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Landgericht Berlin Urteil vom 03.08.2005 - 97 O 62/04) - Zum wettbewerbswidrigen Fehlen des Kostenaufschlags bei Kreditkartenzahlung im Internet

LG Berlin v. 03.08.2005: Zum wettbewerbswidrigen Fehlen des Kostenaufschlags bei Kreditkartenzahlung im Internet


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 03.08.2005 - 97 O 62/04) hat entschieden:

   Wirbt ein Unternehmen mit Preisangaben für seine Angebote, die ausschließlich über das Internet gebucht werden können, müssen in der Preisangabe auch die Kosten für die Bezahlung per Kreditkarte enthalten sein, sofern es keine kostenfreie Zahlungsalternative anbietet.

Siehe auch
Zahlungsabwicklung
und
Preisangaben

Tatbestand:


Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen und warb Mitte 2004 für Flüge von und nach Berlin im Internet und inhaltsgleich in anderen Medien mit der Aussage „Einwegflüge sind ab 18,90 € zu haben, Retourflüge ab 45,12 €, alles inbegriffen“. Bei der allein möglichen Internetbuchung war mittels Kreditkarte zu bezahlen, für die die Beklagte eine Gebühr von 6,50 € forderte, die in den obigen Preisangaben nicht miteingerechnet ist. Keine Kreditkartenkosten gab es nur bei der von der Beklagten akzeptierten „Visa Debit Card“, die in Deutschland praktisch nicht verfügbar ist.

Die Beklagte ist durch Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2004 verurteilt worden, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an Letztverbraucher gerichteten Werbung im Internet oder sonst werblich für Flugreisen unter Angaben von Preisen zu werben, die zusätzlich berechnete Kreditkartengebühren nicht enthalten. Gegen das ihr im Rechtshilfeverkehr am 19. Januar 2005 zugestellte Versäumnisurteil, dass eine Einspruchsfrist von einen Monat anordnete, hat die Beklagte am 8. Februar 2005 Einspruch eingelegt. Hieran hat sich eine intensive Diskussion über die Fassung des Untersagungstenors angeschlossen.




Die Klägerin meint, wenn die Beklagte für alle Buchungswege und insbesondere für die standardmäßige Internetbuchung eine gebührenfreie, in Deutschland marktgängige Zahlungsalternative anbiete, seien gerade keine Kreditkartengebühren zusätzlich zu berechnen. Eine solche Werbung fiele damit nicht unter das tenorierte Verbot. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Formulierungen entwerteten den Tenor und dienten ausschließlich dem Zweck, das gerichtliche Verbot letztlich nicht beachten zu wollen. Selbstverständlich müsse die Beklagte gerade im Internet eine gebührenfrei Zahlungsalternative anbieten, wenn sie die Gebühren nicht in den Preis mit einrechnen wolle. Diese gebührenfreie Alternative müsse während des gesamten Buchungszeitraums angeboten werden.

Sie beantragt,

   das Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2004 zu bestätigen.

Die Beklagte beantragt,

   das Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2004 unter Teilabweisung der Klage mit folgender Ergänzung zu bestätigen: „..., sofern die Beklagte neben der Kreditkartenzahlung nicht auch eine oder mehrere in Deutschland marktgängige Zahlungsmodalitäten anbietet, für die eine zusätzliche Gebühr nicht berechnet wird“.

Sie meint, im Tenor komme nicht zum Ausdruck, dass die Kreditkartengebühr nur dann in den Preis eingerechnet werden müsse, wenn keine andere Zahlungsmöglichkeit angeboten wird. Es reiche aus, wenn der Kunde faktisch die Möglichkeit habe, ein Flugticket zu dem beworbenen Preis ohne zusätzlich erhobene Kreditkartengebühr auf einem der zur Verfügung stehenden Buchungswege zu erwerben. Könne er also am Schalter ohne zusätzliche Gebühren das Ticket kaufen, so dürfe sie im Internet eine Zahlung nur mit kostenpflichtigen Kreditkarten verlangen. Ihr derzeitiges Angebot im Internet, bis zwei Wochen vor dem Abflug per Lastschrift ohne Gebühr zahlen zu können, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Für kurzfristige Buchungen sei die Zahlung nur per kostenpflichtiger Kreditkarte zulässig, weil § 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO nicht voraussetze, dass der beworbene Preis über den vollen Zeitraum des Angebots der beworbenen Leistung verlangt werde. Durch die Werbung mit „ab“-Preisen sei für den Verbraucher erkennbar, dass Flugtickets zu dem angezeigten Preis nur begrenzt verfügbar seien.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:


Auf den statthaften Einspruch der Beklagten ist das Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2004 aufrecht zu erhalten, weil es zu Recht ergangen ist, § 343 Satz 1 ZPO.

Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch wegen des der Sache nach unstreitigen Wettbewerbsverstoßes der Beklagten aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 PreisangabenVO sowie aus §§ 3, 5 UWG im Umfang des Tenors des Versäumnisurteils zu.

Der Tenor hat den Kern und das Charakteristische des Verstoßes zum Ausdruck zu bringen. Der Kläger braucht keine einschränkenden Zusätze hinzunehmen. Es ist Sache der Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot hinausführen (vgl. BGH WRP 1999, 1035, 1036 - Kontrollnummernbeseitigung; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 Rdn. 2.45 m.w.N.).

Die Reichweite eines Unterlassungstitels ist durch Auslegung zu vermitteln, wozu neben der Urteilsformel Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch Parteivorbringen herangezogen werden kann (vgl. BGH WRP 1989, 572, 574 - Bioäquivalenz-Werbung; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 12 Rdn. 6.4).



Kern des Verstoßes ist wie in den - wegen der Auslandszustellung - niedergelegten Gründen des Versäumnisurteils angeführt die dem Kunden entgegen dem Werbetext auferlegte Verpflichtung, das beworbene Angebot nur gegen Zahlung der zusätzlich anfallenden Kreditkartenkosten von 6,50 € annehmen zu können. Nichts anderes besagt der Untersagungstenor. Bereits die vielfachen Deutungs- und Auslegungsüberlegungen der Beklagten belegen die Notwendigkeit, den Tenor klar und präzise an dem zugrunde liegenden Verstoß ausgerichtet zu formulieren und von einer nicht notwendigen, von ihr begehrten Einschränkung, die weitere Auslegungsfragen hervorrufen kann, abzusehen. Die von ihr angestrebte Befristung der gebührenfreien Zahlungsalternative hat sie im übrigen selbst in ihre Ergänzungsformulierung nicht aufgenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

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