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OLG Celle Beschluss vom 22.10.2014 - 9 W 124/14 - GmbH - unangemessen hohe Gründungskosten
OLG Celle v. 22.10.2014: Unangemessen hohe Gründungskosten bei Errichtung einer GmbH
Das OLG Celle (Beschluss vom 22.10.2014 - 9 W 124/14) hat entschieden:
Sieht eine GmbH-Satzung vor, dass die GmbH mit einem Stammkapital von 25.000,-€ Gründungskosten bis zu 15.000,-€ trägt, so sind diese Kosten unangemessen; diese Satzungsgestaltung ist unzulässig und steht der Eintragung im Handelsregister entgegen.
Das ist auch dann nicht anders, wenn diese GmbH im Wege der Umwandlung entsteht und als Sacheinlage eine Kommanditgesellschaft eingebracht wird.
Siehe auch Die GmbH - Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründe:
I.
Mit am 22. August 2014 beim Registergericht … eingegangenem Antrag hat die Beschwerdeführerin die Eintragung des von ihrer Gesellschafterversammlung am 21. August 2014 beschlossenen Formwechsels in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma „ I. GmbH“ beantragt. Die künftige Gesellschaft hat ein Stammkapital von 25.000 Euro.
§ 17 des von der Gesellschafterversammlung festgestellten Gesellschaftsvertrags der (künftigen) Gesellschaft mit beschränkter Haftung lautet wie folgt:
§ 17
Schlussbestimmungen
(1) ...
(2) Die Gesellschaft trägt den im Zusammenhang mit ihrer Gründung entstehenden Aufwand (Notars-, Gerichts- und Veröffentlichungskosten, Beratungskosten, behördliche Gebühren) bis zur Höhe von EUR 15.000,00.
Das Registergericht hat mit Zwischenverfügungen vom 27. August 2014 (Bl. 39 f. d. A.) sowie 8. September 2014 (Bl. 41 f. d. A.) Bedenken gegen die Eintragungsfähigkeit dieser Bestimmung geltend gemacht. Es hat u. a. die Auffassung vertreten, dass Gründungskosten in Höhe von 15.000 € eine unzulässige Vorbelastung des 25.000 € betragenden Stammkapitals der (künftigen) GmbH darstellten, wodurch der Gläubigerschutz beeinträchtigt werde. Im Übrigen müsse der in § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages geregelte Gründungsaufwand dahingehend spezifiziert werden, dass zu den mit der Gründung der Gesellschaft verbundenen Beratungskosten auch Steuerberaterkosten gehörten, deren Unternehmensbezug zudem nachzuweisen sei.
Mit ihren sich gegen die Beanstandungen des Registergerichts wendenden Eingaben vom 2. September 2014 (Bl. 40a d. A.) sowie 15. September 2014 (Bl. 44 d. A.) - die letztere hat das Registergericht als Beschwerde gegen seine Zwischenverfügungen ausgelegt - hat die Beschwerdeführerin die Auffassung vertreten, dass - jedenfalls in Fällen des Formwechsels einer bereits bestehenden Gesellschaft - die Übernahme eines Gründungsaufwands durch die neue Gesellschaft bis zur Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals zulässig sei, da es eine gesetzliche Obergrenze für die Übernahme derartiger Kosten nicht gebe. Anders als im Fall der Neugründung sei beim Formwechsel die Gesellschaft von vornherein selbst originärer Kostenschuldner und nicht deren Gesellschafter. Auch die vom Registergericht verlangte, über die bereits vorgenommene Aufschlüsselung der Gründungskosten hinausgehende weitere Spezifizierung der einzelnen erfassten Positionen sei nicht erforderlich. Der in § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages verwendete Begriff „Beraterkosten“ umfasse als Oberbegriff sowohl die Kosten für die juristische als auch die steuerliche Beratung.
II.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig.
1. Zwar ist die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 15. September 2014 nicht ausdrücklich als „Beschwerde“ bezeichnet. Dies steht allerdings der Auslegung dieses Schreibens als Beschwerde gegen beide Zwischenverfügungen des Registergerichts im Sinne von § 58 FamFG nicht entgegen. Denn durch die in ihr enthaltene Aussage „das Eintragungshindernis besteht nicht“, hat die Beschwerdeführerin klar zu erkennen gegeben, dass sie sich gegen die vom Registergericht erhobenen Beanstandungen wenden will. Einem solchen Verständnis steht auch nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin auf die Zwischenverfügung vom 27. August 2014 nicht weiter Bezug nimmt. Denn diese steht mit der Zwischenverfügung vom 8. September 2014, auf die sich die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 15. September 2014 ausdrücklich bezieht, in einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang, so dass die Annahme, die Beschwerdeführerin habe den in dieser ersten Zwischenverfügung mitgeteilten, einer Eintragung des Formwechsels entgegenstehenden Umständen nicht entgegen treten wollen, fernliegend wäre.
2. In der Sache bleibt die Beschwerde allerdings ohne Erfolg.
a) Zu Recht ist das Registergericht davon ausgegangen, dass die Fassung von § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages einer Eintragung des beschlossenen Formwechsels in das Handelsregister entgegensteht. Die hierin vorgesehene Belastung des 25.000 € betragenden Stammkapitals der (künftigen) GmbH mit Gründungskosten in Höhe von 15.000 € stellt einen Verstoß gegen den das GmbH-Recht beherrschenden, dem Gläubigerschutz dienenden Grundsatz der Kapitalaufbringung und -erhaltung im Sinne von § 30 GmbHG dar. Dieser Verstoß wird nicht dadurch ausgeräumt, dass eine entsprechende Offenlegung des nach der Vorstellung der Gesellschafter von der Gesellschaft zu tragenden Gründungs- bzw. Umwandlungsaufwands im beschlossenen Gesellschaftsvertrag der künftigen GmbH erfolgt.
aa) Beim Stammkapital einer GmbH handelt es sich um einen Haftungsfonds für die Gesellschaftsgläubiger. Deswegen ist das Stammkapital im Rahmen der Kapitalaufbringung effektiv zu leisten und ein späterer offener oder verdeckter Rückfluss an die Gesellschafter ist zu verhindern. Auf diese Weise soll das Gesellschaftsvermögen bis zur Höhe der Stammkapitalziffer vor einer Zweckentfremdung durch die Gesellschafter geschützt und damit die Funktion des Stammkapitals als Mindestbetriebsvermögen und Befriedigungsreserve für die Gesellschaftsgläubiger erhalten werden (Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 30 Rn. 5 mwN).
Zwar kann der im Zusammenhang mit der Gründung einer GmbH entstehende, nach der Intention des Gesetzgebers grundsätzlich die Gesellschafter als Gründer treffende Kostenaufwand (sog. Gründerkosten) - solche für notarielle Beurkundung, Handelsregistereintragung, Bekanntmachung, Aufwendungen für Rechtsanwälte und Steuerberater sowie etwaige im Zusammenhang mit der Gründung anfallende Steuern - der Gesellschaft auferlegt werden, so dass diese den Gründungsaufwand zu Lasten ihres Nominalkapitals zu tragen hat; dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gründungsaufwand analog § 26 Abs. 2 AktG im Gesellschaftsvertrag als Gesamtbetrag gesondert festgesetzt worden ist. Da die in dieser Norm geregelte Verteilung der Kosten Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens ist, der für alle Kapitalgesellschaften gleichermaßen gilt, findet § 26 Abs. 2 AktG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch im Recht der GmbH entsprechende Anwendung (BGH, Beschluss v. 20. Februar 1989, II ZB 10/88, juris-Rn. 13; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 5 Rn. 57). Diese Möglichkeit ist jedoch nicht uneingeschränkt eröffnet:
Selbst dann, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Kostenübernahmeregelung vorgesehen ist, gewährt diese allerdings nur dann eine Befreiung von der Bindung des § 30 GmbHG, wenn es sich um notwendige Aufwendungen für solche Kosten handelt, die kraft Gesetzes oder nach Art und Umfang angemessen die GmbH treffen (Fastrich, a.a.O., § 5 Rn. 57 mwN). In der Praxis wird vielfach eine Grenze von 10 % des Stammkapitals angewendet, weil eine bezifferte gesetzliche Obergrenze sich nicht findet.
Dass jedoch eine solche Obergrenze Geltung beansprucht, erschließt sich aus dem Recht der mittels Musterprotokolls gegründeten Unternehmergesellschaft. Zwar kann bei ihr im Fall der Gründung mit einem Stammkapital bis 300 Euro die Tragung von Gründungskosten bis zur Höhe des gesamten Stammkapitals in der Satzung vorgesehen werden.
Bei Unternehmergesellschaften mit einem höheren Stammkapital, also im Bereich bis zu 24.999 €, ist die Tragung von Gründungskosten jedoch gesetzlich auf den Betrag von 300 € beschränkt. Gerade diese Gestaltung zeigt, dass das Gesetz dort, wo ein nennenswertes, zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks verwendbares Stammkapital aufzubringen ist, dieses nicht überwiegend durch Gründungskosten aufgezehrt werden darf.
bb) Diese Angemessenheitsgrenze, bei deren Einhaltung es gestattet ist, unter Durchbrechung von § 30 GmbHG den Gründungsaufwand der (künftigen) GmbH aufzuerlegen, ist, auch wenn eine bestimmte Obergrenze, innerhalb der eine Vorbelastung als zulässig anzusehen wäre, gesetzlich nicht - über das Beispiel der UG hinaus - normiert ist (vgl. Limmer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, München 2007, § 26 Rn. 9; Wachter, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 26 Rn. 13), im vorliegenden Fall überschritten. Eine Aufzehrung des Stammkapitals im Umfang von 60 Prozent durch die mit der Gründung verbundenen Kosten, wie sie in § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vorgesehen ist, stellt eine so erhebliche Schmälerung der der Sicherung der Gläubiger dienenden Mindesthaftungsmasse dar, dass sich dies mit dem in § 30 GmbHG geregelten Prinzip der Kapitalbindung und -erhaltung, das einen Vorverbrauch und eine Rückzahlung des Stammkapitals grundsätzlich verbietet, in keiner Weise mehr in Einklang bringen lässt.
Dem steht auch nicht entgegen, dass im Streitfall im Gesellschaftsvertrag die Höhe der Gründungskosten von 60 Prozent des Stammkapitals in der Satzung aufgedeckt wird. Denn bei § 26 Abs. 2 AktG handelt es sich um eine Regelung, die von ihrem Schutzzweck her darauf ausgerichtet ist, gläubigerschützende Grundsätze des Gesellschaftsrechts, wie sie in § 30 GmbHG geregelt sind, zu sichern (BGH, a.a.O., juris-Rn. 13), nicht hingegen, diese zugunsten der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter einzuschränken oder zu durchbrechen.
cc) Dass im vorliegenden Fall die (künftige) GmbH aus der Umwandlung eines bereits bestehenden Rechtsträgers hervorgeht, und bei einem Formwechsel - anders als bei der Neugründung einer GmbH - Kostenschuldner für die mit der Errichtung des Rechtsträgers in neuer Rechtsform verbundenen Kosten der bestehende Rechtsträger und nicht seine Gesellschafter sind, führt nach Auffassung des Senats zu keiner anderen Beurteilung. Die Gesellschaftsgläubiger einer durch einen Formwechsel entstandenen GmbH sind in nicht geringerem Maße schützenswert als diejenigen einer durch Neugründung entstandenen GmbH. Entsprechend gilt daher auch hier der Grundsatz der Kapitalbindung und -erhaltung, da gem. § 197 UmwG auf den Formwechsel grundsätzlich die für die neue Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden sind, mangels abweichender Bestimmung durch das Umwandlungsgesetz insbesondere auch die Regelungen für den Gründungsaufwand (Decher/Hoger, in: Lutter, UmwG, 5. Aufl., § 197 Rn. 23), dem im Fall des Formwechsels die Kosten der Umwandlung entsprechen. Im Streitfall ist nichts aufgezeigt, was die Gründer, in deren Interesse die Umwandlung offenbar liegt, hindern würde, die Gründungskosten als Gründerkosten ihrerseits zu tragen. Im Streitfall spräche - angesichts des Vortrages zum Wert der eingebrachten KG (S. 2 des Schriftsatzes vom 2. Sept. 2014, GA 40b) aber auch nichts dagegen, für die künftige Gesellschaft einen Stammkapitalbetrag vorzusehen, der zu satzungsmäßigen Gründungskosten von bis zu 15.000 Euro in einem angemessenen Verhältnis stünde. Nachvollziehbare und damit in die Entscheidung des Senats einbeziehbare Gründe der künftigen GmbH-Gesellschafter (Gründer), die sie zu einer Gestaltung des künftigen Rechtsträgers mit dem Mindeststammkapital einer GmbH, dass von den Gründungs- bzw. Umwandlungskosten bereits zu 60 Prozent aufgezehrt wird, bewogen haben, werden nicht aufgedeckt.
b) Ob sich darüber hinaus vorliegend ein weiteres Eintragungshindernis auch daraus ergibt, dass die einzelnen Kostenpositionen des Gründungsaufwands nicht ausreichend namentlich benannt sind, weil in § 17 Abs. 2 der Satzung anstelle von „Steuerberatungskosten“ nur von „Beratungskosten“ die Rede ist, bedarf nach dem Vorstehenden im Streitfall keiner Entscheidung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes hat ihre Rechtsgrundlage in § 36 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 S. 2 GNotKG.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründet sich aus § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Bislang ist weder höchstrichterlich entschieden, bis zu welcher (prozentualen) Höhe eine Vorbelastung des Stammkapitals einer neugegründeten GmbH durch Gründungskosten zulässig ist, noch, ob im Fall des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft für diese Frage andere Grundsätze gelten als im Fall der Neugründung.