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Landgericht Arnsberg Beschluss vom 14.02.2017 - I-8 O 10/15 - Kontrollpflichten eines verurteilten Unterlassungsschuldners

LG Arnsberg v. 14.02.2017: Zu den Kontrollpflichten eines verurteilten Unterlassungsschuldners hinsichtlich seines Marketplace-Accounts


Das Landgericht Arnsberg (Beschluss vom 14.02.2017 - I-8 O 10/15) hat entschieden:

   Wenn ein Schuldner einer titulierten Unterlassungspflicht nur gerecht werden kann, indem er die positive Handlung vornimmt, die notwendig ist, um den rechtmäßigen Zustand zu erreichen, er verpflichtet, alles zu tun, um ein erneutes Erscheinen einer Bewerbung ihrer - vom Unterlassungsgebot erfassten - Produkte in der Art, wie sie ihr durch das Unterlassungsgebot untersagt worden war, zu verhindern. Dazu muss ein kürzerer Überprüfungszeitraum als nahezu zwei Wochen eingehalten werden (siehe hierzu BGH, Urt. v. 03.03.2016 - I ZR 140/14; MDR 2016, 1102 f.).




Siehe auch Strafbewehrte Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr und Stichwörter zum Thema Abmahnung


Gründe:


I.

Die Kammer hat es der Schuldnerin durch nach Zurückweisung der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung (OLG Hamm, Urt. v. 04.08.2015 - Az.: I-4 U 66/15) rechtskräftiges Urteil vom 05.03.2015 untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Letztverbrauchern bei der Bewerbung von Sonnenschirmen und dem entsprechendem Zubehör wie im Urteil vom 05.03.2015 dargestellt zu werben, wenn die abgebildeten Produkte nicht vollständig zu dem angegebenen Angebotspreis erworben werden könne. Hintergrund war, dass die Schuldnerin den Verkauf von Sonnenschirmen nebst Zubehör mit einem Bild bewarb, auf dem Betonplatten, die zur Befestigung des Sonnenschirmes vorgesehen waren, zu sehen waren, ohne darauf hinzuweisen, dass die Betonplatten vom in der Werbung angegebenen Angebotspreis nicht umfasst waren. Gleichzeitig ist der Schuldnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht worden.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2016 beantragt die Gläubigerin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerin, wobei sie zur Begründung geltend macht, die Schuldnerin halte sich nicht an das oben näher dargelegte Unterlassungsgebot. So bewerbe sie nach näherer Maßgabe der Darlegungen gemäß Seite 2 dieses Schriftsatzes (Bl. 164 d. A.) auf der Verkaufsplattform www.amazon.de einen Schirm zu einem Preis i.H.v. 117,11 € unter Verwendung einer Abbildung, die einen Schirm mit Ständer zeige, ohne darzuiegen, dass der Ständer von diesem Verkaufspreis nicht umfasst werde. Den weiteren Ausführungen der Gläubigerin im Schriftsatz vom 20.01.2017, dort Seite 3 (Bl. 189 d. A.), zu denen die Schuldnerin trotz Übersendung dieses Schriftsatzes nicht Stellung genommen hat, lässt sich entnehmen, dass die entsprechende Werbung nebst Bild am 19.01.2017 weiterhin auf der genannten Verkaufsplattform einsehbar war.




Die Gläubigerin beantragt dementsprechend,

   ein empfindliches Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin festzusetzen.

Die Schuldnerin beantragt sinngemäß,

   den Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes zurückzuweisen.

Das ergibt sich aus den Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 05.10.2017. Aus diesem - wegen des gesamten Inhalts wird auf Bl. 185/186 d.A. Bezug genommen - ergibt sich, dass die Schuldnerin meint, sie genüge einer sie treffenden Prüfungspflicht, wenn sie regelmäßig alle zwei Wochen das von ihr unterhaltene „amazon-Konto" und die darin enthaltenen Angebote auf die Rechtskonformität hin überprüfe, was geschehen sei. Dementsprechend fehle es - wie sie meint - jedenfalls am Verschulden, wenn - wie die Gläubigerin vorträgt - das im Schriftsatz der Gläubigerin vom 22.11.2016 dargestellte Bild weiterhin auf der Verkaufsplattform der Fa. amazon erscheine.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der im Zwangsvollstreckungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


II.

Dem Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes war stattzugeben, weil ein Verstoß der Schuldnerin gegen den Tenor des Urteils der Kammer vom 05.03.215 vorliegt.

1. Die Bewerbung des Sonnenschirmes, wie sie auf Seite 2 des Ordnungsgeldantrages der Gläubigerin vom 22.11.2016 (Bl. 164 d. A.) dargestellt wird - die Richtigkeit dieser Darstellung wird von der Schuldnerin nicht substantiiert bestritten mit der sich aus § 138 Abs, 3 Hs. 1 ZPO ergebenden Rechtsfolge, dass das entsprechende Vorbringen der Gläubigerin als zugestanden anzusehen ist -, enthält „zur Täuschung geeigneter Angaben über... die wesentlichen Merkmale der Ware" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, wie die Kammer bereits im Urteil vom 05.03.2015 - dort Seite 6 - dargestellt hat.

2. Damit ist ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot der Kammer gemäß diesem Urteil zu bejahen.

3. Auch das für die Verhängung eines Ordnungsgeldes erforderliche Verschulden liegt vor. Denn da hier einer derjenigen Fälle gegeben ist, in denen ein Schuldner der titulierten Unterlassungspflicht nur gerecht werden kann, indem er die positive Handlung vornimmt, die notwendig ist, um den rechtmäßigen Zustand zu erreichen, war die Schuldnerin verpflichtet, alles zu tun, um ein erneutes Erscheinen einer Bewerbung ihrer - vom Unterlassungsgebot der Kammer gemäß den oben genannten Entscheidungen erfassten - Produkte in der Art, wie sie ihr durch das Unterlassungsgebot gemäß Urteil vom 05.03.2015 untersagt worden war, zu verhindern (vgl. dazu grundsätzlich Zöller / Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 890 Rdnr. 3a mwmN).

Aus dem eigenen Vortrag der Schuldnerin ergibt sich, dass sie diesen Anforderungen nicht genügt hat. Ihre Ausführungen, es genüge, wenn sie die Angebote auf dem von ihr unterhaltenen „amazon-Konto" regelmäßig alle zwei Wochen überprüfe, sind schon im Ansatz rechtsirrig. So hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 03.03.2016 - Az.: I ZR 140/14 (veröffentlicht u.a. in MDR 2016, 1102 f.) dargelegt, dass Prüfpflichten verletzt werden, wenn „über nahezu zwei Wochen keine entsprechende Überprüfung vorgenommen" werde. Aus dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Gläubigerin in deren Schriftsatz vom 20.01.2017, laut dem noch am 19.01.2017 die bereits im Schriftsatz der Gläubigerin vom 22.11.2016 angesprochene Werbung auf der angesprochenen Seite der Fa. amazon vorhanden war, ergibt sich aber, dass die Beklagte ihre Prüfpflicht in erheblichem Umfang und damit schuldhaft verletzt hat, da dann offensichtlich über einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen hinweg keine Überprüfung vorgenommen worden ist.



4. Unter Abwägung der für die Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes maßgeblichen Kriterien hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin einerseits berücksichtigt, dass sie sich nach dem Inhalt ihres Schriftsatzes vom 05,01.2017 rechtstreu verhalten wollte. Andererseits fällt es erheblich ordnungsgelderhöhend ins Gewicht, dass die Schuldnerin trotz der aufgrund der Übersendung des Schriftsatzes der Gläubigerin vom 22.11.2016 erfolgten Kenntnisnahme vom Vorliegen eines Verstoßes gegen den Unterlassungstenor gemäß Urteil der Kammer vom 05.03.12015 jedenfalls bis zum 19.01.2017 untätig blieb. Es liegt daher ein recht erheblicher Verstoß gegen das genannte Unterlassungsgebot der Kammer vor. Die Kammer ist daher im vorliegenden Fall der Ansicht, dass gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von 5 Tagen, festzusetzen ist.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in den §§ 891 Satz 1, 91 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung in § 3 ZPO. Dabei schließt die Kammer sich der ganz überwiegenden Auffassung an (vgl. die Nachweise bei Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdnrn. 885 - 887), laut der der Streitwert eines Ordnungsmittelverfahrens nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzende Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Vollstreckung des titulierten Anspruchs zu bemessen ist (so auch Schneider / Herget, Rdnr. 2152; Schuschke in: Schuschke /Walker, ZPO, § 890 Rdnr. 54). Danach ist maßgeblich der Wert, der die zu erwirkende Unterlassung für den jeweiligen Gläubiger hat, wobei dieser Wert zu schätzen ist. Da es dem jeweiligen Gläubiger bei der Erwirkung eines Ordnungsmittels nicht um die Erwirkung eines Hauptsachetitels, sondern um dessen Durchsetzung geht, ist nach Ansicht der Kammer regelmäßig nur ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache anzusetzen; das entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur.

Im vorliegenden Fall hält die Kammer es für angemessen, den Wert des Ordnungsmittelverfahrens mit etwa 50 % des Hauptsachewertes zu bemessen, somit mit einem Wert i.H.v. 5.000,00 €.

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