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Landgericht Leipzig Urteil vom 16.12.2014 - 1 HK O 1295/14 - Haftung eines Händlers für die fehlende Wiedergabe von Pflichtinformationen

LG Leipzig v. 16.12.2014: Haftung eines auf einer Internetverkaufsplattform werbenden Händlers für die unterlassene Wiedergabe von Pflichtinformationen


Das Landgericht Leipzig (Urteil vom 16.12.2014 - 1 HK O 1295/14) hat entschieden:
Auch wenn dem Betreiber einer Internetplattform aus technischen Gründen eine Verantwortung bezüglich des Unterbleibens der Wiedergabe von Pflichtinformationen der Internethändler zukommt, ist der betreffende Internethändler jedenfalls auch Verletzer des Wettbewerbsverstoßes, da er durch seine Angebotsschaltung auf der Verkaufsplattform objektiv die Bedingung für den Verstoß gesetzt hat.




Siehe auch Handeslplattformen - Marktplätze - Internetverkaufsplätze und Stichwörter zum Thema Störer- und Betreiberhaftung


Tatbestand:

Der Kläger macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Zweck "die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler" gehört. Dem Kläger gehören zahlreiche Händler an, die Haushaltswaren über die Handelsplattform eBay vertreiben.

Der Beklagte bietet gewerblich Haushaltswaren auf der Handelsplattform eBay an, unter anderem die im Entscheidungsausspruch unter Ziff. 1. abgebildete „Tupperware".

Der Kläger behauptet, dass am 14.02.2014 das im Entscheidungsausspruch unter Ziff. 1. abgebildete eBay-Angebot des Beklagten, das keine Unterrichtung der Kunden nach Art. 246 § 3 Nr. 2 EGBGB darüber enthalten habe, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert werde und ob er dem Kunden zugänglich sei, abrufbar gewesen sei.

Nachdem der Kläger vor dem Verhandlungstermin den in der Klageschrift unter Ziff. 2. gestellten Zahlungsantrag wegen (...) zurückgenommen hatte, stellt er den Antrag Ziff. 1. der Klageschrift, dem im Entscheidungsausspruch unter Ziff. 1. stattgegeben worden ist. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass seine eBay-Angebote seit dem 05.09.2013 Allgemeine Geschäftsbedingungen mit der betreffenden Unterrichtung der Kunden enthalten hätten, eBay unterstütze nicht sämtliche Browser in vollem Umfang, was nicht im Verantwortungsbereich des Verkäufers liege. Die Seiten von eBay seien für Microsoft Internet-Explorer optimiert. Andere Browser könnten die Seiten generell anders anzeigen als vorgesehen.

Der Beklagte verweist auf ein Schreiben von eBay vom 02.10.2013 (Anlage B3).

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin S... . Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.12.2014 verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG und Art. 246 § 3 Nr. 2 EGBGB wie beantragt Unterlassung verlangen.

1. Der Kläger ist nach seinem unbestrittenen Vortrag zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert.

2. Der Kläger kann vom Beklagten Unterlassung verlangen, da im Hinblick auf einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 246 EGBGB Wiederholungsgefahr besteht.

Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme ist anzunehmen, dass der Beklagte gegen die für ihn nach Art. 246 § 3 Nr. 2 EGBGB bestehenden Informationspflichten mit dem streitgegenständlichen eBay-Angebot der „Tupperware" ("Duo kleine Schatzkästchen") am 14.02.2014 verstieß. Dieses Angebot enthielt nicht die Pflichtinformation nach Art. 246 § 3 Nr. 2 EGBGB darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist.

Dieser Wettbewerbsverstoß ist dem Beklagten als Verletzer zuzurechnen, da er mit der Veröffentlichung dieses Angebotes auf der eBay-Plattform adäquat-kausal die Bedingung dafür setzte, dass beim Abruf dieses Angebotes über das Internet, hier konkret durch die Mitarbeiterin des Klägers am 14.02.2014, die betreffende Information nicht auf der Angebotsseite sichtbar war.

a) Die Tatsache, dass am 14.02.2014 das betreffende eBay-Angebot des Beklagten ohne die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Angabe zu der Speicherung des Vertragstextes abrufbar war, hat der Kläger durch die Aussage der Zeugin bewiesen: Die Zeugin hat glaubhaft angegeben, dass der mit der Klageschrift als Anlage K6 vorgelegte Ausdruck des eBay-Angebotes das Angebot so wiedergibt, also ohne Allgemeine Geschäftsbeidngungen, wie es am 14.02.2014 im Internet von ihr aufgerufen wurde und sichtbar war. Die Zeugin hat glaubhaft erläutert, dass sie einen Screenshot der kompletten Angebotsseite gefertigt, gespeichert und dann ausgedruckt habe und nicht einzelne Teile dieser Seite, die sie dann zusammengefügt habe. Auch wenn das Gericht nicht ausschließen kann, dass die Speicherung einzelner Teile einer Seite mit anschließender Zusammenfügung dieser Teile, so als pdf-Formate, möglich ist und damit grundsätzlich die Möglichkeit gegeben ist, dass nach einer solchen Zusammenfügung eine Originalseite nicht komplett wiedergegeben wird, hat das Gericht jedoch keine Veranlassung, dies für den vorliegenden Fall anzunehmen, also anzunehmen, dass das von der Zeugin am 14.02.2014 aufgerufene Angebot des Beklagten tatsächlich AGB enthielt und die Zeugin Einzelkopien der Seite unter Weglassung der AGB fertigte. Zum einen gibt die Aussage der Zeugin hierfür keine Anhaltspunkte. So spricht es für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage, dass die Zeugin eingeräumt hat, dass sie „die Sache aus dem Februar jetzt natürlich nicht abrufbereit" habe. Die Zeugin hat angegeben, dass sie nicht wisse „ob sowas geht", dass Teile der Seite kopiert und dann zusammengefügt werden könnten, sie jedenfalls so etwas nicht könne. Zum anderen bestehen bei einem Vergleich des vom Kläger vorgelegten Angebotes Anlage K6 mit dem vom Beklagten als Anlage B1 vorgelegten Angebot mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen kein Anhaltspunkte dafür, dass der vom Kläger vorgelegte Ausdruck von einer Internetseite des Angebots des Beklagten mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „weggeschnitten" wurden, stammt. So gibt es Abweichungen beim Aufbau der beiden Seiten. In der Druckseite der Anlage B1 steht nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fett gedruckt „Widerrufsbelehrung". In dem vom Kläger vorgelegten Ausdruck steht an der betreffenden Stelle „Widerrufs- oder Rückgabebelehrung". Auch werden in der Seite der Anlage B1 die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit den davorstehenden „Rechtliche Informationen des Verkäufers" und der „Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" von einem Rahmen grafisch umschlossen. In dem Ausdruck der Anlage K1 ist dieser Rahmen ebenfalls sichtbar, der aber bei der „Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" endet und dort den vorhergehenden Abschnitt umschließt.

b) Der vom Beklagten vorgebrachte Umstand, dass die technischen Voreinstellungen auf der eBay-Plattform Einfluss darauf hätten, wie die eBay-Seiten über die jeweiligen Browser abrufbar seien, führt nicht zu einem Wegfall der Verantwortlichkeit des Beklagten.

Selbst wenn dem Unternehmen eBay eine Verantwortung und eine wettbewerbsrechtliche Verletzerverantwortlichkeit im Hinblick auf das Unterbleiben der Wiedergabe von Pflichtinformationen der Verkäufer aus technischen Gründen zukommt, bleibt es dabei, dass der Beklagte jedenfalls auch Verletzer des Wettbewerbsverstoßes der Nichtwiedergabe der Pflichtinformationen ist, da der Beklagte durch die Angebotsschaltung bei eBay objektiv die Bedingung für den Verstoß setzte.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich entsprechend § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Eine Kostenquotelung wegen der teilweisen Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO hat nicht zu erfolgen. Die Zuvielforderung ist verhältnismäßig geringfügig gewesen und hat keine Kosten verursacht (§ 43 Abs. 1 GKG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.



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