr gebracht werden.

Auf die Ergebnisse dieser Untersuchungen und die Verantwortung für das Inverkehrbringen der Produkte wiesen Mitarbeiter des Antragsgegners den Geschäftsführer und den Produktionsleiter in einem Gespräch am 16. Mai 2019 hin und forderten die Herausgabe einer Vertriebsliste, die verweigert wurde. Hierauf ordnete die Amtstierärztin des Antragsgegners, Frau Dr. H., am 21. Mai 2019 mündlich die sofort vollziehbare Sicherstellung und Verwahrung verschiedener, konkret bezeichneter Behältnisse mit Hanfölprodukten an. Hierüber wurde eine Niederschrift gefertigt, die Mitarbeitern der Antragstellerin ausgehändigt wurde.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2019 bestätigte der Antragsgegner die mündlich angeordnete Sicherstellung. Er ordnete an, dass die sichergestellte Ware bis auf weiteres im Betrieb der Antragstellerin verbleibt und jede örtliche Veränderung der Ware seiner vorherigen Zustimmung bedarf. Für den Fall, dass die Antragstellerin nicht Eigentümerin der sichergestellten Ware sei, forderte der Antragsgegner sie auf, ihm detailliert mitzuteilen, wer Eigentümer der Ware ist. Ferner forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, ihm innerhalb von einer Woche eine vollständige Liste der Kunden herauszugeben, die von ihr CBD-haltige Hanfölprodukte erhalten haben. Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung der Sicherstellung berief sich der Antragsgegner auf die Rechtsgrundlagen in § 39 Abs. 2 Nr. 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs sowie Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Die Sicherstellung sei erforderlich, weil die aufgeführten Substanzen von der Antragstellerin zur Herstellung beziehungsweise Abfüllung eines Nahrungsergänzungsmittels genutzt würden. Es lägen fünf Gutachten von drei Untersuchungsämtern vor, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kämen, dass es sich bei CBD-haltigen Hanfölen um nicht verkehrsfähige neuartige Lebensmittel handele. Beim Inverkehrbringen von hanfhaltigen Erzeugnissen müsse sichergestellt werden, dass es sich nicht um Lebensmittel handele, die neuartig seien. Cannabinoidhaltige Extrakte aus Cannabis sativa L., wie CBD-haltiges Hanföl, stufe die EU-Kommission aber als neuartig ein. Vor dem Inverkehrbringen müsse daher entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. In diesem Rahmen sei die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen. Eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel liege für CBD-haltige Produkte derzeit nicht vor. Daher seien diese grundsätzlich nicht verkehrsfähig. Da die Antragstellerin ihre Vertriebslisten nicht zur Verfügung gestellt habe, habe das Inverkehrbringen nur durch die Sicherstellung des Rohstoffs verhindert werden können. Gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit umfasse das Inverkehrbringen nicht nur den Vertrieb von Lebensmitteln, sondern jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht. Da die Antragstellerin Auskünfte über Vertriebs- oder Kundenlisten verweigere, könne nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit sie selbst oder ein Kunde von ihr die hergestellten Produkte vertreibe. Fest stehe aber, dass die Antragstellerin die in den Behältern befindliche Flüssigkeit umfülle und verpacke und nach ihren Angaben an Vertragspartner abgebe. Dies genüge für ein Inverkehrbringen. Fünf Gutachten von drei Untersuchungsämtern hätten zudem festgestellt, dass es sich bei CBD-haltigen Hanfölen aufgrund der auf der Umverpackung angegebenen Verzehrempfehlung und des THC-Gehalts um kein sicheres Lebensmittel handele. Lebensmittel, die nicht sicher seien, dürften nach Art. 14 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht in den Verkehr gebracht werden. Als Lebensmittelunternehmer trage die Antragstellerin nach Art. 17 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die Lebensmittelkettenverantwortung auf allen Produktions-, Verarbeitung- und Vertriebsstufen, die ihrer Kontrolle unterlägen. Auf die ihr bereits seit Dezember 2018 vorliegenden Gutachten habe die Antragstellerin nicht reagiert und auch ihre Kunden nicht auf die potenzielle Gesundheitsgefährdung hingewiesen. Nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs sei die Antragstellerin dazu verpflichtet, Informationen, die zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel erforderlich seien, zu übermitteln. Das Interesse der Verbraucher in Bezug auf eine funktionierende Lebensmittelüberwachung überwiege das Interesse der Antragstellerin, keine wirtschaftlichen Nachteile zu erleiden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse erforderlich, damit die sichergestellte Ware während eines Klageverfahrens nicht ohne Kenntnis des Antragsgegners an einen anderen Ort verbracht werden könne. Sichergestellte Waren seien auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu verwahren.

Gegen den Bescheid vom 24. Mai 2019 erhob die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Stade am 3. Juni 2019 Klage. Zugleich hat sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt und beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen und die Vollziehung der bereits erfolgten Sicherstellung der im Bescheid vom 24. Mai 2019 genannten Erzeugnisse aufzuheben. Diese Anträge hat das Verwaltungsgericht Stade mit Beschluss vom 5. September 2019 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.





II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (1.) und die Vollziehung der bereits erfolgten Sicherstellung aufzuheben (2.).

1. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist - wie hier, wobei der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens auf die zutreffende Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung (Beschl. v. 5.9.2019, Umdruck S. 11 f.) verweist und sich diese zu Eigen macht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) - die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so setzt die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das vorrangig öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung voraus (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.3.2004 - 8 ME 164/03 -, NJW 2004, 1750 - juris Rn. 16 m.w.N.). Dem öffentlichen Vollzugsinteresse kann dabei überhaupt nur dann Vorrang eingeräumt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich auch im Hauptsacheverfahren Bestand haben, mithin sich als rechtmäßig erweisen wird. Darüber hinaus muss das von der Behörde geltend gemachte besondere, also über das allgemeine Interesse am Vollzug eines Verwaltungsaktes hinausgehende Vollzugsinteresse tatsächlich vorliegen. Schließlich sind in einer Folgenabwägung gegenüberzustellen die konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter bei einem Aufschub des Vollzugs, wenn sich die angefochtene Verfügung nachträglich als rechtmäßig erweist, den konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den Antragsteller, wenn sich die angefochtene Verfügung nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte (vgl. Senatsbeschl. v. 17.10.2018 - 13 ME 107/18 -, GewArch 2019, 45 - juris Rn. 9; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 964 ff. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben fällt die Abwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Verfügungen im Bescheid des Antragsgegners vom 24. Mai 2019 sind voraussichtlich rechtmäßig (a.). Ein besonderes Vollzugsinteresse ist tatsächlich gegeben (b.), und die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter überwiegen die die Antragstellerin treffenden Folgen der sofortigen Vollziehung (c.).

a. Die vom Antragsgegner im Bescheid vom 24. Mai 2019 angeordnete Sicherstellung verschiedener, konkret bezeichneter Behältnisse mit Hanfölprodukten (1) und deren Verwahrung (2), aber auch die Verpflichtung der Antragstellerin zur Herausgabe einer vollständigen Kundenliste (3) sind voraussichtlich rechtmäßig.

(1) Die Sicherstellung verschiedener, konkret bezeichneter Behältnisse mit Hanfölprodukten findet eine Rechtsgrundlage sowohl in Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 v. 30.4.2004, S. 1), zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1587 der Kommission vom 22. Oktober 2018 (ABl. L 264 v. 23.10.2018, S. 20), - Verordnung (EG) Nr. 882/2004 - (a) als auch in § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 und Satz 2 Nr. 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs - LFGB -, in der zuletzt durch das Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl. I 1626) geänderten Fassung (b).

(a) Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie gemäß Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße. Maßnahmen können nach dem Katalog des Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 unter anderem die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens, die Überwachung und, falls erforderlich, die Anordnung der Rücknahme, des Rückrufs und/oder der Vernichtung oder sonstige Maßnahmen sein, die von der zuständigen Behörde für angemessen erachtet werden.

Diese Voraussetzungen sind hier voraussichtlich erfüllt.

(aa) Die Antragstellerin verstößt gegen die lebensmittelrechtlichen Vorschriften der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (ABl. L 327 v. 11.12.2015, S. 1; sog. Novel Food-Verordnung), indem sie die unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, an den Auftraggeber abgibt. Nach Art. 6 Abs. 2 Verordnung (EU) 2015/2283 dürfen "neuartige Lebensmittel" nur in Verkehr gebracht oder in und auf Lebensmitteln verwendet werden, wenn sie zugelassen und in der von der Kommission nach Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2283 erstellten Liste aufgeführt sind.

(aaa) Die von der Antragstellerin unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) in einer Konzentration von 10% oder 5% enthalten, sind solche "neuartigen Lebensmittel", die nicht zugelassen und in der von der Kommission nach Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2283 erstellten Liste aufgeführt sind.

Nach Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2283 in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 v. 1.2.2002, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2019/1243 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 (ABl. L 198 v. 25.7.2019, S. 241), sind "Lebensmittel" alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Die von der Antragstellerin unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, sind zu einer solchen Aufnahme durch den Menschen bestimmt. Sie werden von den Auftraggebern der Antragstellerin als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben (vgl. beispielhaft die Verpackungsabdrucke auf Blatt 43 f. und 55 ff. der Beiakte 2).

Nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Verordnung (EU) 2015/2283 sind "neuartige Lebensmittel" alle Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 unabhängig von den Zeitpunkten der Beitritte von Mitgliedstaaten zur Union nicht in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und in mindestens eine der in Buchst. i) bis x) genannten Kategorien fallen. Die Kategorie in Buchst. iv) bezeichnet Lebensmittel, die aus Pflanzen oder Pflanzenteilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt wurden, ausgenommen Fälle, in denen das Lebensmittel eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union hat und das Lebensmittel aus einer Pflanze oder einer Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ihrerseits gewonnen wurde mithilfe herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, oder nicht herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union nicht zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, sofern diese Verfahren nicht bedeutende Veränderungen der Zusammensetzung oder Struktur des Lebensmittels bewirken, die seinen Nährwert, seine Verstoffwechselung oder seinen Gehalt an unerwünschten Stoffen beeinflussen.

Ob hiernach ein Lebensmittel "neuartig" ist, muss anhand aller Merkmale dieses Lebensmittels und des hierfür verwendeten Herstellungsvorgangs beurteilt werden (vgl. EuGH, Urt. v. 15.1.2009 - C-383/07 - (M-K Europa), juris Rn. 26 ff.). Diese Umstände müssen das Lebensmittel oder die Zutat selbst, auf das oder die sich die Prüfung erstreckt, betreffen und nicht ein ähnliches oder vergleichbares Lebensmittel oder eine ähnliche oder vergleichbare Zutat. Auf dem Gebiet der neuartigen Lebensmittel oder neuartigen Lebensmittelzutaten lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass selbst gering erscheinende Abweichungen ernst zu nehmende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung nach sich ziehen können, zumindest solange nicht die Unschädlichkeit des fraglichen Lebensmittels oder der fraglichen Zutat durch angemessene Verfahren nachgewiesen wurde (vgl. EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - C-211/03 u.a. - (HLH Warenvertrieb und Orthica), juris Rn. 86). Die Frage, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat in der Europäischen Union bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurde, ist anhand der Verhältnisse am 15. Mai 1997 zu beantworten (vgl. EuGH, Urt. v. 9.6.2005, a.a.O., Rn. 87). Dabei ist eine Prüfung anhand aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. EuGH, Urt. v. 9.6.2005, a.a.O., Rn. 83 ff.; BGH, Urt. v. 16.4.2015 - I ZR 27/14 -, juris Rn. 21). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat nicht neuartig ist, trägt der Lebensmittelunternehmer, der das Lebensmittel oder die Lebensmittelzutat in Verkehr bringt oder bringen will (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.10.2019 - 9 S 535/19 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 23.10.2017 - 9 S 1887/17 -, juris Rn. 23 ff.; Bayerischer VGH, Urt. v. 12.5.2009 - 9 B 09.199 -, juris Rn. 19 ff.).

Anhand dieses Maßstabs sind die von der Antragstellerin unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) in einer Konzentration von 10% oder 5% enthalten, voraussichtlich als neuartige Lebensmittel einzustufen.

Ein maßgebliches Indiz hierfür sind die Angaben im sogenannten Novel Food-Katalog (veröffentlicht unter: [folgt eine URL]), der von einer Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission erarbeitet und fortlaufend aktualisiert wird. Die Angaben im Novel Food-Katalog beruhen auf von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereitgestellten Informationen. Der Katalog erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er dient lediglich als Orientierungshilfe für die Einstufung eines Lebensmittels als neuartig. Er ist daher für die Gerichte und Behörden der Mitgliedstaaten nicht rechtsverbindlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.10.2019, a.a.O., Rn. 15 m.w.N.); ihm kommt aber eine Indizwirkung zu (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.2015, a.a.O., Rn. 31 f.; BVerwG, Urt. v. 1.3.2012 - BVerwG 3 C 15.11 -, juris Rn. 26).

Der hier maßgebliche aktuelle Novel Food-Katalog (Stand: 11.12.2019) enthält folgende Angaben zu

   "Cannabis sativa L.
Common Names
Kaņepe (sējas) (LV), Hampa (SE), Hemp (EN), hamp (DK), Hanf (DE), hennep (NL), chanvre (FR), cânhamo (PT), konopie siewne (PL), harilik kanep (ET), konopí seté (CZ), Cáñamo (ES), indiai kender (HU), ινδική κάνναβις (EL), navadna ali industrijska konoplja (SL), hamppu (FI)
Common Names
In the European Union, the cultivation of Cannabis sativa L. varieties is permitted provided they are registered in the EU’s ‘Common Catalogue of Varieties of Agricultural Plant Species’ and the tetrahydrocannabinol (THC) content does not exceed 0.2 % (w/w). Some products derived from the Cannabis sativa plant or plant parts such as seeds, seed oil, hemp seed flour, defatted hemp seed have a history of consumption in the EU and therefore, are not novel. Other specific national legislation may restrict the placing on the market of this product as a food or food ingredient in some Member States. Therefore, it is recommended to check with the national competent authorities."


und

   "Cannabinoids
Common Names
The hemp plant (Cannabis sativa L.) contains a number of cannabinoids and the most common ones are as follows: delta-9-tetrahydrocannabinol (Δ9-THC), its precursor in hemp, delta-9-tetrahydrocannabinolic acid A (Δ9-THCA-A), delta-9-tetrahydrocannabinolic acid B (Δ9-THCA-B), delta-8-tetrahydrocannabinol (Δ8-THC), cannabidiol (CBD), its precursor in hemp cannabidiolic acid (CBDA), cannabigerol (CBG), cannabinol (CBN), cannabichromene (CBC), and delta-9-tetrahydrocannabivarin (Δ9-THCV).
Without prejudice to the information provided in the novel food catalogue for the entry relating to Cannabis sativa L., extracts of Cannabis sativa L. and derived products containing cannabinoids are considered novel foods as a history of consumption has not been demonstrated. This applies to both the extracts themselves and any products to which they are added as an ingredient (such as hemp seed oil). This also applies to extracts of other plants containing cannabinoids. Synthetically obtained cannabinoids are considered as novel.
"

Nach diesen Angaben im Novel Food-Katalog haben nur einige bestimmte aus Cannabis sativa L. gewonnene Produkte oder Pflanzenteile eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union und sind daher nicht als neuartig einzustufen, und zwar die Hanfsamen, das Hanfsamenöl, das Hanfsamenmehl und die entfetteten Hanfsamen. Extrakte aus Cannabis sativa L. und daraus gewonnene Produkte, die Cannabinoide enthalten, gelten hingegen als neuartige Lebensmittel, da für diese in der Vergangenheit kein nennenswerter Verzehr als Lebensmittel nachgewiesen wurde. Dabei gilt die Einstufung als neuartig sowohl für die Extrakte selbst als auch für alle Produkte, denen die Extrakte als Zutat zugesetzt werden, beispielsweise ein einem Hanfsamenöl zugefügter Extrakt). Auch synthetisch gewonnene Cannabinoide gelten als neu.

Diesen Einschätzungen ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit beigetreten. Es nimmt eine Neuartigkeit sowohl für cannabinoidhaltige Extrakte aus Cannabis sativa L. als auch für jedes Produkt, zu dem cannabinoidhaltige Extrakte als Zutat zugesetzt werden (z.B. Hanfsamenöl mit CBD), an. Es hat mitgeteilt, dass ihm derzeit keine Fallgestaltung bekannt ist, wonach Cannabidiol in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Aus seiner Sicht muss für cannabinoidhaltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren muss der jeweilige Antragsteller die Sicherheit des Erzeugnisses belegen (vgl. BVL, Hanf, THC, Cannabidiol (CBD) & Co, veröffentlicht unter: [folgt eine URL] Stand: 11.12.2019).

Auch das österreichische Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz teilt die Auffassung, dass cannabinoidhaltige Extrakte, die als solche oder in Lebensmitteln - vorwiegend als Nahrungsergänzungsmittel (z. B. CBD-Öl) - auf den Markt gebracht werden, in der Regel als neuartige Lebensmittel anzusehen sind und daher vor dem Inverkehrbringen einer Zulassung bedürfen (vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, CBD- und Hanfprodukte - anzuwendende Bestimmungen und rechtliche Beurteilung, veröffentlicht unter: [folgt eine URL], Stand: 11.12.2019).

Demgegenüber hat die Antragstellerin bisher nicht glaubhaft gemacht (vgl. zum Glaubhaftmachungserfordernis im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.5.1999 - 10 S 2766/98 -, NVwZ 1999, 1243, 1244 - juris Rn. 12; Hessischer VGH, Beschl. v. 1.8.1991 - 4 TG 1244/91 -, NVwZ 1993, 491, 492 - juris Rn. 34; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 125 m.w.N.), dass die von ihr unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, nicht als neuartige Lebensmittel einzustufen sind.

Ihrem Einwand, der Novel Food-Katalog mache hinreichend deutlich, dass neuartig allenfalls solche Hanföle seien, die "CBD als isolierte Substanz" oder "stark selektiv extrahiertes CBD" enthielten, die sichergestellten Hanfölprodukte aber nur Erzeugnisse einer "sanften CO2-Extraktion" seien (Schriftsatz der Antragstellerin v. 3.6.2019, dort S. 6 ff. = Blatt 138 ff. der Gerichtsakte), vermag der Senat nicht zu folgen. Ohne Zweifel ist "CBD als isolierte Substanz" vom Eintrag "Cannabinoids" im Novel Food-Katalog erfasst (so auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg u.a., Einschränkung von CBD durch Novel-Food-Verordnung und Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, BT-Drs. 19/11922, dort S. 2 f. = Anlage AS 9, Blatt 468 ff. der Gerichtsakte). Im Übrigen knüpft der Novel Food-Katalog aber schlicht an ein Extrakt aus Cannabis sativa L. an, das Cannabinoide enthält ("extracts of Cannabis sativa L. and derived products containing cannabinoids"), ohne aber einen "isolierten" Einsatz dieser Substanz in einem Lebensmittel oder eine "stark" selektive Extraktion zu fordern. In diesem Sinne wird der Eintrag im Novel Food-Katalog offenbar auch von der Bundesregierung verstanden (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg u.a., Einschränkung von CBD durch Novel-Food-Verordnung und Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, BT-Drs. 19/11922, dort S. 2: "Für … mit Cannabinoiden angereicherte Extrakte sind bislang keine Belege für einen entsprechenden nennenswerten Verzehr erbracht worden. Derartige Produkte haben erst in letzter Zeit eine Marktrelevanz erlangt."). Dieser Antwort vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu entnehmen, dass "natürliche Extrakte, die weitere Inhaltsstoffe des Hanf enthalten, gar nicht von dem Eintrag in dem Novel Food Katalog der EU, …, betroffen sein sollen" (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin v. 11.12.2019, dort S. 2 = Blatt 464 der Gerichtsakte). Insoweit geht auch der Hinweis der Antragstellerin auf Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 Richtlinie 2009/32/EG, wonach das Inverkehrbringen von Lebensmitteln nicht aus Gründen der Verwendung eines zulässigen Extraktionsverfahrens verboten wird, fehl. Denn die Einstufung cannabinoidhaltiger Lebensmittel als neuartig knüpft nicht an die Anwendung eines Extraktionsverfahrens als solchem, sondern an dessen Ergebnis an.

Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihr unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Verordnung (EU) 2015/2283 "vor dem 15. Mai 1997 … in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden". Dies ergibt sich von vorneherein nicht daraus, dass Hanfblüten und Hanfblätter und auch daraus gewonnene Extrakte "seit Jahrhunderten als Lebensmittel" verwendet worden sein sollen (Schriftsatz der Antragstellerin v. 3.6.2019, dort S. 8 f. = Blatt 140 f. der Gerichtsakte). Denn maßgeblich ist allein das Lebensmittel oder die Zutat selbst, auf das oder die sich die Prüfung erstreckt, nicht aber ein ähnliches oder vergleichbares Lebensmittel oder eine ähnliche oder vergleichbare Zutat (so ausdrücklich EuGH, Urt. v. 9.6.2005, a.a.O., Rn. 86 und auch die die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg u.a., Einschränkung von CBD durch Novel-Food-Verordnung und Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, BT-Drs. 19/11922, dort S. 3: "Zudem ist, …, immer zu prüfen, ob ein Erzeugnis in der jeweiligen Zusammensetzung vor dem 15. Mai 1997 in der EU in nennenswertem Umfang als Lebensmittel verwendet worden ist. Anderenfalls ist es, wie im Falle der Cannabinoide, als neuartiges Lebensmittel anzusehen."). Die Antragstellerin müsste mithin belegen, dass die von ihr unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) in einer Konzentration von 10% oder 5% enthalten, bereits vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Einen Beleg hierfür präsentiert sie nicht. Die von ihr und der Stellungnahme der Rechtsanwälte I. & J. vom 13. Marz 2019 (Blatt 252 ff. der Gerichtsakte) in Bezug genommene Auffassung der britischen Food Standards Agency (FSA) vom 13. Dezember 2017 ist zwischenzeitlich überholt. Die FSA vertritt nunmehr die Auffassung, dass ein nennenswerter Konsum von Cannabidiol-Produkten vor dem Stichtag nicht nachgewiesen werden konnte und deshalb CBD-haltige Produkte als neuartige Lebensmittel einzustufen sind (vgl. FSA, Recent changes affecting cannabidiol (CBD) products, veröffentlicht unter: www.food.gov.uk/business-guidance/novel-foods, Stand: 11.12.2019: "The FSA accepts the clarification from the EU that CBD extracts are considered novel foods."). Auch die von der Antragstellerin vorgelegte Stellungnahme des Rechtsanwalts K. L. vom 5. März 2019 (Blatt 211 ff. der Gerichtsakte) befasst sich vornehmlich nur mit der allgemeinen Verwendung von Hanfblättern, Hanfblüten, Hanfsamen und daraus gewonnenen Extrakten zu Verzehrzwecken und schließt daraus, dass Cannabis sativa L. vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurde. Für die hier relevanten Produkte, die extrahiertes Cannabidiol (CBD) enthalten, meint die Stellungnahme einen nennenswerten Verzehr vor dem 15. Mai 1997 damit begründen zu können, dass Hanfblüten und Hanfblätter von Natur aus Cannabidiol (CBD) enthalten und diese seit jeher als Lebensmittel verzehrt worden seien. Dies geht ersichtlich fehl. Denn der Novel Food-Katalog stuft nicht jedes Produkt mit Cannabidiol (CBD) als neuartiges Lebensmittel ein, sondern nur Cannabis sativa L.-Extrakte und cannabinoidhaltige Derivate ("extracts of Cannabis sativa L. and derived products containing cannabinoids are considered novel foods"). Für diese räumt die Stellungnahme sogar ein, dass die Einstufung als neuartige Lebensmittel "durchaus berechtigt und zutreffend sein" mag (vgl. Stellungnahme des Rechtsanwalts K. L. v. 5.3.2019, dort S. 10 = Blatt 220 der Gerichtsakte). Die schließlich von der Antragstellerin vorgelegte Präsentation des Europäischen Hanfverbandes (European Industrial Hemp Association (EIHA)) vom 12. März 2019 (Blatt 223 ff. der Gerichtsakte) beschreibt die historische Verwendung von Hanfblättern, Hanfblüten, Hanfsamen und daraus gewonnenen Extrakten etwa in Italien, Deutschland, Schweden und Polen und leitet hieraus ab, dass mittels traditioneller Extraktionsmethoden gewonnene Extrakte keine neuartigen Lebensmittel sein könnten (vgl. EIHA, Presentation on Hemp Extracts v. 12.3.2019, dort S. 24 = Blatt 246 der Gerichtsakte: "Extracts, with traditional extraction technologies, from hemp plants legally growing in EU are not NF"). Auch diese allgemeine Betrachtung genügt ersichtlich nicht, um den hier erforderlichen Nachweis zu führen, dass gerade die von der Antragstellerin unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die das durch Extraktion gewonnene Cannabidiol (CBD) in einer bestimmten Konzentration enthalten, bereits vor dem 15. Mai 1997 in der Union in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Schließlich reicht auch die Bezugnahme der Antragstellerin auf - nicht rechtsverbindliche - ältere Stellungnahmen der Europäischen Kommission und Positivlisten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht aus, die Neuartigkeit der hier streitrelevanten Produkte zu widerlegen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.10.2019, a.a.O., Rn. 20 und 23).




Gleichermaßen hat die Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihr unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Kategorie iv) Halbsatz 2 Verordnung (EU) 2015/2283 "eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union" haben und deshalb ausnahmsweise nicht als neuartiges Lebensmittel anzusehen sind. Fehlt es schon der "Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union", kann der Senat hier dahinstehen lassen, ob im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Kategorie iv) Halbsatz 2 Verordnung (EU) 2015/2283 auch "das Lebensmittel aus einer Pflanze oder einer Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ihrerseits gewonnen wurde mithilfe herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, oder nicht herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union nicht zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, sofern diese Verfahren nicht bedeutende Veränderungen der Zusammensetzung oder Struktur des Lebensmittels bewirken, die seinen Nährwert, seine Verstoffwechselung oder seinen Gehalt an unerwünschten Stoffen beeinflussen". Denn diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, um die Ausnahme vom Vorliegen eines neuartigen Lebensmittels nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Kategorie iv) Halbsatz 2 Verordnung (EU) 2015/2283 bejahen zu können.

(bbb) Die danach gegebenen "neuartigen Lebensmittel" bringt die Antragstellerin mit der Abgabe an ihre Auftraggeber in Verkehr im Sinne des Art. 2 Abs. 1 und 6 Abs. 2 Verordnung (EU) 2015/2283.

Nach Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2283 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 8 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dieses weite Begriffsverständnis trägt auch der in Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bestimmten primären Verantwortung der Lebensmittelunternehmer für die Lebensmittelsicherheit in a l l e n Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen in den ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen Rechnung (vgl. hierzu Senatsurt. v. 27.9.2017 - 13 LC 218/16 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nach diesem weiten Begriffsverständnis stellt jede Form der Weitergabe ein Inverkehrbringen dar. Eine solche Weitergabe erfolgt, wenn die Antragstellerin die unter Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse an ihren Auftraggeber abgibt. Dabei ist es entgegen der Ansicht der Antragstellerin unerheblich, dass dieser Auftraggeber kein Endkunde oder Verbraucher ist. Denn auch der bloße Lohnhersteller bringt ein Lebensmittel in den Verkehr, wenn er es an seinen Auftraggeber liefert (vgl. Hagenmeyer/Hahn, Im SumV der NemV - Trittbretter zur Zusammensetzung, Kennzeichnung und Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln, in: WRP 2004, 1445, 1455; differenzierend: Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, NemV, § 5 Rn. 2a (Stand: Juli 2018)).

(bb) Die von dem Antragsgegner im Bescheid vom 24. Mai 2019 angeordnete Sicherstellung ist auch eine nach Art. 54 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zulässige Maßnahme. Angesichts des Spektrums der in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 bezeichneten Maßnahmen, die von der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln (Buchst. b) über die Anordnung der Rücknahme, des Rückrufs und/oder der Vernichtung von Lebensmitteln (Buchst. c) bis hin zur Betriebsschließung (Buchst. e und f) reichen (vgl. hierzu im Einzelnen: Rathke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., LFGB, § 39 Rn. 66 ff. (Stand: März 2013)), besteht kein Zweifel, dass "sonstige Maßnahme" im Sinne des Art. 54 Abs. 2 Buchst. h Verordnung (EG) Nr. 882/2004 eine Sicherstellung sein kann, und zwar sowohl des verzehrfertigen Lebensmittels selbst als auch der für die Herstellung eingesetzten Lebensmittel und Zutaten, aber auch der Arbeitsmittel.

(cc) Die Sicherstellung der Hanfölprodukte, mittels derer die Antragstellerin durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers Enderzeugnisse herstellt, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, ist auch erforderlich im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Der Antragsgegner hat bei der Anordnung der Sicherstellung, wie von Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 gefordert, die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten der Antragstellerin mit Blick auf den Verstoß angemessen berücksichtigt.

Die Sicherstellung verfolgt ein legitimes Ziel. Sie ist darauf gerichtet zu verhindern, dass die Antragstellerin ein nicht zugelassenes neuartiges Lebensmittel herstellt und in Verkehr bringt. Die damit bezweckte Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit dient dem vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutz potenzieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern. Der freie Verkehr mit sicheren und bekömmlichen Lebensmitteln ist ein wichtiger Aspekt des Binnenmarktes und trägt wesentlich zur Gesundheit und zum Wohlergehen der Bürger und zu ihren sozialen und wirtschaftlichen Interessen bei (Erwägungsgrund 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist es notwendig, Maßnahmen zu treffen, die gewährleisten, dass nicht sichere Lebensmittel nicht in den Verkehr gelangen und dass Systeme vorhanden sind, mit deren Hilfe Probleme der Lebensmittelsicherheit erkannt werden können und hierauf reagiert werden kann (Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002; vgl. hierzu Senatsurt. v. 27.9.2017, a.a.O., Rn. 45).



Mildere, zur Zielerreichung gleich geeignete Mittel als die Sicherstellung der Hanfölprodukte sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Dies gilt zum einen mit Blick auf die von der Antragstellerin monierte Sicherstellung der Hanfölprodukte als Rohstoff. Denn eine Sicherstellung erst der hergestellten Enderzeugnisse bei der Antragstellerin würde diese ersichtlich (wirtschaftlich) nicht geringer belasten. Eine Sicherstellung der von der Antragstellerin im Auftrag hergestellten Enderzeugnisse erst bei deren Auftraggebern wäre voraussichtlich nicht gleich geeignet, da dem Antragsgegner diese Auftraggeber mangels Herausgabe einer Kundenliste der Antragstellerin (siehe hierzu unten II.1.a.(3)) nicht vollständig bekannt sind. Dies gilt zum anderen aber auch mit Blick auf die Sicherstellung als solche. Sie ist ersichtlich nicht die belastendste Maßnahme im Katalog des Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Zwar wäre es dem Antragsgegner auch möglich gewesen, der Antragstellerin nur das Inverkehrbringen der von ihr hergestellten Enderzeugnisse zu untersagen. An der gleichen Eignung einer dahingehenden Maßnahme bestehen hier aber erhebliche Zweifel. Denn die Antragstellerin sieht in der Abgabe an ihren Auftraggeber kein Inverkehrbringen und könnte sich daher durch eine bloße Untersagung des Inverkehrbringens nicht gebunden sehen, die Abgabe an ihre Auftraggeber zu unterlassen. Zudem zielt der Antragsgegner mit der Sicherstellung zulässigerweise darauf ab, die weitere Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte zur Herstellung von Lebensmitteln effektiv und nachweislich zu unterbinden. Denn die Antragstellerin hat zwar behauptet, es bestünden Möglichkeiten einer Verwendung außerhalb der Lebensmittelherstellung. Nachvollziehbar konkretisiert hat sie solche Möglichkeiten indes noch nicht.

Die Sicherstellung erweist sich voraussichtlich auch als verhältnismäßig. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - den mit seiner Verfügung verfolgten öffentlichen Interessen an einer Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit und am vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutz potenzieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13 -, juris 65 m.w.N.) den Vorrang eingeräumt hat. Dahinter müssen die maßgeblich wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin zurücktreten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass diese Beeinträchtigungen angesichts des wirtschaftlichen Werts der sichergestellten Hanfölprodukte durchaus gravierend sein können, auch wenn die Antragstellerin bisher nur behauptet, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass und zu welchem konkreten Zeitpunkt die Hanfölprodukte wegen Ablaufs ihres Mindesthaltbarkeitsdatums ihren wirtschaftlichen Wert verlieren, jedenfalls aber deutlich verringern. Indes hat der Antragsgegner der Antragstellerin eine Möglichkeit aufgezeigt, diese wirtschaftlichen Einbußen in signifikanter Weise zu mildern. Bereits im Schriftsatz vom 18. Juni 2019 (dort Anlage S. 3 = Blatt 280 der Gerichtsakte) hat er der Antragstellerin bedeutet, einer Verwendung der sichergestellten Hanfölprodukte außerhalb des Lebensmittelrechts zuzustimmen (und folglich die Sicherstellung aufzuheben), wenn die Antragstellerin konkrete Möglichkeiten der Verarbeitung als Nicht-Lebensmittel darlegt. Hierauf ist die Antragstellerin indes - auch nach einem Hinweis auf diese Möglichkeit in der erstinstanzlichen Entscheidung (Beschl. v. 5.9.2019, Umdruck S. 20) - bisher nicht erkennbar eingegangen. Darüber hinaus hegt der Senat angesichts des im bisherigen Verfahren gezeigten Verhaltens Zweifel, ob die Antragstellerin sich ihrer Verantwortung als inverkehrbringende Lebensmittelherstellerin und den damit verbundenen Pflichten hinreichend bewusst ist.

(b) Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, weist der Senat darauf hin, dass die Sicherstellung verschiedener, konkret bezeichneter Behältnisse mit Hanfölprodukten auch auf § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 und Satz 2 Nr. 5 LFGB gestützt werden kann.

Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes (Alt. 1) oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße (Alt. 2) oder zur Verhütung künftiger Verstöße (Alt. 3) sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung (Alt. 4) erforderlich sind. Sie können gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 LFGB insbesondere Erzeugnisse, auch vorläufig, sicherstellen.




(aa) Der Anwendung der Alternative 4 des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB steht der Anwendungsvorrang des Unionsrechts nach Art. 288 AEUV (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 6.11.2019 - 1 BvR 276/17 -, juris Rn. 47; BVerwG, Urt. v. 26.7.2012 - BVerwG 2 C 70.11 -, NVwZ 2012, 1472 - juris Rn. 7 jeweils m.w.N.) mit Blick auf die unionsrechtlichen Regelungen in Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht entgegen.

Ein Anwendungsvorrang kommt nur in Betracht, falls und soweit zwischen dem unmittelbar anwendbaren Recht der Europäischen Union und dem nationalen deutschen Recht ein Widerspruch auftritt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.9.2019 - VI ZB 39/18 -, juris Rn. 32). Das supranational begründete Recht der Europäischen Union entfaltet gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung, sondern drängt nur dessen Anwendung soweit zurück, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.7.2011 - 1 BvR 1916/09 -, BVerfGE 129, 78, 99 - juris Rn. 81; Beschl. v. 6.7.2010 - 2 BvR 2661/06 -, BVerfGE 126, 286, 301 f. - juris Rn. 53 ff.). Dabei ist es Sache der innerstaatlichen Gerichte, die Vorschriften des nationalen Rechts so weit wie möglich derart auszulegen, dass sie in einer zur Verwirklichung des Unionsrechts beitragenden Art und Weise angewandt werden können (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.2015 - C-505/14 - (Klausner Holz Niedersachsen GmbH), juris Rn. 31 ff. m.w.N.).

Nach diesem Maßstab liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall nur für die Alternative 2 des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB vor. Die nationale Rechtsgrundlage wird insoweit durch Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 verdrängt. In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) Nr. 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht "in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein" sollten. Unter dem Titel VII "Durchsetzungsmaßnahmen" der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ist das Kapitel I mit "Nationale Durchsetzungsmaßnahmen" überschrieben. Der hier normierte Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ("Maßnahmen im Fall eines Verstoßes") sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Aus dieser Zielsetzung und Regelungssystematik der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 kann darauf geschlossen werden, dass Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen zu Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe befugt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.2015 - BVerwG 3 C 7.14 -, BVerwGE 153, 335, 338 - juris Rn. 12 und 14; Senatsbeschl. v. 11.10.2018 - 13 LA 297/17 -, juris Rn. 6; v. 28.10.2013 - 13 ME 132/13 -, juris Rn. 10; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.5.2018 - 13 B 141/18 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.6.2014, a.a.O., Rn. 24; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 5.9.2011 - 5 Bs 139/11 -, juris Rn. 10; Rathke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., LFGB, § 39 Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB - BasisVO - HCVO, 2. Aufl. 2012, LFGB, § 39 Rn. 1, 10, 23).

Fehlt es hingegen an einem festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstoß, kommt Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht zur Anwendung. Der Senat sieht auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Unionsgesetzgeber mit Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 eine abschließende Regelung auch für solche Fallgestaltungen treffen wollte, in denen es an einem festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstoß fehlt, und zwar derart, dass ein Einschreiten der nationalen Behörden auf nationaler Rechtsgrundlage vollständig ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr deuten der bloße Erwägungsgrund 13 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ("Bei Verdacht auf Verstöße sollten Ad-hoc-Kontrollen durchgeführt werden. Zusätzlich können aber jederzeit auch Ad-hoc-Kontrollen ohne einen Verdacht auf Verstöße durchgeführt werden.") und die ausschließlich im Kapitel V für Amtliche Kontrollen bei der Einfuhr von Futtermitteln und Lebensmitteln aus Drittländern in Art. 18 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 getroffene Bestimmung darauf hin, dass für Fallgestaltungen, in denen es an einem festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstoß fehlt, allenfalls punktuelle Vorgaben oder auch nur Vorschläge für nationale Regelungen formuliert werden sollten, es im Übrigen aber den Mitgliedstaaten überlassen wird, weitergehende Maßnahmen vorzusehen. Fehlt es an einem festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstoß, kann mithin ein den Anwendungsvorrang des Unionsrechts auslösender Widerspruch zu den Vorgaben in Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht eintreten (vgl. Meyer, in: Meyer/Streinz, a.a.O., LFGB, § 39 Rn. 1; Rathke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., LFGB, § 39 Rn. 10). Danach ist auch die Alternative 4 des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB, soweit sie einen festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstoß nicht voraussetzt, neben Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 anwendbar.

§ 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 LFGB, bei dem der "Schutz vor Gefahren für die Gesundheit" die (positive) Feststellung der Gesundheitsschädlichkeit des in Rede stehenden Lebensmittels nicht erfordert, eröffnet weitergehende Handlungsoptionen im Bereich der Risikovorsorge (vgl. Senatsbeschl. v. 11.10.2018, a.a.O., Rn. 18 ff.).

(bb) Dass die Voraussetzungen des danach anwendbaren § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 und Satz 2 Nr. 5 LFGB für eine Sicherstellung verschiedener, konkret bezeichneter Behältnisse mit Hanfölprodukten der Antragstellerin gegeben sind, hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend angenommen. Die hiergegen mit der Beschwerde geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat, greifen nicht durch.

Eine "Gefahr" für die Gesundheit im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 LFGB setzt nach Art. 3 Nr. 14 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unter anderem ein Agens in einem Lebensmittel oder einen Zustand desselben voraus, der eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann. Bei der Definition des Risikos in Art. 3 Nr. 9 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 findet sich der Begriff ebenfalls wieder: Ein "Risiko" ist demnach eine Funktion der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung einer Gefahr. Dies stellt letztlich nichts anderes als eine spezifische lebensmittelrechtliche Ausprägung des allgemeinen gefahrenabwehrrechtlichen Grundsatzes dar, dass bei der Gefahrenprognose umso geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden, je höherwertiger das Schutzgut ist; Eintrittswahrscheinlichkeit und Schutzgutwertigkeit stehen in einem entsprechenden funktionalen Zusammenhang. Deshalb sind bei der Gefahrenprognose im Rahmen des § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 LFGB umso geringere Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu stellen, je schwerwiegender die zu befürchtende Gesundheitsbeeinträchtigung ist (vgl. Senatsbeschl. v. 28.10.2013, a.a.O., Rn. 18 ff.).

Hier weist die Antragstellerin zwar zutreffend darauf hin, dass die Prüfberichte des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe vom 30. November 2018, des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Rhein-Ruhr-Wupper aus Krefeld vom 15. März 2019 und des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 8. April 2019 eine konkrete Gesundheitsgefahr bei der Verwendung der von ihr aus den sichergestellten Hanfölprodukten durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, nicht festgestellt haben. Anders als es die Antragstellerin darstellt, enthalten die Prüfberichte aber auch keine positive Aussage dahin, dass eine Gesundheitsgefahr nicht besteht. Vielmehr weisen das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe in seinem Bericht vom 30. November 2018 und auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper aus Krefeld in seinen Berichten vom 15. März 2019 darauf hin, dass wegen der Überschreitung der ARfD in Bezug auf Δ9-THC ein mögliches gesundheitliches Risiko mit der geforderten Sicherheit nicht mehr ausgeschlossen werden kann (Blatt 32 und 36 sowie 73 und 74 der Beiakte 2).

Ausgehend von den Festlegungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liegt die akute Referenzdosis (ARfD), die pro Kilogramm Körpergewicht über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares Risiko aufgenommen werden kann, bei 1 μg Δ9-THC (vgl. EFSA, Scientific Opinion on the risks for human health related to the presence of tetrahydrocannabinol (THC) in milk and other food of animal origin, 2015, S. 64 ff., veröffentlicht unter: [folgt eine URL], Stand: 11.12.2019). Dieser Festlegung hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung angeschlossen (vgl. BfR, Tetrahydrocannabinolgehalte sind in vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch - gesundheitliche Beeinträchtigungen sind möglich, Stellungnahme Nr. 34/2018 v. 8.11.2018, dort S. 9 und 14, veröffentlicht unter: [folgt eine URL], Stand: 11.12.2019). Nach dem Prüfbericht des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 8. April 2019 weisen die von der Antragstellerin aus den sichergestellten Hanfölprodukten hergestellten Produkte "Nahrungsergänzungsmittel mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 10%" und "Nahrungsergänzungsmittel mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 5%" einen Gesamt-Δ9-THC-Gehalt von 1640 (+/- 58 erweiterte Messunsicherheit) mg/kg und von 1430 (+/- 205 erweiterte Messunsicherheit) mg/kg auf. Ausgehend von der Verzehrsempfehlung auf den Produktverpackungen ergibt sich eine tägliche Aufnahme des Δ9-THC von 394 μg (= 5,6 μg THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht) und von 343 μg (= 4,9 μg THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht). Die durch die ARfD markierte Grenze, bis zu der ein Verzehr als Lebensmittel ohne erkennbares Risiko erfolgt, ist danach um ein Vielfaches überschritten.



Folglich besteht durchaus ein - wenn auch derzeit nicht konkret bezifferbares - Risiko, dass ein Verzehr der von der Antragstellerin aus den sichergestellten Hanfölprodukten durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Verbraucher führt. Solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen mögen weitgehend reversibel und auch nicht besonders schwerwiegend sein. Allerdings sind sie auch nicht völlig zu vernachlässigen (vgl. zu potenziellen somatischen Auswirkungen auch des hier relevanten Inhaltsstoffs THC: BfR, Tetrahydrocannabinolgehalte sind in vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch - gesundheitliche Beeinträchtigungen sind möglich, Stellungnahme Nr. 34/2018 v. 8.11.2018, dort S. 1; nova Institut, Grenz- und Richtwerte für THC (Tetrahydrocannabinol) in hanfhaltigen Lebensmitteln, 2019, Anlage AS 8 = Blatt 418 ff. der Gerichtsakte, dort S. 7; Hoch/Friemel/Schneider (Hrsg.), Cannabis: Potenzial und Risiko - Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, 2019, Abschnitt 3.2., S. 95 ff. m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Verwendung der von der Antragstellerin aus den sichergestellten Hanfölprodukten durch Abfüllung und Verpackung nach den Spezifikationen eines Auftraggebers hergestellten Enderzeugnisse, die durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, begründe eine Gefahr für die Gesundheit im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 LFGB, die ein Einschreiten des Antragsgegners rechtfertige (Beschl. v. 5.9.2019, Umdruck S. 13 f.), nicht zu beanstanden. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Einwände, die Bestimmung des ARfD bei THC in Hanf sei wissenschaftlich sehr umstritten und die ARfD und THC-Werte würden mithilfe von erheblichen Sicherheitsfaktoren und -puffern bestimmt (vgl. hierzu insbesondere nova Institut, Grenz- und Richtwerte für THC (Tetrahydrocannabinol) in hanfhaltigen Lebensmitteln, 2019, Anlage AS 8 = Blatt 418 ff. der Gerichtsakte, dort S. 9 ff.), hat das Verwaltungsgericht zutreffend mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Vorliegen einer Gefahr eine Gewissheit gerade nicht voraussetze und im Lebensmittelrecht auf Risikoanalysen und -bewertungen zurückgegriffen werden dürfe, die auf verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten und in einer unabhängigen, objektiven und transparenten Art und Weise vorgenommen worden seien (Beschl. v. 5.9.2019, Umdruck S. 14 f.). Dass die hier in Bezug genommenen Bewertungen der EFSA (Scientific Opinion on the risks for human health related to the presence of tetrahydrocannabinol (THC) in milk and other food of animal origin, 2015) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (Tetrahydrocannabinolgehalte sind in vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch - gesundheitliche Beeinträchtigungen sind möglich, Stellungnahme Nr. 34/2018 v. 8.11.2018) diesen Anforderungen nicht genügen, hat die Antragstellerin auch mit der Beschwerde für den Senat nicht nachvollziehbar dargetan.

Ebenso ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin keine berechtigten Zweifel an der Richtigkeit der Inanspruchnahme der Antragstellerin als inverkehrbringender Herstellerin (siehe hierzu oben II.1.a.(aa)(bbb)) und der Verhältnismäßigkeit einer auf § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 und Satz 2 Nr. 5 LFGB gestützten Sicherstellung (siehe hierzu oben II.1.a.(cc)). Entgegen der Antragstellerin unerheblich ist insoweit, ob die die Prüfberichte des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe vom 30. November 2018, des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Rhein-Ruhr-Wupper aus Krefeld vom 15. März 2019 und des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 8. April 2019 zutreffend einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 Buchst b Verordnung (EG) Nr. 178/2002 festgestellt und einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 Buchst. a Verordnung (EG) nicht festgestellt haben. Denn das Einschreiten nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Alt. 4 LFGB setzt einen solchen lebensmittelrechtlichen Verstoß gerade nicht voraus.

(2) Auch die im Bescheid vom 24. Mai 2019 angeordnete Verwahrung ist voraussichtlich rechtmäßig. Der Senat nimmt insoweit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens Bezug auf die zutreffende Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung (Beschl. v. 5.9.2019, Umdruck S. 21) und macht sich diese zu Eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

(3) Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 24. Mai 2019 die Verpflichtung der Antragstellerin, "innerhalb einer Woche nach Zugang … eine vollständige Liste Ihrer Kunden, die von Ihnen CBD-haltige Hanfölprodukte erhalten haben, herauszugeben", zutreffend auf § 44 Abs. 3 LFGB gestützt. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist ein Lebensmittelunternehmer verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen Informationen, die er aufgrund eines nach Art. 18 Abs. 2 UAbs. 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 767/2009, eingerichteten Systems oder Verfahrens besitzt (Nr. 1) und die zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel erforderlich sind (Nr. 2), zu übermitteln. Sind die Informationen in elektronischer Form verfügbar, sind sie nach Satz 2 der genannten Bestimmung elektronisch zu übermitteln.

Der hiergegen mit der Beschwerde erhobene Einwand, aufgrund von § 44 Abs. 3 LFGB könne nur eine Herausgabe an die "in der Überwachung tätigen Personen", nicht aber an den Antragsgegner verlangt werden, greift nicht durch. Die Auskunftspflichten nach § 44 LFGB knüpfen unmittelbar an die Befugnis der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden an, die erforderlichen Auskünfte zu verlangen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts, BT-Drs. 15/3657, S. 67 (zu § 43)); sie können daher auch durch diese Behörden im Falle der nicht freiwilligen Erfüllung verfügend festgesetzt werden (vgl. VG Minden, Urt. v. 16.10.2013 - 7 K 2763/12 -, juris Rn. 30 ff.). Daraus, dass nach § 44 Abs. 3 Satz 1 LFGB die Auskunft "den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen" zu erteilen ist, folgt lediglich, dass die Auskunftspflicht erst mit einem dahingehenden Verlangen einer für die zuständige Behörde "in der Überwachung tätigen Person" entsteht (vgl. Domeier, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., LFGB, § 60 Rn. 87 (Stand: März 2013)). Ein solches Verlangen ist hier von der "in der Überwachung tätigen" Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau Dr. H., im Gespräch mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin am 16. Mai 2019 geäußert worden.




Auch der weitergehende Einwand, die Pflicht zur Herausgabe von Kundenlisten könne nicht mit der Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 begründet werden, da keine Zweifel am Vorhandensein des danach vom Unternehmer einzuführenden und zu pflegenden Systems der Rückverfolgbarkeit bestünden, geht ersichtlich fehl. Der Antragsgegner beanstandet nicht, dass der Antragstellerin das erforderliche System der Rückverfolgbarkeit fehlt oder dass dieses System fehlerhaft ist. Er begehrt lediglich die Herausgabe von Informationen aus diesem von der Antragstellerin geführten System. Genau zu dieser Herausgabe verpflichtet sie § 44 Abs. 3 LFGB (vgl. Rathke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., LFGB, § 44 Rn. 39 (Stand: Juli 2012)).

b. Es besteht auch tatsächlich ein besonderes Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügungen im Bescheid des Antragsgegners vom 24. Mai 2019.

Der Antragsgegner hat zu Recht darauf verwiesen, dass es zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit und des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes potenzieller Konsumenten unabdingbar ist, mit sofortiger Wirkung zu unterbinden, dass die Antragstellerin weiterhin ein nicht zugelassenes neuartiges Lebensmittel herstellt und in Verkehr bringt. Dass diese Interessen am sofortigen Vollzug mit den öffentlichen Interessen am Erlass und der Durchsetzung der Verfügung als solcher übereinstimmen (siehe oben II.1.a.(1)(a)(cc)), steht der Annahme eines besonderen Vollzugsinteresses nicht entgegen. Die Sicherstellung dient der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und ist auf den Schutz überragend wichtiger Gemeinwohlbelange gerichtet. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr begründet für sich ein hinreichendes besonderes Interesse an einer sofortigen Vollziehung (vgl. Senatsbeschl. v. 17.10.2018, a.a.O., S. 45 - juris Rn. 30; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.1.2008 - 3 M 196/07 -, juris Rn. 5; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 20.9.2006 - 8 ME 115/06 -, juris Rn. 21 ff.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 759 jeweils m.w.N.).

c. Die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter überwiegen auch die die Antragstellerin treffenden Folgen der sofortigen Vollziehung.

Bei einem Aufschub des Vollzugs bis zur Entscheidung in der Hauptsache dürfte die Antragstellerin die sichergestellten Hanfölprodukte weiter zur Herstellung von (neuartigen und nicht zugelassenen) Lebensmitteln verwenden. Die hiermit verbundenen Verstöße gegen das Lebensmittelrecht und Beeinträchtigungen der Lebensmittelsicherheit würden irreparabel realisiert. Der Gesundheits- und Verbraucherschutz potenzieller Konsumenten und etwaige Gefahren wäre gefährdet.

Diesen erheblichen konkreten Nachteilen auch für überragend wichtige Rechtsgüter stehen schwerwiegende Folgen für die Antragstellerin bei einer sofortigen Vollziehung nicht gegenüber. Zwar besteht die Gefahr, dass sie durch den Verderb der sichergestellten Hanfölprodukte einen wirtschaftlichen Schaden erleidet. Diese nachteilige Folge weist aber ein überschaubares, durch ein Verhalten der Antragstellerin zudem durchaus zu minimierendes (siehe oben II.1.a.(1)(a)(cc)) und daher im konkreten Fall hinzunehmendes Ausmaß auf.

2. Die Antragstellerin kann auch nicht beanspruchen, die Vollziehung der bereits erfolgten Sicherstellung der im Bescheid vom 24. Mai 2019 genannten Erzeugnisse aufzuheben.

Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Diese Bestimmung eröffnet lediglich die prozessuale Möglichkeit, (auch) den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geltend zu machen (vgl. Senatsbeschl. v. 29.3.2019 - 13 ME 519/18 -, juris Rn. 12 f. m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die materiellen Voraussetzungen des Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs erfüllt sind, mithin dass durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht des Betroffenen ein noch andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.12.2015 - BVerwG 6 B 33.15 -, juris Rn. 14; Urt. v. 26.8.1993 - BVerwG 4 C 24.91 -, juris Rn. 23 f.; Urt. v. 19.7.1984 - BVerwG 3 C 81.82 -, BVerwGE 69, 366, 370 - juris Rn. 26 ff.; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 353 ff. jeweils m.w.N). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, da, wie zu II.1.a. ausgeführt, die für sofort vollziehbar erklärte Sicherstellung und Verwahrung rechtmäßig sind.



Der Senat hat davon abgesehen, die D. E. F. zu diesem Verfahren beizuladen. Es ist zwar im Hinblick auf vertragliche Vereinbarungen zwischen ihr und der Antragstellerin nicht ausgeschlossen, dass ihre rechtlichen Interessen durch die Entscheidung des Senats berührt werden und deshalb eine einfache Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO in Betracht kommt (vgl. zu den insoweit bestehenden Voraussetzungen im Einzelnen: Senatsbeschl. v. 19.2.2018 - 13 OB 22/18 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Der Senat übt mit Blick auf den Zweck der einfachen Beiladung, der gerade nicht darin liegt, die Verfahrensposition der Hauptbeteiligten zu stärken oder in deren Interesse die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung zu erweitern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.9.2009 - BVerwG 8 B 75.09 -, NVwZ-RR 2010, 37 - juris Rn. 3; Urt. v. 7.2.1986 - BVerwG 4 C 30.84 -, BVerwGE 74, 19, 22 f. - juris Rn. 14), sein Ermessen aber dahin aus, von einer Beiladung abzusehen. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 19.2.2018, a.a.O., Rn. 3 m.w.N.) sind nicht erfüllt. Die D. E. F. ist an dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis der hier Verfahrensbeteiligten nicht beteiligt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG und Nrn. 25.2 und 1.5 Satz 1 Halbsatz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11). Die Änderung der Festsetzung des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nur der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auf eine auch für die Höhe des Streitwertes relevante Vorwegnahme der Hauptsache im Sinne der Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges gerichtet sein, nicht aber der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs nach § 80 Abs. 5 VwGO. Denn in letztgenannten Verfahren kann der Antragsteller allenfalls einen Aufschub, nicht aber, und zwar auch nicht vorläufig, das im Hauptsacheverfahren selbst verfolgte Ziel, etwa den Erlass eines begünstigenden oder die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes, erreichen (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 3.5.2006 - 5 E 72/06 -, NVwZ-RR 2006, 851 - juris Rn. 2 m.w.N.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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