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Landgericht Stuttgart Urteil vom 30.09.2015 - 40 O 76/15 KfH - Maklerwerbung mit Kostenfreiheit für Vermieter

LG Stuttgart v.m 30.09.2015: Werbung eines Immobilienmaklers mit der Kostenfreiheit der Wohnungsvermittlung für Vermieter


Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 30.09.2015 - 40 O 76/15 KfH) hat entschieden:

   Die Werbung eines Wohnungsmaklers mit der Aussage „FÜR VERMIETER KOSTENFREI“ beinhaltet Angaben, die geeignet sind, die angesprochenen Vermieter zu täuschen.




Siehe auch Verschiedene Werbeaussagen und Stichwörter zum Thema Werbung


Tatbestand:


Die Parteien sind Wohnungsmakler im Großraum Stuttgart.

Der Verfügungsbeklagte warb im Zusammenhang mit der Vermittlung von Mietwohnungen bzw. Wohnhäusern in Zeitungsanzeigen mit dem Text

   "Unsere Kunden - ihre neuen Mieter? FÜR VERMIETER KOSTENFREI - wir suchen für unsere vorgemerkten Kunden in guter Wohnlage.... Vertrauen auch Sie Ihre Immobilie unseren Experten an".

Solche Anzeigen erschienen am 06.06., 04.07. und 25.07.2015.

Am 09.07.2015 forderte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten zur Unterlassung von Anzeigen mit dem Hinweis "für Vermieter kostenfrei" auf.

Der Verfügungsbeklagte bedankte sich am gleichen Tag für den Hinweis und die Erläuterungen, welche er gerne berücksichtige.

Nach der genannten Anzeige vom 25.07.2015 ließ der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten am 29.07.2015 nun anwaltlich strafbewehrt abmahnen.


Am 12.08.2015 lehnte der Verfügungsbeklagte innerhalb der gesetzten Erklärungsfrist eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab. Vom 12.08. bis 23.08.2015 befand sich der Verfügungskläger auf einer Kreuzfahrt.

Der Verfügungskläger sieht in den Werbeanzeigen einen Verstoß gegen § 5 UWG, da sie irreführend seien. Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen potentiellen Vermieter verstehe die Anzeige so, dass Vermieter für eine Vermittlung einer Wohnung durch den Verfügungsbeklagten als Makler keine Provision zahlen müssten, sondern die Maklerprovision vom Mieter übernommen werde, wie es vor Juni 2015 üblich war. Dies sei aber nur dann möglich, wenn der Suchauftrag des Mieters dem Makler bereits vor dem Auftrag des Vermieters zur Vermietung der Wohnung vorliege. Nicht mehr ausschließlich wegen des Vermittlungsauftrages des Wohnungssuchenden habe der Makler den Auftrag zum Anbieten der Wohnung, wenn er Vorkenntnis von der Vermietung und damit das Objekt an der Hand habe.




Die Inserate beschränkten sich nicht etwa auf die Wohnungsuche eines bestimmten Mietinteressenten, sondern gälten allgemein für vorgemerkte Kunden. Wenn der Erstinteressent die Wohnung nicht anmietet, sei aber die Mieterprovision "verbrannt", Die Wohnung sei dann für Vermittlungsverträge mit anderen Mietinteressenten im Bestand des Maklers.

Bei einem Anruf darauf hingewiesen, dass der Makler die Wohnung nach der Gesetzeslage nur einem einzigen Mietinteressenten gegen Mieterprovision anbieten könne, habe der Verfügungsbeklagte dann für weitere Mietinteressenten den Abschluss eines provisionspflichtigen Maklervertrags zwischen ihm und dem Vermieter vorgeschlagen.

Die Dringlichkeitsfrist für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung sei mit dem am 28.08.2015 eingereichten Antrag gewahrt. Mit dem Schreiben des Verfügungsbeklagten vom 09.07.2015, dass er die Hinweise des Verfügungsklägers gerne berücksichtige, sei bis zum Erscheinen der wiederholten Anzeige vom 25.07.2015 eine Zäsur eingetreten gewesen und daraufhin alsbald unter Fristsetzung bis 13.08.2015 strafbewehrt abgemahnt worden.

Die Anzeige des Verfügungsbeklagten vom 06.06.2015 habe er damals noch nicht zur Kenntnis genommen. Erst am 04.07.2015 sei er von eigenen Kunden auf die Anzeigen des Verfügungsbeklagten hingewiesen worden.

Der Verfügungskläger beantragt,

  1.  dem Verfügungsbeklagten wird untersagt, in Zeitungsanzeigen, Online in Internet-​Anzeigen oder sonstigen Mitteilungen und/oder Inseraten im Zusammenhang mit der Vermittlung und/oder Vermakelung von Mietwohnungen oder -häusern mit folgendem Text zu werben: "Für Vermieter kostenfrei", wenn in dem Inserat nicht deutlich gemacht wird, dass sich diese Kostenfreiheit nur auf ein einmaliges Anbieten der Mietwohnung oder des Hauses des Vermieters an nur einen einzigen Mietinteressenten bezieht.

  2.  Dem Verfügungsbeklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 ausgesprochene Verpflichtung, unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

   den Antrag zurückzuweisen.

Er bringt vor, eine Dringlichkeitsvermutung gelte für den Verfügungskläger nicht mehr, nachdem er von den maßgeblichen Umständen bei Beantragung der einstweiligen Verfügung (Eingang bei Gericht am 28.08.2015) seit mehr als 8 Wochen bzw. 2 Monaten Kenntnis gehabt haben müsse.

Eine entsprechende Anzeige sei schon am 06.06.2015 erschienen, wobei der Verfügungskläger wegen seiner eigenen Werbung auf der selben Seite mit der Rechnung ein Belegexemplar erhalten habe.

Der Verfügungsantrag sei mangels hinreichender Bestimmtheit, welche Werbeaussage aus der Rechtsverletzung herausführt, unzulässig.

Online im Internet habe er nicht geworben.

Im Kontext der Gesamtaussage der Werbung sei die angegriffene Aussage "für Vermieter kostenfrei" nicht irreführend. Der durchschnittlich informierte und verständige Vermieter kenne mittlerweile das Bestellerprinzip.

Ein Objekt, das ein Vermieter dem Makler vor dem Suchauftrag des Mieters vorgestellt hat, sei nicht schon für eine Mieterprovision verbraucht. Auf den Zeitpunkt des Suchauftrags stelle das Gesetz nicht wie in einem vorherigen Gesetzentwurf ab. Grund sei, dass dann weniger Wohnungsangebote inseriert würden, was vermieden werden solle.

Die beanstandete Werbung beschränke sich auf bereits vorgemerkte Mietinteressenten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Den weitergehenden Antrag hat der Verfügungskläger zurückgenommen.


Entscheidungsgründe:


Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung erweist sich gem. § 12 Abs.2, § 8 Abs. 3 Ziff. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 3 UWG als zulässig und begründet.

1. a) Das Werben des Verfügungsbeklagten um eine Wohnungsvermittlung, die für den Vermieter kostenlos ist, enthält gegenüber den angesprochenen Vermietern entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zur Täuschung geeignete Angaben über die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung erbracht wird. Mit der Aussage "Unsere Kunden - Ihre neuen Mieter? FÜR VERMIETER KOSTENFREI. Wir suchen für unsere vorgemerkten Kunden in guter Wohnlage ... Vertrauen auch Sie ihre Immobilie unseren Experten an" wird den angesprochenen Vermietern vorgespiegelt, dass sich der Makler um die kostenlose Vermietung bemühen wird, woran der Makler aber über das Beibringen eines einzigen Mietinteressenten hinaus kein Interesse haben kann, weil er nach der gegebenen Rechtslage im weiteren ohne Vergütung von der einen oder anderen Mietvertragspartei, d.h. umsonst tätig würde.



Nach § 2 Abs. 1 a) WoVermittG darf der Wohnungsvermittler vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrages mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 6 Abs. 1).

Nach § 6 Abs. 1 WoVermittG darf der Wohnungsvermittler Wohnräume nur anbieten, wenn er dazu einen Auftrag von dem Vermieter oder einem anderen Berechtigten hat.

Lässt der Vermieter weitere Mieterkontakte über den Makler zu, ist der Makler auch in seinem Auftrag und Interesse tätig und es entsteht gem. § 2 Abs. 1a WoVermittG kein Entgeltanspruch gegen den Mieter und aufgrund des Werbeangebots auch kein Provisionsanspruch gegen den Vermieter.

Dass der Vermieter den Auftrag zur Vermittlung der Wohnung beim Inhalt der Werbeanzeige des Beklagten auf einen Mietinteressenten beschränkt wissen will, also der Makler das Objekt anschließend nicht mehr an der Hand hat, dürfte bei der dem Vermieter versprochenen Kostenfreiheit kaum jemals der Fall und beweisbar sein (vgl. Grämlich, Mietrecht, 13 Aufl., § 2 WovermittG zu Abs. 1 a).

Die Bedingungen von Geschäftsförderungsmaßnahmen müssen klar angegeben werden.

Die Inserate beschränkten sich nicht auf die Wohnungssuche für einen bestimmten Mietinteressenten, sondern galten allgemein "für vorgemerkte Kunden". Bei den angesprochenen Vermietern entsteht dadurch die Erwartungshaltung, dass der Verfügungsbeklagte die Wohnung nicht nur einem Erstinteressenten anbietet.




b) Sofern der Makler die Absicht hat, den Vermieter darauf hinzuweisen, dass er bei weiterer Tätigkeit für ihn über die Erstzuführung eines Mietinteressenten hinaus einen Maklervertrag mit ihm abschließen müsse, bleibt das Anlocken des Vermietungsinteressenten durch die zunächst gegebene Irreführung wettbewerbswidrig, da das Anlocken ohne Offenbarung der Bedingungen, unter denen die Dienstleistung kostenlos erbracht wird, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten verschafft. Auch die Irreführung, die sich auf den Anlockeffekt beschränkt, um mit dem so Geworbenen unter Ausnutzung des Kontakts dann nach Beseitigung des Irrtums ein Geschäft abzuschließen, fällt unter die §§ 3 Abs. 1. 5 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 5 a Abs.1 - Irreführung durch Verschweigen einer Tatsache - UWG (vgl. Köhler/Bornkamm 33. Aufl. § 5 UWG Rn 2.177).

c) Auch ist die Werbung geeignet, die sie zur Kenntnis nehmenden Mieterkunden des Verfügungsbeklagten zu veranlassen, entgegen § 2 Abs. 1 a) WoVermittG zu Unrecht Provision an den Verfügungsbeklagten zu zahlen (wenn doch der Vermieter nichts bezahlen muss). Gem. § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen, für die § 2 Abs. 1 a) WoVermittG Maßstab ist, und die Handlung dazu geeignet ist, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es geht darum, dem Verbraucher eine informationsgeleitete (informierte) Entscheidung zu ermöglichen (Köhler/Bornkamm aaO § 3 UWG Rn 36, 41). Betroffen von der Werbeaussage ist nicht nur der Mietinteressent, sondern auch der im Wettbewerb mit dem Verfügungsbeklagten stehende Makler, der die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung erbracht wird, zutreffend darstellt. Ein solcher Makler wird sich bei der Suche nach Vermietern für vorgemerkte Mietinteressenten schwerer tun.

d) Mit welchen konkreten Zusatzaussagen der Verfügungsbeklagte mit einer für Vermieter kostenfreien Vermittlung werben könnte, war bei der Untersagungsverfügung nicht festzulegen. Es genügte, den gesetzlichen Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 1 a) WoVermittG hinreichend konkretisiert in den Tenor aufzunehmen, um erlaubte Verhaltensweisen auszunehmen (vgl. BGH WRP 2011, 742; Köhler/Bornkamm aaO § 12 UWG Rn 2.45).

2. Die Dringlichkeitsfrist ist mit dem Verfügungsantrag vom 28.08.2015 gewahrt.



Außer Betracht zu bleiben hat der Zeitraum vom 09.07.2015 bis zum 25.07.2015, in dem der Verfügungskläger davon ausgehen durfte, dass der Verfügungsbeklagte die Abmahnung vom 09.07 aufgrund seines Antwortschreibens ebenfalls vom 09.07. auf die Abmahnung befolgt, sowie der Zeitraum zwischen anwaltlicher strafbewehrter Abmahnung vom 29.07.2015 bis zur Ablehnung (Zurückweisung) des Unterlassungsbegehrens am 12.08.2015 innerhalb der gesetzten Frist.

Auch bei unterstellter Kenntnis des Verfügungsklägers von der Werbung unmittelbar nach dem 06.06.2015, während er selbst erst den 04.07.2015 nach Hinweisen von Kunden nennt und darlegt, hat er damit bei einem relevanten in seiner Sphäre liegenden Zuwarten von 2 Monaten (in das seine Kreuzfahrt vom 12.08. bis 23.08.2015 einbezogen ist) bis zum Verfügungsantrag nicht zu erkennen gegeben, dass es "ihm nicht eilig ist". Eine Frist gibt das Gesetz in § 12 Abs. 2 UWG nicht vor, so dass eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Art des Verstoßes und der Reaktion auf die Abmahnung vorzunehmen ist.

3. Die angedrohten Ordnungsmittel ergeben sich aus § 890 ZPO.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Einschränkung des Antrags gegenüber einer generellen Untersagung der Aussage "für Vermieter kostenfrei" auf den ursprünglichen Hilfsantrag (unter Aufgabe des Hauptantrages) war mit einem Streitwertanteil von 10 % zu bewerten. Eine Aussage zur Kostenfreiheit für den Vermieter kommt entgegen der werbewirksamen Allgemeinaussage nur für einen einmaligen Auftrag zur Benennung eines zuvor bestimmten Mietinteressen in Betracht.

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