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OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 24.01.2005 - 20 W 415/04 - Erbringung der Stammeinlage durch Zahlung im Vorgründungsstadium

OLG Frankfurt am Main v. 24.01.2005: Erbringung der Stammeinlage durch Zahlung im Vorgründungsstadium


Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.01.2005 - 20 W 415/04) hat entschieden:

   Hat der einzige Gesellschafter einer Einpersonen-GmbH unmittelbar vor der Errichtung des Gesellschaftsvertrags, also noch im Vorgründungsstadium, die Stammeinlage auf ein auf den Namen der Gesellschaft errichtetes Konto eingezahlt und dieses Stammkapital in der Gründungsurkunde ausdrücklich auf die (Vor-)Gesellschaft übertragen, ist diese Zahlung als Erfüllung der eine Sachgründung ausschließenden Bareinzahlungsverpflichtung anzuerkennen, wenn diese Vorauszahlung mit einer klaren Zweckbestimmung erfolgte, der Stammeinlagebetrag zur Zeit der Übernahme durch die Vorgesellschaft noch als ausscheidbarer Vermögensgegenstand vorhanden und vom übrigen Vermögen isoliert und abgrenzbar war und die konkrete Art der Erbringung der Stammeinlage gegenüber dem Registergericht offengelegt und nachgewiesen wurde.




Siehe auch Die GmbH - Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Gesellschaftsformen - Unternehmensformen für Onlinehops


Gründe:


I.

Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer meldete unter dem 03. März 2004 die Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister an. In der Anmeldung versicherte er, dass die übernommene Stammeinlage in voller Höhe in bar an die Gesellschaft eingezahlt wurde und der eingezahlte Betrag sich endgültig in seiner freien Verfügung als Geschäftsführer befinde. In der notariellen Urkunde zur Errichtung der Gesellschaft vom selben Tage beschloss der Alleingesellschafter den der notariellen Niederschrift als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrag und führte des Weiteren aus:

   „Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt insgesamt 25.000,00 EUR. Es wurde bereits am 26.02.2004 eingezahlt und wird hiermit auf die GmbH übertragen.“

Der Anmeldung beigefügt war die beglaubigte Fotokopie eines vorgedruckten Girovertrages der ...kasse A über die Eröffnung eines Geschäftsgirokontos. Als Kontoinhaber ist der Name des Geschäftsführers mit der handschriftlichen Ergänzung „....“ angegeben. Weiterhin beigefügt war die beglaubigte Fotokopie des ersten Kontoauszuges für dieses Konto wonach als einzige Kontobewegung am 26. Februar die Umbuchung eines Betrages von 25.000,00 EUR vermerkt war, so dass das Konto einen Habensbestand von 25.000,00 EUR aufwies. Als Kontoinhaber ist der Name des Alleingesellschafters aufgedruckt, welcher durch Änderungsvermerk der ... Kasse handschriftlich ebenfalls um den Zusatz „....“ ergänzt wurde.

Der Registerrichter wies die Anmeldung mit Beschluss vom 14. April 2004 mit der Begründung zurück, sie entspreche nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 4 GmbHG, nachdem die Anmelderin zuvor eine vom Gericht angeregte entsprechende Änderung abgelehnt hatte.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin, mit welcher sie eine Bestätigung der ... Kasse A vom 05. Mai 2004 vorlegte, wonach auf dem Geschäftsgirokonto am 03. März 2004 ein Guthaben von 25.000,00 EUR zur Verfügung stand, wies das Landgericht mit Beschluss vom 16. August 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, zum Zeitpunkt der Einzahlung der Einlage habe noch keine Vorgesellschaft bestanden. Von der Vorgründungsgesellschaft gehe das Vermögen jedoch ohne Übertragungsakt nicht auf die Vorgesellschaft über. Bei der in der Gründungsurkunde vorgenommenen Übertragung handele es sich nicht um eine Barzahlung, sondern um eine Sacheinlage. Damit fehle es an der Einhaltung der besonderen für die Sachgründung geltenden Vorschriften.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der weiteren Beschwerde, mit welcher sie im Wesentlichen geltend macht, das Konto sei sogleich auf die GmbH angelegt worden; ein Kontowechsel habe nicht stattgefunden. Durch die entsprechende Ausführung in der Gründungsurkunde sei klargestellt, dass der bereits eingezahlte Betrag auf die Stammeinlage geleistet und unangetastet auf die GmbH übertragen wurde, so dass von einer Bargründung auszugehen sei.




II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig und führt auch in der Sache in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen handelt es sich nicht um eine Sacheinlage, die besondere Festsetzungen im Gesellschaftsvertrag nach § 5 Abs. 4 Satz 1 GmbHG erfordert.

Wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet (§ 7 Abs. 1 GmbHG) so hat der Registerrichter nach § 9 c GmbHG zu prüfen, ob die Gesellschaft entsprechend den gesetzlichen Vorschriften errichtet worden ist und die für die Anmeldung notwendigen Urkunden und Unterlagen in ordnungsgemäßer Form vorgelegt worden sind. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG darf die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister erst erfolgen, wenn auf die Stammeinlagen die dort näher vorgeschriebenen Beträge eingezahlt worden sind. Für die Einpersonengesellschaft ist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 GmbHG erforderlich, dass die gesamte Stammeinlage vor der Anmeldung gezahlt wird oder der Gründer für den über die Mindesteinlage des § 7 Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG hinausgehenden Betrag eine Sicherung bestellt. Dementsprechend haben nach § 8 Abs. 2 GmbHG der oder die Geschäftsführer im Falle einer Bargründung zu versichern, dass die nach § 7 Abs. 2 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet, wobei sich im Falle einer Einpersonengründung ohne vollständige Einzahlung der Stammeinlage die Versicherung auch auf die Bestellung der erforderlichen Sicherung nach § 7 Abs. 2 Satz 3 GmbHG zu erstrecken hat.




Die Zahlung der Geldeinlage kann durch Hingabe von Bargeld oder – wie in der Praxis weithin üblich – durch Gutschrift auf ein Konto der sog. Vorgesellschaft erfolgen. Diese Vorgesellschaft entsteht jedoch erst mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages bzw. der Errichtungserklärung des Einpersonengesellschafters in notarieller Form und wird als körperschaftlich organisiertes eigenständiges Rechtsgebilde einhellig in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, welches bereits am Rechtsverkehr teilnehmen, Vermögen erwerben kann sowie als konto- und grundbuchfähig sowie aktiv und passiv parteifähig anerkannt wird (vgl. hierzu im Einzelnen Balser/Bokelmann/Piorreck, Die GmbH, 13. Aufl., Rn. 2 ff; Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 11 Rn. 6 ff). Demgegenüber können bereits im Stadium vor der Errichtung des Gesellschaftsvertrages erbrachte Zahlungen die Bareinlageverpflichtung grundsätzlich nicht erfüllen. Dies gilt insbesondere für Zahlungen an Vorgründungsgesellschaften, die wegen fehlender Identität mit der Vorgesellschaft mit deren Entstehung durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages nicht auf diese übergehen, sondern durch ein gesondertes Einbringungsgeschäft auf diese übertragen werden müssen (Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 7 Rn. 5; Scholz/K.Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 11 Rn. 20; Lutter/Bayer, GmbHG, 16. Aufl., § 11 Rn. 2; Rowedder/Schmidt-​Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 7 Rn. 22; BGH NJW 1992, 2698 und GmbHR 2001, 293). So wurde in der obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere die Zahlung an eine Vorgründungsgesellschaft, die mit diesen Geldmitteln den Geschäftsbetrieb für die zukünftige Gesellschaft bereits aufnimmt und dieser erst später übertrug, nicht als Erfüllung einer Bareinlage, sondern als die Sacheinlage eines bereits bestehenden Unternehmens gewertet (vgl. BGH NJW 1992, 2698). Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend ausgegangen.

Sie haben jedoch nicht berücksichtigt, dass nach verbreiteter Auffassung in Literatur und Rechtsprechung eine Zahlung auf die Stammeinlage im Vorgründungsstadium ausnahmsweise dann als Erfüllung der Bareinlageverpflichtung anerkannt wird, wenn diese Vorauszahlung mit einer klaren Zweckbestimmung getroffen wurde und der Stammeinlagebetrag zur Zeit der Übernahme durch die Vorgesellschaft noch als ausscheidbarer Vermögensgegenstand unabgetastet vorhanden und vom übrigen Vermögen isoliert und abgrenzbar ist (vgl. OLG Düsseldorf GmbHGR 94, 398; OLG Stuttgart GmbHR 95, 118, Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 7 Rn. 27; Lutter/Hommelhoff, GmbHR, 15. Aufl., § 7 Rn. 15; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 7 Rn. 5).

Zwar ist den Vorinstanzen beizupflichten, dass es auch in diesen Fällen der Zahlung der Stammeinlage im Vorgründungsstadium zusätzlich der Übertragung auf die Vorgesellschaft bedarf, sobald diese durch Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages zur Entstehung gelangt. Ist diese Übertragung in der zeitnah errichteten Gründungsurkunde ausdrücklich erfolgt, steht außerdem der Stammeinlagebetrag zu diesem Zeitpunkt als ausscheidbarer und vom übrigen Vermögen des Geschäftsführers isolierter Vermögensgegenstand noch unangetastet in voller Höhe zur freien Verfügung des Geschäftsführers und wird die konkrete Art der Erbringung der Stammeinlage gegenüber dem Registergericht offen gelegt und nachgewiesen, so rechtfertigt allein die rechtsdogmatische notwendige Konstruktion der Übertragung des Vermögenswertes auf die Vorgesellschaft noch nicht die Annahme einer Sachgründung. Denn auch in den Fällen sonstiger erfüllungshalber hingegebener Leistungen wie z.B. ausländische Devisen, Scheck oder Wechsel, wird von einer Erfüllung der Bareinlage ausgegangen, sobald - etwa durch Umtausch in Euro, endgültige und vorbehaltlose Scheckzahlung oder Zahlung auf den Wechsel in bar - eine Umsetzung in eine der zulässigen Leistungsformen erfolgt ist. Deshalb ist auch in diesem Fall von der Erbringung einer Bareinlage auszugehen (vgl. Lutter-​Hommelhoff, a.a.O., § 7 Rn. 10 und 11; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 7 Rn. 5; Scholz/Winter, a.a.O., § 7 Rn. 27; Kanzleiter DnotZ 1994, 701; OLG Düsseldorf und OLG Stuttgart jeweils a.a.O.; OLG Frankfurt DB 1992, 1335; darauf hindeutend auch BGH NJW 1992, 2698 und 2001, 1648; eingehend hierzu Spiegelberger/Walz, GmbHR 1998, 761/763 und Mayer, Festschrift für Schippel, 1996, S. 471/477 ff).



Die vorgenannten Ausnahmevoraussetzungen sind im vorliegenden Falle sämtlich erfüllt: Der Stammeinlagebetrag von 25.000,00 EUR wurde am 26. Februar 2004 von dem Privatkonto des Geschäftsführers für ein an diesem Tage im Vorgriff auf die GmbH-​Gründung bereits auf den Namen der Gesellschaft errichtetes Geschäftskonto umgebucht, stand dort bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages wenige Tage später am 03. März 2004 als ausscheidbarer und vom übrigen Vermögen isolierbarer Vermögensgegenstand ungeschmälert zur freien Verfügung des Geschäftsführers und wurde in der Gründungsurkunde ausdrücklich auf die (Vor-​)Gesellschaft unter Offenlegung sämtlicher Umstände gegenüber dem Registergericht übertragen.

Da somit nicht von einer Sachgründung, sondern von einer Bargründung der GmbH auszugehen ist, waren der angefochtene Beschluss sowie der vorausgegangene Beschluss des Registergerichts vom 14. April 2004 aufzuheben. Das Registergericht wird über den Eintragungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu befinden haben. Hierbei hat es in eigener Verantwortung zu prüfen und entscheiden, ob die übrigen Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind, insbesondere ob es – wie zwischenzeitlich von der Handwerkskammer geltend gemacht wurde – wegen des Unternehmensgegenstandes der Eintragung in die Handwerksrolle bedarf.

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