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OLG Karlsruhe Urteil vom 09.06.1999 - 6 U 62/99 - Verwendung des Namens als "Second-Level-Domain" ist eine namensmäßige Benutzung

OLG Karlsruhe v. 09.06.1999: Zur Verwendung des Namens als "Second-Level-Domain" ist eine namensmäßige Benutzung


Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.06.1999 - 6 U 62/99) hat entschieden:

   Die Verwendung des Namens als "Second-Level-Domain" ist eine namensmäßige Benutzung. Ein Eingriff in das Namensrecht scheidet nicht deshalb aus, weil die beanstandete Kennzeichnung neben dem Namen die Top-Level-Domain "com" enthält.

Anmerkung: "b" steh für "badwildbad"




Siehe auch Domainrecht und Markenrechtsverletzungen


Zum Sachverhalt:


Die klagende Gemeinde führt den Namen "Bad Wildbad".

Der Beklagte, der in der Computer-Branche tätig ist, ließ für sich im Jahre 1996 die Internet-Domain-Bezeichnung "b.com" reservieren und nutzt diese Adresse als Internetzugang. Die unter der Bezeichnung "b.com" eingerichtete Homepage enthält Informationen über die Klägerin. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Internetausdrucke Bezug genommen (Anlagen B 18 bis B 22a). Auf einer dieser Seiten ist ein Wappen abgebildet.

Die Klägerin sieht in dem Verhalten des Beklagten eine Verletzung ihres Namensrechts und nimmt ihn auf Unterlassung in Anspruch.

Der Beklagte hat u.a. die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen Rechts in Abrede gestellt.

In der Sache habe das Landgericht zu Unrecht einen Verstoß des Beklagten gegen § 12 BGB angenommen. Eine Internet-Domain falle nicht unter den traditionellen Namensbegriff im Sinne des § 12 BGB. Jede Domain sei auf der textuellen Ebene aus mindestens zwei Bauteilen aufgebaut, die für den Gebrauch im Internet unentbehrlich seien. Demgemäß dürfe nicht nur auf den frei wählbaren Adressenbestandteil abgestellt werden. Ferner müsse berücksichtigt werden, daß jede Domain zusätzlich aus einem -- für den Nutzer des Internet allerdings unsichtbaren -- numerischen Teil bestehe. Insgesamt stünden der Klägerin etwa 1000 Variationsmöglichkeiten offen, unter denen sie im Internet auftreten könne. Auch fehle es an einer Verwechslungsgefahr. Mit einer Domain werde nämlich nicht eine bestimmte natürliche oder juristische Person bezeichnet. Sie sei vielmehr vergleichbar mit Post- und Bankleitzahlen oder mit Telefon- und Telegrafennummern. Zudem werde hier durch die Verwendung der Top-Level-Domain (TLD) "com" eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Es handele sich um einen eigenständigen Namensbestandteil mit Kennzeichenfunktion. Außerdem mache die Verwendung der Kennzeichnung "com" deutlich, daß es sich um einen kommerziellen Anbieter handele. Und schließlich stehe die fehlende Beständigkeit von Internet-Domains der Annahme eines Namensgebrauchs entgegen.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts, mit dem der Klage im wesentlichen stattgegeben wurde, blieb ganz überwiegend erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber nur in geringem Umfang (hinsichtlich des Umfangs des auszusprechenden Verbots) Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der Verwendung der Domain-Bezeichnung "b.com" durch den Beklagten eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin gesehen.

I.

Die Klage ist zulässig (wird ausgeführt).

II.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gemäß §§ 12, 1004 BGB zu.



1. Auf den Streitfall ist deutsches Recht anzuwenden, auch wenn die in Rede stehende Domain von einem Server mit Sitz in den USA in das Internet eingespeist wird. Der Schutz gegen Verletzungen des Namens richtet sich nach dem Tatort. Dabei reicht es aus, daß die Verletzung im Inland eintritt. Im Streitfall liegt der Verletzungsort (auch) im Inland, weil der Domain-Name hier bestimmungsgemäß abrufbar ist.

2. Die Klägerin genießt Namensschutz für die Bezeichnung "B". Sie ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die gemäß § 5 Abs. 1 GO zur Führung eines eigenen Namens berechtigt ist. § 12 BGB gewährleistet auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts den Schutz ihres Namens (BGHZ 124, 173, 178). Im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Beklagten weist der Senat darauf hin, daß dieser Schutz nicht von der Beantwortung der Frage abhängt, ob für die Internet-Domain "b.com" (oder "b.de") namensrechtlicher Schutz beansprucht werden könnte. Um einen derartigen Schutz geht es im Streitfall nicht. Der Beklagte weist selbst darauf hin, daß die Klägerin eine eigene Domain nicht angemeldet hat. Entscheidend ist mithin allein, ob in der Verwendung der beanstandeten Domain durch den Beklagten ein Eingriff in das Namensrecht der Klägerin liegt. Das ist zu bejahen.

Ein Anspruch wegen Verletzung des Namensrechts setzt voraus, daß entweder das Namensführungsrecht des Trägers bestritten oder ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten durch unbefugten Gebrauch des Namens seitens eines Dritten verletzt wird. Als unbefugter Gebrauch eines fremden Namens kommt jede Namensanmaßung in Betracht, die dazu führen kann, daß eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung entsteht. Es genügt die Gefahr, daß der Namensträger aufgrund der Art der beanstandeten Verwendung seines Namens mit bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt werden könnte, mit denen er nichts zu tun hat. Das ist etwa der Fall, wenn im Verkehr der Eindruck entsteht, der Berechtigte habe dem Benutzer ein Recht zu entsprechender Benutzung des Namens erteilt (BGH GRUR 1993, 151, 153 - Universitätsemblem).




Die Verwendung eines fremden Namens als Second-Level-Domain ist als eine namens- bzw. kennzeichenmäßige Benutzung anzusehen. Der Verkehr ist nämlich gewohnt, in der Domain-Bezeichnung, wenn sie aus einem Namen besteht, einen Hinweis auf den Inhaber der Homepage zu sehen. Denn der Inhaber der Internet Adresse bringt mit der ihm freigestellten Wahl eines Namens zur Kennzeichnung einer Datei zum Ausdruck, daß der Namensinhaber zugleich Inhaber der Internet-Adresse und der damit verbundenen Homepage ist, oder daß er dem Gebrauch des Namens als wesentlichem und prägendem Bestandteil der Internet-Adresse zumindest zugestimmt hat. Insoweit ist eine Domain-Bezeichnung nicht anders zu beurteilen als die Fernschreibkennung eines Unternehmens, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennzeichenmäßig benutzt wird und deren Verwendung eine Verletzung eines prioritätsälteren Kennzeichnungsrechts darstellen kann (BGH WRP 1986, 267, 268 - Fernschreibkennung). Die Auffassung, daß die Verwendung einer Domain-Kennzeichnung, die einen Namen enthält oder namensartig anmutet, eine namens- bzw. kennzeichenmäßige Benutzung darstellt, entspricht im übrigen der Rechtsprechung des Senats (WRP 1998, 900) und wird auch sonst von den Obergerichten allgemein vertreten (vgl. OLG Düsseldorf WRP 1999, 343, 346; OLG Hamm CR 1998, 241, 242; KG NJW 1997, 3321, 3322; OLG Köln NJW-CoR 1999, 171; OLG Stuttgart CR 1998, 621).

Die erforderliche Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung ergibt sich daraus, daß ein erheblicher Teil der Internet-Benutzer den Domain-Namen "b.com" mit der Klägerin in Verbindung bringen wird. Zahlreiche Benutzer werden nämlich annehmen, daß es die Klägerin selbst ist, die unter dieser Adresse im Internet Informationen verbreitet. Vielen Benutzern ist bekannt, daß auch juristische Personen des öffentlichen Rechts und insbesondere Gemeinden, die beispielsweise an einer Steigerung des Fremdenverkehrs interessiert sind, im Internet Werbung betreiben. Jedenfalls nimmt das angesprochene Publikum aber an, der Name der Klägerin werde mit deren Zustimmung benutzt. In dieser Vorstellung wird das Publikum noch durch den Umstand bestärkt, daß man unter der in Rede stehenden Domain tatsächlich Informationen über die Klägerin abrufen kann. Die durch die Benutzung des Namens der Klägerin geweckt Erwartung trifft in Wirklichkeit nicht zu, denn es ist unstreitig nicht die Klägerin, die sich unter der angegriffenen Domain an die Öffentlichkeit wendet. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein Teil der vom Beklagten in das Internet eingespeisten Informationen nach seiner Darstellung von der Klägerin selbst stammt. Daraus ergibt sich nicht, daß die Klägerin sich damit einverstanden erklärt hat, daß der Beklagte diese Informationen unter ihrem Namen über das Internet verbreitet.



Eine Zuordnungsverwirrung in dem dargestellten Sinn scheidet nicht deshalb aus, weil die beanstandete Kennzeichnung neben dem Namen der Klägerin die Top-Level-Domain "com" enthält. Dieser Bestandteil verfügt nicht über namensmäßige Kennzeichnungskraft und tritt gegenüber dem Bestandteil "b" in seiner Bedeutung für den Gesamteindruck völlig zurück. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Silbe "com" deute auf einen kommerziellen Anbieter hin. Weder ist nämlich jedem Nutzer des Internet - also auch den zahlreichen "Anfängern" - bekannt, daß unter dem Kürzel "com" überwiegend kommerziell handelnde Unternehmen auftreten noch sind nicht kommerziell handelnde juristische Personen wie die Klägerin gehindert, Informationen unter der Top-Level-Domain "com" über das Internet anzubieten. Rechtlich unerheblich ist schließlich der Hinweis des Beklagten, die Klägerin sei nicht gehindert, sich unter einer anderen Top-Level-Domain im Internet zu präsentieren oder aber eine andere Schreibweise ihres Namens zu wählen als der Beklagte. Einen Eingriff in das Namensrecht der Klägerin stellt das Verhalten des Beklagten nicht deshalb dar, weil er der Klägerin den Zugang zum Internet versperrt. Entscheidend ist vielmehr, daß er den Namen der Klägerin namens- bzw. kennzeichenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung in dem dargestellten Sinn begründet.

3. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem vom Beklagten in der Vergangenheit begangenen Verstoß. Sie ist nicht dadurch entfallen, daß er die angegriffene Domain mittlerweile aufgegeben hat. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr hätte es einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedurft, die der Beklagte nicht abgeben hat. Vielmehr nimmt er weiterhin für sich das Recht in Anspruch, den Namen der Klägerin im Internet zu benutzen.

4. Nach allem erweist sich das Unterlassungsbegehren der Klägerin als begründet. Allerdings geht das vom Landgericht ausgesprochene Verbot inhaltlich zu weit. Es beschränkt sich nämlich nicht auf die Benutzung der Kennzeichnung "b.com" im Internet, sondern erfaßt jede Verwendung dieser Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr. Insoweit fehlt es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Es ist nichts dafür vorgetragen, daß der Beklagte dazu übergehen könnte, die angegriffene Kennzeichnung auch außerhalb des Internet zu gebrauchen. Mithin ist das Verbot auf die Berufung des Beklagten auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken. ..."

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