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BGH Beschluss vom 18.02.2002 - II ZR 331/00 - Zur Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Außengesellschaft im Zivilprozess
 

 

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BGB-Gesellschaft - Gesellschaftsformen - GmbH - Unternehmergesellschaft


BGH v. 18.02.2002: Die gegen eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichtete Klage ist zulässig. Die Tatsache, dass es sich um eine BGB-Gesellschaft handelt, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem in derselben Sache ergangenen Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001, an denen er auch nach erneuter Überprüfung festhält.

Der BGH (Beschluss vom 18.02.2002 - II ZR 331/00) hat entschieden:
Die gegen eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichtete Klage ist zulässig. Die Tatsache, dass es sich um eine BGB-Gesellschaft handelt, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem in derselben Sache ergangenen Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001, an denen er auch nach erneuter Überprüfung festhält.




Gründe:

I.

Die Klägerin klagt im Wechselprozess auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 4. April 2000 Revision mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Januar 2001 war die Beklagte zu 1 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Durch Urteil vom 29. Januar 2001 hat der Senat die Revision der Klägerin betreffend den Beklagten zu 4 zurückgewiesen und in bezug auf die Beklagte zu 1 - insoweit durch Versäumnisurteil - das landgerichtliche Urteil mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.

Gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 29. Januar 2001 hat die Beklagte zu 1 Einspruch eingelegt. In der Begründung ihres Einspruches hat die Beklagte zu 1 erstmals darauf hingewiesen, dass sie seit dem 21. August 2000 nicht mehr existiert. An diesem Tage sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 3 eröffnet worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe dies zur Folge gehabt, dass die Beklagte zu 3 aus der Gesellschaft ausgeschieden und ihr Anteil ohne Übertragung auf die als Gesellschafterin allein übrig gebliebene Beklagte zu 2 übergegangen sei. Im Hinblick darauf haben die Parteien in der auf den Einspruch der Beklagten zu 1 gegen das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstreit - soweit er sich gegen die Beklagte zu 1 richtet - in der Hauptsache für erledigt erklärt.


II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit, was die gegen die Beklagte zu 1 erhobene Klage angeht, übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nunmehr insoweit im Rahmen der insgesamt neu zu fassenden Kostenentscheidung über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden.

1. Die Erledigungserklärung ist, auch soweit dies die Beklagte zu 1 betrifft, wirksam. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1, Rechtsanwalt Dr. B., hat klargestellt, dass er nicht in Vollmacht der Beklagten zu 2 auftrete, der nach dem Ausscheiden der Beklagten zu 3 auch der bis dahin von dieser als Gesamthänderin gehaltene Anteil an der Beklagten zu 1 angewachsen ist, sondern in Ausübung des fortbestehenden Mandats der Beklagten zu 1 verhandele. Dies entspricht der Rechtslage: Auf den Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den letzten verbliebenen Gesellschafter sind die Regeln der §§ 239 ff., 246 ZPO sinngemäß anzuwenden (von Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB 2. Aufl. 2001 § 124 Rdn. 7; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB 5. Aufl. 1992 § 142 Rdn. 33); Entsprechendes gilt infolgedessen auch für § 86 Halbs. 1 ZPO. Danach ist die Rechtsanwalt Dr. B. von der Beklagten zu 1 erteilte Prozessvollmacht ungeachtet des zwischenzeitlichen Erlöschens der Beklagten zu 1 und der Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2 in ihr Aktiv- und Passivvermögen als fortbestehend anzusehen. Rechtsanwalt Dr. B. war damit berechtigt, für die Beklagte zu 1 Einspruch einzulegen und sich der von der Klägerin abgegebenen Erledigungserklärung anzuschließen.

2. Nach § 91 a ZPO hat das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In Ausübung dieses Ermessens sind die Kosten, soweit sie durch den gegen die Beklagte zu 1 geführten Rechtsstreit veranlasst sind, der Beklagten zu 1 und damit der Beklagten zu 2 als ihrer Rechtsnachfolgerin aufzuerlegen. Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage war ursprünglich zulässig und begründet. Die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten zu 1 um eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelte, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem in derselben Sache ergangenen Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001, an denen er auch nach erneuter Überprüfung festhält. Ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien wäre der Einspruch der Beklagten zu 1 deshalb ohne Erfolg geblieben. Das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 wäre mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten gewesen, dass aus dem Urteil die Beklagte zu 2 verpflichtet wäre, auf die die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 als einzig verbliebene Gesellschafterin ohne Übertragungsakt übergegangen sind.

3. Der II. Zivilsenat ist auch als gesetzlicher Richter berufen, diese Entscheidung zu treffen. Eine vorherige Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen oder dessen Anrufung war ebensowenig geboten, wie eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes.

a) aa) Für eine Divergenzvorlage im Vorfeld der Entscheidung über den Einspruch der Beklagten zu 1 nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG ist schon deshalb kein Raum, weil auf die an die übrigen Zivilsenate des Bundesgerichtshofs einschließlich des Kartellsenats gerichtete Anfrage des Senats keiner der anderen Senate erklärt hat, an einer eventuell abweichenden Rechtsauffassung in früheren Entscheidungen festhalten zu wollen.

bb) Aus denselben Gründen fehlt es auch an den Voraussetzungen für eine Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs nach § 132 Abs. 4 GVG. Zwar ist die Frage nach der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Zweifel von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 4 GVG. Angesichts des Fehlens divergierender Rechtsauffassungen bei den anderen Senaten des Bundesgerichtshofes ist es nicht ersichtlich, inwiefern eine Vorlage an den Großen Senat zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein könnte.

b) Die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG ist ebenfalls nicht geboten.

Die Anrufung des Gemeinsamen Senats ist nur dann zulässig, wenn ein oberster Gerichtshof des Bundes in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs abweichen will (§ 2 Abs. 1 RsprEinhG) und die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich ist (GmS-OGB 1/83, BGHZ 88, 353, 357; GmS-OGB 2/83 BGHZ 91, 111, 114; GmS-OGB 2/75, BFHE 121, 1, 2; ebenso etwa: Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO Stand: Januar 2001, Anh. "Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes/RsprEinhG" Nr. 13). Ein Divergenzfall in diesem Sinne liegt nicht vor:

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Juli 1989 (6 AZR 771/87, NJW 1989, 3034/3035), in der das Bundesarbeitsgericht die Frage, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Arbeitgeber sein kann, verneint hat:

Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich über die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entschieden, Vertragspartner eines Arbeitsvertrages, also Arbeitgeber, zu sein. Darin liegt kein Widerspruch zu der Feststellung des Senats, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei rechtsfähig, soweit sie als Folge der ihr schon nach der bisherigen Rechtsprechung zugebilligten Fähigkeit, im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einzunehmen, eigene Rechte und Pflichten begründet. Die Entscheidung des Senats vom 29. Januar 2001 enthält weder eine über die bisherige Rechtsprechung hinausgehende Aussage darüber, wann dies der Fall ist, noch bejaht sie die Fähigkeit der Gesellschaft, die Stellung gerade eines Arbeitgebers einzunehmen. Da der Senat zudem - wie die bisherige zivilrechtliche Rechtsprechung - ausdrücklich daran festhält, dass spezielle Gesichtspunkte, d.h. besondere Rechtsvorschriften und die Eigenart des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses, der Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Einnahme bestimmter Rechtspositionen und damit auch ihrer Fähigkeit, selber Vertragspartnerin zu sein, entgegenstehen können, ergäbe sich selbst dann keine Divergenz, wenn das Bundesarbeitsgericht auch in Zukunft an seiner Auffassung festhielte. Dies gilt um so mehr, als auch das Bundesarbeitsgericht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten und insoweit rechts- und parteifähig zu sein, nicht generell absprechen will, wie allein schon sein Hinweis auf das Steuerrecht und die dort anerkannte Fähigkeit der Gesellschaft, Steuerschuldner zu sein, zeigt. Entsprechendes gilt für die an die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anknüpfende Parteifähigkeit im Zivilprozess.

bb) Entsprechende Erwägungen gelten im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. November 1986 (Az. 9b RU 8/84, BSGE 61, 15, 17), in dem das Bundessozialgericht in einem Streit um sozialrechtliche Verbindlichkeiten aus einem Maurerbetrieb im Zusammenhang mit der insoweit entscheidungserheblichen Frage, wer im sozialrechtlichen Sinne als Unternehmer des fraglichen Maurerbetriebes angesehen werden muss, in seiner Begründung davon ausgegangen ist, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne sein könne. Das Bundessozialgericht ist auch nach der Entscheidung des Senats in Zukunft nicht daran gehindert, den Gesellschaften bürgerlichen Rechts die Fähigkeit, Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne zu sein, abzusprechen, wenn sich aus den Besonderheiten des Sozialrechts sowie der Stellung und Verantwortung des Unternehmers im sozialrechtlichen Sinne ergibt, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts diese Rechtsposition nicht einnehmen können.

cc) Eine Abweichung der Entscheidung des Senats von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1992 (1 C 9.91, DVBl. 1993, 721 ff., 722/723) kommt von vornherein nicht in Betracht. Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bejaht sogar ausdrücklich die Frage, ob mehrere Inhaber von Fahrschulerlaubnissen eine Fahrschule in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreiben können. Sie weist lediglich unter Zurückgreifen auf gewerberechtliche Besonderheiten darauf hin, dass nur die einzelnen Gesellschafter, nicht aber die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst, Inhaber der Fahrschulerlaubnis sein können.

dd) Ein Divergenzfall im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20. November 1979 (VII R 97/77, BFHE 129, 526, 528/529), in dem der Bundesfinanzhof in den Entscheidungsgründen im Zusammenhang mit einem steuerrechtlichen Erstattungsanspruch auf die nach seiner Begründung nicht entscheidungserhebliche Frage der Beteiligtenfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingegangen ist und diese für den Fall von Erstattungsansprüchen nach unberechtigter Pfändung wegen Steuerforderungen gegen einen Dritten verneint hat. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof zwar auch die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts angesprochen. Von diesem Urteil weicht der Senat mit seiner Entscheidung jedoch schon deshalb nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ab, weil die fraglichen Ausführungen des Bundesfinanzhofes in der zitierten Entscheidung nicht zu den tragenden Gründen gehören, sondern im Rahmen eines obiter dictum erfolgt sind und sich überdies der Ansatz des Bundesfinanzhofes, wonach die Gesellschaft bürgerlichen Rechts insoweit beteiligtenfähig ist, wie sie Träger eigener steuerrechtlicher Rechte und Pflichten sein kann, weitestgehend mit der vom Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 2001 dargelegten Rechtsauffassung deckt. Zudem hat der Bundesfinanzhof auf Anfrage mitgeteilt, dass er an einer zu derjenigen des Senats in Widerspruch stehenden Rechtsauffassung nicht festhalten würde.

ee) Eine Divergenz in der Frage der Parteifähigkeit scheidet im Verhältnis zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesfinanzhofes und des Bundessozialgerichts von vornherein aus, weil die Entscheidung des Senats ihre Aussage zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausdrücklich auf den Zivilprozess beschränkt.









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