Webshoprecht.de
Landgericht Berlin Urteil vom 04.06.2009 - 52 O 337/08 - Irreführende Werbung im Internet für ein Haarwuchsmittel
LG Berlin v. 04.06.2009: Wettbewerbsverstoß durch irreführende Werbung im Internet für ein Haarwuchsmittel
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 04.06.2009 - 52 O 337/08) hat entschieden:
Die Werbung für ein Haarwuchsmittel und ein Shampoo, deren Inhaltsstoffe nahezu ausschließlich in der traditionellen chinesischen Medizin Anwendung finden, ist irreführend, wenn den Produkten in einem Internetauftritt Wirkungen beigelegt werden, die sie in Wirklichkeit nicht haben oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Bei der Beurteilung der Irreführung ist auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen.
Siehe auch Haarausfall und Verschiedene Werbeaussagen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört und die Achtung darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Er ist außerdem gem. § 1 Ziff. 4 UKlaG als branchenübergreifend und überregional tätiger Wettbewerbsverband i.S.v. § 13 Abs.5 Nr. 2 UKlaG festgestellt.
Die Beklagte wirbt im Internet unter der Domain www. ... .ch für die von ihr vertriebenen Haarwuchsmittel FABAO 101 D, 101F Hair Tonic, 101B ... und ... Shampoo mit den aus dem Unterlassungsantrag ersichtlichen Aussagen. Wegen der Einzelheiten des Internetauftritts wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Die von der Beklagten unter der Dachmarke ... vertriebenen Mittel enthalten folgende Inhaltsstoffe:
- Cuscutae Semen
- Avicularis Polygoni
- Astragali Radix
- Dictamni Cortex
- Gastrodiae Rhizoma
- Ginseng
- Notoginseng
- Sophera Flavescens
- Peach Kernel Oil (Persicae Semen)
- Capsicum
- Safflower Oil (Carthami Flos)
- Seu Radix Notopterygii
Bei diesen Inhaltsstoffen handelt es sich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - um Stoffe, welche ausschließlich in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) Verwendung finden.
Mit dem aus der Anlage K 2 ersichtlichen Schreiben vom 25.9.2008 forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Für dieses Schreiben verlangt die Klägerin Zahlung einer Abmahnkostenpauschale i.H.v. 166,60 Euro.
Der Kläger behauptet, ihm gehöre - wie aus der Anlage K 16 ersichtlich - eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die Waren gleicher oder verwandter Art wie diejenigen der Beklagten vertreiben würden. Zu ihren Mitgliedern gehören beispielsweise 21 Hersteller von Kosmetika, 15 Hersteller von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln, mehrere Kliniken, 32 Hersteller von Naturheilmitteln, Naturkosmetik und Ökoprodukten, 53 Versandhandelsunternehmen, die u.a. auch Kosmetika vertreiben. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrages zu seinen Mitgliedern wird auf den Schriftsatz vom 17.3.2009, Bl. 84 ff. d.A., verwiesen. Er sei nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung in der Lage, seine satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.
Der Kläger meint, die Aussagen zu der Wirkungsweise der Produkte seien weit übertrieben und damit irreführend i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11, 5 UWG, 27 Abs.1 Nr. 1 LFBG. Die von der Beklagten angebotenen Kosmetika seien nicht dazu geeignet, einer Glatzenbildung vorzubeugen oder bereits entstandene Glatzen verschwinden zu lassen. Jedenfalls sei dies wissenschaftlich nicht gesichert. Das ergebe sich bereits daraus, dass die Mittel - bis auf das Mittel 101 F Hair Tonic, das lediglich für den Einsatz bei erblich bedingtem Haarausfall beworben wird - zum Einsatz bei sämtlichen Formen des Haarausfalls beworben würden, obwohl es verschiedene Gründe für Haarausfall gebe, so beispielsweise den anlagebedingten und den kreisrunden Haarausfall. Außerdem sei in der chinesischen Medizin eine Wirkung der in den Mitteln vorhandenen Inhaltsstoffe gegen Haarausfall oder mehr Haarwachstum unbekannt, wie sich aus dem aus der Anlage K 5 ersichtlichen Arzneibuch der chinesischen Medizin ergebe. Hinsichtlich des Stoffes Capsicum, der in dem Arzneibuch der chinesischen Medizin nicht erwähnt ist und bei dem es sich um eine allgemeine Bezeichnung für Pflanzen der Gattung Paprika handele, ergebe sich dies aus den aus den Anlagen K 8-10 ersichtlichen medizinischen Werken, die eine Wirkungsweise im Bereich Haarwuchs nicht beschreiben.
Im Übrigen sei die chinesische Kräutermedizin dem Bereich der Parawissenschaften zuzuordnen. Derzeit sei es unklar, ob die chinesische Kräutertherapie mehr Nutzen als Schaden bringe. Es fehle der TCM an jedem wissenschaftlichen Fundament, was sich u.a. aus der aus der Anlage K 12 ersichtlichen Veröffentlichung der Stiftung Warentest "... – "..." Heilmethoden für Sie bewertet" sowie aus dem aus der Anlage K 13 ersichtlichen Aufsatz "... Medizin- eine Heilkunde wird zum Politikum" von ... , Direktor des ... Stiftungsinstitutes für chinesische Lebenswissenschaften an der ... , ergebe.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
- Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft , oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Vorstand, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt [zu werben mit]
4.2. "Schon nach wenigen Anwendungen wird der verschönernde Effekt dieses Shampoos sichtbar: Die Haare werden kraftvoller, bekommen ein volles Volumen ...";
wenn es geschieht wie in Anlage K 1.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.1.2009 zu zahlen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, und zwar hinsichtlich des Tenors zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,00 Euro (je 1.000,00 Euro für jede Ziffer des Tenors zu 1.) und im Übrigen in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 %.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Mitglieder des Klägers Waren gleicher oder verwandter Art vertreiben würden.
Das deutsche Recht sei nicht anwendbar. Werbemarkt der Beklagten sei lediglich die Schweiz. Das ergebe sich daraus, dass es sich um eine Homepage eines schweizerischen Servers mit der Endung .ch handele und die Preisangaben, wie aus den Anlagen 2 und 3 zur Klageerwiderung ersichtlich, primär in Schweizer Franken erfolge und auch kein kostenloser Versand außerhalb der Schweiz erfolge. Mit deutschen Kunden mache die Beklagte nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes. Der deutsche Kunde würde die Internetseite der Beklagten über die Internetsuchmaschine google auch nicht ohne weiteres finden, sondern nur dann, wenn er den Namen des Produkts und den Sitz der Beklagten kenne und gezielt nach ihr suche. Aus diesem Grunde sei das Landgericht Berlin auch nicht gem. § 14 Abs.2 UWG zuständig.
Eine Irreführung des Verbrauchers liege nicht vor. Die Beklagte habe die wissenschaftliche Absicherung des von ihr vertriebenen Mittels auf ihrer Homepage ausreichend dargetan, indem sie - wie aus der Anlage 7 zur Klageerwiderung, Bl. 81 d.A. ersichtlich - mehrere Studien erwähnt habe, die die Wirkungsweise der Produkte belegen würden, u.a. die aus der Anlage zum Schriftsatz vom 8.4.2009, Bl. 128 ff. d.A. ersichtliche Studie des Journal of Clinical Epidemiology Vl. 44, No.4/5, pp 439-447, 1991.
Die Vollständigkeit der in dem vom Kläger zitierten Arzneibuch der Chinesischen Medizin beschriebenen Wirkungsweisen der einzelnen Mittel werde bestritten.
Letztlich stelle der Internetauftritt der Beklagten auch keine Werbung, sondern eine Information dar, die im Übrigen vom kantonalen Laboratorium gebilligt worden sei, wie sich aus dem aus der Anlage 8 zur Klageerwiderung ersichtlichen Schreiben ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin ergibt sich aus §§ 13, 14 Abs.2 UWG, 32 ZPO. Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll (BGH, GRUR 2006, 513 – Arzneimittelwerbung im Internet, BGH GRUR 2005, 431 f. –Hotel Maritime). Der Internet-Auftritt der in der Schweiz ansässigen Beklagten war international ausgerichtet und auch in deutscher Sprache gehalten. Zwar wird auch in der Schweiz teilweise deutsch gesprochen. Die internationale Ausrichtung ergibt sich aber daraus, dass die Verkaufspreise nicht nur in Schweizer Franken, sondern auch in Euro angegeben waren und nach dem Internetauftritt der Beklagten auch eine internationale Versendung - somit auch nach Deutschland - möglich war. Dass diese nicht kostenlos erfolgte, spielt entgegen der Auffassung der Beklagten ebenso wenig eine Rolle wie die Tatsache, dass die deutschen Kunden nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes der Beklagten ausmachten. Immerhin wurde selbst nach dem Vorbringen der Beklagten auch nach Deutschland geliefert. Dass die Internetseite der Beklagten über die Internetsuchmaschine google nicht ohne weiteres zu finden war, spielt ebenfalls keine Rolle. Denn unstreitig konnte die Internetseite der Beklagten auch in Deutschland abgerufen werden. Allenfalls ein sogenannter Disclaimer, mit dem der Werbende ankündigt, Adressaten in Deutschland nicht zu beliefern, könnte ein Indiz für eine Einschränkung des Verbreitungsgebiets sein (vgl. BGH GRUR 2006, 513, OLG Frankfurt CR 1999, 450 f.). Ein derartiger Disclaimer wurde hier aber nicht verwendet. Es geht in dem vorliegenden Rechtsstreit um das Verhalten des Beklagten in Deutschland und nicht in der Schweiz. Darauf bezieht sich auch nur die beantragte Unterlassung.
Der Kläger ist gem. § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG klagebefugt.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG, der insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Der Kläger hat unter Vorlage der Liste seiner namentlich benannten Mitglieder (Anlage K 16) in dem verfahrensrechtlich gebotenen Maße die Voraussetzungen dafür geschaffen, festzustellen, welche Gewerbetreibenden ihm angehören (vgl auch BGH I ZR 79/94). Aus dieser Liste ergibt sich, dass dem klagenden Verband eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern angehört, welche u.a. Kosmetika oder Waren verwandter Art auf dem deutschen Markt, auf dem auch die Beklagte ihr Mittel per Internet anbietet, vertreiben. Der Begriff der Waren oder der gewerblichen Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art ist entsprechend seiner wettbewerbsrechtlichen Funktion, solche Werbemaßnahmen auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen, welche die Gefahr einer unmittelbaren oder mittelbaren Beeinträchtigung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder des Angebots von Dienstleistungen nach sich ziehen, nicht zu eng auszulegen (vgl. BGH a.a.O.).
Die Klagebefugnis des Klägers folgt auch aus §§ 2, 3 Abs.1 Ziff.2 UKlaG.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs.1; 3; 5; 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 27 Abs.1 Nr. 1 LFGB zu, da die Beklagte irreführend für ihre Haarwuchsprodukte geworben hat, indem sie ihren Produkten in ihrem Internetauftritt Wirkungen beigelegt hat, die sie in Wirklichkeit nicht haben.
Gem. § 27 Abs.1 Nr. 1 LFGB ist es verboten, für kosmetische Mittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn kosmetischen Mitteln Wirkungen beigelegt werden, die ihnen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Nach Art. 6 Abs.3 der Richtlinie 76/768/EWG, vor deren Hintergrund § 27 Abs.1 Nr. 1 LFGB auszulegen ist, ist darauf abzustellen, dass nicht Texte und Abbildungen verwendet werden, die Merkmale vortäuschen, die das Mittel nicht hat.
Bei dem Internetauftritt der Beklagten handelt es sich entgegen ihrer Auffassung um Werbung und nicht nur eine bloße Information. Werbung bedeutet jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren zu fördern (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 26. Aufl., Rn. 2.12 zu § 5 UWG). Der Internetauftritt der Beklagten dient dem Verkauf ihrer Haarpflegemittel, was sich bereits daraus ergibt, dass die angebotenen Produkte dort bestellt werden können.
Bei der Beurteilung der Irreführung stellt die Kammer auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ab, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.
Die Bestimmung des § 27 Abs.1 Nr. 1 LFGB ist eine gesetzliche Vorschrift i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, sie ist auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Es geht zudem bei dem Verbot des § 27 Abs.1 LFGB um spezielle Formen der Irreführung und somit um eine Ergänzung des § 5 UWG.
Bei den streitgegenständlichen Produkten der Beklagten handelt es sich um Kosmetika i.S.d. § 2 Abs.5 S. 1 LFGB, da sie dazu bestimmt sind, äußerlich am menschlichen Körper zur Erhaltung eines guten Zustandes und zur Veränderung des Aussehens angewendet zu werden, nämlich zur Erhaltung und Verbesserung des Haarwuchses.
.
Aufgrund der streitgegenständlichen Aussagen nimmt der Verbraucher an, dass die Mittel der Beklagten im Vergleich mit anderen handelsüblichen Produkten hochwirksam und erfolgreich bei der Behandlung von Haarausfall sind, Haarausfall stoppen, neue Haare nachwachsen lassen, für festeres und dichteres, dickeres Haar mit mehr Volumen sorgen und dass diese Wirkungen durch klinische Test uns wissenschaftliche Vergleichsstudien nachgewiesen sind. Einzelne der untersagten Werbeaussagen sind zwar für sich genommen zurückhaltend wie beispielsweise die Aussagen über das " ... Shampoo", bei dessen Anwendung die Harre kraftvoller werden und ein volles Volumen bekommen sollen. Die Unlauterkeit auch dieser zurückhaltenderen Werbeaussagen ergibt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang, in dem die Werbeaussagen wie aus der Anlage K 1 ersichtlich erfolgten. Bei Betrachtung der Werbung im Ganzen ergibt sich, dass allen angebotenen Produkten gerade auch in ihrer Kombination geeignet sein sollen, Haarausfall wirksam und nachhaltig zu bekämpfen.
Eine solche Wirkung auf die Haare und das Haarwachstum ist wissenschaftlich jedoch nicht hinreichend gesichert. Maßgebend für eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung ist die als herrschend anzusehende, gefestigte Auffassung der Fachwelt, wenn sie breite Anerkennung gefunden hat (KG, Beschluss. v. 9.12.2005, 5 U 325/03). Die Beklagte, die in ihrer Werbung eine Wirkung ihrer Kosmetika für die Stimulierung von Haarwuchs behauptet, trifft die Verantwortung für die Richtigkeit ihrer Werbeaussagen, d.h. sie muss darlegen und beweisen, dass die behaupteten Wirkungsweisen wissenschaftlich hinreichend gesichert sind.
Hierzu fehlt es an einem ausreichenden Vortrag.
Nach dem durch Vorlage von Auszügen aus dem Arzneibuch der Chinesischen Medizin untermauerten Vortrag des Klägers sind die in den Produkten der Beklagten enthaltenen Inhaltsstoffe auch nach den Grundsätzen der chinesischen Medizin zur Behandlung von Haarausfall und zur Förderung des Haarwachstums ungeeignet. Auch in der chinesischen Medizin werden den verwendeten Inhaltsstoffen keine Wirkungen gegen Haarausfall und für besseres Haarwachstum zuerkannt. Soweit die Beklagte die Vollständigkeit der beschriebenen Wirkungsweisen in dem von dem Kläger eingereichten Arzneibuch der Chinesischen Medizin bestreitet, erfolgt dies völlig unsubstantiiert. Sie legt keine Aufsätze, Forschungsergebnisse oder sonstige Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass die in ihren Produkten enthaltenen Inhaltsstoffe doch eine Wirkung auf das Haarwachstum haben könnten.
Auch mit der aus der Anlage zum Schriftsatz vom 8.4.2009 ersichtlichen Studie des Journal of Clinical Epidemiology erfüllt die Beklagte nicht den ihr obliegenden Wirkungsnachweis.
Ein Gutachten ist zur hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der behaupteten Wirkungsweise geeignet, wenn es sich um eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit vorab definierten, der Fragestellung angemessenen Endpunkten und einer adäquaten statistischen Auswertung handelt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen wurde (OLG Frankfurt 6 U 241/04 v. 12.1.2006, nachfolgend BGH, I ZR 51/06 vom 2.10.2008). Zwar scheint die Studie diese Voraussetzungen zu erfüllen.
Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass es sich bei dem in der Studie getesteten Mittel um die von der Beklagten angebotenen Produkte handelt. Die englischsprachige Studie bezieht sich auf ein Mittel "...", während die Namen der Produkte der Beklagten ... ... Shampoo lauten. Auch die Inhaltsstoffe des in der Studie getesteten Produkts, die sich aus Bl. 3 der Studie ergeben, stimmen nicht mit der Liste der Inhaltsstoffe, die das Produkt der Beklagten unstreitig enthält, überein. Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, inwieweit die einzelnen in der Studie erwähnten Bestandteile mit den in den Verkaufsprodukten verwendeten Bestandteilen vergleichbar sein könnten.
Hinzu kommt, dass die Studie zwar gewisse Wirkungen des getesteten Produkts belegt. So wurde beschrieben, dass das Haarwachstum in der ... Gruppe sich belief auf 24 bis 29 mehr Haare pro 5 cm3 als die Placebo-Gruppe über einen Zeitraum von sechs Monaten. Weiter hieß es, dass etwa 40 % der Teilnehmer von einem positiven kosmetischen Ergebnis berichteten, wobei der Unterschied zwischen der ... Gruppe und der Placebo-Gruppe allerdings klein war. Diese Studie würde –selbst wenn sie sich auf das von der Beklagten veräußerte Produkt beziehen würde- die von der Beklagten getätigten Werbeaussagen nicht decken. Denn die in der Werbung beschriebenen Wirkweisen gehen weit über das Ergebnis der Studie hinaus. Es wird nicht sachlich mit der in der Studie festgestellten Wirkung geworben, sondern es wird ein hochwirksames Mittel versprochen, dass den Haarsausfall bei Männern und Frauen mit einer Erfolgsquote von 92 % dauerhaft stoppt und neue Haare nachwachsen lässt, soweit die Haarwurzeln noch nicht abgestorben sind. Hinzu kommt, dass sich die Studie nicht mit der Wirkungsweise von ... im Verhältnis zu dem herkömmlichen Mittel Minoxidil auseinandersetzt. Soweit die Werbung der Beklagten Vergleiche zwischen dem von ihr angebotenen Mittel und dem herkömmlichen chemischen Haarwuchsmittel Minoxidil anstellt, finden diese keine wissenschaftliche Grundlage in der eingereichten Studie.
Die weiteren in ihrem Internetauftritt benannten Studien (Anlage 7 zur Klageerwiderung, Bl. 81 d.A.) hat die Beklagte nicht vorgelegt, so dass sich daraus kein Nachweis der behaupteten Wirkungsweise ergibt.
Dass die beanstandete Internetwerbung vom kantonalen Laboratorium tatsächlich gebilligt worden ist, lässt sich aus dem als Anlage 8 zur Klageerwiderung eingereichten Schreiben nicht entnehmen. Es ist dort von einem Inserat in einer Zeitschrift ... die Rede und nicht vom Internetauftritt der Beklagten. Im Übrigen besteht der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig.
Die Wiederholungsgefahr wird durch den erfolgten Verstoß indiziert und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können.
Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs.1 S. 2 UWG. Die Abmahnung war begründet, denn es bestand ein Unterlassungsanspruch. Sie war auch berechtigt, denn der Kläger durfte davon ausgehen, dass die Beklagte vor gerichtlicher Inanspruchnahme einen Weg aufgezeigt wünschte, um eine gerichtliche Inanspruchnahme zu vermeiden. Die geltend gemachte Abmahnkostenpauschale ist angemessen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.