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Landgericht München Urteil vom 01.04.2008 - 33 O 15411/07 - Verwendet eines fremden Kennzeichens als Domain-Namen ist eine Namensanmaßung

LG München v. 01.04.2008: Verwendet eines fremden Kennzeichens als Domain-Namen ist eine Namensanmaßung


Das Landgericht München I (Urteil vom 01.04.2008 - 33 O 15411/07) hat entschieden:

   Die namensartige Kennzeichnung eines Hauses kann unabhängig von der Berühmtheit des Gebäudes - den Schutz des § 12 BGB dann in Anspruch nehmen, wenn an einer solchen Bezeichnung ein schützwürdiges Interesse besteht. Welcher Art dieses Interesse ist, ist gleichgültig. Verwendet ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domain-Namen, liegt darin eine Namensanmaßung, wenn dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst wird und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden.




Siehe auch
Domainrecht
und
Markenrechtsverletzungen


Zum Sachverhalt:


Der Kläger begehrte mit der Klage unter anderem die Nutzung der Domain www. .... de, die die Beklagte hat registrieren lassen.

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in … auf dem sich das Denkmalensemble … befindet, das im Jahr 1604 fertig gestellt wurde. Der Kläger erwarb das Grundstück 1962 und richtete in dem Schloss einen Gastronomie- und Hotelbetrieb unter der Bezeichnung … ein, der seit 1963 verpachtet ist.

Die Beklagte ist Dokumentarfilmerin und beabsichtigt, eine filmische Dokumentation über das Schloss zu drehen. Hierfür hat sie in der Zeit von Januar 2006 bis Anfang 2007 zeit- und kostenintensive Recherchen angestellt.

Für diese Dokumentation ließ die Beklagte den Domainnamen www. … .de für sich registrieren. Unter der Domain war kein Inhalt abrufbar.

Mit Schreiben vom 16.02.2007 mahnte der Kläger die Beklagte ab. Die Beklagte unterwarf sich nicht.

Der Kläger war der Auffassung, ihm stehe aus §§ 15 V, 5 II MarkenG und § 12 BGB ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Die geschäftliche Bezeichnung … werde seit 1963 zur Kennzeichnung des im Schloss des Klägers befindlichen Hotel- und Gastronomiebetriebs genutzt, so dass sie Schutz nach §§ 15 II, 5 II MarkenG genieße. Die Rechte an dem Namen stünden dem Kläger als Verpächter des Betriebs zu.

Zudem sei der Kläger Inhaber der Namensrechte nach § 12 BGB. an dem Gebäudenamen ….

§ 12 BGB sei anwendbar, weil die bloße Registrierung einer Domain keine rechtsverletzende Benutzung gemäß § 15 II MarkenG darstelle und daher das Markengesetz nicht anwendbar sei.

Namen von Gebäuden seien schutzfähig, wenn an der Bezeichnung ein schutzwürdiges wirtschaftliches oder sonstiges Interesse bestehe. Da es sich vorliegend um ein bekanntes historisches Bauwerk handele, -sei ein solcher Schutz zu bejahen. Dies sei für den Namen Neuschwanstein bereits entschieden.

Die Domain-Registrierung durch die Beklagte stelle eine unbefugte Namensanmaßung gemäß § 12 I Alt. 1 BGB dar.

Eine Zuordnungsverwirrung trete auch ein, wenn ein Dritter den fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internet-Adresse verwende.

Die Beklagte sei Nichtberechtigte im Sinn des § 12 BGB, weil sie vom Kläger nicht autorisiert worden sei und keine eigenen Rechte an dem Namen … habe. Der Verkehr erwarte, dass hinter dem Domainnamen … der Kläger als Eigentümer des Schlosses oder der Hotelbetrieb … stehe und die Verwendung dieses Domainnamens von ihm autorisiert worden sei.

Zudem würden die Interessen des Klägers dadurch beeinträchtigt, dass er die streitgegenständliche Domain nicht verwenden könne.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie war der Auffassung, dem Kläger stünden gegen die Beklagte keine Ansprüche in Bezug auf die streitgegenständliche Domain zu.

Auch die Beklagte habe Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung, weil sie die Geschichte des Gebäudes mit hohem persönlichem und finanziellem Aufwand dokumentiere und dann in filmischer Aufarbeitung vermarkte. Sie habe sich für diese Dokumentation den Domainnamen …, eintragen lassen, weil sie die Dokumentation dort zur Verfügung stellen und an wolle. An einer solchen Dokumentation bestehe, anders als bei dem Gaststättenbetrieb des Klägers, ein öffentliches Interesse.

Der Verweis auf die Entscheidung bezüglich des Namens Neuschwanstein überzeuge nicht, weil das Schloss … weder ein international bekanntes, noch ein im öffentlichen Eigentum befindliches Gebäude sei. Namensrechte des Klägers würden nicht verletzt, er heiße schließlich nicht …. Der Kläger sei auch weder Architekt noch Bauherr des Schlosses und allein aufgrund seiner Eigentümerstellung stünden ihm keine Namensrechte zu.

Die Klage war erfolgreich.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... A. ... (zur Aktivlegitimation). B. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (Klageantrag Ziffer I.) des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich aus § 12 S. 2, S. 1 Alt. 2 BGB. Gleiches gilt für den als Beseitigungsanspruch zu behandelnden Anspruch auf Erklärung des Verzichts gegenüber der Registrierungsstelle in Klageantrag Ziffer II. (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 145 Nach § 15).

B. I. § 12 BGB ist vorliegend anwendbar, weil die Beklagte unter der Domain bislang keine Inhalte ins Internet stellt und somit kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt, das zur Anwendung und zum Vorrang des Markengesetzes führen würde (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 44 Nach § 15).

B. II. Dem Kläger steht als Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das … befindet, an der Bezeichnung … ein Namensrecht im Sinn des § 12 S. 1 BGB zu.

Die namensartige Kennzeichnung eines Hauses kann unabhängig von der Berühmtheit des Gebäudes - den Schutz des § 12 BGB dann in Anspruch nehmen, wenn an einer solchen Bezeichnung ein schützwürdiges Interesse besteht. Welcher Art dieses Interesse ist, ist gleichgültig (BGH GRUR 1976, 311, 312 - Sternhaus).

Ein solch schutzwürdiges Interesse des Klägers ist vorliegend gegeben. Der Kläger hat in dem Schloss einen Gastronomie- und Hotelbetrieb eingerichtet und verpachtet diesen seit 1963. Der Betrieb wird unter der Bezeichnung … geführt.

B. III. Durch die Registrierung der Bezeichnungen … als Domain-Name greift die Beklagte in dieses Namensrecht des Klägers ein.




B. III. 1. Verwendet ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domain-Namen, liegt darin eine Namensanmaßung, wenn dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst wird und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. BGHZ 119, 237, 245 - Universitätsemblem m.w.N.).

Im Falle der Verwendung eines fremden Namens als Internet-Adresse liegen diese Voraussetzungen im allgemeinen vor. Ein solcher Gebrauch des fremden Namens führt in der Regel bereits dann zu einer Zuordnungsverwirrung; wenn der Nichtberechtigte den Domain-Namen bislang nur hat registrieren lassen. Denn die den Berechtigten ausschließende Wirkung setzt bei der Verwendung eines Namens als Internet-Adresse bereits mit der Registrierung ein (BGH WRP 2002, 694 - shell.de).

In der Registrierung der Domain durch die Beklagte liegt somit eine Namensanmaßung.

B. III. 2. Die von der Beklagten vorgetragenen entgegenstehenden Interessen greifen nicht durch.

B. III. 2. a. Die Beklagte führt an, sie habe für ihre geplante Dokumentation über das … umfangreiche Recherchearbeiten vorgenommen. Soweit diese nunmehr in einem nachgelassenen Schriftsatz detailliert dargelegt wurden, kam es hierauf nicht an.



Zum einen befindet sich das Projekt auch nach eigenem Vortrag der Beklagten noch in der Planungs- und Vorbereitungsphase, so dass derzeit jedenfalls kein Titelschutzrecht an der Bezeichnung besteht, zumal auch nicht vorgetragen wurde, wie die Dokumentation letztendlich heißen soll.

Zum anderen wird sich die Beklagte für einen etwaig entstehenden Werktitelschutz gemäß § 5 I MarkenG allenfalls auf eine Priorität aus dem Jahr 2006 berufen können, während der Kläger sich für die Priorität seines Namensrechts mindestens auf das Jahr seines Grundstückerwerbs 1962 berufen, kann. Jedenfalls wären etwaige Titelschutzrechte der Beklagten prioritätsjünger.

B. III. 2. b. Auch ergibt sich aus den Grundrechten kein Rechtfertigungsgrund für die Beklagte, insbesondere nicht aus der Freiheit der Meinung und der Berichterstattung, Art. 5 GG.

Die Beklagte plant, eine kritische Dokumentation über das … und seine Entwicklung in den letzten Jahren, auf der streitgegenständlichen Domain einzustellen. Bei solch kritisierenden Domains wird zu verlangen sein, daß schon der Domain-Name selbst deutlich macht, daß es sich nicht um eine Homepage des kritisierten Namensträgers, sondern um diejenige eines Dritten handelt. Das kann zum Beispiel durch Zusätze wie „Kritik“ oder „Dokumentation“ erreicht werden (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 73 Nach § 15). Solche Zusätze hat die Beklagte ihrer Domain nicht angefügt ..."

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