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Verwaltungsgericht Hannover Beschluss vom 18.11.2019 - 15 B 3035/19 - CBD - Cannabinoidhaltige Extrakte im Eilverfahren

VG Hannover v. 18.11.2019: Verbotsverfügung hinsichtlich des Inverkehrbringens verschiedener Hanfprodukte - Novel-Food


Das Verwaltungsgericht Hannover (Beschluss vom 18.11.2019 - 15 B 3035/19) hat entschieden:

   Produkte mit dem Zusatz „cannabinoidhaltiges Hanfextrakt“ werde als neuartig beurteilt und sind ohne eine Zulassung nach der Novel Food Verordnung nicht verkehrsfähig.




Siehe auch
CBD - cannabinoidhaltige Extrakte - Hanföl
und
Nahrungsergänzungsmittel - Lebensmittelsupplemente - Aufbaumittel


Gründe:


I.

Die Antragstellerin begehrt die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen eine von dem Antragsgegner erlassene Verbotsverfügung hinsichtlich des Inverkehrbringens verschiedener Hanfprodukte.

Die Antragstellerin vertreibt Hanfprodukte. Am 28.02.2019 wurden in dem Betrieb der Antragstellerin amtliche Proben der folgenden Produkte der Antragstellerin entnommen:

   [folgt eine Aufstellung]

Die Produkte wurden dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) zur Prüfung vorgelegt. Mit dem Prüfbericht vom 18.02.2019 stufte das LAVES die Produkte als nicht verkehrsfähig ein und führte hierzu aus: Die Proben enthielten als wertgebende Zutat cannabidiolhaltiges Hanfextrakt. Nach Diskussionen auf europäischer Ebene sei im Novel Food Katalog der Eintrag zu Cannabinoiden (CBD) präzisiert worden. Extrakte aus der Hanfpflanze und Cannabinoide selbst seien danach als neuartig im Sinne der VO (EU) 2015/2283 (Novel Food VO) einzustufen:

   „The hemp plant (Cannabis sativa L.) contains a number of cannabinoids and the most common ones are as follows: delta-9-tetrahydrocannabinol (Δ9-THC), its precursor in hemp, delta-9-tetrahydrocannabinolic acid A (Δ9-THCA-A), delta-9-tetrahydrocannabinolic acid B (Δ9-THCA-B), delta-8-tetrahydrocannabinol (Δ8-THC), cannabidiol (CBD), its precursor in hemp cannabidiolic acid (CBDA), cannabigerol (CBG), cannabinol (CBN), cannabichromene (CBC), and delta-9-tetrahydrocannabivarin (Δ9-THCV). Without prejudice to the information provided in the novel food catalogue for the entry relating to Cannabis sativa L., extracts of Cannabis sativa L. and derived products containing cannabinoids are considered novel foods as a history of consumption has not been demonstrated. This applies to both the extracts themselves and any products to which they are added as an ingredient (such as hemp seed oil). This also applies to extracts of other plants containing cannabinoids. Synthetically obtained cannabinoids are considered as novel.“

Danach gelte die Neuartigkeit sowohl für die Einzelsubstanz Cannabidiol (CBD) als auch für cannabinoidhaltige Extrakte aus Cannabis sativa L. und für jedes Produkt, zu dem cannabinoidhaltige Extrakte als Zutat zugesetzt würden. Der Zusatz „cannabinoidhaltiges Hanfextrakt“ werde somit als neuartig beurteilt und sei ohne eine Zulassung nach der Novel Food VO nicht verkehrsfähig.

Der Antragsgegner untersagte nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 19.06.2019 der Antragstellerin das Inverkehrbringen der oben angeführten Produkte ab sofort bis zum Vorliegen einer entsprechenden Zulassung der EU nach der Novel Food VO. Der Antragsgegner bezog sich zur Begründung auf den Prüfbericht des LAVES vom 18.03.2019, ferner auch auf inhaltlich entsprechende Äußerungen des Landesamtes für Verbraucherschutz des Saarlandes (Prüfbericht vom 12.04.2019). Bei Cannabinoiden, cannabinoidhaltigen Extrakten und damit hergestellten Lebensmitteln handele es sich um neuartige Lebensmittel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 a) iv der Novel Food VO, weil vor dem 15.05.1997 keine nennenswerte Verwendung für den menschlichen Verzehr ersichtlich sei. Nach der Novel Food VO müssten neuartige Lebensmittel vor ihrer Vermarktung auf ihre Sicherheit geprüft und zugelassen werden (Art. 6 Abs. 1 Novel Food VO). Auch in der von der EU-Kommission geführten Positivliste der neuartigen Lebensmittel sei kein entsprechender Eintrag für die hier relevanten Stoffe vorhanden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und auch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Erlass vom 14.03.2019) seien ebenfalls von einer nicht vorhandenen Verkehrsfähigkeit entsprechender Produkte ausgegangen. Die Einstufung CBD-haltiger Extrakte als „Novel Food“ sei demnach eindeutig. Dies belege auch die Auswertung des EU-Schnellwarnsystems. CBD-haltige Erzeugnisse seien durch viele Mitgliedstaaten als nicht verkehrsfähig eingestuft und aus dem Verkehr genommen worden. Unabhängig davon hätten bei den Produkten im Falle der bestimmungsgemäßen Dosierung Überschreitungen der für Delta9-THC abgeleiteten akuten Referenzdosis (ARfD) vorgelegen. Die Produkte seien als nicht sicher einzustufen.

Der Antragsgegner ordnete zudem unter Hinweis auf die fehlende Zulassung und die Gesundheitsrisiken für die Verbraucher die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Vertrieb der hier relevanten Produkte überhaupt einen wesentlichen Teil des Geschäftes der Antragstellerin ausmache.

Die Antragstellerin hat hiergegen am 26.06.2019 Klage erhoben (15 A 3032/19) und gleichzeitig um die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie hält die Verfügung vom 19.06.2019 für rechtswidrig und führt hierzu aus: In formeller Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend hinsichtlich des vorliegenden Einzelfalls begründet worden sei.

In materieller Hinsicht seien Produkte mit der Zutat Cannabidiol nicht als neuartige Lebensmittel einzustufen, denn diese seien bereits vor dem 15.05.1997 in der EU in einem nennenswerten Umfang als Lebensmittel verwendet worden. Die Antragstellerin verweist zur Untermauerung ihrer Auffassung auf verschiedene Quellen zu diesem Thema (Food Standard Agency UK vom 13.12.2017; Gutachten G. Pharmaforschung GmbH}; Gutachten Prof. H. vom 28.12.2015). Im Ergebnis seien entsprechende Produkte in Großbritannien, Italien und Bulgarien als nicht neuartige Lebensmittel qualifiziert worden. Die Verbotsverfügung behindere auch vor diesem Hintergrund den freien Warenverkehr innerhalb der EU. Zudem finde sich auch in der Stoffliste des BVL hinsichtlich „cannabis sativa, Hanfsamen“ der Eintrag „Lebensmittel“. Der Verweis des Antragstellers auf den Novel Food Katalog der Kommission sei nicht von Bedeutung, denn der Katalog sei nicht verbindlich und zudem habe die Kommission selbst im Jahr 1998 bestätigt, dass Lebensmittel, die Teile der Hanfpflanze enthielten, keine neuartigen Lebensmittel seien. Auch die WHO sei in ihrer Erklärung vom 24.01.2019 von einer Unbedenklichkeit von Cannabis- und Cannabidiol-Zubereitungen ausgegangen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein Extrakt aus der Cannabispflanze als neuartig eingestuft werden solle. Bei der Extraktion handele es sich um eine generell übliche Methode, die bereits vor dem 15.05.1997 praktiziert worden sei. Die Extraktion selbst ändere nichts an dem Umstand, dass weiterhin ein natürlicher Stoff vorliege. Die Verwendung eines Extraktes sei typisch für ein Nahrungsergänzungsmittel. Es wäre Aufgabe des Antragsgegners gewesen, vor Erlass eines Vertriebsverbotes den Sachverhalt weiter aufzuklären. Dem Antragsgegner obliege die Beweispflicht hinsichtlich des Umstandes, dass ein neuartiges Lebensmittel vorliege. Soweit der Antragsgegner darauf verweise, dass eines der Produkte in einer Charge einen erhöhten THC-Wert aufgewiesen habe, könne dies allenfalls ein Vertriebsverbot für diese Charge dieses konkreten Produkts rechtfertigen, nicht jedoch der übrigen von der Verbotsverfügung betroffenen Produkte. Auch unter betäubungsmittelrechtlichen Gesichtspunkten seien die Produkte und deren THC-Gehalt nicht zu beanstanden. Dies führt die Antragstellerin weiter aus. Zudem würde von der für Arzneimittel zuständigen Behörde inzwischen geprüft, ob für die hier streitgegenständlichen Produkte eine Zulassungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz bestehe. Hierin liege ein widersprüchliches Verhalten der verschiedenen Behörden. Die Antragstellerin beruft sich ferner hinsichtlich der Zulässigkeit des Vertriebes ihrer Produkte auf die Übergangsvorschrift des Art. 35 Abs. 2 Novel Food VO. Das Interesse der Antragstellerin an einem weiteren Vertrieb der Produkte sei hier vorrangig. Es gebe keine konkreten Hinweise darauf, dass eines der Produkte der Antragstellerin in seiner spezifischen Zusammensetzung, Dosierung und seiner bestimmungsgemäßen Anwendung gesundheitsschädlich sein könne. Es müsse ein reales Risiko absehbar sein. Spekulationen seien nicht ausreichend. Dies gelte erst recht, wenn ein anderer Mitgliedstaat entsprechende Produkte als nicht gesundheitsgefährdend angesehen habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die von dem Verbot betroffenen Produkte 97 % des Umsatzes der Antragstellerin ausmachten. Es stünden die Arbeitsplätze von vier Mitarbeitern auf dem Spiel. Diese wirtschaftlichen Erwägungen habe der Antragsgegner nicht bedacht. Der Sofortvollzug sei deshalb insgesamt nicht zu rechtfertigen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

   die aufschiebende Wirkung der Klage 15 A 3032/19 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.06.2019 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

   den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid vom 19.06.2019 und macht sich insbesondere die Ausführungen in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme des LAVES vom 15.07.2019 zu Eigen. Insbesondere ergebe sich hieraus auch, dass die Novel Food Arbeitsgruppe der Kommission erst im März 2019 die vorhandenen Informationen aus allen Mitgliedstaaten zusammengetragen habe und u.a. auch den Europäischen Hanfverband angehört habe. Die vorgelegten Nachweise seien als nicht ausreichend eingeschätzt worden, um von einem nennenswerten Verzehr von Blüten, Extrakten und CBD als Lebensmittel vor dem 15.05.1997 ausgehen zu können. Die Einträge im Novel Food Katalog stellten zudem auch das Ergebnis der Abstimmung aller Mitgliedstaaten dar. Soweit die Antragstellerin auf Stellungnahmen aus einzelnen Mitgliedstaaten hingewiesen habe, sei dies angesichts der aktuellen Einschätzung als überholt anzusehen, denn die Einträge im Novel Food Katalog seien nach den neuesten Informationen angepasst worden. An dieser Entscheidung seien alle Mitgliedstaaten beteiligt gewesen. Ferner gehe auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft davon aus, dass ein neuartiges Lebensmittel vorliege. Außerdem hätten auch weitere Untersuchungseinrichtungen der Länder die getroffene Einschätzung bestätigt (Gutachten des LAVES vom 17.04.2019 und vom 28.06.2019; Gutachten vom 29.05.2019 der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen). Unabhängig davon würden die Produkte der Antragstellerin aufgrund der Überschreitung des für Delta9 –THC vorhandenen akuten Referenzwertes als nicht sichere Lebensmittel beurteilt.

Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 21.08.2019 die Antragsrücknahme betreffend die Produktcharge mit der I. (MHD 12/2020) und der Charge erklärt, auf welche sich die Auswertung der Probe Nr. 19-084753-01 der J. bezieht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.





II.

Da die Antragstellerin den Antrag teilweise zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Der danach verbleibende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfüllt hier die Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Der Antragsgegner hat mit seiner Begründung (Seiten 6 und 7 des angefochtenen Bescheides vom 19.06.2019) ausreichend deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht die Anordnung des Sofortvollzugs im vorliegenden Einzelfall erforderlich ist. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass für die entsprechenden Produkte der Antragstellerin keine Zulassung vorliegt. Zudem hat der Antragsgegner ausgeführt, dass zumindest bei einem Produkt ein erhöhter THC-Gehalt festgestellt wurde. Aus Sicht des Antragsgegners ist es vor diesem Hintergrund wegen der drohenden gesundheitlichen Gefahren für die Verbraucher nicht hinnehmbar, dass die Produkte in den Verkehr gebracht werden. Ferner hat der Antragsgegner auch die wirtschaftlichen Belange der Antragstellerin berücksichtigt. Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Antragsgegner keine Anhaltpunkte dafür hatte, dass es durch die Verbotsverfügung zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin kommen könnte. Insoweit ist den besonderen Vorgaben, eine auf den Einzelfall bezogenen Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die von dem Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (Nds. OVG, Beschluss vom 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris).




Nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid vom 19.06.2019 ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Antragsgegner hat zu Recht einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht festgestellt und hieran anknüpfend das Inverkehrbringungsverbot erlassen. Rechtsgrundlage der Untersagung des Inverkehrbringens der hier betroffenen Produkte ist Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 der Novel Food VO. Danach trifft die zuständige Behörde, wenn sie einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht festgestellt hat, die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Zu diesen Maßnahmen kann nach Art. 54 Abs. 2 b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch die Untersagung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln gehören. Nach Art. 6 Abs. 2 Novel Food VO dürfen nur zugelassene und in der Unionsliste aufgeführte neuartige Lebensmittel nach Maßgabe der in der Liste festgelegten Bedingungen und Kennzeichnungsvorschriften als solche in den Verkehr gebracht oder in und auf Lebensmitteln verwendet werden. Als unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltendes EU-Recht hat Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 in seinem Anwendungsbereich Vorrang vor nationalem Recht. Insoweit ist daher § 39 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs - LFGB - als Eingriffsgrundlage des nationalen Rechts unanwendbar (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2014 – 13 B 1250/14 – juris Rn. 10 ff; VGH BW, Urteil vom 16.06.2014 – 9 S 1273/13 – juris Rn. 22 ff; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2009 – 5 Bs 139/11 – juris; VG Berlin, Urteil vom 14.03.2018 – 14 K 328.16 – juris Rn. 22; VG Würzburg, Beschluss vom 27.07.2018 – W 8 S 18.904 – juris Rn. 30). Rechtlich unschädlich ist, dass der Antragsgegner insoweit die Verbotsverfügung auch auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB gestützt hat. Vorliegend wäre das Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig (§ 47 VwVfG Bund i.V.m. § 1 Nds. VwVfG). Wegen der identischen Zielrichtung, strukturellen Vergleichbarkeit sowie des Gleichlaufs von Befugnisrahmen und Rechtsfolgen lässt der Austausch von § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB gegen Art. 54 Abs. 1 und 2 b) VO (EG) Nr. 882/2004 den Regelungsgehalt der Grundverfügung unberührt und sind zur Begründung auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Erwägungen erforderlich (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 27.07.2018 – W 8 S 18.904 – juris Rn. 30).

Die Antragstellerin verstößt durch das Inverkehrbringen der hier relevanten Hanf-Produkte gegen das Lebensmittelrecht, weil es sich bei Cannabinoiden, cannabinoidhaltigen Extrakten und damit hergestellten Lebensmitteln jeweils um neuartige Lebensmittel handelt, welche bislang in der EU keine entsprechende Zulassung haben. Nach Art. 6 Abs. 2 Novel Food VO dürfen jedoch nur zugelassene und in der Unionsliste aufgeführte neuartige Lebensmittel nach Maßgabe der in der Liste festgelegten Bedingungen und Kennzeichnungsvorschriften als solche in den Verkehr gebracht oder in und auf Lebensmitteln verwendet werden.

Die in Rede stehenden Produkte der Antragstellerin fallen in den Anwendungsbereich der Novel Food VO. Art. 2 Abs. 1 Novel Food VO bestimmt, dass die Verordnung für das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel in der Union gilt. Bei den streitgegenständlichen Produkten handelt es sich hier jeweils um ein Lebensmittel. Als Lebensmittel definiert Art. 3 Abs. 1 Novel Food VO i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Danach sind die von der Antragstellerin vertriebenen Produkte als Lebensmittel zu bewerten, weil sie dazu bestimmt sind, von Menschen aufgenommen zu werden und auch nicht unter einen der in Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 enthaltenen Ausnahmetatbestände fallen. Unabhängig davon vertreibt die Antragstellerin die hier relevanten Produkte offenbar als Nahrungsergänzungsmittel, die den Lebensmitteln unterfallen (vgl. § 1 Abs. 1 der Nahrungsmittelergänzungsverordnung).



Die vorliegenden Hanf-Produkte sind als Lebensmittel auch „neuartig“ im Sinne der Definition in Art. 3 Abs. 2 a) Novel Food VO. Hiernach sind neuartige Lebensmittel alle Lebensmittel, die vor dem 15.05.1997 unabhängig von den Zeitpunkten der Beitritte von Mitgliedstaaten zur Union nicht in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und in mindestens eine der nachfolgend in der Vorschrift genannten Kategorien fallen. Von diesen Kategorien kommt nur Ziffer iv in Betracht, die Lebensmittel erfasst, welche aus Pflanzen oder Pflanzenteilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt wurden, ausgenommen Fälle, in denen das Lebensmittel eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union hat und das Lebensmittel aus einer Pflanze oder einer Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ihrerseits gewonnen wurde mithilfe von Vermehrungsverfahren, die im Einzelnen genannte Anforderungen erfüllen. Für die Frage, ob es sich um ein neuartiges Lebensmittel handelt, kommt es nicht auf den Ausgangsstoff, sondern auf das daraus erzeugte, zu beurteilende Produkt an (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12.05.2009 – 9 B 09.199 – juris Rn. 18; vgl. VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorgängerregelung der Novel Food VO, der VO (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, reicht der Umstand, dass alle Zutaten eines Lebensmittels für sich genommen nicht als neuartige Lebensmittel zu qualifizieren sind, nicht dafür aus, die Anwendung dieser Verordnung auf das erzeugte Lebensmittel auszuschließen. Die Entscheidung, ob dieses als neuartiges Lebensmittel im Sinne der Verordnung einzustufen ist, ist für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Merkmale des Lebensmittels und des Herstellungsverfahrens zu treffen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-383/07 - juris Rn. 30; VGH BW, Beschluss vom 23.10.2017 - 9 S 1887/17 - juris Rn. 20). Denn es ist nicht auszuschließen, dass der Herstellungsvorgang in der Struktur eines Lebensmittels zu physikalischen, chemischen oder biologischen Änderungen der verwendeten Zutaten mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die öffentliche Gesundheit führen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-383/07 - juris Rn. 27; BGH, Urteil vom 16.04.2015 - I ZR 27/14 - juris Rn. 26; VGH BW, Beschluss vom 23.10.2017 - 9 S 1887/17 - juris Rn. 20 f.). Diese Erwägungen sind im Grundsatz auf die Regelungen der Novel Food VO in der gegenwärtigen Fassung übertragbar (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, NFV, Stand: November 2018, Art. 3 Rn. 32 ff; VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 21 ff; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2019 – 16 L 2333/19 – juris Rn. 24). Damit ist unerheblich, ob die Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) und ihre Bestandteile neuartige Lebensmittel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 a) Novel Food VO sind. Es ist ohne Bedeutung, dass bestimmte aus der Hanfpflanze oder deren Bestandteilen wie Hanfsamen, Hanfsamenöl, Hanfsamenmehl oder fettfreiem Hanfsamenprotein gewonnene Produkte eine Verwendungsgeschichte in der EU haben und deshalb nicht als neuartig einzuordnen sind. Es kommt ferner auch nicht auf das konkrete Produktionsverfahren an. Entscheidungserheblich ist allein, ob die hier relevanten Endprodukte die Merkmale eines neuartigen Lebensmittels erfüllen. Dies ist vorliegend der Fall, denn diese Produkte wurden vor dem 15.05.1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet. Vorliegend ergibt sich aus dem Eintrag „Cannabinoids" im Novel Food Katalog der Europäischen Kommission ein deutliches Indiz für die Annahme eines neuartigen Lebensmittels. Der Eintrag ist mit dem Status „rotes X" versehen, was bedeutet, dass das Lebensmittel vor dem Stichtag 15.05.1997 nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurde. Im Text des Eintrages [es folgt eine URL] heißt es:

   „... extracts of Cannabis sativa L. and derived products containing cannabinoids are considered novel foods as a history of consumption has not been demonstrated."

Der Katalog der Europäischen Kommission für die Einordnung eines Lebensmittels als neuartig ist nicht bindend (vgl. BGH, Urteil vom 16.04.2015 – I ZR 27/14 – juris Rn. 33). Dem Katalog kommt aber eine Indizwirkung zu. In die Einträge des Katalogs fließen die Erkenntnisse der Europäischen Kommission sowie der für neuartige Lebensmittel zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ein. Die Europäische Kommission ist nach Art. 6 Abs. 1 Novel Food VO verpflichtet, den Katalog auf dem neuesten Stand zu halten. Hier ist offenbar im Frühjahr 2019 unter Abstimmung der Mitgliedstaaten eine Aktualisierung diskutiert worden. Auch der Hanfverband wurde hierzu offenbar angehört. Hierbei ist im Ergebnis weiter davon ausgegangen worden, dass ein neuartiges Lebensmittel gegeben ist. Insoweit kommt es auf etwaige frühere Stellungnahmen der Kommission aus dem Jahr 1998 nicht an.

Die von der Antragstellerin angeführten Argumente erlauben nach summarischer Prüfung nicht die Annahme, dass hinsichtlich der hier streitrelevanten Produkte nicht von einem neuartigen Lebensmittel ausgegangen werden könnte.




Soweit die Antragstellerin auf die Auffassung der britischen Food Standards Agency (FSA) vom 13.12.2017 hinweist, ist diese Einschätzung überholt. Die FSA vertritt nunmehr die Auffassung, dass ein nennenswerter Konsum von Cannabidiol-Produkten vor dem Stichtag nicht nachgewiesen werden konnte und deshalb CBD-Produkte als neuartige Lebensmittel einzustufen sind (vgl. hierzu die aktuelle Klarstellung der FSA unter [es folgt eine URL]; vgl. auch VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 19). Die vorgelegte (undatierte) Stellungnahme des K. belegt ebenfalls keinen Verzehr in nennenswertem Umfang vor dem maßgeblichen Stichtag. Seite 4 der Stellungnahme, wonach in Europa jährlich etwa 7,5 t Hanfblüten für die Produktion von essentiellen Ölen für die Nahrungs- und Getränkeindustrie sowie für medizinische Zwecke verarbeitet werden, betrifft wohl Lebensmittelaromen (Art. 2 Abs. 2 b) Ziffer iii Novel Food VO) sowie Arzneimittel, für welche die Novel Food VO nicht gilt (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2019 – 16 L 2333/19 – juris Rn. 43). Auch im Übrigen ist für die Kammer im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht nachvollziehbar, dass auf der Basis dieser Stellungnahme nunmehr nicht von einer Neuartigkeit der konkreten streitgegenständlichen Produkte ausgegangen werden müsste. Gleiches gilt für das vorliegende Gutachten des Prof. H. vom 28.12.2015. Hierin wird im Wesentlichen angeführt, Hanf habe generell eine lange Nutzungsgeschichte und es bestünden keine begründeten Bedenken gegen die Verwendung von Hanfsamen, Hanfsamenextrakten oder Hanfsamenöl als Lebensmittel. Diese seien schon vor dem 15.05.1997 in signifikantem Umfang verwendet worden. Eine nachvollziehbare und überzeugende Begründung für diese Behauptung und auch einen entsprechenden Bezug zu den vorliegend relevanten Produkten enthält das Gutachten nicht. Auch aus der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Verkehrsfähigkeitsbescheinigung Bulgariens vom 09.04.2019 lässt sich kein für die Antragstellerin günstigeres Ergebnis ableiten. Es ist nicht eindeutig erkennbar, ob es sich bei den dort wohl erfassten Produkten „Power Protein", „Pure Gold", „Humulus Oil" und „Super Greens" auch um CBD-haltige Erzeugnisse handelt bzw. diese mit den hier streitgegenständlichen Produkten vergleichbar sind. Unabhängig davon liegt dem Gericht das Rundschreiben des BVL vom 21.08.2019 vor, woraus sich ergibt, dass die für diese Produkte erteilten Zertifikate von den bulgarischen Behörden inzwischen annulliert wurden. Die Antragstellerin kann auch aus der Aufnahme von Cannabis sativa L. in die italienische Positivliste keinen Aspekt herleiten, der ihre Argumentation nachhaltig stützen könnte (vgl. hierzu auch VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 20). Die Antragsgegnerin hat insoweit vorgetragen, dass sich der Eintrag in der Positivliste auf Samen und Öl der Hanfpflanze, die auch nach dem entsprechenden Eintrag im Novel Food Katalog der Europäischen Kommission nicht als neuartige Lebensmittel einzuordnen sind, bezieht. Vor diesem Hintergrund und angesichts der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ergibt sich insgesamt kein Anknüpfungspunkt hinsichtlich eines etwaigen Verstoßes gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs bzw. Art. 34 AEUV.

Aus Sicht der Kammer hat auch die von der Antragstellerin angeführte Erklärung der WHO vom 24.01.2019 grundsätzlich keine ersichtliche Bedeutung für die vorliegende Fallkonstellation und insbesondere die Frage, ob ein neuartiges Lebensmittel vorliegt. Zudem geht es in der Erklärung offenbar in erster Linie um die Frage der „Narcotic Drugs“.

Es sind ferner auch nicht die (Ausnahme-) Voraussetzungen der Kategorie iv der Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 2 a) Novel Food VO gegeben. Es liegt deshalb keine Konstellation vor, in welcher ein Fehlen der Neuartigkeit des Lebensmittels angenommen werden könnte. Zu der Kategorie iv gehören Lebensmittel, die aus Pflanzen oder Pflanzenteilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt werden. Das in den Produkten der Antragstellerin enthaltene Cannabidiol (CBD) wird aus den Bestandteilen der Pflanze Cannabis sativa L. mittels Extraktion gewonnen, also aus den Pflanzenbestandteilen isoliert oder erzeugt. Die Varianten „isoliert" und „erzeugt" stehen in der Vorschrift dem Wortlaut nach gleichwertig nebeneinander, so dass es nicht darauf ankommt, welche Variante einschlägig ist. Von der Kategorie iv werden hingegen solche Fälle ausdrücklich nicht erfasst, in denen das Lebensmittel eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union hat und das Lebensmittel aus einer Pflanze oder einer Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ihrerseits mithilfe näher definierter Vermehrungsverfahren gewonnen wurde. Lebensmittel im Sinne dieser Ausnahmevorschrift ist das zu beurteilende Lebensmittel - hier die streitgegenständlichen Produkte. Es kommt auch in diesem Zusammenhang nicht auf das Ausgangsprodukt bzw. die verarbeitete Pflanze (Cannabis sativa L.) an (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2019 – 16 L 2333/19 – juris Rn. 48 mwN). Nach den obigen Ausführungen haben die hier streitgegenständlichen Produkte der Antragstellerin keine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union.

Der Einwand der Antragstellerin, der Antragsgegner hätte selbst alle Ermittlungen bezüglich des nennenswerten Verzehrs vornehmen müssen, greift nicht. Die fehlende Glaubhaftmachung bzw. der fehlende Nachweis eines nennenswerten Verzehrs bzw. einer Verwendungsgeschichte des streitgegenständlichen Produkts als sicheres Lebensmittel im europäischen Raum vor dem 15.05.1997 geht im Zweifelsfall zu Lasten der Antragstellerin. Die Beweislast für die fehlende Novel Food Eigenschaft trägt derjenige, der das Produkt in den Verkehr bringen will (vgl. VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 16; Beschluss vom 23.10.2017 – 9 S 1887/17 – juris), hingegen nicht die Behörde.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Übergangsvorschrift in Art. 35 Abs. 2 Novel Food VO berufen. Nach dieser Regelung dürfen Lebensmittel, die nicht unter die Vorgängerverordnung (EG) Nr. 258/97 fielen und vor dem 01.01.2018 rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, während eines schwebenden Zulassungsverfahrens nach der Novel Food VO weiterhin in Verkehr gebracht werden. Die Vorschrift betrifft insbesondere neu hinzugekommene Kategorien der neuartigen Lebensmittel in Art. 3 Abs. 2 a) Novel Food VO und Änderungen der Abgrenzung dieser Kategorien. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die einschlägige Kategorie iv fand sich - mit im Wesentlichen gleicher Definition - bereits in Art. 1 Abs. 2 e) VO (EG) Nr. 258/97. Geänderte oder präzisierte Erkenntnisse zur Einstufung eines Lebensmittels als neuartig werden von der Übergangsbestimmung nicht erfasst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2019 – 16 L 2333/19 – juris Rn. 53 mwN).



Es ist für das vorliegende Verfahren und die Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung nicht von Bedeutung, ob in einem anderen behördlichen Verfahren eventuell die Zulassungspflicht der Produkte der Antragstellerin nach dem Arzneimittelgesetz geprüft wird. Dieser Aspekt ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

Das vorliegenden Inverkehrbringungsverbot erscheint auch mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung für die Antragstellerin als verhältnismäßig. Eine weniger einschneidende Maßnahme zur Durchsetzung des Verbots zur Inverkehrbringung von neuartigen Lebensmitteln ohne vorherige Zulassung ist nicht ersichtlich. Unabhängig davon hat die Antragstellerin hinsichtlich der bei ihr vorliegenden wirtschaftlichen Auswirkungen schon nicht substantiiert vorgetragen, dass die hier betroffenen Produkte tatsächlich 97% ihres Geschäftsmodells ausmachen. Ferner ist auch nicht erkennbar, in welcher finanziellen Größenordnung die Antragstellerin einen entgangenen Gewinn zu befürchten hat. Selbst wenn man unterstellt, dass die hier betroffenen Produkte tatsächlich 97 % des Geschäftsmodells der Antragstellerin betreffen, erscheint die angefochtene Maßnahme angesichts der überragenden Bedeutung des Gesundheitsschutzes der Verbraucher verhältnismäßig (vgl. VGH BW, Beschluss vom 16.10.2019 – 9 S 535/19 – juris Rn. 24).

Hiernach sind die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten.

Nach alledem kommt es auf die möglicherweise zu beanstandenden Delta9-THC Werte für die vorliegende Entscheidung nicht weiter an.

Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls auch das für die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderliche, über die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung hinausgehende besondere Vollzugsinteresse anzunehmen. Mit Blick auf die überragende Bedeutung des Gesundheitsschutzes kann die Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet werden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund etwaiger wirtschaftlicher Nachteile für die Antragstellerin. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob von den Produkten der Antragstellerin eine konkrete Gesundheitsgefahr ausgeht. Das Verbot des Art. 6 Abs. 2 Novel Food VO dient gerade dazu sicherzustellen, dass keine neuartigen Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, die nicht zuvor auf Gesundheitsgefahren untersucht worden sind (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2019 – 16 L 2333/19 – juris Rn. 57 mwN).

Selbst wenn man unterstellen würde, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen wären, so wäre nach der dann vorzunehmenden reinen Interessenabwägung ebenfalls davon auszugehen, dass die hier betroffenen Produkte zunächst nicht in den Verkehr gelangen dürfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

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