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OLG Hamm Urteil vom 04.08.2009 - 4 U 55/09 - Zur unzulässigen Spitzen- und Alleinstellungswerbung für Hörgeräte
OLG Hamm v. 04.08.2009: Zur unzulässigen Spitzen- und Alleinstellungswerbung für Hörgeräte
Das OLG Hamm (Urteil vom 04.08.2009 - 4 U 55/09) hat entschieden:
Kann ein Hörgeräteakustiker eine Allein- bzw. Spitzenstellung nicht darlegen und beweisen, ist eine Werbung mit einer "Garantie einer bestmöglichen Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse" irreführend und unzulässig. Des weiteren liegt ein Verstoß gegen das HWG vor, weil für Medizinprodukte anderer Art nicht die Erwartung geweckt werden darf, ein Erfolg sei mit Sicherheit zu erwarten.
Siehe auch a href="../IRModule/Alleinstellung.php" target="_self">Alleinstellungswerbung und Hörgeräte - Handel und Bewerbung
Gründe:
I.
Die Parteien betreiben in S. Fachgeschäfte für Hörgeräteakustik. Die Klägerin war früher Mitarbeiterin der Beklagten. Ihr Ehemann war deren Gesellschafter und Geschäftsführer.
Die Beklagte wirbt auf einem etwa 2 × 3 Meter großen Plakat an einer Ausfallstraße in S. unter der Überschrift „Hörzentrum S.“ mit der Abbildung ihres Geschäftsführers Dr. C. und folgendem ihm in den Mund gelegten Text (Bl. 8):
„Ich garantiere Ihnen die bestmögliche Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse bei uns im Hörzentrum.“
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. September 2008 hat die Klägerin die Beklagte wegen dieser Werbung abgemahnt, die sie unter verschiedenen Gesichtspunkten, insbesondere als irreführende Alleinstellungs- oder Spitzenstellungswerbung für wettbewerbswidrig gehalten hat.
Mit der Klage hat sie die Beklagte auf Unterlassung dieser Werbung und auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 911,30 € in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat die Werbung für zulässig gehalten und gemeint, eine Irreführung sei damit nicht verbunden. Es handele sich um eine nur reklamehafte Anpreisung. Selbst wenn die Aussage ernst genommen würde, werde sie nur dahin verstanden, dass die Beklagte im beworbenen Umfeld Spitzenleistungen erbringe, deren Qualität von anderen Akustikern gleichfalls erreicht, aber nicht übertroffen werde. Sie biete die Produkte aller namhaften Hersteller an und verfüge über besonders qualifiziertes Fachpersonal.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat in der beanstandeten Werbung eine Spitzengruppenwerbung gesehen. Die Klägerin habe aber nicht beweisen können, dass sie inhaltlich unwahr sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 113 R ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an, mit der sie ihre bisherigen Anträge weiter verfolgt, wobei sie allerdings beim Unterlassungsanspruch nunmehr die konkrete Verletzungshandlung einbezogen hat. Sie hat gemeint, das Landgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Werbung nicht lediglich eine allgemeine Anpreisung enthalte, sondern einen auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Tatsachenkern. Es habe dann aber unter Verkennung der erforderlichen Voraussetzungen zu Unrecht angenommen, die darin zu sehende Spitzenstellungswerbung sei inhaltlich richtig. Für die Zulässigkeit einer solchen Spitzenstellungswerbung würden im Allgemeinen keine anderen Anforderungen gelten als bei einer Alleinstellungswerbung. Es sei vielmehr in beiden Fällen gleichermaßen erforderlich, dass der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat, der die Aussicht einer gewissen Stetigkeit biete. Bei einer Alleinstellungswerbung nehme der Werbende den Vorsprung für sich alleine in Anspruch, während bei einer Spitzenstellungswerbung auch andere Mitbewerber eine ähnliche herausgehobene Stellung hätten. Auch dabei müsse sich der Werbende aber vom Durchschnitt der Mitbewerber deutlich abheben. Das sei hier nicht der Fall. Die Klägerin behauptet dazu, dass die Beklagte lediglich Leistungen von einer Qualität anbiete, wie sie jeder andere Hörgeräteakustiker in S. auch biete. Die Beklagte habe auch nicht ansatzweise darlegen können, worauf sie ihre vollmundige Werbebehauptung gestützt habe. Dafür könne es nicht genügen, dass die Beklagte die Produkte sämtlicher namhafter Hersteller vertreibe und über qualifiziert ausgebildetes Personal verfüge, so dass die Leistungen anderer Akustiker nicht besser seien. Die Tatsache, dass die Beklagte keine schlechteren Leistungen als andere Akustiker biete, besage noch lange nicht, dass sie mit einer gewissen Stetigkeit deutlich bessere Leistungen erbringe, als sie überall anzutreffen wären.
Mit der Qualität ihres Personals könne die Beklagte ohnehin nicht argumentieren, da die garantierte bestmögliche Hörgeräteversorgung nicht personenbezogen, sondern leistungsbezogen sei. Messbarer Grad der besseren Hörgeräteversorgung sei die Senkung des prozentualen Hörverlustes und die damit verbundene Verbesserung im allgemeinen Lebenskomfort nach der Versorgung im Vergleich zu der vorher bestehenden Situation. Die Beklagte behaupte selbst nicht, dass sie im Rahmen der Versorgung der Patienten in diesem Sinne eine Spitzenstellung einnehme. Sie habe vielmehr einräumen müssen, dass die Mitbewerber insoweit die gleichen Erfolge erzielten wie sie. Die Qualität des Personals sage noch nichts aus über die Qualität und das Ergebnis der beworbenen Leistung. Auch mit dem Angebot aller handelsüblichen konventionellen und teilimplantierbaren Hörgeräte könne die Beklagte keine Spitzenstellung begründen, weil diese praktisch von allen Konkurrenten im gleichen Umfang angeboten würden. Die Tatsache, dass nur ausgebildete Hörgeräteakustiker beschäftigt würden, sei gleichfalls eine Selbstverständlichkeit. Einen Hörgeräteakustikermeister müsse jedes Fachgeschäft für Hörgeräteakustik in Deutschland schon nach dem Gesetz als Betriebsleiter vorweisen. Soweit der Geschäftsführer Dr. C. der Beklagten über eine Ausbildung als Dipl. Ing., Audiologe und Klinikingenieur verfüge, sei auch diese Qualifikation nicht so beschaffen, dass sie einen deutlichen und stetigen Vorsprung vor der Konkurrenz begründen könne. Für die Qualität der gegenüber den Kunden erbrachten Leistungen habe die Qualifikation des Herrn Dr. C. ohnehin nicht die Auswirkung, dass er eine bessere Hörgeräteversorgung sicherstellen könne als ein Hörgeräteakustikermeister.
Die Klägerin meint, dass die Werbung der Beklagten auch gegen das spezielle heilmittelwerberechtliche Irreführungsverbot des § 3 Nr. 2a HWG i.V.m. § 3 MPG verstoße. Mit der vom promovierten Fachmann garantierten bestmöglichen Hörgeräteversorgung werde dem durchschnittlichen Adressaten zugleich auch ein bestmöglicher Erfolg der Versorgung suggeriert. Insoweit nennt die Klägerin Beispiele, bei denen die Suggestion eines Erfolges angenommen wurde, obwohl nur von „Probekauf“ oder „Hoffnung“ die Rede gewesen sei. Es seien geringere Anforderungen zu stellen, weil es der Werbende bei der Heilmittelwerbung mit weniger kritikfähigen und mehr älteren, teils auch kranken und verzweifelten Ansprechpartnern zu tun habe, als es bei der Werbung für andere Produkte der Fall sei. Die Klägerin hält die Werbung schließlich auch für irreführend im Sinne des § 5 UWG, weil sie von den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest dahin missverstanden werden könnte, dass die bestmögliche Hörgeräteversorgung nicht nur in der jeweiligen Preisklasse sondern unabhängig von derselben garantiert werde.
Die Klägerin beantragt, abändernd
- die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten für den Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit folgender Aussage zu werben:
„Ich garantiere Ihnen die bestmögliche Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse bei uns im Hörzentrum.“,
wenn dies geschieht wie auf dem als Anlage K 1 zur Klageschrift abgebildeten Plakat.
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 911,30 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 12.09.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt zwar das angefochtene Urteil. Sie stellt aber zur Überprüfung des Senats, ob der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die beanstandete Werbeaussage nicht doch als subjektiv übertriebene Werbeäußerung verstehe, die sich ersichtlich einer objektiven Nachprüfung entziehe. Selbst wenn man aber annehme, dass die Werbung einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthalte, sei die Werbeaussage wahr. Dieser sei nämlich nur zu entnehmen, dass die Beklagte eine Hörgeräteversorgung sehr guter Qualität anbiete. Das sei unter Berücksichtigung der von ihr in diesem Zusammenhang vorgetragenen Tatsachen im Hinblick auf das Warenangebot und die angebotenen Dienstleistungen zutreffend. Die Klägerin habe nicht darlegen können, dass es einen einzigen Faktor für eine sehr gute Hörgeräteversorgung gebe, den sie, die Beklagte, nicht erfülle. Es sei gerade auch nicht so, dass sie keine besseren Leistungen anbiete als die anderen Hörgeräteakustiker. Nur sie könne Patienten mit teilimplantierbaren Luftleitungssystemen versorgen und die Nachanpassung von vollimplantierbaren Hörsystemen vornehmen. Außerdem verfüge keiner der lokalen Mitbewerber über einen Dipl.-Ing. der Elektrotechnik, einen Audiologen oder einen Klinikingenieur. Auf das Kriterium der Qualität des Hörens könne es nicht ankommen, weil es nicht fassbar sei. Nach Auffassung der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen § 3 Nr. 2 lit. a) HWG vor. Es treffe nicht zu, dass die Werbung mit der Garantie der bestmöglichen Hörgeräteversorgung und der Abbildung ihres promovierten Geschäftsführers für die Verbraucher suggeriere, ein Erfolg könne mit Sicherheit erwartet werden.
Die Klägerin meint in ihrer Replik, die Beklagte könne ihre Spitzenstellungswerbung nicht damit rechtfertigen, dass sie als einziger Hörgeräteakustiker in S. teilimplantierbare Luftleitungshörsysteme anbiete und zur Nachanpassung von vollimplantierbaren Hörsystemen imstande sei. Die Werbung der Beklagten beziehe sich nämlich nicht auf diese beiden Leistungen, sondern die Beklagte garantiere mit ihrer Werbung die bestmögliche Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse. Die Behauptung, der einzige Anbieter zweier speziell Leistungen zu sein, rechtfertige eine umfassende Allein- oder Spitzenstellungswerbung nicht.
In ihrer Erwiderung mit Schriftsatz vom 30. Juli 2009 führt die Beklagte aus, die „Qualität des Hörens“ sei schon deshalb kein maßgebliches Kriterium, weil der bezifferbare „Grad des Hörverlustes“ von Patient zu Patient unterschiedlich sei. Dass die Beklagte eine Hörgeräteversorgung sehr guter Qualität anbiete, stellt die Beklagte vorsorglich durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis.
II.
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg, weil ihr der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ebenso zusteht wie der mit dem Zahlungsantrag verfolgte Aufwendungsersatzanspruch.
1) Der Unterlassungsantrag zu 1) ist jedenfalls bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, nachdem die Klägerin von sich aus die konkrete Verletzungshandlung in den Antrag einbezogen hat. Da es um irreführende Werbung geht, kommt es auf die Werbeaussage in ihrem Gesamtzusammenhang entscheidend an.
2) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin ergibt sich hier aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 UWG, weil die Plakatwerbung der Beklagten relevante irreführende Angaben über die Qualität ihrer Dienstleistungen in Form einer unzulässigen Spitzenstellungswerbung zum Gegenstand gehabt hat, und zwar in Anbetracht der am 30. Dezember 2008 eingetretenen Gesetzesänderung nach der alten und der neuen Fassung der Vorschrift.
a) Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt und zugleich aktivlegitimiert.
b) Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG zu, weil die Beklagte mit der beanstandeten Werbeaussage eine unlautere Wettbewerbshandlung und auch eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 UWG in seinen beiden Fassungen vorgenommen hat. Die vor der Gesetzesänderung begangene Verletzungshandlung muss dabei nach altem Recht einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG a.F. darstellen und wegen der Zukunftswirkung des Unterlassungsanspruchs auch eine irreführende geschäftliche Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG n.F. sein. Das ist hier der Fall.
c) Nach altem Recht hat die Beklagte unlauter gehandelt, weil sie irreführend geworben hat. Bei der Aussage der Beklagten, dass sie den angesprochenen Verkehrskreisen die bestmögliche Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse in ihrem Hörzentrum garantiere, handelte es sich um eine unzulässige Alleinstellungswerbung oder Spitzenstellungswerbung.
aa) Nach dem Urteil des Senats vom 27. Februar 2007 (4 U 164 / 06) liegt eine Alleinstellungswerbung dann vor, wenn sie von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise so verstanden wird, als ob der Werbende für sich allein eine Spitzenstellung in Bezug auf die beworbene Dienstleistung in Anspruch nehmen wollte. Das kann hier der Fall sein, weil die Beklagte unter Verwendung des Superlativs die „bestmögliche“, also die beste Hörgeräteversorgung nicht nur anbietet, sondern sogar garantiert. Berücksichtigt man dabei noch die Werbeform im Sinne einer auffälligen und dauerhaften Plakatwerbung und die Einbeziehung des promovierten Dr. C. als einer Kapazität, so ergibt sich, dass die angesprochenen Interessenten die Aussage nicht nur als eine überprüfbare Tatsachenbehauptung vollkommen ernst nehmen, sondern sogar meinen, die Hörgeräteversorgung durch die Beklagte stehe tatsächlich für sich, jedenfalls am Ort. Auch aus der Sicht der angesprochenen Patienten ist dabei eine etwaige Verbesserung des Hörvermögens durch Hörtests vor und nach der Behandlung durchaus messbar und damit nachprüfbar. Von der Wirkung der Werbung her werden die Leser der Anzeige somit veranlasst, nicht weiter zu suchen, sondern sich gleich zur Beklagten in ihr Hörzentrum zu begeben und sich die garantiert beste Versorgung durch Dr. C. zu sichern. In diesem Zusammenhang könnte eine Alleinstellungswerbung vorliegen. Selbst wenn man aber die Werbung mit dem Landgericht so verstehen wollte, dass die Beklagte mit ihrer Hervorhebung als Garantin für die bestmögliche Hörgeräteversorgung eine Spitzenstellung nicht nur für sich allein, sondern zusammen mit anderen gleichfalls herausragenden Hörgeräteakustikunternehmen im Ort in Anspruch nehmen wollte, läge eine Spitzenstellungswerbung vor. Diese verlangt auch, dass die Beklagte (mit den anderen gleich guten Unternehmen) stetig Spitzenleistungen im Bereich der Hörgeräteversorgung erbringt. Auch dann wäre es aber Sache der Beklagten, die Tatsachen vorzutragen, die sie veranlasst hat, so vollmundig eine solche Zugehörigkeit zur Spitzengruppe zu behaupten.
bb) Es kann letztlich unentschieden bleiben, ob eine Alleinstellungswerbung oder eine Spitzenstellungswerbung vorliegt. Denn in beiden Fällen hat die Beklagte die Richtigkeit einer solchen Behauptung nicht dargelegt. Sie behauptet selbst nicht, im Bereich der Hörgeräteversorgung dauerhaft eine alleinige Spitzenstellung einzunehmen. Über eine besonders hervorgehobene Spitzenstellung von einer gewissen Stetigkeit im Bereich der Hörgeräteversorgung verfügt die Beklagte allerdings auch nicht zusammen mit anderen Spitzenbetrieben. Sie hat dazu nicht hinreichend vorgetragen. Soweit sie im Bereich ihres weit verzweigten Angebotes und der Qualität ihres Personals, insbesondere des Dipl. Ing. Dr. C. Besonderheiten für sich in Anspruch genommen hat, vermag das eine so geartete generelle Spitzenstellung bei der gesamten Hörgeräteversorgung, bei der es um medizinisch-technische Leistungen, insbesondere eine Verbesserung des Hörvermögens geht, nicht zu begründen. Weder die mögliche Versorgung mit teilimplantierbaren Luftleitungshörsystemen noch die Möglichkeit, die Nachanpassung von vollimplantierten Hörsystemen vorzunehmen, die die Beklagte nach ihrer Behauptung in S. ausschließlich vornehmen kann, können eine so pauschale Spitzenstellung im Bereich der Hörgeräteversorgung begründen. Denn sie besagt nichts in Bezug auf die konventionelle Versorgung von Patienten mit Hörgeräten, die nach wie vor im Vordergrund stehen dürfte. Die garantiert bestmögliche Hörgeräteversorgung befasst sich aber gerade mit allen möglichen, insbesondere auch konservativen Möglichkeiten zur Verbesserung der Hörfähigkeit. Entgegen der Einschätzung des Landgerichts kann es für die so beworbene umfassende Spitzenstellung gerade nicht genügen, dass die Beklagte jedenfalls genauso gute Leistungen in diesem Bereich erbringt wie ihre Konkurrenten. Es müssten bessere Leistungen sein, um eine solche Spitzenstellungswerbung rechtfertigen zu können. Dazu hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen. Auch die Tatsache, dass die verantwortlichen Personen im Betrieb der Klägerin den Betrieb der Beklagten und seine Besonderheiten in der Zeit bis zu ihrem Ausscheiden gekannt haben, kann an der üblichen Darlegungs- und Beweislast jedenfalls dann nichts ändern, wenn die Beklagte nunmehr auf eine ganz andere Weise wirbt als zu den früheren Zeiten. Das ist aber schon angesichts des Eintritts von Dr. C. in den Betrieb und dessen Einbeziehung in die Werbung ersichtlich.
cc) Bei der durch die Werbung erweckten Fehlvorstellung handelt es ich auch um eine relevante Irreführung. Gerade in dem sensiblen Bereich der Hörgeräteversorgung und damit des Einsatzes von Medizinprodukten als Teilbereich der Gesundheitsvorsorge liegt eine tatsächliche Beeinflussung der Kaufentscheidung der getäuschten Verbraucher auch besonders nahe.
d) Keine weitere Irreführung liegt allerdings darin, dass die angesprochenen Verbraucher annehmen könnten, die Werbung sei so zu verstehen, dass die bestmögliche Hörgeräteversorgung auch in der untersten Preisklasse garantiert werden sollte. Der durchschnittlich informierte und hier situationsbedingt aufmerksame Verbraucher versteht die Werbeaussage aufgrund seiner Erfahrungen im Gesundheitsbereich mit unterschiedlichen Leistungsangeboten je nach Art der Krankenversicherung und den Erfordernissen von bestimmten Zuzahlungen ohne Weiteres so, dass die „bestmögliche Versorgung in jeder Preisklasse“ relativ zu sehen ist. Der Verbraucher soll danach für jede Preisklasse die jeweils bestmögliche Versorgung erhalten können.
3) Allerdings steht der Klägerin auch ein Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 2 HWG wegen irreführender heilmittelrechtlicher Werbung zu, weil die Werbung für den Vertrieb von Hörgeräten als Medizinprodukte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG dem HWG unterliegt. Hörgeräte sind zugleich andere Mittel zur Linderung von Körperschäden im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Nach § 3 Abs. 2 lit a. HWG ist es unzulässig, bei der Werbung für solche Medizinprodukte den Eindruck zu erwecken, dass ein Erfolg mit Sicherheit zu erwarten sei. Die Beklagte verspricht zwar ausdrücklich keinen Erfolg. Betrachtet man aber die Werbung als Ganzes mit der Garantie der bestmöglichen Hörgeräteversorgung durch den promovierten Geschäftsführer, so kann der betroffene hörgeschädigte Verbraucher die vollmundige Anpreisung der Dienstleistung nicht anders verstehen als die Suggestion eines Erfolgs der entsprechenden Behandlung. Denn wenn die bestmögliche Versorgung im Hörzentrum von so kompetenter Seite versprochen wird, die von der Fachautorität fast einer Werbung unter Einbeziehung eines ärztlichen Beraters entspricht, meint der Verbraucher, dass er sich um den Erfolg der entsprechenden Versorgung nicht zu sorgen braucht. Er wird ihm als sicher suggeriert.
4) Die Klägerin hat nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG einen Anspruch darauf, dass ihr die in Höhe von 911,30 € entstandenen Abmahnkosten nebst Zinsen erstattet werden. Die geltend gemachten Kosten auf der Grundlage einer 1,3 fachen Gebühr und eines Streitwerts von 25.000,00 € sind auch der Höhe nach angemessen.
Die sich aus § 543 Abs. 2 ZPO ergebenden Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.