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EuGH Urteil vom 15.01.2015 - C-573/13 - Zusätzliche Kosten der Wahl des Zahlungsmittels

EuGH v. 15.01.2015: Zusätzliche Kosten der Wahl des Zahlungsmittels


Der EuGH (Urteil vom 15.01.2015 - C-573/13) hat entschieden:
  1. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

  2. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern auch für jeden Flugdienst auszuweisen ist, dessen Preis angezeigt wird.



Siehe auch Preisangaben beim Verkauf von Flugtickets und Bezahlen im Internet - Zahlungsabwicklung im Onlinehandel


URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

15. Januar 2015(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 – Luftverkehrsdienste – Art. 23 Abs. 1 Satz 2 – Preistransparenz – Elektronisches Buchungssystem – Flugpreise – Stets auszuweisender Endpreis“

In der Rechtssache C-573/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 2013, in dem Verfahren

Air Berlin plc & Co. Luftverkehrs KG

gegen

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

erlässt DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda (Berichterstatter), A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Air Berlin plc & Co. Luftverkehrs KG, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Knospe und A. Walz,

– des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., vertreten durch Rechtsanwalt P. Wassermann,

– der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

– der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und T. Materne als Bevollmächtigte,

– der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,

– der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und F. Wilman als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes Urteil:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. L 293, S. 3).

2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Air Berlin plc & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden: Air Berlin), einem Luftfahrtunternehmen, und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (im Folgenden: Bundesverband) über die Art der Darstellung der Flugpreise im Rahmen des elektronischen Buchungssystems von Air Berlin.


Rechtlicher Rahmen

3 Der 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1008/2008 lautet:
„Die Kunden sollten in der Lage sein, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Daher sollte der vom Kunden zu zahlende Endpreis für aus der Gemeinschaft stammende Flugdienste jederzeit ausgewiesen werden, einschließlich aller Steuern, Gebühren und Entgelte. Den Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sollte ferner nahegelegt werden, den Endpreis für ihre Flugdienste aus Drittländern in die Gemeinschaft auszuweisen.“
4 Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 regelt die Verordnung Nr. 1008/2008 die Genehmigung von Luftfahrtunternehmen der Europäischen Union, das Recht von Luftfahrtunternehmen der Union, Flugdienste innerhalb der Union durchzuführen, und die Preisfestsetzung für Flugdienste innerhalb der Union.

5 Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Verordnung sieht vor:
„Im Sinne dieser Verordnung gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

...

4. ,Flugdienstʻ ist ein Flug oder eine Folge von Flügen zur gewerblichen Beförderung von Fluggästen, Fracht und/oder Post;

...

18. ,Flugpreiseʻ sind die in Euro oder in Landeswährung ausgedrückten Preise, die für die Beförderung von Fluggästen im Flugverkehr an Luftfahrtunternehmen oder deren Bevollmächtigte oder an andere Flugscheinverkäufer zu zahlen sind, sowie etwaige Bedingungen, unter denen diese Preise gelten, einschließlich des Entgelts und der Bedingungen, die Agenturen und anderen Hilfsdiensten geboten werden;

...“
6 Art. 23 („Information und Nichtdiskriminierung“) der Verordnung Nr. 1008/2008 bestimmt in Abs. 1:
„Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form – auch im Internet – für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen:

a) der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate,

b) die Steuern,

c) die Flughafengebühren und

d) die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen,

soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf ‚Opt-in‘-Basis.“


Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

7 Das Buchungssystem von Air Berlin war bis Ende 2008 in der Weise gestaltet, dass der Kunde nach der Wahl eines Flugziels und eines Datums in einem zweiten Schritt eine Tabelle vorfand, in der die möglichen Flugverbindungen für den gewählten Tag mit Abflug- und Ankunftszeiten sowie zwei Flugpreisen für jeden Flug angegeben waren. In einem Feld unterhalb dieser Tabelle wurden die für einen ausgewählten Flugdienst anfallenden Steuern und Gebühren sowie der Kerosinzuschlag angegeben und der alle diese Elemente einschließende „Preis pro Person“ umrandet ausgewiesen. Hinter dem Feld war ein Doppelsternhinweis angebracht, über den auf den möglichen Anfall und die Bedingungen einer Bearbeitungsgebühr („Service Charge“) hingewiesen wurde, die zunächst nicht in den Endpreis eingerechnet wurde. Nachdem der Kunde in einem dritten Buchungsschritt die erforderlichen Daten eingegeben hatte, wurde ihm in einem vierten Buchungsschritt der endgültige Reisepreis einschließlich der Bearbeitungsgebühr angezeigt.

8 Wegen des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1008/2008 am 1. November 2008 änderte Air Berlin den zweiten Schritt ihres Buchungssystems dahin ab, dass in der fraglichen Tabelle neben den Abflug- und Ankunftszeiten der Flugpreis für den ausgewählten Flugdienst sowie – gesondert ausgewiesen – Steuern und Gebühren, der Kerosinzuschlag und die Summe der genannten Preisbestandteile angegeben wurden. In einem Feld unter dieser Tabelle wurden der aus diesen Angaben gebildete Preis und die Bearbeitungsgebühr sowie darunter der Endpreis pro Person für den gewählten Flug ausgewiesen.

9 Da der Bundesverband der Ansicht war, dass diese Preisdarstellung nicht den Anforderungen von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 entspreche, nahm er Air Berlin gerichtlich auf Unterlassung und auf Erstattung seiner insoweit entstandenen Abmahnkosten in Anspruch. Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage des Bundesverbandes statt, und sein Urteil wurde in der Berufung bestätigt. Dagegen hat Air Berlin Revision eingelegt, mit der das vorlegende Gericht befasst ist.

10 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hängt der Erfolg der Revision von der Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 ab.

11 Das vorlegende Gericht ist wie das Berufungsgericht der Auffassung, dass eine Bearbeitungsgebühr wie die von Air Berlin erhobene als ein im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 unvermeidbares und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbares Entgelt in den Endpreis einzubeziehen sei.

12 Gleichwohl sieht das vorlegende Gericht im Fall elektronischer Buchungssysteme wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden unter zwei verschiedenen Aspekten Probleme bei der Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008. Sie betreffen zum einen den genauen Zeitpunkt, zu dem der Endpreis für Flugdienste im Rahmen des Buchungssystems ausgewiesen werden muss, und zum anderen die Darstellung dieses Endpreises.

13 Erstens habe das Berufungsgericht zum genauen Zeitpunkt, zu dem der Endpreis für Flugdienste im Rahmen des Buchungssystems ausgewiesen werden müsse, entschieden, dass die Flugpreisangaben beim Buchungssystem von Air Berlin gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 verstoßen hätten. Seines Erachtens sei diese Bestimmung, nach der der zu zahlende Endpreis „stets“ auszuweisen sei, nämlich dahin zu verstehen, dass der Endpreis bei jeder Preisangabe angegeben werden müsse. Das Berufungsgericht habe diese Voraussetzung als nicht erfüllt angesehen, wenn in einer Tabelle lediglich die Preise der verschiedenen, den vom Kunden gewählten Auswahlkriterien entsprechenden Flüge dargestellt würden, ohne dass die Bearbeitungsgebühr darin enthalten sei oder gesondert ausgewiesen werde.

14 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist das mit Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes zu berücksichtigen, das sich aus dem 16. Erwägungsgrund dieser Verordnung und aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung sowie der Überschrift von Art. 23 ergebe, der Information und Transparenz in Bezug auf die Preise von Luftverkehrsdiensten gewährleiste (Urteil ebookers.com Deutschland, C-112/11, EU:C:2012:487, Rn. 13). Nach dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung solle diese Tariftransparenz es den Kunden ermöglichen, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Art. 23 sei eingeführt worden, um einer früheren Praxis der Anbieter von Flugdiensten zu begegnen, Flugpreise ohne Angabe von Steuern, Gebühren oder Kraftstoffzuschlägen zu veröffentlichen (siehe S. 10 des von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft, KOM[2006] 396 endgültig, sowie die Rn. 8.1 und 8.4 der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 31. Mai 2007 zu diesem Vorschlag [ABl. C 175, S. 85]).

15 Das vorlegende Gericht führt weiter aus, weder Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 noch eine andere Bestimmung dieser Verordnung enthalte eine nähere Regelung der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Endpreis auszuweisen sei. Jedoch bestimme Art. 23 Abs. 1 Satz 4, dass fakultative Zusatzkosten „am Beginn jedes Buchungsvorgangs“ mitzuteilen seien. Der Wille des Unionsgesetzgebers, einen effektiven Preisvergleich zu ermöglichen, spreche allerdings dafür, den Begriff „stets“ in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 unter Heranziehung des in ihrem 16. Erwägungsgrund verwendeten Begriffs „jederzeit“ auszulegen. Dann wäre der Endpreis im Sinne der genannten Vorschrift früher auszuweisen, als es Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung für die fakultativen Zusatzkosten verlange. Nach dieser Auslegung könnte die Pflicht zu einer frühzeitigen Angabe der Endpreise für Flugdienste es erfordern, dass der Preis schon bei der erstmaligen Anzeige eines mit den Kundenangaben zu Ziel und Datum korrespondierenden Flugdienstes angegeben werden müsse.

16 Zweitens führt das vorlegende Gericht zur Darstellung des Endpreises für Flugdienste aus, dass Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 auch diese Frage nicht eindeutig regele. Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung bestimme lediglich, dass fakultative Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise mitzuteilen seien.

17 Wie bereits das erstinstanzliche Gericht habe auch das Berufungsgericht aus der Regelung in Art. 23 Abs. 1 Sätze 2 und 4 der Verordnung Nr. 1008/2008 gefolgert, dass der Endpreis für Flugdienste immer oder bei jeder Preisangabe genannt werden müsse, bei einem mehrstufigen Buchungssystem also bereits bei der erstmaligen Angabe von Flugpreisen und auf jeder Seite, die Preisangaben enthalte. Im vorliegenden Fall wäre der Endpreis danach für jeden einzelnen in der Tabelle angezeigten Flugdienst und nicht nur für die von Air Berlin vorausgewählten oder vom Kunden durch Anklicken ausgewählten Flugdienste anzugeben.

18 Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 könnte jedoch in der Weise weniger eng ausgelegt werden, dass eine nicht erst am Ende des Buchungsvorgangs, sondern frühzeitig erfolgende Endpreisangabe, wie sie Air Berlin für jeden konkret ausgewählten Flugdienst biete, ebenfalls einen dem Schutzbedürfnis der Verbraucher Rechnung tragenden effektiven Vergleich mit den Preisen anderer Luftfahrtunternehmen ermögliche, auch wenn er für den Verbraucher möglicherweise weniger komfortabel sei.

19 Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
  1. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems bei der erstmaligen Angabe von Preisen für Flugdienste auszuweisen ist?

  2. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems allein für den vom Kunden konkret ausgewählten Flugdienst oder für jeden angezeigten Flugdienst auszuweisen ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

20 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen ist, dass der zu zahlende Endpreis bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

21 Nach Ansicht von Air Berlin hängt die Antwort auf die erste Frage von der Auslegung des Begriffs „stets“ in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 ab. Dieser Begriff verlange nicht, dass der zu zahlende Endpreis bei der erstmaligen Angabe von Preisen für Flugdienste auszuweisen sei, sondern nur, dass er auszuweisen sei, nachdem der Kunde einen bestimmten Flug ausgewählt habe und vor dem verbindlichen Abschluss des Buchungsvertrags.

22 Air Berlin führt hierzu aus, dass in der Tabelle, die im zweiten Schritt ihres elektronischen Buchungssystems angezeigt werde, automatisch die günstigste Verbindung vorausgewählt werde und das System den Endpreis im Sinne von Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 ausweise, der den Preis für den ausgewählten Flug, Steuern und Gebühren, den Kerosinzuschlag sowie die Bearbeitungsgebühr enthalte. Wähle der Kunde eine alternative, also teurere, Flugverbindung, weise das System den Endpreis für diese Verbindung aus.

23 Wie der Bundesverband, die deutsche, die belgische, die italienische, die niederländische und die österreichische Regierung sowie die Europäische Kommission vorbringen, ist diese Auslegung nicht mit dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 vereinbar.

24 Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 bestimmt nämlich, dass der zu zahlende Endpreis stets auszuweisen ist und den anwendbaren Flugpreis bzw. die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen muss.

25 Wie schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung hervorgeht, ist der zu zahlende Endpreis „stets“ auszuweisen, ohne dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem dieser Preis erstmalig angezeigt wird, dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde einen bestimmten Flug auswählt, oder dem Zeitpunkt des verbindlichen Vertragsschlusses unterschieden würde.

26 Die durch die genannte Bestimmung auferlegte Pflicht, den zu zahlenden Endpreis stets auszuweisen, impliziert folglich, dass dieser Preis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

27 Dies wird durch eine systematische Auslegung von Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 sowie durch den Sinn und Zweck von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 bestätigt.

28 Wie der Bundesverband, die deutsche und die österreichische Regierung sowie die Kommission hervorheben, lässt sich nämlich aus dem in Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung Nr. 1008/2008 verwendeten Ausdruck „am Beginn jedes Buchungsvorgangs“ nicht ableiten, dass der Begriff „stets“ in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung dahin ausgelegt werden muss, dass der Endpreis nur am Beginn eines Buchungsvorgangs anzuzeigen ist.

29 Der Ausdruck „am Beginn jedes Buchungsvorgangs“ in Art. 23 Abs. 1 Satz 4 impliziert, dass die fakultativen Zusatzkosten am Beginn des eigentlichen Buchungsvorgangs anzuzeigen sind, damit der Kunde entscheiden kann, ob er die betreffende Zusatzleistung tatsächlich in Anspruch nehmen möchte (vgl. in diesem Sinne Urteil ebookers.com Deutschland, EU:C:2012:487, Rn. 15).

30 Die in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 aufgestellte Pflicht, den Endpreis unter Einschluss der unvermeidbaren und vorhersehbaren Kosten „stets“ auszuweisen, besteht hingegen schon ab dem Zeitpunkt, zu dem die Flugpreise in jedweder Form veröffentlicht werden, und zwar auch vor Beginn eines Buchungsvorgangs.

31 Der Bundesverband, die deutsche, die belgische, die italienische, die niederländische und die österreichische Regierung sowie die Kommission weisen zu Recht darauf hin, dass diese Auslegung mit Sinn und Zweck von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008, wie er sich aus ihrem 16. Erwägungsgrund ergibt, im Einklang steht.

32 Im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1008/2008 heißt es, die Kunden sollten in der Lage sein, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen, und daher sollte der vom Kunden zu zahlende Endpreis für Flugdienste mit Abflug an einem Flughafen im Unionsgebiet jederzeit ausgewiesen werden, einschließlich aller Steuern, Gebühren und Entgelte.

33 Der Gerichtshof hatte insoweit bereits Gelegenheit zu der Klarstellung, dass sich sowohl aus der Überschrift von Art. 23 der Verordnung Nr. 1008/2008 als auch aus dem Wortlaut des ersten Absatzes dieser Vorschrift eindeutig ergibt, dass sie Information und Transparenz in Bezug auf die Preise für Flugdienste gewährleisten soll und damit zum Schutz des Kunden beiträgt, der diese Dienste in Anspruch nimmt (Urteile ebookers.com Deutschland, EU:C:2012:487, Rn. 13, und Vueling Airlines, C-487/12, EU:C:2014:2232, Rn. 32).

34 Somit ergibt sich aus dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1008/2008, dass die den Luftfahrtunternehmen auferlegte Pflicht, den zu zahlenden Endpreis „jederzeit“ auszuweisen, notwendig ist, damit die Kunden die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv vergleichen können, im Einklang mit dem durch Art. 23 Abs. 1 der Verordnung verfolgten Ziel der effektiven Vergleichbarkeit der Preise für Flugdienste (vgl. in diesem Sinne Urteil Vueling Airlines, EU:C:2014:2232, Rn. 33).

35 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen ist, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

Zur zweiten Frage

36 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen ist, dass der zu zahlende Endpreis allein für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst oder für jeden angezeigten Flugdienst auszuweisen ist.

37 Air Berlin vertritt die Ansicht, Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 verlange nicht, dass der Endpreis für jeden angezeigten Flug ausgewiesen werde, sondern nur, dass er für den vom Kunden ausgewählten Flug ausgewiesen werde. Ein effektiver Vergleich im Sinne des 16. Erwägungsgrundes der Verordnung sei nur möglich, wenn der Kunde einen bestimmten Flug ausgewählt habe, der den Abflugflughafen zu einer bestimmten Uhrzeit mit dem Ankunftsflughafen verbinde. Folglich könne die in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 aufgestellte Pflicht zur Angabe des Endpreises erst dann eingreifen, wenn der Kunde einen bestimmten Flug gewählt habe, und nur für diesen Flug.

38 Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden.

39 Wie der Bundesverband, die deutsche, die belgische, die niederländische und die österreichische Regierung sowie die Kommission zu Recht geltend machen, gilt die in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 aufgestellte Pflicht, den Endpreis „stets“ auszuweisen, für jede Form der Veröffentlichung von Flugpreisen, einschließlich der für eine Reihe von Flugdiensten in tabellarischer Form angebotenen Preise. Somit wird der in dieser Vorschrift aufgestellten Pflicht durch die Angabe des Endpreises allein für den ausgewählten Flug nicht Genüge getan.

40 Diese Auslegung wird durch den in den Rn. 31 bis 34 des vorliegenden Urteils dargelegten Sinn und Zweck von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 bestätigt.

41 Die Pflicht, den zu zahlenden Endpreis für jeden Flug auszuweisen, dessen Preis angezeigt wird, und nicht nur für den ausgewählten Flug, ermöglicht es nämlich den Kunden, im Einklang mit dem mit Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 verfolgten allgemeinen Ziel der Transparenz der Preise für Flugdienste die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen.

42 Air Berlin vertritt die Ansicht, eine Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008, wonach der zu zahlende Endpreis für jeden angezeigten Flug auszuweisen sei, hätte zur Folge, dass nur der Endpreis ausgewiesen werden dürfe, und würde damit zu einem allgemeinen Verbot der Anzeige reiner Flugpreise führen. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 verlange aber, dass der reine Flugpreis gesondert neben dem Endpreis ausgewiesen werde.

43 Dieses Vorbringen ist jedoch als jeder Grundlage entbehrend zurückzuweisen, da die in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung aufgestellte Pflicht, für jeden angezeigten Flug den zu zahlenden Endpreis auszuweisen, keineswegs zu einem Verbot führt, den Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 für jeden dieser Flüge auszuweisen.

44 Vielmehr ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1008/2008, dass die Pflicht, mindestens den Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate sowie die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte – soweit sie zum Flugpreis bzw. zur Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden – auszuweisen, neben die aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 resultierende Pflicht zur Angabe des Endpreises tritt.

45 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen ist, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern auch für jeden Flugdienst auszuweisen ist, dessen Preis angezeigt wird.


Kosten

46 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
  1. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

  2. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern auch für jeden Flugdienst auszuweisen ist, dessen Preis angezeigt wird.



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