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Amtsgericht Flensburg Urteil vom 31.03.2011 - 64 C 4/11 - Abgabe einer eingeschränkten Unterlassungserklärung

AG Flensburg v. 31.03.2011: Auch eine modifizierte Unterlassungserklärung kann die Wiederholungsgefahr entfallen lassen


Das Amtsgericht Flensburg (Urteil vom 31.03.2011 - 64 C 4/11) hat entschieden:

   Auch eine modifizierte Unterlassungserklärung, die ernsthaft abgegeben wird und auch sonst den Anforderungen an eine wirksame Unterlassungsverpflichtung genügt, kann die Wiederholungefahr entfallen lassen, unabhängig davon, ob der Unterlassungsgläubiger sie annimmt oder nicht.




Siehe auch Strafbewehrte Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr und Stichwörter zum Thema Abmahnung


Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Unterlassungserklärung. Die Beklagte verkauft Kleidungsstücke und Accessoires über die Internet-Plattform Ebay. Der Kläger kaufte im Ebay-Shop der Beklagten am 13. Januar 2007 und am 15. Januar 2007 unter Angabe der Email-Adresse “ ... @ .... de jeweils Kleidungsstücke. In den folgenden drei Jahren schickte die Beklagte dem Kläger regelmäßig Newsletter an die angegebene Email-Adresse. Eine Abmeldung seitens des Klägers erfolgte in dieser Zeit nicht. Auf den Newsletter, den die Beklagte dem Kläger am 28.05.2010 schickte, reagierte dieser am selben Tag mit einem Schreiben an die Beklagte. Er forderte sie darin auf, eine Unterlassungserklärung mit dem Inhalt abzugeben, es zu unterlassen, ihm in Zukunft Werbesendungen jeglicher Art zu senden. Der Kläger forderte die Beklagte zudem auf, ihm Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen und diese Daten zu löschen. Für den zeitlichen Aufwand und die Kosten für Porto und sonstige Auslagen forderte er von der Beklagten eine Entschädigung in Höhe von 100,00 Euro. Mit Schreiben vom 07.06.2010 erteilte die Beklagte dem Kläger Auskunft und bestätigte die Löschung der Emailadresse aus dem Newsletterverteiler. Am 11.06.2010 erklärte der Kläger schriftlich, dass ihm die Löschung der Emailadresse nicht ausreiche und forderte erneut eine Unterlassungserklärung. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Klage gereichten Schreiben vom 28.05.2010 (Anlage K2), vom 07.06.2010 (Anlage K3) und vom 11.06.2010 (Anlage K4) Bezug genommen.

Am 17.06.2011 schickte die Beklagte dem Kläger sodann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich der Email-Adresse ... @ .... de, die sie vorab auch schon per Email an den Kläger versandt hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 16.06.2010 (Anlage K10) Bezug genommen.

Der Kläger lehnte diese Unterlassungserklärung ab, da sie nicht nur auf eine einzelne EmailAdresse, sondern auf ihn als Person zu beziehen sei. Als die Beklagte darauf nicht reagierte, beauftragte der Kläger einen Rechtsanwalt. Dieser wiederholte gegenüber der Beklagten die Forderung. Die Beklagte erklärte daraufhin, sie habe bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben und forderte den Kläger auf, ihr eine Übersicht über seine Email-Adressen zukommen zu lassen, um die Unterlassungserklärung erweitern zu können. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach.

Der Kläger ist der Meinung, aus dem Nichtreagieren auf die Newsletter in den letzten drei Jahren könne nicht darauf geschlossen werden, dass er mit dieser Zusendung einverstanden gewesen sei. Er behauptet vielmehr, die Newsletter seien bis Mai 2010 von einem durch ihn installierten Spam-Filter aussortiert worden. Er meint, zwischen ihm und der Klägerin sei kein Unterlassungsvertrag zustande gekommen. Der Kläger behauptet zudem, ihm seien außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro entstanden. Er meint, es stünde ihm überdies auch eine Entschädigung für die von ihm getätigten außergerichtlichen Arbeiten in Höhe von 100,00 EUR zu.

Der Kläger beantragt nunmehr,

  1.  der Beklagte hat es zu unterlassen, ihm zu Zwecken der Werbung für die von der Beklagten vertriebenen Produkte sogenannte Werbemails an eine seiner Emailadressen zuzusenden.

  2.  die Beklagte zu verurteilen, ihm Schadensersatz in Höhe von 100,00 Euro zu bezahlen.

  3.  die Beklagte zu verurteilen, an ihn die auflergerichtlichen Kosten in Höhe von 316,18 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweilig gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  4.  der Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung ein vom Gericht festzulegendes Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, sie habe mit der Unterlassungserklärung vom 16.06.2010 die Wiederholungsgefahr beseitigt. Sie behauptet zudem, den Kläger für jegliche weitere Käufe in ihrem Ebay-Shop gesperrt zu haben. Sie bestreitet überdies mit Nichtwissen, dass dem Kläger außergerichtliche Anwaltskosten entstanden seien oder solche gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bisher beglichen worden seien.

Am 28.12.2010 hat das Landgericht Berlin den Rechtsstreit gemäß § 281 I ZPO auf Antrag des Klägers an das hiesige Gericht verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

1. Das Amtsgericht Flensburg ist gemäß § 281 11 S. 4 ZPO zuständig.

2. Der Unterlassungsantrag des Kläger genügt auch den Anforderungen an einen bestimmten Klageantrag gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag ist nicht derart unklar gefasst, dass der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsfindung des Gerichts und auch die Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten vollkommen eingeschränkt sind. Maßgebend ist hier, dass der Kläger mit der Klage eine Versendung von Werbemails an eine seiner Emailadressen durch die Beklagte verhindern will. Eine solche Verallgemeinerung der konkreten Verletzungsform ist hier als zulässig anzusehen.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungserklärung durch die Beklagte gemäß §§ 823 I, 1004 I S. 2 BGB.




Es fehlt hier an einer nach § 1004 I S. 2 BGB erforderlichen Wiederholungsgefahr.

Eine objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen ist vorliegend nicht anzunehmen.

Die Wiederholungsgefahr konnte zunächst vermutet werden, da ein Eingriff in Formder Zusendunq der Werbemail am 28.05.2010 bereits stattgefunden hatte. An eine Widerlegung sind im Falle der vermuteten Wiederholungsgefahr hohe Anforderungen zu stellen. Ein Versprechen, die störende Handlung in Zukunft nicht mehr vorzunehmen, kann insoweit regelmäßig nur in Verbindung mit einer Vertragsstrafe die Wiederholungsgefahr ausräumen (OLG Düsseldorf 15 U 41/04).

Die Beklagte hat die Wiederholungsgefahr hier trotz der strengen Anforderungen widerlegen können, indem sie eine Unterlassungserklärung abgegeben hat.

Dass der Kläger das Angebot zum Unterlassungsvertrag nicht angenommen hat, steht dem nicht entgegen. Die Wiederholungsgefahr kann auch dann entfallen, wenn der Gegner die einseitige Unterlassungserklärung nicht annimmt (BGH I ZR 212/93). Voraussetzung dafür ist, dass die Erklärung ernsthaft ist und auch inhaltlich den an solche Erklärungen zu stellenden Anforderungen entspricht. Die Erklärung der Beklagten ist als ernsthaft anzusehen, objektive Zweifel bestehen daran nicht. Von einer automatischen Annahme fehlender Ernsthaftigkeit kann bei einer modifizierten Unterlassungserklärung nicht ausgegangen werden. Die Ernsthaftigkeit der Erklärung wird im Gegenteil dadurch unterstrichen, dass die Beklagte sofort bereit war, der Löschung der Daten des Klägers zuzustimmen und eine solche Löschung auch vornahm. Dies geschah, nachdem die Beklagte zuvor über einen Zeitraum von drei Jahren Werbeemails an den Kläger verschickte, ohne dass dieser sie aufforderte, es zu unterlassen. Die Beklagte war nach dieser Zeit gleich bereit, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Sie hat den Kläger nach dessen Ablehnung der Unterlassungserklärung zudem auch aufgefordert, weitere Angaben zu machen, um die Unterlassungserklärung zu Gunsten des Klägers erweitern zu können. Die Beklagte verpflichtet sich in der Unterlassungserklärung dazu, keine Werbeemails an die vom Kläger angegebene Emailadresse “ ... @ .... de“ zu verschicken. Dass die Beklagte vorträgt, den Kläger für weitere Käufe in ihrem Ebay-Shop gesperrt zu haben, lässt ebenfalls auf die Ernsthaftigkeit der abgegeben Unterlassungserklärung schließen. Die besagte Emailadresse steht im Zusammenhang mit den vorherigen Käufen des Klägers im Ebay-Shop der Beklagten. Da der Kläger fortan jedoch für Käufe In diesem EbayShop durch die Beklagten gesperrt worden sein soll, kann auch davon ausgegangen werden, dass sie kein Interesse daran hat, an eben diese Emailadresse Werbung zu verschicken.

Dass die Unterlassungserklärung auf die vom Kläger benutzte Emailadresse ...@ .... de beschränkt ist, ist auch ausreichend. Eine auf mehrere Emailadressen des Klägers bezogene Unterlassung muss von der Beklagten nicht erklärt werden. Das Risiko, dass der Kläger unter einer der Beklagten unbekannten Emailadresse bei dieser einkauft und den AGBs nicht ausdrücklich widerspricht, muss die Beklagte nicht tragen. Die Beklagte hat dem Kläger überdies auch angeboten, die Unterlassungserklärung auf mehrere Emailadressen zu erweitern. Sie hat ihm dafür die Gelegenheit gegeben, weitere EmaIladressen aufzulisten, die diese in die Unterlassungserklärung aufnehmen wollte. Diesem Angebot ist der Kläger nicht nachgekommen. Er musste dies auch nicht. Der Kläger kann dann von der Beklagten eine solch allgemein gefasste Erklärung jedoch nicht verlangen.

2. Ein Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungserklärung ergibt sich auch nicht aus § 8 I UWG. Ein auf diese Vorschriften gestützter Anspruch wurde hier nicht schlüssig dargelegt und würde überdies auch mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien gemäß § 2 I Nr. 3 UWG keine Anwendung finden.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von 100,00 Euro aus § 823 I BGB. Die vom Kläger getätigten Arbeiten stellen keinen ersatzfähigen Schaden gemäß § 249 BGB dar.



Arbeits- und Zeitaufwand zur Schadensermittlung und zur außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzes ist grundsätzlich nicht erstattungsfähig, jedenfalls soweit der im Einzelfall erforderliche Aufwand die von einem privaten Geschädigten zu erbringende Mühewaltung nicht überschreitet (BGH VI ZR 98/75). Diese typischerweise zu erbringende Mühewaltung wurde hier nicht überschritten. Die Kontaktdaten der Beklagten, bei der er selbst schon Artikel gekauft hatte, konnte er problemlos aus dem Impressum des Newsletters entnehmen. Von einer ersatzfähigen Arbeitsleistung kann hier nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hat überdies selbst vorgetragen, über die letzten Jahre in mühevoller Kleinarbeit, die Nutzer und Verkäufer seiner Daten identifiziert zu haben. Er hat in seiner persönlichen Anhörung angegeben, in ca. 25 gleichgelagerten Fällen bereits ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts verfahren zu sein. Bezogen auf die geforderte Unterlassungserklärung der Beklagten kann hier nicht von einem Aufwand ausgegangen werden, der die typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschreitet. Es ist nicht ersichtlich, dass die rechtlichen Aspekte in diesem Fall erheblich von den vorherigen gleichgelagerten Fällen abweichen. Auch ist nicht schlüssig dargelegt worden, inwieweit und in welchem Umfang die von ihm verfassten Schreiben vom 28.05.2010 und vom 11.06.2010 an die Beklagte die Gewinnung neuer Erkenntnisse seinerseits erfordert hätte.

III.

Da der Kläger bereits keinen Hauptsacheanspruch hat, hat er auch keinen Anspruch auf Erstattung von verzugsbedingten vorprozessualen Parteivertreterkosten.

IV.

Ein Anspruch auf Androhung eines Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft im Falle einer Zuwiderhandlung kann mangels Unterlassungsanspruches nicht bestehen.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I S. 1 HS.1, 281 111 S. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 1.

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