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OLG Dresden Beschluss vom 11.02.2014 - 14 U 1561/13 -

OLG Dresden v. 11.02.2014:


Das OLG Dresden (Beschluss vom 11.02.2014 - 14 U 1561/13) hat entschieden:
Die Bewerbung eines Produkts oder einer Dienstleistung mit Testergebnissen unter Verwendung von TÜV-Siegeln ist wettbewerbswidrig, wenn nicht auf hingewiesen wird, wo der Verbraucher nähere Angaben zum Test erhalten kann.




Siehe auch Die Werbung mit Testergebnissen und Verschiedene Werbeaussagen


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung der Beklagten mit zwei TÜV-​Siegeln.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat es das Landgericht der Beklagten untersagt, mit zwei näher bezeichneten TÜV-​Siegeln zu werben, "ohne die Fundstelle anzugeben".

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Aus ihrer Sicht ist der Klageantrag bereits zu unbestimmt, weil unklar sei, was die Klägerin als "Fundstelle" betrachtet. Davon abgesehen habe die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch. Eine Fundstelle könne die Beklagte nicht angeben, weil die Ergebnisse der TÜV-​Zertifizierungsverfahren nirgendwo veröffentlicht seien. Eine Verpflichtung zur Veröffentlichung dieser Ergebnisse bestehe nicht.

Die Beklagte beantragt,
  1. Das am 22.8.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Dresden, Aktenzeichen: 44 HK O 76/13, wird aufgehoben.

  2. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Ergänzend sei verwiesen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2014.


II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage war und ist zulässig, auch der Klageantrag ist hinreichend bestimmt i.S.v. § 251 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Klägerin hat - orientiert an der konkreten Verletzungsform - die Handlung umschrieben, die der Beklagten verboten werden soll: die Werbung mit den beiden TÜV-​Siegeln ohne Angabe einer Fundstelle. Weder die Klägerin noch das Prozessgericht sind verpflichtet oder auch nur befugt, der Beklagten vorzugeben, welche Handlungen künftig erlaubt sind. Deshalb muss die Klägerin auch nicht näher bezeichnen, wie eine geeignete "Fundstelle" aussehen könnte.

2. Die Klage ist begründet.

a) Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2, § 5a Abs. 2 UWG.

Die Beklagte handelt wettbewerbswidrig, weil sie mit Testergebnissen wirbt, ohne darauf hinzuweisen, wo der Verbraucher nähere Angaben zu dem Test erhalten kann.

Für die Entscheidung dahinstehen kann die Frage, ob die Beklagte auch dann eine Möglichkeit zur Einholung näherer Informationen bereithalten müsste, wenn es sich bei den klagegegenständlichen Siegeln um Zertifizierungen, beispielsweise nach ISO, handeln würde. Tatsächlich nämlich erkennt der Verbraucher in den Siegeln im Zusammenspiel mit den ergänzenden Angaben das Ergebnis einer Untersuchung, der sich die Beklagte unterzogen und die sie mit einer bestimmten Benotung abgeschlossen hat.

Aus dem Siegel des TÜV T. wird ersichtlich, dass die Servicequalität der Beklagten untersucht und mit sehr gut bewertet wurde.

Wird aber ein Produkt oder - wie hier - eine Dienstleistung im Internet mit einem Testergebnis beworben, muss die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite angegeben oder durch einen Sternchenhinweis eindeutig und leicht aufzufinden sein. Anderenfalls enthält der Unternehmer dem Verbraucher eine wesentliche Information vor, die ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2009, I ZR 50/07 Rn. 31 - Kamerakauf in Internet; zitiert nach juris).

Hier gilt das in besonders starkem Maße, denn weder gibt die Beklagte dem Verbraucher direkt Informationen zu den Hintergründen der Testergebnisse noch erteilt sie irgendwelche Hinweise, wo sich nähere Informationen finden lassen. Die Werbung mit den TÜV-​Siegeln bleibt damit inhaltsleer. Für den Verbraucher, an den sich die Werbung richtet, wird nicht ersichtlich, was nach welchen Maßstäben geprüft wurde und welche Anforderungen für eine Bewertung mit "sehr gut" gelten. Es ist nicht einmal erkennbar, ob es sich bei "sehr gut" um die Bestnote handelt oder ob es - wie etwa bei Kundenbewertungen in Hotelvermittlungsportalen - noch eine bessere Bewertung (z.B. "fabelhaft") gibt.

Die in der Werbung liegende Wettbewerbswidrigkeit wird nicht dadurch beseitigt, dass - wie die Beklagte vorbringt - die Prüfberichte überhaupt nicht veröffentlicht werden, so dass sie gar keine Fundstelle angeben könne. Die aus § 5a Abs. 2 iVm § 3 Abs.2 UWG fließende Verpflichtung zur Information dient dazu, die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers zu erhalten (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32.A, § 5a Rn.29). Er soll auf die für seine Entscheidung wesentlichen Informationen ohne größere Schwierigkeiten zugreifen können. Ersichtlich kann sich die Informationspflicht daher nicht auf die Fälle beschränken, in denen diese wesentlichen Informationen anderweit veröffentlicht sind.

Wenn es derartige Informationen nicht gibt, weil etwa die Testergebnisse willkürlich vergeben wurden, darf die Beklagte mit diesen Ergebnissen nicht werben. Existiert ein Prüfbericht, muss sie dem Verbraucher einen eindeutigen und leicht gangbaren Weg aufzeigen, wie und wo er diesen Bericht einsehen kann.

Ebenso wenig wird die Beklagte von ihrer Informationspflicht befreit, weil sie nach eigenen Angaben nicht an einem Vergleichstest teilgenommen hat. Zwar betont eine Werbung mit dem Ergebnis eines Vergleichstests den Aspekt, das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung übertreffe diejenigen der Konkurrenzanbieter. Gleichwohl liegt auch in der Werbung mit den hier vorgelegten Siegeln die Aussage, sich in den überprüften Bereichen positiv von Wettbewerbern abzuheben. Nur aus diesem Grund wirbt die Beklagte mit diesen Siegeln. Auch hier hat der Verbraucher daher ein schützenswertes Interesse daran, die Hintergründe des Testergebnisses zu erfahren, um beurteilen zu können, ob darin tatsächlich ein Vorzug der Beklagten gegenüber ihren Mitbewerbern liegt.

Entsprechendes gilt für die Werbung mit dem Siegel des TÜV S., die zum Ausdruck bringt, Kundenzufriedenheit und Servicequalität der Beklagten seien getestet und mit "gut (1,8)" benotet worden.

Auch hierin liegt keine bloße Zertifizierung, sondern die Aussage, sich einer Untersuchung unterzogen und diese mit einer bestimmten Note "bestanden" zu haben. Auch hier müsste die Beklagte dem Verbraucher eindeutig und leicht zugänglich angeben, auf welchem Weg er die für seine Entscheidung notwendigen Hintergrundinformationen erhalten kann. Diese Möglichkeit eröffnet die Beklagte auch hier nicht.

Die Werbung mit den beiden TÜV-​Siegeln entspricht nicht der für die Beklagte geltenden fachlichen Sorgfalt. Es reicht nicht aus, dass der Verbraucher - wie von der Klägerin recherchiert - auf den Internetseiten des TÜV S. und des TÜV T. gewissen allgemeine Informationen zu Zertifikaten und Zeichen erhalten kann. Eine solche Recherchetätigkeit ist dem Verbraucher nicht zumutbar. Noch weniger ist es ihm zuzumuten, die TÜV-​Organisationen anzuschreiben und um nähere Auskünfte zu ersuchen.

b) Die der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten muss die Beklagte nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG erstatten. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.


III.

Grundlage der Kostenentscheidung ist § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, bestand nicht. Die in dem Fall aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich geklärt.



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