Facebook darf personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer mangels ausreichender Einwillungserklärung nach deutschem Recht nicht verwenden. |
„Wir gehören seit 2014 zur Facebook-Unternehmensgruppe [Hyperlink]. Als Teil der Facebook-Unternehmensgruppe erhält WhatsApp Informationen von den Unternehmen dieser Unternehmensgruppe und teilt Informationen mit ihnen. Wir können mithilfe der von ihnen erhaltenen Informationen und sie können mithilfe der Informationen, die wir mit ihnen teilen, unsere Dienste sowie ihre Angebote betreiben, bereitstellen, verbessern, verstehen, individualisieren, unterstützen und vermarkten. Dazu gehört auch die Unterstützung bei der Verbesserung von Infrastruktur und Zustellsystemen, des Verstehens der Art der Nutzung unserer bzw. ihrer Dienste, der Absicherung der Systeme und der Bekämpfung von Spam, Missbrauch bzw. Verletzungshandlungen. Facebook und die anderen Unternehmen in der Facebook-Unternehmensgruppe können Informationen von uns auch verwenden, um deine Erlebnisse in ihren Diensten, wie Vorschläge zu unterbreiten (beispielsweise Freunde oder Verbindungen oder interessante Inhalte) und um relevante Angebote und Werbeanzeigen zu zeigen. Deine WhatsApp-Nachrichten werden nicht für andere sichtbar auf Facebook geteilt. Tatsächlich wird Facebook deine WhatsApp- Nachrichten nicht für irgendeinen anderen Zweck nutzen, als uns beim Betreiben und bei der Bereitstellung unserer Dienste zu unterstützen“. |
„WhatsApp hat klare, ausdrückliche und informierte Zustimmungen der Nutzer zu den aktualisierten WhatsApp-Nutzungsbedingungen und der aktualisierten Datenschutzrichtlinie, die ausdrücklich diesen Datenaustausch vorsehen, eingeholt. Was die Weitergabe von Daten durch Facebook an WhatsApp und den Erhalt der Daten von WhatsApp anbelangt, haben Facebook-Nutzer bereits früher durch Einwilligung in die Facebook Datenschutzrichtlinie ihre Zustimmung erteilt, welche in den maßgeblichen Abschnitten folgendes vorsieht ...“ |
„Nachdem eine Person den Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien von WhatsApp ausdrücklich zugestimmt hat, werden die Daten, die WhatsApp mit Facebook teilt, unter Einhaltung der Vorgaben der WhatsApp-Datenschutzrichtlinie und der Datenschutzrichtlinie von Facebook verwendet. Wenn sich Nutzer allerdings gegen die Verwendung der WhatsApp-Daten durch Facebook für Facebook- Werbung und –Produkterlebnisse entscheiden, wird die Nutzung dieser Daten durch Facebook begrenzt und ist für eigene Produkte oder zu Werbezwecken ausgeschlossen, wie nachstehend eingehender erläutert wird. Wie in der Datenschutzrichtlinie erläutert wird, tauschen WhatsApp und Facebook Daten dazu aus, um das Betreiben, Bereitstellen, Verbessern, Verstehen, Individualisieren, Unterstützen und Vermarkten der Dienste von WhatsApp sowie derFacebook-Unternehmensfamilie zu fördern; dazu zählen auch:
Dementsprechend wird Facebook die von WhatsApp bereitgestellten Informationen zum Zweck der Verbesserung interner Analysen, von Berichterstattungen, Sicherheitskonzepten und Kundenerlebnissen in Bezug auf die Produkte und Dienste verwenden.“ |
die personenbezogenen Daten deutscher WhatsApp-Nutzer zu erheben und zu speichern, soweit und solange eine gegenüber der Antragstellerin durch den jeweiligen Betroffenen erteilte und den Anforderungen des § 4a BDSG entsprechende Einwilligung nicht vorliegt. |
„ ... ist die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Datenschutzkontrollbehörden in Fällen, in denen ein Mutterkonzern (hier: Facebook Inc., USA) im Unionsgebiet mehrere Niederlassungen unterhält, die aber unterschiedliche Aufgaben haben, nicht geklärt. In seiner Entscheidung in Sachen Google Spain und Google (Urt. v. 13.5.2014, C-131/12, ECLI:EU:C:2014:317, NVwZ 2014, 857) hat der Gerichtshof der Europäischen Union Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 95/46/EG dahin ausgelegt, dass im Sinne dieser Bestimmung eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung ausgeführt wird, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates besitzt, wenn der die Verarbeitung Durchführende in einem Mitgliedstaat für die Förderung des Verkaufs der Werbeflächen für sein Datenverarbeitungsangebot und diesen Verkauf selbst eine Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft gründet, deren Tätigkeit auf die Einwohner dieses Staates ausgerichtet ist. Weiterhin klärungsbedürftig ist aber, ob diese Anknüpfung an eine (allein) für Marketing und Vertrieb zuständige Niederlassung in einem Mitgliedstaat (hier: Deutschland) für die Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie und die Zuständigkeit der Kontrollbehörde auch auf eine Konstellation übertragbar ist, bei der eine in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Irland) niedergelassenen Tochtergesellschaft nach der konzerninternen Aufgaben- und Verantwortungsteilung auch im Außenverhältnis als im gesamten Unionsgebiet „für die Verarbeitung Verantwortlicher“ auftritt. Insoweit keine Klärung bewirkt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Vorabentscheidungsersuchen v. 25.2.2016, 1 C 28/14, ECLI:DE: BVerwG: 2016:250216¬B1C28.14.0, K&R 2016, 437, juris Rn. 40), der sich der Senat anschließt, die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Weltimmo (Urt. v. 1.10.2015, C- 230/14, ECLI:EU:C:2015:639, NJW 2015, 3636). Dort war nicht die Konstellation zweier rechtlich selbständiger Tochtergesellschaften, denen konzernintern unterschiedliche sachliche und regionale Aufgaben zugewiesen waren, einer außerhalb des Unionsgebiets ansässigen Muttergesellschaft zu beurteilen (vgl. BVerwG a.a.O.).“ |
„Aus Art. 28 Abs. 1 und 3 RL 95/46/EG ergibt sich, dass jede Kontrollstelle sämtliche Befugnisse ausübt, die ihr im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaates übertragen wurden, um in diesem Hoheitsgebiet die Einhaltung der Datenschutzvorschriften sicherzustellen; eine Kontrollstelle darf keine Sanktionen außerhalb des Hoheitsgebiets ihres Mitgliedstaates verhängen und auch sonst nicht hoheitliche Maßnahmen jenseits ihrer territorialen Zuständigkeit ergreifen. Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist indes eine Anordnung gegenüber einer im eigenen Hoheitsgebiet gelegenen Stelle, bei der die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Beigeladene nur eine Vorfrage bildet. Ein hoheitliches Vorgehen gegen die Beigeladene ist hiermit gerade nicht verbunden.“ |
„Durch diese gesetzlichen Vorgaben soll verhindert werden, dass die Einwilligung im so genannten Kleingedruckten versteckt wird und der Betroffene sie durch seine Unterschrift erteilt, ohne sich ihrer und ihres Bezugsgegenstands bewusst zu sein, weil er sie übersieht (BGH, Urt. v. 16.7.2008, VIII ZR 348/06, juris Rn. 23). Dabei kann die Einwilligung die ihr zugewiesene Aufgabe, das Entscheidungsvorrecht der Betroffenen ebenso zu gewährleisten wie zu konkretisieren nur dann erfüllen, wenn sie hinreichend bestimmt ist, also klar zu erkennen gibt, unter welchen Bedingungen sich die Betroffenen mit der Verarbeitung welcher Daten einverstanden erklären (Simitis: in Simitis, BDSG, 8. Auflage, § 4a Rn. 76). Demzufolge sind pauschal gehaltene Erklärungen, die die Betroffenen die Möglichkeiten nehmen, die Tragweite ihres Einverständnisses zu überblicken, nicht mit § 4a Abs. 1 BDSG vereinbar (Simitis in: Simitis, a.a.O., § 4a Rn. 77). Zudem muss dem Betroffenen die Entscheidung tatsächlich überlassen bleiben, zwischen Einverständnis und Verweigerung wirklich wählen zu können, d.h. die Verweigerung der Einwilligung darf nicht zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen (Simitis in: Simitis, a.a.O., § 4a Rn. 91).
Gemessen an diesen Maßstäben sind die Einwilligungen, die die Antragstellerin von den betroffenen Nutzern eingeholt hat, nicht wirksam. Dies gilt für alle WhatsApp-Nutzer, d.h. Alt- und Neukunden als auch für sämtliche Zwecke, für die die Antragstellerin die Erhebung von Daten plant, d.h. für die Zwecke „Network/Security“, „Business Intelligence Analytics“ und „Facebook Ads/Products“. ... Dieses Einwilligungsverfahren ist wegen Verstoß gegen § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG unwirksam. Es fehlt an einer bewussten Einwilligung der betroffenen Nutzer. Denn für einen durchschnittlichen Nutzer ist nicht erkennbar, dass die Betätigung des obigen Buttons „Zustimmen“ eine Einwilligung in Datenvorgänge nach § 4 Abs. 1 BDSG darstellen soll. Es fehlt nämlich jeglicher Hinweis darauf, dass es in der Sache um die Einholung einer Einwilligung in Datenverarbeitungen geht. Dies kann dem Nutzer auch gar nicht bewusst sein. Der dem Hyperlink „Zustimmen“ vorbzw. nachfolgende Text erwähnt dies mit keinem Wort. Die Wortwahl, die Datenschutzrichtlinie werde aktualisiert, suggeriert vielmehr, die Daten des Nutzers würden geschützt. Auch wird angedeutet, die Aktualisierung erfolge nur, um neue Funktionen aktivieren zu können. Dies stellt eine Irreführung des Nutzers dar. Auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung wird der Nutzer entgegen § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG nicht hingewiesen. Dabei gelten für das vorliegende Einwilligungsverfahren noch strengere Anforderungen, weil eine Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen, nämlich der Zustimmung zu den neuen Nutzungsbedingungen, eingeholt werden soll, sodass es nach § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG sogar einer besonderen Hervorhebung bedurft hätte. Zwar wird dem Nutzer deutlich gemacht, dass er durch das Betätigen des Hyperlinks „Lesen“ mehr Informationen erhalten kann, insbesondere Auswahlmöglichkeiten erhält. Worauf sich diese Auswahlmöglichkeiten indes beziehen, wird nicht erklärt. Überdies dürften selbst die nach Betätigung des Hyperlinks „Lesen“ zur Verfügung gestellten Informationen (siehe folgender Screenshot) eine wirksame Einwilligung der WhatsApp-Nutzer nicht begründen können. ... Zunächst ist nicht deutlich, was mit den neben dem „Opt-Out-Balken“ genannten „WhatsApp-Account-Informationen“ gemeint ist. Der Begriff bleibt offen und dementsprechend erläuterungsbedürftig. Es ist für den Nutzer nicht ersichtlich, welche Datenarten dieser Datenkategorie überhaupt zuzuordnen sein sollen (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 10.6.2016, 2-3 O 364/15, juris Rn. 251). Eine entsprechende Klarstellung ergibt sich auch nicht aus den weiteren zur Verfügung gestellten Informationen, insbesondere der Datenschutzrichtlinie. Dort werden zudem die weiteren Zwecke lediglich unbestimmt, unklar und nicht in der von der Antragstellerin behaupteten Deutlichkeit herausgestellt. So ist die vermeintliche Einwilligung in Textpassagen neben andere Erklärungen und Hinweisen gestellt, ohne sich von diesen abzuheben. Überdies ist der „Opt-Out-Balken“ für den Zweck „Facebook Ads/Products“ (Verbesserung von Produkterlebnissen auf Facebook) im Hinblick auf den Hinweis „Unabhängig von dieser Einstellung werden ihre Chats und Telefonnummern nicht auf Facebook geteilt“ irreführend. Wenn die Erhebung zu drei unterschiedlichen Zwecke erfolgen soll, d.h. neben dem „opt-out“- Zweck „Facebook Ads/Products“ auch für die weiteren Zwecke „Network/Security“ und „Business Intelligence Analytics“, erschließt sich nicht, warum der Hinweis gerade an dieser Stelle erfolgt. Denn hierdurch wird impliziert, dass die WhatsApp-Account Informationen nur zu dem Zweck der Verbesserung der Erlebnisse auf Facebook mit Werbung und Produkten („Facebook Ads/Products“) übertragen werden sollen, was dem Vortrag der Antragstellerin widerspricht. Vergleichbares gilt für Neukunden. Diese bekommen beim Aufrufen der App folgenden Willkommensbildschirm angezeigt: ... Auch insoweit ist das Einwilligungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG unwirksam. Es fehlt an einer bewussten Einwilligung der betroffenen Nutzer. So findet sich auf dem Willkommensbildschirm keine Klarstellung dazu, dass das Betätigen des Buttons „Zustimmen und Fortfahren“ eine Einwilligung in Datenverarbeitungen nach § 4 Abs. 1 BDSG darstellen soll. Die obigen Ausführungen gelten entsprechend. Aufgrund der Unwirksamkeit der Einwilligungsverfahren kann offen bleiben, ob minderjährige Nutzer ab dem 13. Lebensjahr ohne Zustimmung der Eltern überhaupt wirksam eine Einwilligung abgeben könnten (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 4a Rn. 2a). Gleiches gilt für die Frage, ob das „Doppeltürmodell“ Anwendung findet. Denn mangels wirksamen Einwilligungsverfahren der WhatsApp Inc. können die ihr gegenüber erklärten Einwilligungen eine Erhebung durch die Antragstellerin nicht rechtfertigen.“ |