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Landgericht Dortmund Urteil vom 19.03.2010 - 8 O 176/09 - Irreführende Behauptung der medizinischen Wirkung eines Badesalzes
LG Dortmund v. 19.03.2010: Zur irreführenden Behauptung der medizinischen Wirkung eines Badesalzes bei Haut- und Nagelpilzen
Das Landgericht Dortmund (Urteil vom 19.03.2010 - 8 O 176/09) hat entschieden:
Die Bewerbung eines "basischen Edelsteinbades" (basisches Badesalz) mit der Behauptung einer entschlackenden, entgiftenden und entsäuernden Wirkung bei "therapiebegleitendem Einsatz" bei bestimmten Haut- und Pilzerkrankungen u.a.m. ist irreführend, wenn der insoweit darlegungspflichtige Anbieter zum Nachweis der behaupteten medizinischen Wirkung keine wissenschaftlichen Untersuchungen oder Studien vorlegt, die diese Wirkung belegen. Hierzu reicht allein der Hinweis auf eine mehrmonatige "Probandenstudie" sowie den Aufsatz eines nichtärztlichen Verfassers nicht aus.
Siehe auch Nagelpilz - Behandlungsangebote für Nagelpilzerkrankungen und Arzneimittelwerbung - Werbung für Medikamente, Heilmittel und medizinische Behandlungen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte bewirbt auf ihrer Internetseite "www.X.de" das Produkt "Basisches Edelsteinbad". Wegen der Einzelheiten der Werbeaussagen wird Bezug genommen auf den Internetausdruck (Anlage K 2, Bl. 16 - 19 d. A.).
Insbesondere behauptet die Beklagte in ihrer Werbung, dass das Edelsteinbad die Ausleitung von Säuren- und Stoffwechselschlacken über die Haut fördere und somit therapiebegleitend bei Neurodermitis, Psoriasis, Haut- und Nagelpilzen einzusetzen sei und bewährt sei bei Muskelkater, Verspannungen, Fußschweiß und Überempfindlichkeiten. Das Wirkprinzip sei einfach. Das basische Badesalz vermische sich mit dem Wannenwasser. Im übersäuerten Gewebe befinde sich ein hoher Konzentrationsgrad von Säuren und Stoffwechselschlacken, die regelrecht aus dem Körper in das konzentrierte, basische Badewasser ausgelaugt würden. So werde der Organismus über die Haut entsäuert und entgiftet.
Die Klägerin ist der Ansicht, diese Werbung sei irreführend und verstoße damit gegen §§ 3, 5 UWG. Die von der Beklagten in der Werbung behaupteten Zusammenhänge und Wirkungen seien nicht wissenschaftlich belegt.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr
1. für "Basisches Edelsteinbad" zu werben:
1.1 "Regulato Basisches Edelsteinbad" fördert die Ausleitung von Säuren und Stoffwechselschlacken über die Haut. Therapiebegleitend bei Neurodermitis, Psoriasis, Haut- und Nagelpilzen. Bewährt bei Muskelkater, Verspannungen, Fußschweiß und Überempfindlichkeiten."
1.2 "Das Wirkprinzip ist einfach. Das Basische Badesalz vermischt sich mit dem Wannenwasser. Durch den pH-Wert von 8,5 entsteht ein osmotischer Druck. Im übersäuerten Gewebe befindet sich ein hoher Konzentrationsgrad von Säuren und Stoffwechselschlacken, die regelrecht aus dem Körper in das konzentrierte, basische Wasser ausgelaugt werden."
1.3 "Entsäuert und entgiftet den Organismus über die Haut."
wenn dies geschieht wie in der Werbung gemäß Anlage K 2 zur Klageschrift;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.
Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2009 keinen Antrag gestellt hat, erging gegen sie ein im Wesentlichen stattgebendes Teilversäumnisurteil.
Lediglich bzgl. der Aussage unter I. Ziffer 1.2 in Satz 2 und wegen des Klageantrags zu II. wurde die Klage abgewiesen.
Gegen das am 20.11.2009 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.12.2009, bei Gericht per Fax eingegangen am gleichen Tag, Einspruch gegen dieses eingelegt.
Die Klägerin beantragt daher nunmehr,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 23.10.2009 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 23.10.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, bei den von ihr beworbenen "Basischen Badesalzen" handele es sich um ein Mittel zur Säureausleitung über die Haut mittels des Osmoseprinzips. Sie behauptet hierzu, dies sei in der Literatur anerkannt. Sie bezieht sich hierzu auf einzelne von ihr überreichte Kopien. Wegen der Einzelheiten der von ihr überreichten Auszüge aus der Literatur wird Bezug genommen auf die überreichten Kopien (vgl. Bl. 160 - 188 d. A.).
Zur Wirkungsweise behauptet die Beklagte, dass die Haut des Menschen Säure abgebe, wenn man ein Bad mit dem beworbenen Mittel nehme. Dies ergebe sich daraus, dass der pH-Wert des Wassers durch das Badesalz mit 8,5 pH wesentlich höher (= basischer) sei als der pH-Wert der Haut. Wenn aber die Haut nach außen Säure abgebe, dann könne der Körper von innen die Haut quasi wieder auffüllen und so über die Haut weitere Säure nach außen abgeben. Dies sei eine physikalische Wirkweise.
Insbesondere beruft die Beklagte sich auf eine gutachterliche Stellungnahme des T vom 09.11.2009 (vgl. Bl. 160 d. A.). Sie behauptet hierzu, Herr T habe eine Studie mit dem streitgegenständlichen Bad der Beklagten durchgeführt und dabei festgestellt, dass bei allen Probanden der Haut-pH-Wert nach dem Baden im Basischen Edelsteinbad niedriger gelegen habe als zuvor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze sowie auf die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil der Kammer vom 23.10.2010 ist zulässig. In der Sache hat die Verteidigung der Beklagten gegen die zulässige Klage jedoch keinen Erfolg.
Dem Kläger, dessen Aktivlegitimation aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG folgt, steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch, wie er sich aus dem Tenor des Versäumnisurteils vom 23.10.2009 ergibt, aus §§ 8 Abs. 1, 3 UWG zu.
Gemäß § 3 UWG sind unlautere Wettbewerbshandlungen unzulässig, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne des § 3 UWG handelt u. a. auch, wer irreführend wirbt, vgl. insoweit § 5 Abs. 1 UWG.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind überall dort, wo in der Werbung die Gesundheit des Menschen ins Spiel gebracht wird, besonders hohe und strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen.
Zwar liegt grundsätzlich die Beweislast für die Unrichtigkeit von Werbeaussagen bei demjenigen, der sich auf den Unterlassungsanspruch beruft, doch obliegt demjenigen, der ein solches Produkt bewirbt, hier also der Beklagten, eine erhöhte Darlegungslast. Das heißt, der Beklagten hätte es hier oblegen, substantiiert Tatsachen darzulegen, aus denen sich die Richtigkeit der Angaben, wie aus dem Tenor des Versäumnisurteils ersichtlich, ergibt. Da die Beklagte hier mit wissenschaftlichen Angaben wirbt, so hätte es ihr oblegen, substantiiert darzulegen, dass diese Angaben zutreffend sind. Hierzu gehört insbesondere auch die Darlegung, dass wissenschaftliche Studien durchgeführt wurden und auch zu welchem Ergebnis diese geführt haben.
Diesen Anforderungen hat die Beklagte, die in der beanstandeten Werbung eine medizinische Wirkung des von ihr beworbenen Edelsteinbades anpreist, nicht genügt.
Zu jeder von ihr behaupteten Wirkung, also dem Entschlacken, Entgiften und Entsäuern des Körpers mit den jeweils behaupteten Folgen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass es zu diesen Behauptungen entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen gibt; zudem hätte sie deren Ergebnis darlegen müssen. Insbesondere hätte sie hier dem substantiierten Vortrag der Klägerin entgegentreten müssen, dass die von ihr behaupteten medizinischen Wirkungen sogar den wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen.
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht.
Die Beklagte hat zu keiner einzigen Wirkweise eine wissenschaftliche Studie im Sinne der Anforderungen des Bundesgerichtshofs vorgelegt. Allein aus der kurzen Stellungnahme des T vom 09.11.2009 mag der Schluss zu ziehen sein, dass es möglicherweise eine Untersuchung zu der Frage gegeben hat, ob sich der pH-Wert der Haut eines Menschen ändert, wenn dieser Mensch ein Bad in mildem alkalisierten Wasser nimmt. Dem vorgelegten Schreiben des T kann jedoch schon nicht entnommen werden, welche Untersuchungen konkret dieser durchgeführt hat und ob diese Untersuchungen die Bezeichnung "wissenschaftliche Studie" verdienen. Allein der Hinweis, dass es eine 6-monatige Probandenstudie gegeben habe, genügt nicht, um darzulegen, dass es sich um eine wissenschaftliche Studie handelt. Hierzu gehört die Darlegung, wie genau diese Studie durchgeführt wurde, wie hoch die Anzahl der Probanden war, ob auch mit Placebos bei Vergleichsgruppen gearbeitet wurde und welche Ergebnisse sich im Einzelnen konkret gezeigt haben. Das sind jedenfalls die Mindestanforderungen. Diesen genügt die Darlegung des T in dem vorgelegten "Gutachten zum Basischen Edelsteinbad der Firma X" nicht ansatzweise.
Im Übrigen beziehen sich die Ausführungen allein auf die Änderung des pH-Wertes der Haut durch das Bad. Welche Auswirkungen im Folgenden noch weiter entstehen können, dazu besagt die Stellungnahme des T nichts.
Die Klägerin stellt hier aber gerade in Abrede, dass der pH-Wert der Haut quasi "aus dem Körper heraus nachgefüllt" werden soll. Dass rein äußerlich ein geänderter pH-Wert durch ein alkalisches Bad eintritt, mag ja physikalisch noch so sein, genügt aber als Tatsache in keiner Weise, um die behaupteten Wirkungen der Beklagten zu belegen oder auch nur substantiiert darzustellen.
Daneben hat die Beklagte keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen auch nur ansatzweise der Schluss gezogen werden könnte, dass den Ausführungen eine wissenschaftliche Studie zugrunde liegt oder sie die Darstellung einer wissenschaftlichen Studie darstellen soll. Die im Einzelnen vorgelegten Unterlagen sind hierzu völlig ungeeignet.
Aus den Kopien Blatt 161 - 163 der Akte ergibt sich, dass Autorin dieses Aufsatzes eine Frau ist, die ursprünglich als Dolmetscherin tätig war, Sprachen studiert hat und später wohl zur Heilpraktikerin umgeschult hat. Diese berichtet von Erfahrungen aus der Praxis. Dies hat mit einer wissenschaftlichen Studie nichts gemein. Eine solche scheint sie nicht durchgeführt zu haben.
Die vorgelegte Kopie Blatt 164 der Akte enthält alleine eine Beschreibung eines Buches. Eine Aussage zum Thema ist der Kopie nicht zu entnehmen.
Bezüglich der vorgelegten Kopien Blatt 165 - 182 ist den Schriftstücken nicht ansatzweise zu entnehmen, welche Qualifikation die Autoren haben und auf welcher Basis sie zu den beschriebenen Erkenntnissen gelangt sein wollen. Es scheint sich bei dem Buch um einen Ratgeber zur Körperpflege, insbesondere auch im Bereich der Altenpflege, zu handeln. Ein Zusammenhang mit dem Produkt der Beklagten, welches von ihr beworben wird, geschweige denn mit irgendwelchen Untersuchungen zu diesem Produkt ist nicht erkennbar.
Bei den Kopien Blatt 183 - Blatt 188 der Akte handelt es sich um einen Aufsatz über Natron. Qualifikation und Erkenntnisquellen des Autors werden nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.