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OLG Frankfurt am Main Urteil vom 31.03.2016 - 6 U 51/15 - Verpflichtung zur Fundstellenangabe bei Werbung mit Testergebnis
OLG Frankfurt am Main v. 31.03.2016: Verpflichtung zur Fundstellenangabe bei Werbung mit Testergebnis
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.03.2016 - 6 U 51/15) hat entschieden:
Bei der Werbung mit einem Testergebnis gehört es zu den Informationspflichten (§ 5a II UWG) des Anbieters, dem Verbraucher eine einfache Möglichkeit zu eröffnen, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Wird hierzu eine Fundstelle in einer Publikation genannt, die im Buch- und Zeitschriftenhandel nicht ohne weiteres erhältlich ist, sind zusätzliche Angaben dazu erforderlich, wie die Publikation bezogen oder eingesehen werden kann. Es reicht insbesondere nicht aus, dass der Verbraucher mit Hilfe von Recherchen in der Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek die Kontaktdaten des Verlags ermitteln kann.
Siehe auch Werbung mit Testergebnissen und Prüfsiegeln und Stichwörter zum Thema Werbung
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über eine angeblich irreführende Werbung mit einer Auszeichnung.
Die Beklagte vertreibt eine Pferdesalbe, die in Apotheken als sog. OTC-Produkt verkauft wird. Sie bewarb die Salbe u.a. auf ihrer Internetseite mit den Angaben:
"Produkt des Jahres 2011-2014.
Die von Deutschlands Apotheken am häufigsten empfohlene Pferdesalbe."
Unmittelbar unter diesen Angaben befand sich ein Link "Mehr Informationen". Über den Link gelangte man auf eine Unterseite, in der die Empfehlung der deutschen Apotheker erläutert und auf das "Handbuch für die Empfehlung in der Selbstmedikation - Medikamente und Gesundheitsprodukte des Jahres 2011/2012/2013/2014 (ISSN ...)" verwiesen wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K3, K4 (Bl. 56, 57 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Werbung sei irreführend, weil sie keine ausreichende Fundstellenangabe beinhalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte - hinsichtlich einer anderen Verletzungshandlung - bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt,
es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr und zu Zwecken des Wettbewerbs handelnd für das Produkt "X"
- mit einem Siegel zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie gemäß der Anlagen K2 zur Klageschrift;
und/oder
- mit einem Geschenk-Coupon zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie gemäß der Anlagen K2 zur Klageschrift.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen die teilweise Abweisung des Klageantrags zu 1., soweit dieser auch auf die Anlagen K3, K4 als konkrete Verletzungsform Bezug nahm. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Limburg vom 13.02.2015, Az. 5 O 28/14 zu verurteilen,
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, geschäftlich handelnd für das Produkt "X" mit einem Siegel zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie gemäß der Anlagen K3 und K4.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der mit dem Antrag zu 1. beanstandeten Angaben der Anlagen K3, K4 aus §§ 3, 5a II, 8 I, 8 III Nr. 2 UWG.
1. Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern i.S. des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände wesentlich ist. Dazu gehört bei der Werbung mit Testergebnissen die eindeutige und leicht zugängliche Angabe der Fundstelle, um dem Verbraucher eine einfache Möglichkeit zu eröffnen, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehlt es daran, beeinträchtigt dies seine Möglichkeit, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Dadurch wird die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung i.S. des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt. Bei einer Werbung für ein Produkt mit einem Testergebnis im Internet muss die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite dieser Werbung angegeben werden oder jedenfalls ein deutlicher Sternchenhinweis den Verbraucher ohne weiteres zu der Fundstellenangabe führen (BGH GRUR 2010, 248 Rn. 31 , 32 - Kamerakauf im Internet).
2. Die aus der Anlage K3 ersichtliche Werbung mit dem Siegel "Produkt des Jahres 2014" ist als Werbung mit Testergebnissen im Sinne dieser Rechtsprechung anzusehen. Dem Verbraucher wird suggeriert, die beworbene Salbe habe bei einer Umfrage unter Deutschlands Apothekern zu Pferdesalben in den Jahren 2011 - 2014 das beste Ergebnis erzielt. Entsprechend wird in dem "Handbuch für die Empfehlung in der Selbstmedikation" das Produkt der Beklagten als "Testsieger" bezeichnet (S. 124, Anlage B2). Die Werbung nach Anlage K4 erweckt dabei den Eindruck, dass der Test auch verfügbar und unter den angegebenen Daten auffindbar ist.
a) Die formalen Anforderungen an die Fundstellenangabe sind an sich erfüllt. Zwar ist das Testsiegel nicht unmittelbar mit einer Fundstelle versehen und es ist auch kein Sternchenhinweis vorhanden. Es ist jedoch ein deutlich sichtbarer Link mit der Bezeichnung "mehr Informationen" vorhanden. Dieser kommt, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, einem Sternchenhinweis gleich. Der Link führt zu den aus der Anlage K4 ersichtlichen Informationen.
b) Die Fundstellenangabe genügt jedoch inhaltlich nicht den Anforderungen, um dem Verbraucher eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Auf der Internetseite der Anlage K4 sind Titel und Herausgeber der Publikation genannt (Magazin "A", Organ des C e.V., Ausgabe: "Handbuch für die Empfehlung in der Selbstmedikation - Medikamente und Gesundheitsprodukte des Jahres 2011/2012/2013/2014"). Dies ist für sich genommen nicht ausreichend, weil es sich bei dieser Publikation - anders als z.B. bei den Heften der Stiftung Warentest - nicht um eine bekannte Zeitschrift handelt, die jedermann im Zeitschriftenhandel problemlos auffinden kann. Es sind deshalb zusätzliche Angaben erforderlich, die eine möglichst einfache Bezugsmöglichkeit aufzeigen. Der Titel ist in der Fundstellangabe auch nicht zutreffend wiedergegeben. Er lautet "Medikamente des Jahres 2014 - Handbuch zur Empfehlungshäufigkeit von OTC-Produkten" (Anlage B2).
Als Fundstellenangabe genügt im Streitfall auch nicht die Angabe der ISSN- Nummer (ISSN ...). Diese wäre nur dann ausreichend, wenn die Publikation im Zeitschriften- und Buchhandel unter Angabe der ISSN ohne Schwierigkeiten bezogen werden könnte. Dies ist jedoch unstreitig nicht der Fall, weil es sich bei der ISSN-Nummer um diejenige der Zeitschrift handelt, der die Publikation beigelegt war. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Publikation beim C bezogen werden könnte. Dies kann offen bleiben, weil dieser Weg ungewöhnlich und umständlich wäre. Die Angabe der ISSN deutet auf eine Beziehbarkeit im Buchhandel hin. Auch der vom Landgericht ermittelte Weg zum Bezug der Broschüre, nämlich die Ermittlung des Verlages über die Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek genügt nicht den Anforderungen der leichten Zugänglichkeit. Danach lassen sich im Internet erst über mehrere Schritte die Kontaktdaten des Verlags ermitteln. Wenn Verbraucher die Broschüre über diesen Weg überhaupt beziehen können, müssten die Kontaktdaten des Verlages jedenfalls direkt in der Fundstellenangabe aufgeführt werden.
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Publikation für den Verbraucher etwa überhaupt nicht auf einem leichten Weg zu beschaffen oder einzusehen sei. Sollte dies der Fall sein, wäre die beanstandete Werbung, die den Eindruck vermittelt, dem beworbenen Testergebnis liege ein für den Verbraucher zugänglicher Testbericht zugrunde, schon gemäß § 5 UWG irreführend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt.